Abwehr und Verdrängung

  • Ich kenne es von mir, dass ich die Tatsache, dass mein Partner, alkoholabhängig ist, oft zumindest weitgehend verdränge und dann jedes Mal wieder aus den Wolken falle, wenn ich ihn erwische - und ich frage mich, was für ein Spiel wir da eigentlich miteinander aufführen?

    Es liest sich nicht nach Trennung, wenn Du immer wieder aus Wolken fällst und von einem Spiel berichtest, welches ihr da aufführt.

    Kannst du, liebe Cadda, dich selbst und andere als ein menschliche Wesen mit all dem Schlamassel, den ein lebendiges seelisches Leben mit sich bringt, annehmen?

    Ja das kann ich.

    Wenn mir das Schlamassel für mich aber zu groß wird, muss ich es abstreifen.

    Das habe ich getan. Als Säuferin von meinem eigenen Schlamassel und danach als Co-Abhängige vom Schlamassel meines saufenden Partners.

    LG Cadda

  • hallo Zabeth,

    noch auf der Suche nach wissenschaftlichen Publikationen zum Konzept der Co-Abhängigkeit.

    1. Ich befreie mich von deiner Sucht, von Helmut Kolitzus

    2. Wenn Frauen zu sehr lieben, von Robin Norwood

    wissenschaftliche Abhandlungen wirst du da eher wenige finden, denn die COabhängigkeit ist ( noch ) keine Krankheit. Wundert mich auch nicht, wenn ich überlege, wie lange es gebraucht hat, das Alkoholismus anerkannt wurde.

    Wenn du diese beiden Bücher liest, wirst du ein Muster erkennen, welches die COabhängigkeit ausmacht.

    Der nasse Alkoholiker ist das Suchtmittel der COs um ihn herum, ob es dir gefällt oder nicht.

    Denn wir Cos haben den Alkohol ständig im Kopf und kreisen in unseren Gedanken um den Alkoholiker.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • ch bin immer noch auf der Suche nach wissenschaftlichen Publikationen oder Fachliteratur zum Konzept der Co-Abhängigkeit.

    Das dachte ich mir. Kannte ich auch von mir am Anfang.

    Etwas suchen, was zu mir und meiner Denke passt, ist viel einfacher, als mich selbst zu hinterfragen. Tut ja auch manchmal weh. Aber nur bis ich hier aufschlug und mir bewusst wurde, dass Erfahrungsaustausch und die Selbsterkenntnis der Schritt aus der Sucht ist.

    Deswegen fanden eine Heerschar von Büchern den Platz im Reißwolf. Literatur ist zwar eine gute Ergänzung, aber hilft eben nur, wenn ich erkannt habe, dass ich, der Süchtige bin und andere Süchtigen durch ein aktives Begleiten manchmal nur Sterbehilfe leiste.

    Ich weiß, wovon ich spreche, nicht aus einem Buch, sondern aus dem Leben geschrieben .

    Auch aus der Sicht des Alkoholikers haben mich dieses ganze "Überbetütteln" in der Sucht festgehalten. Niemand außer ich selbst hätte mich retten können. Keine Mutter, kein Vater, kein Kind oder der Partner. Niemand.

    Aber bevor sich jetzt der CO sich Gedanken macht, warum bei ihm alles anders ist. Sollte er sich mal Gedanken machen, dass aktive Hilfe auch mal eben mehr schaden kann als es nutzt.

    Ein guter Einstieg in diese Thematik ist:


    Roland Voigtel: "Sucht". Psychosozialverlag

    Mein Buch hieß. Der Schein trügt. ;)

    Ich bewundere immer wieder User, die hier Hilfe suchen und schon die Weisheit mitbringen und den Weg aus ihre Dilemmas

    wissen. Da sind natürlich 18 Jahre Forenerfahrung mit dem Thema nichts dagegen. Oder? Mal eine nett gemeinte Provokation. Denn niemand will dem anderen etwas Böses hier.

    Der Weg aus der Sucht ist nicht das Emporsteigen in den Himmel, es ist ein Weg aus den eigen leidvoll erfahrenen Tiefgründe. Dann wünsche ich dir mal einen hilfreichen Austausch, der zu dir passt und die Weitsicht es für dich umzusetzen.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Seit ein paar Tagen schon denke ich auf ‚deinem Thema‘ rum.

    Ich hatte es dann doch vorgezogen, erstmal besser nix zu schreiben, obwohl ich als Alkoholiker ja direkt angesprochen wurde.

