Jana, Mein Mann ist Alkoholiker

  • Es ist so kränkend die ganze Situation.

    Ich wollte an der gleichen Stelle ansetzen wie Momo: Die Situation ist so, wie Du sie bewertest. Ich zum Beispiel finde, alles sagt viel über deinen Partner aus und Seine Erkrankung und nichts über dich und deinen Wert.


    Alles was Du da schreibst spricht Bände darüber, wie es gerade um Deine Beziehung mit Dir selbst steht- um dein Selbstwertgefühl, dein Selbstvertrauen … Mach dich unabhängig von den Bewertungen anderer! Setz da an, wo Du selbst Einfluss hast.


    Ich bin auch oft sehr traurig, dass ich keine „gesunde“ Familie hatte und bislang keine Liebe gefunden habe, wie ich die mir für mich wünschen würde, aber ich halte lieber den Schmerz über das Alleinsein aus, wenn er kommt, als wieder in einem Suchtsystem zu verharren und auf Wunder zu hoffen.


    Allein habe ich es in der Hand, ob ein trauriger Tag durch mein Handeln oder eine andere Perspektive doch noch schön oder wenigstens weniger traurig wird. Und selbst durch und durch traurige Tage gehen vorbei. Ich hab so viele Möglichkeiten, was aus meinem Tag zu machen. Und so viel Zeit und Energie für mich und dafür, mich um mich zu kümmern und ich liebe mich Tag für Tag mehr.


    In einer suchtbelasteten Beziehung weißt du nie, was als Nächstes passiert. Immer auf der Hut sein, immer ausgeliefert sein … ganz ehrlich: lieber laufe ich als auf so einen „Gebrauchtwagen“ zu setzen.


    Und wer weiß - vielleicht bin ich mir irgendwann absolut genug. Oder ich lerne jemanden kennen, der auf Augenhöhe ist, weil er sich mit sich und mit uns auseinandersetzt ohne sich wegzuballern.

  • In einer suchtbelasteten Beziehung weißt du nie, was als Nächstes passiert. Immer auf der Hut sein, immer ausgeliefert sein

    ja, das stimmt, das ist das Schlimmste - nicht zu wissen, wie er nach Hause kommt, auf rohen Eiern zu laufen, wenn du merkst er hat getrunken, und das ewige Lügen!

    Und ja, du hast recht, es sagt mehr über ihn aus als über mich. Und ich sollte echt froh sein, dass er gegangen ist.

    Vorgestern abend als ich so wehmütig war und ihm geschrieben hatte, da hab ich mich kurz der Illusion hingegeben, was wäre wenn er zurückschriebe mit der Erkenntnis ich wäre seine große Liebe und er für mich einen Entzug machte und alles wieder so würde wie es mal war, bevor wir in dieser Ehe zu dritt waren - er, der Alkohol und ich. Im nächsten Moment war mir durchaus klar, dass das einfach nur dumme Träumereien sind und sah ein anderes Bild vor mir, er kommt zurück und er hat weiter diese Eskapaden und dann säuft er sich noch krank, wird zum Pflegefall und ich muss ihn pflegen als Ehefrau, weil er sich kaputt gesoffen hat...

    Ich wünschte immer noch es gäbe diesen Knopf zum Loslassen der Gefühle für ihn und zum Loslassen der Träumereien. Und ich wünschte ich würde einsehen, dass er nie wieder der Mann sein wird, der er mal war.

  • Hallo Jana,

    ich hab das Gefühl, du bist gedanklich viel zu weit in der Zukunft. Du steckst gefühlsmäßig ja voll in deiner jetzigen Beziehung, machst dir aber schon Gedanken um zukünftige Beziehungen. Ich möchte zu mir finden, meine Ehe verarbeiten und zufrieden mit mir allein sein können. Alles was dann kommt sind die berühmten Kirschen auf der Torte.

