Was wolltet ihr schon immer von uns Alkoholikern wissen.

  • Hallo Gotti!
    Die Hilfe durch Nichthilfe (die das einzige halbwegs vernünftige ist bei so einer Geschichte) kostet viel Kraft und Konsequenz. Man sollte sich besser einer Angehörigengruppe anschließen, die einen dabei unterstützt. Selbst schätzt man sich da oft falsch ein und mutet sich auch zuviel zu. Die Schwierigkeit sind die Gefühle, die man nicht außen vor lassen kann. Irgendwann nimmt man manches persönlich (Lügen, Streit provozieren, Schuldzuweisungen usw.) da kann man zehnmal wissen, dass die Krankheit aus dem/der Alkoholiker/in spricht. Dann bleibt oft die Menschlichkeit auf der Strecke und es können auch mal Hassgefühle aufkommen, die Objektivität bleibt auf der Strecke.
    Wenn die Kraft nicht reicht, muss man sich und den Rest der Familie schützen und eine Trennung vorziehen, auch wenn es noch so hart ist. Nur sollte man, wenn man es angedroht hat auch machen, sonst wird man unglaubwürdig und das macht es noch schlimmer. Es ist ne schlimme Sache die Alkoholkrankheit, aber es gibt einen Weg, der im Nachhinein gesehen gar nicht mal so schwer ist wenn man sich helfen lässt. Man muss dass nicht mehr alleine durchstehen, es gibt zum Glück inzwischen viele Stellen, die Hilfe anbieten.
    Mit ehrlichen guten Wünschen
    Meikel

    Verbrannt und wieder auferstanden, wie Phönix aus der Asche

  • Guten Morgen Meikel!

    Du rennst da bei mir offene Türen ein.
    In jeder Beziehung.
    Ich bin seit über 20 Jahren in dieser Co-situation, habe inzwischen alles mitgemacht und zur Zeit mit meinem trockenen, zwischendurch rückfälligen Mann wieder voll im "Geschehen". Die Co - seite kenne ich zur genüge. Weiss aber auch um meine Hilfen. Keine Angst, da bin ich viel zu egoistisch geworden.

    Einen schönen Tag wünscht dir Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Hallo,
    lieber Meikel Du hast mir mit Deinen Beiträgen viele Fragen beantwortet,dafür danke ich Dir.
    Auch alle anderen,Thiaso,Kaltblut,Gotti haben mir ein Stück die Augen wieder geöffnet, ja ich mache mir da oft noch was vor,ihr seit da viel weiter als ich.
    Gut ich stehe ja noch ganz am Anfang und bin mittendrin (oh habe ich da etwa ein Threat-Name
    kopiert war nicht böse gemeint,Gotti,wir haben da nur andere Vorraussetzungen,noch,)

    Viele liebe Grüsse an alle
    Britta

  • Hey Brita,
    immer wieder gerne.
    Ich wünsche Dir etwas Geduld und verlerne das Leben nicht.

    Die Geduld nicht verlieren, auch wenn es unmöglich scheint, das ist Geduld.

    Gruß
    Meikel

    Verbrannt und wieder auferstanden, wie Phönix aus der Asche

  • Ich hole diesen alten Thread wieder hervor und möchte dein freundliches Angebot "Was ihr schon immer wissen wolltet" annehmen.

    Die Frage, die ich habe, ist hier soviel ich weiß, noch nicht behandelt worden.

    Ich möchte von einem persönlichen AHA-Erlebnis ausgehen. Vor einigen Jahren oder Jahrzehnten habe ich beim Küchensaubermachen ein paar Mal stehengebliebene alkoholische Reste ausgetrunken und bemerkt, wie viel leichter und entspannter die Arbeit dadurch wurde.
    Nach dem 2. oder 3. Male dachte ich mir "Ich bin doch verrückt - das ist doch der beste Weg in die Abhängigkeit".

    Wenn mein Mann zu dieser Zeit ähnliche Gedanken gehabt hätte, dann wäre ihm (und mir) vieles erspart geblieben.

    Haben Alkoholiker in ihrer langen Phase, die den Übergang vom nicht abhängigen Gewohnheitstrinker zum Trinker begleitet, nicht Gedanken dieser Art?
    Glauben sie tatsächlich, dass sie die Ausnahme darstellen?

  • glück auf oldi

    Zitat von oldie

    Haben Alkoholiker in ihrer langen Phase, die den Übergang vom nicht abhängigen Gewohnheitstrinker zum Trinker begleitet, nicht Gedanken dieser Art?
    Glauben sie tatsächlich, dass sie die Ausnahme darstellen?

    ich hab ja zu anfang nich täglich alk getrunken. mal am we, mal zu ner feier und und ... . es war ja tatsächlich ne lange phase, das "einschleichen". irgendwann war ich stolz darauf mehr alk zu vertragen als andere. hät ich auch nur die geringste ahnung gehabt, was und die akoholkrankheit tatsächlich ist, hätt ich spätestens jetzt "aufwachen" können. ich hab aber immernoch geglaubt mein trinkverhalten sei normal. und ich hab auch nie n negatives feedback erhalten, das kam erst im letzten jahr meiner säuferkarriere.

