Maeron - Von der Krankheitseinsicht & meiner täglichen Abstinenz

  • Hallo,

    bin im achten Monat ohne Alkohol. Ich denke nicht mehr soviel an Alkohol und vermisse ihn viel weniger als noch vor Monaten. Das fühlt sich gut an.


    Leider habe ich zurzeit eine Magenschleimhautentzündung. Um ein Magengeschwür auszuschließen, soll ich zur Magenspiegellung. Wegen des Alkoholabusus ist das Risiko stark erhöht. Ich erzählt es meiner Frau. Sie meinte, sie hätte in der Jugend auch mega viel getrunken und hat das nicht bekommen.... Solche Aussagen sind für mich immer wieder mit dem Beigeschmack, als würde Sie meine Alkoholabhängigkeit runterreden oder so.

    Ich frage mich auch ob es einen Zusammenhang gibt. Einige Abstürze im Jahr. Bis vor 8 Monaten. Das hatte meine Frau schließlich auch nicht.

    Wie kann sie denn sensibler werden? Ich habe das Gefühl, das sie nicht weiß, das mich jede Art des Relativieren verunsichert.

  • Ich frage mich auch ob es einen Zusammenhang gibt.

    Was hättest du davon, wenn du es genau wüsstest? Was übrigens gar nicht mehr zur recherchieren wäre. ;) Mit einer Hypothese leben ist doch nur belastend.

    Wichtig ist doch nur die Heilung. Dazu alles Gute.

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Ich denke gerade länger darüber nach. Zum einen ist da meine Quartalstrinkerei. Diese Ausprägung des Trinkens macht es schwerer greifbar. Ich habe nicht täglich Berge von leeren Flaschen wegbringen müssen. Dann wäre es greifbarer. Aber auch dieses ständige Suchen nach "Beweisen" der Erkrankung. Das ist doch verrückt. Nach dem ICD10 bin ich Alkoholiker. Das reicht doch. Wieso muss man immer versuchen, sich die Sucht zu beweisen oder andersrum, sie kleiner mache oder gar Hintertürchen öffnen um wieder zu konsumieren (was doch ansich selbst ein Symptom der Krankheit ist). Der psychische Aspekt dieser psychischen Erkrankung steht doch ziemlich im Vordergrund, mit al der Komplexität der Psyche.

    Recht hast du Hartmut . Es ist EGAL ob zum Bauchschmerz der frühere Konsum ein Verursacher auszumachen ist. Es spielt keine Rolle, denn ich weiß ja, dass ich süchtig bin. Und alleine das mich diese von mir übeinterpretierte Antwort meiner Frau so verunsichert, ist Symptom meiner Erkrankung.

    Wichtig ist die Heilung dieser. Danke für die Wünsche. Ich warte schon auf die Bewilligung der ambulanten Reha. Diese wird mir sicher helfen, glücklicher zu werden.

  • Wie kann sie denn sensibler werden?

    Hast die Antwort ja schon selbst gefunden. Schreiben hilft mir auch immer viel.

    Sie muss gar nichts. Du kannst lernen, das anders aufzunehmen. Oder z. B. gar nicht. Tatsächlich kann ich einen unpassenden Satz auch einfach so stehen lassen. Betrifft mich ja nicht.

    "Kann" kursiv, weil ich ja auch (noch) kein Guru bin. ^^

  • Vieles wird dein Frau nicht verstehen können, da es für Nicht-Abhänigige nicht zu verstehen ist.

    Ansonsten: Reden hilft. Sprich mit ihr. Sag ihr, wie du ihre Worte verstanden hast und frage, wie sie sie gemeint hat.

  • Mein Vater hat letztens nochmal kurz das Thema Alkohol angesprochen, nachdem ich ihm vor einiger Zeit mein Suchtproblem erläuterte. Er: "So richtig habe ich das noch nicht verstanden!" Er meinte, ich wäre doch so ein disziplinierter Mensch und habe schon so viel geschafft, dann könne ich doch auch den Alkohol kontrollieren. Ich sagte ihm, das es doch daher umso stärker von mir ist, wenn ich es komplett sein lasse mit dem Alkohol. Damit war das Gespräch auch beendet.