    Du bist zutiefst verletzt, das kann ich verstehen. Mir wird immer wieder gesagt, dass unsere Partner unsere Spiegel sind. Also, wo hast du dich selbst in dieser Beziehung verletzt, wo hast Du nicht auf dich aufgepasst? Mir hilft es, die Dinge so zu hinterfragen.

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Also, wo hast du dich selbst in dieser Beziehung verletzt, wo hast Du nicht auf dich aufgepasst?

    Dort wo ich mir viel zu viel habe gefallen lassen. Wo ich zwar rote Linien verbal klar definiert habe, er immer wieder über diese roten Linien drübergestiegen ist und ich es, zwar jammernd und beschwerend, aber dennoch hingenommen habe. Ich hab ihm diese Eskapaden durchgehen lassen, weil das einzige, was ich hätte tun können um das zu beenden, wäre eine Trennung gewesen und dazu war ich nicht bereit.

    Danke, Lütte, für die Frage!

    Ich habe irgendwann wohl ganz aufgehört auf mich aufzupassen bzw habe meinen Weg dazu gefunden, der aber ungesund war. Nach diesen Eskapaden ahbe ich zwar eine Entschuldigung eingefordert, aber Konsequenzen habe ich keine gezogen. Wenn er getrunken hatte, habe ich mich ins Schlafzimmer zurückgezogen, also quasi vor ihm versteckt. Das kanns einfach nicht sein und wenn ich mir selbst zuhöre, dann frage ich mich echt: Was ist mit dir????

  • Willkommen in meiner Welt. Aber das Gute ist, ich mach mir seit ein paar Wochen meine Welt, wie sie mir gefällt. Das ist eine ganz große Herausforderung für mich mit Erkenntnissen über mich, die mir nicht gefallen, mit vielen Tränen und einsamen Momenten. Auf der anderen Seite kommt aber auch so viel Gutes in mein Leben, ich erarbeite mir eine neue Sicht auf die Dinge, ich versuch, mich von meinen Schuldgefühlen, meinen Zweifeln und Ängsten zu lösen. Das dauert und ist mit viel innerer Arbeit verbunden, doch es lohnt sich.

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • es gibt einen Song von Wolfgang Ambros (Ö Musiker) - da lautet der TExt: "der Weg zu dir selber hört nie auf, hinter dir gehts abwärts und vor dir steil bergauf" - deine Worte erinnern mich gerade dran...

    Ich frage mich auch, ob es leichter gewesen wäre, wenn ich gegangen wäre - ich glaube ja, aber das hätte noch gedauert, weil ich noch nicht so weit bin war. Wenn ich gegangen wäre, wäre es abgeschlossen gewesen, der Prozess, in den ich jetzt reingeworfen wurde, den hätte ich dann halt langsamer durchlaufen können. Oder ich hätte einfach ewig so weitergemacht....

  • Ich glaube ohne einen fetten Schubser vom Universum verlassen die wenigsten Menschen ihre Komfortzone. Bei mir musste auch erst einiges passieren, bis ich diesen Schritt gewagt habe. Jetzt bin ich mitten drin, manchmal noch ganz schön verloren, aber ich bin eine Optimistin.

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Ich hatte gehofft, dass sich schneller eine Erleichterung einstellt, so wie das manche hier beschreiben. Bin einfach noch völlig durch den Wind. Wurde heute von der Polizei aufgehalten, minimale Geschwindigkeitsübertretung und bin in Tränen ausgebrochen - ganz normal ist das nicht =O

  • Hey Jana,

    ach doch , das ist normal wenn du zur Zeit nahe am Wasser gebaut bist. Es ist doch eine sehr emotionale Situation in der du bist. Und du bist dadurch eben sehr verletzlich. Da löst dann so ein Polizist schon was aus.

    Liebe Grüße Aurora

    Glücklichsein ist eine Entscheidung

  • warum ich jemanden, der mich so Scheiße behandelt einfach nicht loslassen kann.

    Könnte gekränkte Eitelkeit sein? Ginge dann in denselben Topf wie Eifersucht. Dafür hättest Du sogar einen Grund, denn es gibt einen neuen und viel stärkeren Partner. Helfen willst Du auch und es kommt einfach nicht an?