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo, ich habe auch mal einige Fragen.
    Wenn man täglich oder nicht täglich aber große Mengen Alkohol trinkt hat man doch am
    nächsten Tag einen Kater.
    Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen, Kreislaufbeschwerden usw. plagen einen doch ganz massiv.
    Ist das nicht ein Grund, den Alkohol weg zu lassen. Man will sich so etwas doch nicht jeden Morgen antun. In so einem Zustand kann man doch nicht zur Arbeit gehen und man hat dann auch noch immer Restalkohol im Blut, darf also kein Auto fahren, sonst ist der Führerschein in Gefahr.
    Nicht jeder Alkoholiker trinkt doch schon morgens um diese Beschwerden zu lindern. Wie hält man das nur jeden Tag aus?
    Wenn es einem so übel ist, kann man doch gar nicht frühstücken, geschweige denn arbeiten.
    Dann wüsste ich gerne noch, wie ein Körper über Jahrzehnte täglich so große Mengen Alkohol verkraften kann? Ich kann das nicht begreifen. Das machen die Organe und insbesondere die Leber doch gar nicht mit. Hat ein Alkoholiker da keine Angst vor den Konsequenzen?
    Betrunkene piseln oft in die Hose oder koten auch in die Hose oder ins Bett.
    Ist das nicht peinlich und Grund genug den Alkohol weg zu lassen.
    Regenbogenblume13

  • Hallo,
    da bin ich nun auch auf diesen thread gestossen, finde ich ja gut und habe auch mal nen paar Fragen....

    Mein Mann hat immer wieder trockene Phasen zwischendurch. Während er anfangs dann einsichtig war und es ihm laut seiner Aussagen alles leid tat, ist es mittlerweile so, dass er sich für nichts mehr entschuldigt, sondern nicht direkt aber latent agressiv mir gegenüber ist, mir auch in den trockenen Phasen immer wieder sagt, ich würde ihn belügen, mich auch dann wegen kleinster Worte anpatzt usw.....
    Ist das so, werden Alkoholkranke auch Quartalstrinker so, dass sie auch in trockenen Zeiten so sind?
    Die Änderung des Wesens führt sie dazu, dass es auch in trockenen Phasen immer schlimmer wird?

    LG Uschi

  • Danke, matthias, ich bin froh, dass du nicht müde wirst hier deine Sicht der Dinge zu schreiben. Dein langer Bericht über deine "Karriere" war für mich auch sehr wichtig um verstehen zu lernen.

  • Hallo

    solange der Alkoholiker, nicht den Wunsch hat abstinent zu leben, solange denkt er nass und befriedigt nur seine Sucht. Kommunikationen werden einfach so gewählt wie es am besten passt ,schnell wieder an die Flasche zu kommen. Aggressiv, sanft wie ein Lamm , gepaart mit der Mitleids-Nummer oder was es noch so gibt , den CO um die Finger zu wickeln.

    die Sucht ist auch stärker wie jeder körperliche oder finanzielle Verfall. Wenn es mir mal ganz schlecht ging musste ich den Alkohol richtig rein pressen, aus kotzen um wieder saufen zu können . Wenn Geld fehlt wird geliehen, sich mit anderen Säufern zusammengetan und da ist es egal welchen sozialen Stand die anderen haben. Peinlichkeiten sind da ausgeblendet.

    Bei Quartalstrinker sind die Erfahrungen das die Abstände immer kürzer oder die Sauf-Phasen immer heftiger werden.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallöchen!

    Zitat

    Bei Quartalstrinker sind die Erfahrungen das die Abstände immer kürzer oder die Sauf-Phasen immer heftiger werden.

    Das kann ich nur bestätigen und auch das was Uschi schreibt zum Schluss hat er sich auch in nüchternem Zustand benommen als ob er getrunken hätte.

    Es scheint wohl so dass jahrelange Sucht den Menschen so negativ verändert dass er total abstumpft und seine Umwelt verzerrt wahrnimmt.

    Liebe Grüsse
    Speranza

    Wer nichts ändern will für den ist die Opferrolle die beste Strategie!

  • Hallo

    Was Oldie geschrieben hat, kenne ich von mir.

    Ich denke, ich bin sehr Sucht-gefährdeter Mensch.
    Als ich am Anfang meiner Therapie Schlaftabletten bekommen habe, habe ich sofort bemerkt, da muss ich aufpassen. Es war soooo einfach - tablette rein, schon kann ich schlafen.
    Das merke ich auch bei allen anderen Sachen. Alkohol, Spielen...deswegen passe ich da auf.
    Das ist aber erst seit ich mich mit der Sucht auseinandergesetzt habe.
    Früher war es anders, da kam mir der Gedanke an die Gefahr gar nicht in den Sinn.
    Und wenn man erst drin steckt...da ist es schon zu spät.
    So bin ich Co-Abhängig geworden und esssüchtig.
    Aus unwissenheit.