    Auf der einen Seite würde ich mir wünsche, dass er es versteht. Aber ich bin da noch ratlos, wie das gehen könnte. Er trinkt ja selbst und sieht sich aber nicht als Alkoholiker. Ich vermute, das er sich auch damit nicht auseinandersetzen möchte. Das finde ich schade. Aber was mich eben sehr stört ist die Tatsache, dass er meine Entscheidung oder den Ernst der Lage bei mir nicht verstehen kann. Und ich habe nicht die Kraft und Lust mit ihm zu diskutieren. Aber gleichzeitig Würde ich so gerne eine Anerkennung, emotionale Unterstützung oder ähnliches von ihm bekommen.

  • Ich vermute, das er sich auch damit nicht auseinandersetzen möchte.

    Ja, ich denke, da vermutest Du richtig. Er kann, bzw. will Dich nicht verstehen, weil er sich dann selbst hinterfragen müsste.

    Das habe ich auch bei einigen meiner "Freunde" feststellen dürfen. (damalige)

    Anerkennung von den Eltern. Absolut verständlich, dass Du Dir das wünscht. Gab es und gibt es bei mir auch nicht.

    Mein persönlicher Rat. Spare Dir das mit dem Diskutieren. Das wird nur zu Frust führen. Es ist nicht möglich, jemanden zu überzeugen, der das nicht will.

  • Aber was mich eben sehr stört ist die Tatsache, dass er meine Entscheidung oder den Ernst der Lage bei mir nicht verstehen kann. Und ich habe nicht die Kraft und Lust mit ihm zu diskutieren. Aber gleichzeitig Würde ich so gerne eine Anerkennung, emotionale Unterstützung oder ähnliches von ihm bekommen.


    Ich erwarte gar nicht erst, dass jemand meine Sucht und ‚den Ernst der Lage‘ verstehen kann. Natürlich finden meine Angehörigen es ganz toll, dass ich nichts mehr trinke, aber ich hinterfrage das in meinem Umfeld nicht. Ich bekäme vermutlich auch keine wirkliche Unterstützung, weil doch gar keiner nachvollziehen kann, was da in mir vorgeht oder warum ich so stolz bin, dass ich nicht mehr saufen muss.

    Dafür bin ich hier in diesem Forum. Hier weiß jeder, wovon ich spreche. Hier muss ich meine Sucht nicht erklären.
    Hier finde ich Unterstützung und hier kann ich meine Gedanken lassen, die mich beschäftigen und hier finde ich ‚Verständnis‘ für meine Alkoholsucht.
    Meine Anerkennung ist mein Blick in den Spiegel, mein Befinden, mein zurückgewonnenes Selbstwertgefühl ….die vielen schönen Worte in diesem Forum.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Wenn ich eines in meinem Leben schmerzhaft gelernt habe, Maeron, dann das: von meinen Eltern endlich nicht mehr zu erwarten, als sie mir geben können. (Und sie wollten und wollen immerhin gute Eltern sein.) Kann man auch auf Freunde und Vorgesetzte übertragen...

    Das spart eine Menge Energie, die ich produktiver für mich nutzen kann. Denn ich werde für MICH trocken, nicht für warme Worte von Menschen, die das Ausmaß unserer Krankheit und unserer Trockenarbeit gar nicht ermessen können oder wollen.

    Schau lieber ab und zu in den Spiegel und sei stolz auf Dich und Deine Fortschritte, rede Dir selbst gut zu, wie Du es Dir von Deinen Eltern wünschen würdest ...

  • Wir wurden mal im Geschäft getestet. "Finde deinen Antreiber". Eigentlich hätte es heißen sollen "Finde den Hebel bei dir, für deinen Chef". Damit ich besser zu manipulieren bin.

    Tatsächlich war mein Antreiber "Lob". Natürlich hatte ich eine Chefin, die nicht lobt. Also habe ich mir einen abgebrochen, um vielleicht doch noch eines zu bekommen. Glücklich war ich dort natürlich auch nicht.