    Ich lese bei den Co`s sehr oft, das dieses Verhalten des alkoholkranken Partners sehr persönlich genommen wird. Das ist aus deren Sicht auch natürlich, was sollte es auch sonst sein als persönlich? Du kannst diese Situationen aber nur aus Deiner Sicht bewerten, so wie Du denken und handeln würdest.

    Ich habe da an anderer Stelle schon viel zu geschrieben. Der/ die Co ist eben nicht in der Lage wie ein stofflich-Süchtiger zu denken und/oder zu fühlen. Sei froh das dem so ist. Da sind Dämonen am Werk, welche Du nicht kennenlernen willst.

    Der Alkoholiker hat in der nassen Phase einen neuen Partner, welcher die volle Aufmerksamkeit und Zuwendung fordert. So etwas wie eine gesunde Liebe zu einem anderen / menschlichen Partner ist aus meiner Sicht nicht mehr möglich in diesen Phasen. Und wird es auch auf länger nicht mehr sein. Er ist auch nicht in der Lage abschließend zu erkennen was Du alles für Ihn tust oder getan hast.

    Die Vergiftung durch den Alkohol schmeißt sämtliche "normalen" Denkprozesse und Handlungen im zwischenmenschlichen Bereich über den Haufen.

    Du trittst gegen einen Gegner an den Du emotional nicht verstehen und bekämpfen kannst. Weglieben geht nicht.

    Das soll keine Entschuldigung für das Verhalten des nassen Alkoholikers darstellen, es zeigt Dir nur wo Du in der Partner-Rangfolge stehst. Auf der Nummer zwei. Wenn überhaupt noch darstellbar. Die Persönlichkeit und das Wesen sind krankhaft verändert.

    So wie ich das in Erinnerung habe, waren sämtliche Kontakte dem Alkohol untergeordnet und zweckgebunden. Da passt Du momentan nicht mehr rein. Wenn Du reinpassen würdest, hättest Du Dich bis über die Schmerzgrenzen verbogen und wärest vermutlich gebrochen.

    Du stehst zwei Personen gegenüber. Dem Suchtkranken und dem Mensch darunter ( den Du liebst )

    Solange die akute Sucht nicht aktiv bekämpft und auf Eis gelegt wird, beschäftigst Du Dich mit einem anderen Menschen, vergiftet und wesensverändert.

    Du reibst Dich auf wenn Du versuchst in dessen Kopf zu schauen um irgendetwas zu verstehen oder vorauszusehen. Und das hat nichts damit zu tun das Du es nicht mit allen Kräften versuchst, es geht einfach nicht. Da ist eine Mauer über die Du nicht hinübersteigen kannst und ganz bestimmt auch nicht möchtest.

    Schau nicht mehr so oft nach hinten, da warst Du schon.

    lG WW

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Könnte gekränkte Eitelkeit sein?

    Definitiv! Ich bin extremst gekränkt! und wie du sagst, ich versuche, zu sehr in seinen Kopf zu schauen und an "normalen" Maßstäben zu messen. Das ist sicher ein Denkfehler, danke!

    So wie ich das in Erinnerung habe, waren sämtliche Kontakte dem Alkohol untergeordnet und zweckgebunden. Da passt Du momentan nicht mehr rein. Wenn Du reinpassen würdest, hättest Du Dich bis über die Schmerzgrenzen verbogen und wärest vermutlich gebrochen.

    Wow! Das ist ja eine heftige Analyse! Heftig, aber erkenntnisreich - danke dir dafür! Glaube ich habe mich in den letzten Jahren schon verbogen, alleine das tanzen auf rohen Eiern, das Zurückziehen in ein anderes Zimmer, das sich zurücknehmen um nicht zu provozieren, weil ja alles Provokation ist und und und

    Eine Freundin sagte mir gestern, du bist nicht seine große Liebe, das ist der Alkohol. Also so ähnlich wie du es schreibst, Whitewolf! Traurig!