    Du hast dich getrennt.

    Ist es da nicht viel interessanter zu schauen, was du jetzt mit deinem neuen Leben anfangen kannst als in der Vergangenheit eines Alkoholikers rumzustochern?


    Die Trennung vom Alkohol ist leicht, sie ist in ein paar Tagen Entgiftung in einer Klinik geschafft. Was dann kommt, ist der schwierige Part: Die Beziehung zum Alkohol muss durch Beziehungen zu echten lebendigen Menschen ersetzt werden. Selbsthilfegruppen sind wichtig, weil man dort lernen kann, Beziehungen zu Menschen zu führen.

    wow.

    Und diese Erfahrung hast du als ehemalige Angehörige eines noch trinkenden Alkoholikers gemacht?

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Hartmut

    Da habe ich dich wohl mißverstanden, ich dachte du bist an Literatur interessiert.

    Morgenrot

    Danke für die Buchempfehlungen. Was meinst du damit, dass es lange gedauert hätte, Alkoholismus als Krankheit anzuerkennen? Alkoholismus ist in der Medizingeschichte seit Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt, also sogar etwas länger als bakterielle Infektionskrankheiten.

  • offiziell anerkannt ist Alkoholismus als Krankheit vom Bundessozialgericht erst sein Juni 1968.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Die Trennung vom Alkohol ist leicht, sie ist in ein paar Tagen Entgiftung in einer Klinik geschafft. Was dann kommt, ist der schwierige Part: Die Beziehung zum Alkohol muss durch Beziehungen zu echten lebendigen Menschen ersetzt werden.

    ? Woher weißt du das? Aus meiner Sicht und Erfahrung ist die Trennung vom Alkohol für den Süchtigen alles andere als leicht - und das hat nix mit den Beziehungen zu anderen sondern vielmehr mit der Beziehung zu sich selbst, mit falschen Glaubenssätzen, ungesunden Verhaltensmustern und einem nicht ausreichenden Selbstwertgefühl zu tun. Und an all dem leiden auch Co-Abhängige. Gleiches Problem - unterschiedliche „Lösungswege“ - beide „ungesund“. Insofern ist der Schlüssel zu einem glücklicheren Leben zunächst mal die Beschäftigung mit sich selbst - und zwar für den Alkoholabhängigen wie für den Co-Abhängigen. Es bringt dich also nicht weiter, wenn du versuchst sein Verhalten oder andere Alkoholanhängige zu verstehen anstatt dich zu fragen, was Dich so lang hat in der Situation verharren lassen. Hast du seine Lügen wirklich geglaubt?

  • sondern vielmehr mit der Beziehung zu sich selbst, mit falschen Glaubenssätzen, ungesunden Verhaltensmustern und einem nicht ausreichenden Selbstwertgefühl zu tun

    Das ist mir zu pauschal. Ich merke, Du kommst aus dem "anderen Lager".

    Ich habe nicht jahrelang getrunken, weil ich den falschen Glauben hatte (egal ob religiös oder sonst was) oder voller Minderwertigkeitskomplexen durchs Leben stolperte. Also Punkte 1 und 3 treffen zumindest auf mich, mehrere andere fallen mir spontan auch ein, definitiv nicht zu.

    Ich habe zu viel getrunken, weil ich in einem alkohollastigen Umfeld aufgewachsen bin, in dem der übermäßige Konsum an der Tagesordnung war, selbst früher gerne 2x wöchentlich mal 2 Weizen trank, mit der Zeit die Dosis und die Anzahl der Trinktage steigerte und später irgendwann die Kontrolle verlor.

  • Lanananana und Carl Friedrich

    Lanananana kommt dieser Ansatz aus der Verhaltentherapie? Was ich oben sehr knapp umrissen habe kommt aus der psychoanalytischen Bindungsforschung. Oben habe ich dazu auch Quellen angegeben, u.a. einen sehr hörswerten Podcast. Vielleicht findest du da auch etwas für dich Nützliches, lieber Carl Friedrich. Ich wünschte, es gäbe so eine fundierte, forschungsgestütze Aufarbeitung auch für die Frage, warum Angehörige bleiben.

