Ich habe meinen Freund vor dreieinhalb Jahren kennengelernt.
Was ich derzeit noch nicht wusste, er ist ein Epsilontrinker, war seinerzeit gerade in einer Trinkpausenphase.
Wir hatten eine wunderschöne Kennenlernzeit, meine Kinder (jetzt 24,19,17) verstanden sich auf anhieb mit Ihm, sein Sohn(12) hat mit von Anfang an in sein Herz geschlossen, wir lernten unsere Eltern kennen, alles war perfekt.
Bei dem ein oder anderen Grillabend wurde auch mal ein Bierchen getrunken, aber weitestgehend trank mein Freund derzeit alkoholfrei.
Da uns einige Kilometer voneinander trennten sahen wir uns anfangs nur an verlängerten Wochenenden.
Als Corona kam nutzten wir die Zeit das er so langsam bei mir einzog.
Das Leben mit meinen drei Töchtern war schon eine Herausforderung für Ihn, und deshalb sah ich das Gläschen Wein am Abend anfangs auch noch nicht so tragisch.
Bis eines abends aus heiterem Himmel aus dem Gläschen Wein zwei Flaschen wurden, und er ab diesem Moment drei Tage im Dauerrausch im Bett verbrachte.
Da ich sowas noch nie erlebt hatte war ich wie vor den Kopf gestoßen.
Als er langsam nüchtern wurde beteuerte er mir das sowas nie wieder passieren würde.... ihm wurde nur gerade alles zu viel und er hatte mal eine Pause gebraucht um abzuschalten.
Unwissend hatte ich es als Ausrutscher akzeptiert.
Ein paar Wochen später kam es zu einem erneuten Ausrutscher, der der Anfang von vielen solchen Trinkphasen war.
Da er betrunken nicht fahren konnte, und nüchtern immer wieder reue zeigte hatte ich es derzeit nicht geschafft Ihn vor die Tür zu setzen.
Die Geschichte nahm Ihren Höhepunkt als ich Ihm in einer Trinkphase verweigerte Alkohol aus seinem Auto zu holen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon kontakt zur örtlichen Suchtberatung, da ich ja gemerkt hatte das da was nicht passt.
Jedenfalls, nachdem ich Ihm nichts zu trinken brachte, und ihn auch nicht im Vollrausch aus der Wohnung lassen wollte, rief er selbst die Polizei, mit der Begründung ich halte Ihn hier fest.
Die Polizei geleitete Ihm zu seinem Wagen, er gab seinen Autoschlüssel freiwillig ab, er wollte ja nicht fahren, sondern nur Stoff, und er verbrachte die Nacht im Auto.
In der zwischenzeit stand ich im Kontakt mit seinen Eltern, und nach und nach kam heraus das er wohl schon seit nunmehr zehn Jahren dem Alkohol verfallen war.
Als ich am nächsten morgen nach Ihm gesehen hab (auch nachts hab ich mehrmals nach ihm geschaut) war er in einem Zustand der mir so große Angst machte das ich den Krankenwagen gerufen hatte. Er war dann auch bereit mitzufahren und hatte sich nach einem Check im Krankenhaus freiwillig in die Suchtklinik bei uns im Ort verlegen lassen.
Nach zwei Wochen hatte er diese dann verlassen, mit dem Versprechen das es nun wirklich bergauf ginge.
Genau bis zu dem Tag, als er den Bescheid zum Entzug des Führerscheins bekam, da er mit seinem Promillewert in der Klinik an die Führerscheinstelle gemeldet wurde.
Dies führte zu einer neuerlichen Trinkkatastrophe und ich setzte Ihn schweren Herzens vor die Tür.
Acht Wochen später hatte er dann wieder Kontakt zu mir aufgenommen, er wollte um mich kämpfen und mir beweisen das er an sich arbeitet.
Das war vor nunmehr eineinhalb Jahren.
Er hatte sich zum Abstinenznachweis angemeldet und hatte mehrere Gespräche mit einer Psychologin.
Weil ich sah wie hart er an sich arbeitete gab ich ihm Januar 2022 eine zweite (oder eigentlich schon fünfte) Chance.
Wir hatten ein wunderbares letztes Jahr, sind entweder gependelt oder hatten immer mal mehrere Wochen am Stück miteinander verbringen können.
Bis letzte Woche.
Er hat die MPU nicht bestanden.
Und anstatt an dem Festzuhalten was wir schon miteinander geschafft haben ist er seitdem im Dauerrausch. Nicht ansprechbar.
Bei mir kam schlagartig alles wieder hoch was ich schon mit Ihm durchgemacht hatte.
Und nun sitz ich hier, lese all diese Beiträge, und weiß eigentlich genau, das ich so nicht alt werden möchte, immer diese Angst,, das er wieder trinkt, egal wie lange er ohne Alkohol ausgekommen ist.
Ist das nach eineinhalb Jahren Trinkfrei ein Rückschlag den man hinnehmen muss? Den auch andere haben und dann aber wieder aufstehen und weiter machen?
Er hat sich anscheinend noch nicht genügend Selbstreflektiert, wie es ja die wenigsten Quartalstrinker machen, denn ohne das Abstinenzprogramm wäre er der Meinung hier und da ein Bierchen würde schon gehen.... Programm abgeschlossen, Büchse der Pandora wieder geöffnet.
Ich stehe übrigens in gutem Kontakt mit seinen Eltern, er hat eine Wohnung in deren Haus, die ihn einfach auch nicht fallen lassen können.... obwohl ihnen das bei den Beratungsstellen immer wieder geraten wurde.
Und ich.... ich brauch glaub ich jetzt einfach einen Schubs, um ihn loslassen zu können.