Marli - Letzter Versuch

  • Hallo Marli,

    Meinen Respekt für Deine mutige Entscheidung. Das war genau richtig.

    Erst wenn er alleine auf sich angewiesen ist und merkt, daß er es nicht schafft, wird er sich ernsthaft um Hilfe bemühen.

    Und erst wenn er wirklich ärztlich begleitet entgiftet und eine Entwöhnungstherapie angetreten hat, kannst Du zumindest mal davon ausgehen, daß es diesmal nicht nur leere Versprechungen sind.

  • Hallo Mona, lieb das du fragst. Ich habe in der letzten Zeit sehr viel im Forum gelesen, und mir viele Gedanken gemacht. Ich habe jetzt Bewerbungen geschrieben und warte auf Antwort.

    Mein Mann hatte seit dem Samstag, an dem ich bei meiner Mutter war, keine Abstürze mehr. Er nimmt sich sehr zurück, aber aufgehört zu trinken hat er nicht. Einen Termin beim Hausarzt und einen Termin für ein AA treffen hat noch nicht statt gefunden. Ich gehe davon aus, dass er jetzt wieder der Meinung ist, er brauche das nicht. Schließlich kann er es ja jetzt wieder halbwegs kontrollieren.

    Für mich ist diese ruhige Phase wieder völlig verwirrend. Nicht falsch verstehen, ich denke nicht, dass er es kontrollieren kann. Vielleicht zeitweise, aber es ist nur eine Frage der Zeit. Aber er kann es insofern kontrollieren, dass er nicht mehr betrunken wirkt. Dass kann einen verrückt machen. Gerade überwiegen wieder die angenehmen Tage, da wird man doch wieder in Sicherheit gewogen. Und auch wenn ich mich dagegen wehre, kommt wieder der Gedanke hoch: es könnte ja alles so schön sein. Und dann findet man einen pfandbon in der Tasche, über 50cent, und man weiß genau: da hat er wieder schnell seine Dosen abgegeben, bevor ich sie entdecke. Und zack, ist man wieder in der Realität. Ich finde es einfach erstaunlich, dass er seinen alkoholkonsum doch so stark anpassen kann.

    Ich versuche gerade, mir unabhängig von ihm ein besseres Standing aufzubauen. Und diesen Satz zu verinnerlichen:

    Bei mir war es erst einmal wichtig mich von seiner Sucht zu lösen. ich kreist genau um solche Fragen, die eigentlich ihn hätten interessieren sollen.

    Was ich zur Zeit extrem merke: wenn er wenig trinkt werde ich unruhig, nervös, bin angespannt und unkonzentriert. Wenn er einen Absturz hat, denke ich auf einmal völlig klar, fühle ich mich zwar einerseits beschissen, bin aber trotzdem irgendwie erleichtert.

    Woran liegt das? Ist das die co Abhängigkeit? So nach dem Motto: wenn er betrunken ist, ist auch meine Sicht befriedigt? Ein schlimmer Gedanke… vielleicht geht und ging es hier jemandem ähnlich?

    Liebe Grüße, Marli

  • Hallo Marli,

    ich kenne diese Erleichterung, die du beschreibst.

    Aber weißt du was das ist? Das Gefühl, dass endlich die Intuition/die Bauchstimme/das Innere Wissen mit dem was im außen geschieht, übereinstimmt.

    Deine innere Weisheit sagt dir schon lange, lange, lange dass es hoffnungslos ist.

    Etwas anderes in dir, die Co-Abhängigkeit (aber bestimmt auch die Liebe für den Menschen, mit dem man fast sein ganzes Leben geteilt hat) möchte gerne etwas anderes glauben. Und es gibt dann auch Phasen, in denen sich der Zustand SCHEINBAR verbessert.

    Aber du fühlst die ganze Zeit „irgendwas stimmt da nicht“. Bist dir aber nicht 100% sicher.

    Das erzeugt innerlich eine unglaubliche Verwirrung und Anspannung. Diese Diskrepanz zwischen Bauchgefühl und dem, was einem als (Schein)Realität präsentiert wird, kann richtiggehend krank machen.

    Wenn du dann einen „Beweis“ findest, der dein Gefühl bestätigt, dann ist alles an seinem „richtigen“ Platz (also dem, der der Wahrheit entspricht) und DAS ist die Erleichterung

  • Hallo lea,

    Ich habe gestern deine ganze Geschichte gelesen. Und war wie schon soviel erschrocken davon, meine eigene Geschichte bzw meine eigenen Gedanken und Handlungsweisen von einer fremden Person zu lesen. Das verrückte ist: beim lesen deiner Geschichte dachte ich an vielen Stellen: warum tust du das? Warum lässt du dich wieder einwickeln? Warum gibst du nochmal eine Chance? Doch dann merkte ich: Marli, verdammt, du machst doch genau das gleiche.

    Ich bin an einem Punkt, an dem ich merke, ich kann nicht mehr zurück. Zu viel ist schon passiert, zu viel vertrauen ist schon kaputt gegangen, zu oft wurde ich angelogen. Doch so wie bei dir auch ist der letzte Schritt noch nicht getan. Gedanklich gehe ich oft die Trennung durch und merke mehr und mehr, dass die Vorstellung, diesen Schritt zu gehen, zunehmend mehr an Schrecken verliert. Immer vorstellbarer für mich wird. Aber wie auch du komme ich dich wieder in die Situation dass ich denke: vielleicht ist ja JETZT endlich der Wendepunkt. Darf ich fragen, wann bei dir der knoten geplatzt ist? War es eine bestimmte Situation, oder war es mehr wie ein Prozess?