    Scheiß Alkohol!!!!

  • Jetzt mal eine andere Frage, ich habe gehört, dass der moderne Ansatz das kontrollierte Trinken ist und dass in einer Klinik hier in der Nähe dieser Ansatz demnächst umgesetzt wird. Und das habe ich nicht gerüchteweise gehört, sondern von einem dort arbeitendem Psychiater, der selbst nicht ganz überzeugt davon ist - wie kann das sein, dass dieser Ansatz von Kliniken verfolgt wird, wenn man doch weiß, dass dies bei Alkoholikern eigentlich nicht funktioniert? Hat jemand von euch eine Erklärung dafür und ist das tatsächlich ein Trend den Kliniken zukünftig verfolgen werden?

  • Guten Abend Jana,

    Du hast völlig recht, kontrolliertes Trinken funktioniert nicht für einen Alkoholiker.

    Wenn wir es kontrollieren könnten, dann wären wir keine Alkoholiker.

    Dieses Thema haben wir schon öfter hier in der Selbsthilfegruppe gehabt.

    Es ist meiner Meinung nach nur Geldmacherei. Denn diese Art der Behandlung hält den Alkoholkranken in der Krankheit.

    Die Alkoholsucht kann nur mit der Abstinenz gestoppt werden.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Die Alkoholsucht kann nur mit der Abstinenz gestoppt werden.

    So hätte ich das auch gesehen, auch wenn ich mich noch nicht so lange mit dem Thema beschäftige. War ein bissel schockiert von der Veränderung in der Klinik zu hören. Ich glaube, es hat auch mit den hohen Rückfallraten zu tun...vielleicht versuchen sie deswegen was Neues. Der Psychiater sagte mir, dass es im Schnitt 7 Entzüge braucht, bis einer trocken bleibt. Bei manchen weniger, bei manchen mehr oder es klappt gar nicht. ist schon echt ein frustrierendes Thema.

    Bin ja auch im Gesundheitsbereich tätig, habe es aber immer abgelehnt mit Alkoholikern zu arbeiten, weil ich das so frustrierend finde und mich auch diesbezüglich nicht spezialisiert habe. Und da habe ich jetzt ausgerechnet einen zu Hause sitzen...bzw. hatte.

  • wie kann das sein, dass dieser Ansatz von Kliniken verfolgt wird, wenn man doch weiß, dass dies bei Alkoholikern eigentlich nicht funktioniert?

    Da fast jeder Alkoholiker über diesen Weg irgendwann mal nachdenkt, ist das ein hervorragendes Geschäftsmodell. Könnte mir allerdings vorstellen das so etwas nur in Privatkliniken angeboten wird. Ich kann mir irgendwie beim besten Willen nicht vorstellen das die Krankenkassen dahinter stehen. Und wenn tatsächlich, dann wohl auch nur aus finanziellen Gründen. Dann sind diese Maßnahmen einfach günstiger.

    Es ist zum scheitern verurteilt. Und jeder weiss das.

    Wenn es ein Alkoholiker dann nach so einer "Therapie" tatsächlich schafft einen gewissen Zeitraum kontrolliert zu trinken, wäre das Ziel ja nachgewiesener Maßen erreicht. Dauerhaft funktioniert das aber keinesfalls.

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

    Einmal editiert, zuletzt von Whitewolf (15. Juni 2024 um 23:32)

  • hallo Jana,

    ich bin auch aus dem Gesundheitsbereich und bei uns hatte ein Arzt aus Berlin das Projekt vorgestellt, aber schon vor etlichen Jahren.

    wie kann das sein, dass dieser Ansatz von Kliniken verfolgt wird, wenn man doch weiß, dass dies bei Alkoholikern eigentlich nicht funktioniert?

    ein nasser Alkoholiker der oft aufgenommen wird, ist eine Lizenz zum Geld drucken. Nirgendwo gibt es soviele "Drehtürpatienten" wie im Suchtbereich, leider.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

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