Guten Abend,
gerade habe ich hin und her geschaltet und hoffe, dass ich mich jetzt richtig vorstelle.
Das Forum besuche ich schon seit einiger Zeit und habe erst jetzt den Mut gefunden mich anzumelden.
Ich werde 62 Jahre und weiblich, bin noch berufstätig und bin mir über meine Alkoholabhängigkeit früher nie bewusst gewesen.
Mein Vater ist mit 53 Jahre an seiner Alkoholkrankheit gestorben, sein Vater hat sich unter Alkoholeinfluss mit ca. 60 Jahren das Leben genommen.
Ich war kein schöner Teenager, schielend und zu große schiefe Zähne. Und weil viele glaubten, mir das immer in aller Deutlichkeit zu sagen, habe ich mich schon schnell zurückgezogen und mir jeden Samstagabend eine Flasche Wein, anstatt mit meinen Freundinnen auszugehen.
Mit Mitte der 80iger Jahre habe ich mein Abitur nachgemacht und es war eine gute Zeit. Das "Weintrinken" haben mein Klassenkameraden und ich regelrecht "kultiviert". Weinseminare besucht und manche hatten sogar immer einen Flachmann dabei.
1993 habe ich meinen damaligen Freund kennengelernt und ich war natürlich begeistert, dass mich jemand haben wollte. Wir haben täglich "moderat" Wein getrunken und haben Wochenende waren wir regelmäßig betrunken. Wenn wir mit seiner Motorradclique unterwegs waren, wurden eigentlich immer "gesoffen". Ich hielt aber für normal, weil wir alle ein geregeltes Alltagsleben hatten.
Die Beziehung zerbrach nach 6 Jahren. Darauf haben ich Wochen ekzessiv getrunken.
Nachdem ich mich "beruhigt" hatte, habe ich eine Schieloperation machen lassen und fühlte mich mit 40 Jahren endlich wohl in meiner Haut. Die Trinkerei ließ auch nach.
2004 habe ich meinen nächsten Freund kennengelernt, der keinen Alkohol getrunken hat.
Meinen täglichen Wein habe ich trotzdem getrunken. Während dieser Zeit wurden bei mir Depressionen festgestellt und ich ging zu einer Psychotherapie.
Auch diese Beziehung zerbracht nach 6 Jahren. Und ab hier ging es richtig los.
Einweisung in eine Klink, nach Entlassung sofort wieder getrunken. Führerschein verloren, Abmahnung bekommen. Alles habe ich mit meiner damaligen Therapeutin besprochen und wollte zu einer Reha und sie sagte nur: keine Reha - Suchtklinik. Trotz meiner zahlreichen Abstürze war ich mir nie bewusst, dass ich alkoholkrank bin.
Nach einem weiteren Absturz sechs Monate später hat mich mein Bruder wieder einweisen lassen und ich bin direkt danach in eine Sucht- und Drogenhilfe gekommen. Und ich habe nicht mehr getrunken. Ich hatte das Gefühl, es ist vorbei. Drei Monate später war in dann tatsächlich für 8 Wochen in einer Suchtklink und ab da 9 Jahre trocken
Es waren schöne und friedliche Jahre und ein Gedanke an Alkohol ist mir in diesen Jahren nicht gekommen.
2018 erkrankte mein Bruder an einem Glioblastom und ich habe ihn bis zu seinem Tod 2020 zu jeder Therapie begleitet, nächtelang gegooglt und getröstet.
Nach seinem Tod habe ich wieder angefangen zu trinken. Manchmal wochenlang nichts, manchmal eine Woche durch.
Die nüchternen Abstände werden immer kürzer und die Abstürze immer schlimmer. Ich habe wieder Kontakt zur Diakonie aufgenommen und warte jetzt auf die Kostenzusage zu einer ambulanten Reha.
Letzte Woche war wieder eine 20 Flaschen Wein Zeit und ich will das nicht mehr. Ich will keine Trinkpausen und möchte eine völlige Abstinenz erreichen.
Ich freue mich, dass ich jetzt bei Euch bin.