    LG Grazia

    Da, wo du nur eine Spur im Sand siehst, da habe ich dich getragen...

  • Grazia,

    das war lange bevor mein Mann m.Meinung nach die Grenze überschritten hat.

    Deshalb frage ich mich, ob dieses blitzartige Wissen nicht auch die Alkis einmal hatten. Oder haben sie es gehabt und verdrängt?
    Es sind doch genügend Infos über die Gefahren von Alkohol vorhanden?

    Aber es stimmt, Cos sind sicher sehr gefährdet in irgendeiner Weise stofflich abhängig zu werden, um diesen Stress auszuhalten.

    Zeitweise fülle ich mein inneres Loch, das nur dann da war, wenn mein Alki da war mit Essen und praktisch immer mit Rauch. Wenn ich vom Alki weg war, hatte ich keinerlei derartigen Bedürfnisse.

  • Das einzige, was mich eigentlich noch interessiert:


    Wenn der Alkoholiker vom Partner verlassen wird, den Job verliert oder sonst irgendwelche drastischeren Konsequenzen seiner Trinkerei zu spüren kommt, aber dennoch weitertrinkt:
    was geht dann in diesem Menschen vor?

    Wird die Realität ausgeblendet (mithilfe des Alks)?
    Nimmt man die Situation gar nicht so drastisch war?

    Ich frage mich immer wieder, auch wenn ich beruflich mit Alkoholkranken zu tun habe, denen man auch ansieht, dass sie saufen, wieso sie es so weit kommen ließen.
    Ist es, weil man zu sehr "drinsteckt"?

    Bei mir als CO war es damals so:
    Ich habe zu wenig Abstand gehabt, um klar sehen zu können.

  • Hallo Meikel,

    vielen Dank für dieses Thema.

    Zitat


    Ich kenn auch trockene Alkoholiker, die bis heute nicht zugeben, dass sie Entzugserscheinungen hatten, die erfinden dann Nervenkrankheiten und so weiter nur um die vergangene Situation schön zureden vor lauter Scham.

    Das kenne ich auch vom meinem XY. Es ist immer etwas anderes, aber nie der Alkohol...Er "versteckt" alle seine Wehwehchen hinter seinem Blutdruckproblem!

    Die Frage, die desperateS gestellt hat:

    Zitat

    Wenn der Alkoholiker vom Partner verlassen wird, den Job verliert oder sonst irgendwelche drastischeren Konsequenzen seiner Trinkerei zu spüren kommt, aber dennoch weitertrinkt:
    was geht dann in diesem Menschen vor?

    ...würde mich auch sehr interessieren!

    Ich befinde mich leider noch ganz am Angang und lese sehr viel darüber, damit ich wieder zu mir selbst finden kann.

    Liebe Grüße
    Maggy

  • desperateS ,

    Zitat

    Wenn der Alkoholiker vom Partner verlassen wird, den Job verliert oder sonst irgendwelche drastischeren Konsequenzen seiner Trinkerei zu spüren kommt, aber dennoch weitertrinkt:
    was geht dann in diesem Menschen vor?

    Es gibt schlicht und einfach einen Grund mehr zu trinken.
    Ab einem gewissen Stadium des Alkoholismus wird die Umwelt und alles was Probleme verursacht als feindlich empfunden.

    LG Jürgen
    ------------------------------------------------
    Meine Meinung. Keine Suchtberatung.

  • Hallo Jürgen,

    vielen Dank für deine Antwort.

    Und was kommt danach??
    Ist dass dann ein Schritt, dass wenn man sich in diesem Stadium befindet, man dann komplett abstürtzt und dann darüber nachdenkt oder sind dann alle Gedanken ausgelöscht?

    LG Maggy

  • Zitat

    Was wolltet ihr schon immer von uns Alkoholikern wissen.


    NICHTS !
    Und doch alles.
    Aber gleich in dem Moment wo ich die Frage formuliere,
    bemerke ich doch, wie sich in mir eine Art Schuldzuweisung meldet.
    Man hat ja dann doch gern für dieses kranken Jahre einen Sündenbock.
    Also her mit den Antworten, obwohl ich weiß, dass sie mir nicht die gewünschte Absolution für mein eigenes krankes Verhalten geben.
    Und mich dann doch wieder zu der einzigen schuldigen Person führen, die für dieses "Versagen"/Erkranken zuständig war > mich.

    Und so bin ich wieder am Kern.
    All die Antworten bringen mich nicht weiter.

    Auch wenn ein Alkoholiker genau bis ins Detail erfährt, was alles an süchtig machenden Stoffen im Wein ist, hat Er immer noch nicht die Antwort darauf, warum gerade Er davon süchtig geworden ist.

    LG nici
    :wink:

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!