    Ich habe lernen dürfen, dass ICH weiß, wenn ich etwas gut gemacht habe. Mich dann selbst zu loben. Ja, Eigenlob ist nicht immer schlecht. Ich muss mich ja nicht lautstark in den höchsten Tönen loben. ^^ Es reicht, wenn ich "weiß", dass ich was gut mache.

    Habe auch gedacht, mein Umfeld schreit laut hurra, weil ich nicht mehr trinke. Ist doch verhaltener ausgefallen, als ich dachte. Besonders von den falschen "Freunden", die ich nicht mehr sehe. Also liegt es an mir "hurra" zu schreien, dass ich trocken bin und endlich mein Leben selbst führe.

    Kein Kater, kein selbst vergiften, kein Lügen. Was für eine Freiheit: HURRA 8)

  • Danke für eure Antworten, da nehme ich einiges für mich mit.

    Man muss sich manchmal auch von den Bewertungen anderer frei machen, auch wenn man sich zum Beispiel nach Lob und Anmerkung sehnt.

    Meine alten Sauffreunde akzeptieren meine Entscheidung, wobei dadurch die Treffen sehr viel weniger geworden sind. Aber es ist gut, das sie versuchen Aktivitäten ohne Alkohol mit mir zu realisieren. Ich bin gespannt, ob es organisiert wird oder man sich ganz aus den Augen verliert. Die Freude merken zumindest, das da was passiert, das man sich entfernt und ich finde es ansich schön, das sie alternative Aktivitäten versuchen wollen. Leider sind sie alle selbst nicht so psychisch gesund, so dass es meistens schon bei der Organisation scheitert. Naja, mal sehen.

  • Habe leider wieder Jobprobleme, bzw. nun keine mehr, da kein Job mehr und die Arbeitslosigkeit winkt schon.

    Die Reha läuft ✔️.

    Trockenheit läuft auch, trotz der Kündigung und die damit verbundenen starken Enttäuschung und Traurigkeit bleibe ich standhaft.

  • Hallo Maeron,

    das sind ja keine schönen Nachrichten (bis auf die Tatsache, dass Du sie nicht als Anlass zum erneuten Saufen nimmst, denn dadurch wird ja auch rein gar nichts besser, im Gegenteil).

    Bist Du denn als einziger von der Kündigung betroffen, oder was enttäuscht Dich so? Warst Du mit Deinem Arbeitsplatz zufrieden? Gerätst Du jetzt in Existenznöte oder könntest Du eine Weile überbrücken und die Kündigung evtl. Sogar als eine Chance für eine kurze Auszeit und Neurientierung sehen, nach dem Motto " Wer weiß, wofür es gut ist ..."?

    Ich drücke Dir jedenfalls die Daumen, dass Du gestärkt daraus hervorgehst, zum Glück werden gute Fachkräfte ja gerade überall händeringend gesucht ...

  • Hallo Maeron,

    siehe die Kündigung als Chance, etwas noch besseres zu finden. Ich weiß nicht, wo Du her kommst aber hier in unserer Region ist es so, das nicht mehr der Arbeitnehmer nach Arbeit sucht sondern der Arbeitgeber nach Angestellten. Das hat mir dazu verholfen, das ich seit 9 Monaten eine 4 Tagewoche habe - bei vollem Lohn. Übrigens ist auch dies ein Resultat meiner Trockenheit, saufend hätte ich das niemals hinbekommen!

    Du musst ja auch nicht das weiter machen, was Du vor Jahren mal gelernt hast sondern kannst Dir etwas neues in dem Bereich suchen, was Dir richtig viel Spass macht. Quereinstieg ist in vielen Bereichen möglich.

    Viel Erfolg!

  • Dass du nun erstmal ohne Job dastehst, tut mir Leid.

    Trockenheit läuft auch, trotz der Kündigung und die damit verbundenen starken Enttäuschung und Traurigkeit bleibe ich standhaft.

    Hast du eine Wahl? 🤔

    siehe die Kündigung als Chance, etwas noch besseres zu finden

    Das finde ich eine super Möglichkeit, die Enttäuschung über den Jobverlust nicht zu mächtig werden zu lassen.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!