    Soweit ich bisher weiß, war das bei mir eine Kombination aus Kindheitserfahrungen, PBTS und ein fehlendes unterstützendes Umfeld. Auf Grund seiner anderen diagnostizierten und medikamentös behandelten Erkrankung waren vieles, was mein Ex gesagt hat, glaubhaft für mich und ich denke immernoch, dass nicht immer Alkohol der Auslöser für seine Symptome war. Draüberhinaus bin ich überzeugt, dass ich vieles verdrängt habe und würde gerne mehr darüber herausbekommen, wie das im Zusammenspiel mit ihm gelaufen ist.

  • Ich habe zu viel getrunken, weil ich in einem alkohollastigen Umfeld aufgewachsen bin,

    Es gibt zwar Begleitumstände, die den Weg in den Alkoholismus begünstigen, aber nicht jeder wird aus so einer Familie oder diesem Umfeld heraus süchtig. Deswegen haue ich für mich solche Erklärungen in die Tonne. Mir war immer bewusst, dass ich durch das übermäßige Saufen süchtig werden kann.

    Gerade, weil ich in einem alkohllastigen Umfeld mich bewegte. Ich sah ja, was um mich herum passierte. Ich war zwar ein Säufer, aber doch nicht blind. Und das Hirn säuft sich ja auch nicht gleich am Anfang weg.

    Nö, ich habe aufgehört, irgendwelche Schuldigen zu finden. Ich überschätzte meinen Fähigkeiten, was der einzige Grund ist, Alkoholiker geworden zu sein.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Ich habe zu viel getrunken, weil ich in einem alkohollastigen Umfeld aufgewachsen bin, in dem der übermäßige Konsum an der Tagesordnung war, selbst früher gerne 2x wöchentlich mal 2 Weizen trank, mit der Zeit die Dosis und die Anzahl der Trinktage steigerte und später irgendwann die Kontrolle verlor.

    Eben! Glaubenssätze haben nichts mit Religion zu tun!

  • Lanananana kommt dieser Ansatz aus der Verhaltentherapie?

    es ist kein bestimmter Ansatz, sondern mein Erfahrungswert nach unendlich vielen Jahren, die ich mich super intensiv mit dem Thema Abhängigkeit auseinandergesetzt habe. Ein Mix aus allem. Eine Erkenntnis für die ich lange gebraucht habe. Viel zu lang habe ich auch versucht, die anderen zu verstehen - weil ich gedacht habe, dann kann ich das Problem lösen. Für sie und für mich. (Und natürlich gibt es auch Erklärungen dafür.) Aber wichtig ist die Erkenntnis: Es ist ein aussichtsloses Unterfangen.

    Alles ändert sich in dem Moment, wo ich anfange mich wieder ganz auf mich zu konzentrieren. Wie bin ich da reingeraten, warum habe i c h mir das angetan. Was habe ich erwartet? Warum habe ich nicht besser für m i c h gesorgt … warum habe ich meinen Fokus verloren - was möchte ich, was davon habe ich selbst in der Hand, wie kann ich das erreichen … ?

  • Zabeth, Du bist auf meinen Beitrag oben, in dem ich einige Äußerungen von Dir aufgriff, die für mich dafür sprechen, dass Du noch mitten im „Spiel“ bist, anstatt wirklich getrennt, so gar nicht eingegangen,

    Stattdessen gibst Du Dir unfassbar Mühe, das Verhalten von Alkoholikern zu durchleuchten. Warum??

    Warum fragst Du Dich nicht, wie Du etwas an Deinen Verhaltensweisen ändern könntest, um aus Deiner eigenen Abhängigkeit, der Co-Abhängigkeit herauszukommen?

  • Zitat

    Soweit ich bisher weiß, war das bei mir eine Kombination aus Kindheitserfahrungen, PBTS und ein fehlendes unterstützendes Umfeld.

    Da geht der Weg lang. Das "Aufwachen" aus einer PTBS ist eine Wegstrecke, bei der man als Erwachsene an viele Menschen andockt, die ans verinnerlichte - kranke - Muster erinnern.

    Hinschauen, den Fokus dabei aber auf sich selber legen und die Zeiten sortieren. Bin ich das, die das jetzt gerade entscheidet oder funktioniere ich nach einem verinnerlichten kranken Muster...

    In dem Zitat oben wollte ich nachfragen, was genau für dich "das" ist.

    Viele Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Liebe Linde,

    ich bin im nun im zehnten Jahr analytischer Psychotherapie. Ich gluabe ich kenne mich inzwischen ganz gut. Mit "das" meinte ich, warum ich ein paar extra Runden drehen musste und meinen Ex nicht früher verlassen konnte. Zu der Liste der Gründe, über die ich hier im ungeschützten Bereich nicht eingehend schreiben möchte, kann ich noch Parentifizierung, Armut und Wohnungsnot hinzufügen. Man kann das sicher alles unter co-abhängig subsumieren, mir ist das jedoch zu ungenau und oberflächlich.

    Liebe Cadda,

    so bin ich nun mal, eine wissensdurstige, denksüchtige Intellektuelle, die den Dingen und den Menschen gerne auf den Grund geht.

  • Zu der Liste der Gründe, über die ich hier im ungeschützten Bereich nicht eingehend schreiben möchte, kann ich noch Parentifizierung, Armut und Wohnungsnot hinzufügen. Man kann das sicher alles unter co-abhängig subsumieren, mir ist das jedoch zu ungenau und oberflächlich.

    Da magst Du Recht haben. Das Alles spielt natürlich auch eine Rolle.

    Du hattest jedoch geschrieben, dass Du immer wieder aus allen Wolken gefallen bist, wenn Du ihn „erwischt“ hast, was auf das typische Augen verschließen hindeutet.

    so bin ich nun mal, eine wissensdurstige, denksüchtige Intellektuelle, die den Dingen und den Menschen gerne auf den Grund geht

    Nur sollte dabei vor lauter Analysieren (in dem Fall der Alkoholiker) nicht das eigene Problem ausgeblendet werden.

    Sonst kann das eigene Muster schwer durchbrochen werden.

  • Liebe Cadda,

    ich sehe da eigentlich kaum eine Gefahr, denn ich gehe viermal die Woche zur Analyse :) Da sagen die Leute einer eher, dass man mal aufhören soll, immer um sich selbst zu kreisen. Zusätzlich dazu hatte ich hier eben eine Frage, von der ich dachte, dass die langjäigen Expert:innen hier im Forum sie mir beantworten können - und freilich ist mir bewußt, dass noch lange nicht über den Berg bin.

    Ich hoffe, dass jetzt eventuelle Mißverständnisse ausgeräumt sind, und wir uns jetzt besser verstehen :)

  • Hartmut

    Da habe ich dich wohl mißverstanden, ich dachte du bist an Literatur interessiert.

    Hatte ich überlesen. Doch bin ich schon, aber dafür habe ich mich nicht in einem Selbsthilfeforum angemeldet, um mich über Literatur zu unterhalten.

    Das letzte Buch in dieser Richtung war von Rolf Degen.

    Lexikon der Psycho-Irrtümer.- Warum der Mensch sich nicht therapieren, erziehen und beeinflussen lässt.

    Zusätzlich dazu hatte ich hier eben eine Frage, von der ich dachte, dass die langjäigen Expert:innen hier im Forum sie mir beantworten können -

    Hatte sie dein EX nicht beantworten können?

    Gruß Hartmut

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  • Nö, ich habe aufgehört, irgendwelche Schuldigen zu finden

    Es werden 2 Komponenten verwechselt, die getrennt voneinander zu betrachten sind:

    1.) Kausalität= Ursächlichkeit. Bei komplexen Sachverhalten sind monokausale Ursachen selten, da spielen zu viele Faktoren eine Rolle, die in ihrer Zusammenschau zu einem bestimmten Ergebnis geführt haben. Allein darum ging es mir.

    2.) Schuld= Persönliche Vorwerfbarkeit. Diese setzt voraus, dass der Betreffende aufgrund seines intellektuellen Zuschnitts in der Lage war, die Gefahren seines Tuns zu erfassen (Einsichtsfähigkeit) und nach dieser Einsicht zu handeln (Steuerungsfähigkeit).

    Zu letzterem habe ich mich nicht geäußert.

  • Spielen wir jetzt "Wissenschaft rockt" ? :mrgreen: Kleiner Scherz.

    Zu letzterem habe ich mich nicht geäußert.

    Macht es nicht besser. Beides ist ein rückwirkend gerichtetes Ergründen, wer oder warum. Ich gehe von mir aus, wenn ich schreibe, ich brauche niemanden, der Schuld an meinem Alkoholismus hatte. Würde mich, weil es da nie die richtige Antwort gibt, in einer "Endlosschleife" halten.

    Das grobe Ganze reicht mir da. Lässt mir mehr Spielraum für das Heute.

    Aber ich will nun nicht den Thread ganz zerschießen. Obwohl ich da das Gefühl habe, dass es da um etwas Ähnliches geht.

    Gruß Hartmut

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