    Wenn du dann einen „Beweis“ findest, der dein Gefühl bestätigt, dann ist alles an seinem „richtigen“ Platz (also dem, der der Wahrheit entspricht) und DAS ist die Erleichterung

    Ja, wahrscheinlich hast du damit recht. Sehr traurig…

  • Hallo Marli,

    Was ich zur Zeit extrem merke: wenn er wenig trinkt werde ich unruhig, nervös, bin angespannt und unkonzentriert.

    das ist schlicht und einfach, deine Zerrissenheit zwischen: meine Wahrnehmungen sind doch falsch, und alles wird vielleicht doch noch gut, und deinem Verstand der schon genau weiß, das es nicht gut ist.

    Er geht weder in eine Gruppe noch war er beim Arzt, dass sollte dir dir reichen um zu sehen, dass er noch nichts unternommen hat. Mit dem trinken kann er dich nach Belieben verar...en . Vertrauen und nasser Alkoholiker passen nicht zusammen.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Morgenrot,

    Vertrauen tue ich ihm schon lange nicht mehr. Zumindest was das Thema trinken angeht.

    Ja, mein Verstand weiß, was Sache ist. Und doch lasse ich mich immer wieder verunsichern. Und das nervt mich unheimlich. Vor allem, weil ich merke, wie sehr das meine Stimmung beeinflusst. Zur Zeit trinkt er in erster linie, zumindest soweit ich das beurteilen kann, wenn er mit dem Auto unterwegs ist. Mit den Kindern lasse ich ihn nicht mehr alleine fahren. Meistens kann ich Ausreden finden, weshalb das nicht gut ist. Teilweise sage ich es ihm direkt. Diese „direkten“ Ansagen scheint er aber nicht ernst zu nehmen, da er es immer wieder vorschlägt.

    Ich spiele derzeit mit dem Gedanken, eine anonyme Anzeige zu erstatten. Klingt hart, aber zum einen möchte ich nicht zum Teil dafür verantwortlich dafür sein, dass er jemanden verletzt, zum anderen denke ich, dass ein Mensch in seiner vergaß nicht fahren dürfte.

  • Diese „direkten“ Ansagen scheint er aber nicht ernst zu nehmen, da er es immer wieder vorschlägt.

    kann es daran liegen, das du vielleicht nicht konsquent bist? Das nutzen nasse Alkoholiker sehr gerne aus.

    Nur klare Ansagen, wenn du auch den nächsten Schritt gehen kannst.

    Anzeigen bei der Polizei fallen da auch mit hinein. Wenn Ansage, dann auch Durchführung, sonst wirst du unglaubwürdig.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • kann es daran liegen, das du vielleicht nicht konsquent bist?

    Wahrscheinlich. Ich hatte das schon mal eine zeitlang so gehandhabt, doch irgendwann wieder schleifen lassen. Ich hoffe, dass er dieses Mal merkt, dass ich es ernst meine (und nicht wieder einknicke)

    Was die Anzeige angeht: das würde ich gar nicht androhen. Sondern nur habe sein Wissen machen. Wäre das hinterlistig?

  • Darf ich fragen, wann bei dir der knoten geplatzt ist? War es eine bestimmte Situation, oder war es mehr wie ein Prozess?

    Hallo Marli,

    ich habe hier ja immer mal wieder über ein paar Jahre hinweg geschrieben. Und es waren immer die gleichen Stories ... immer wieder habe mich mich darauf eingelassen, weil ich entweder gedacht hab

    a. es ist gar nicht so schlimm, ich übertreibe, ich tue ihm Unrecht mit meiner Einschätzung

    b. vielleicht bin ich Teil des Problems, da ich xyz (Schuldgefühle)

    c. es ist schlimm, aber er ist ja gerade dabei sich zu ändern, und dann würde ich gerade in dem Moment gehen, in dem er den Absprung schafft

    Bei mir ist tatsächlich gerade ein Knoten geplatzt: Das war dieses letzte Telefonat, in dem ich ihm von meinem Zahnproblem erzählte (es ist ein ziemlich blöder Notfall, endet mit hohen Kosten und einem Implantat) und ich schon im Gespräch merkte, dass er angetrunken war. Leider muss er so schlimm betrunken gewesen sein, oder danach weitergemacht haben, dass er sich nicht mehr erinnern konnte, warum wir telefoniert hatten, geschweige denn, dass ich gesundheitlich ziemlich angeschlagen bin.

    In dem Moment ist wirklich in jeder Zelle meines Körpers die Information angekommen: ES IST SCHLIMM! Ich lag mit meiner Einschätzung all die Jahre richtig, ich übertreibe nicht, bin nicht Teil des Problems und es ändert sich GAR nichts und den Absprung schafft er nicht.

    Er hat gerade gestern noch versucht, über Textnachrichten die Geschichte so darzustellen, dass ich in der Beziehung ja auch viel verkackt hätte und nun würde ich wieder alles nur auf den Alkohol schieben, das wäre eine totale verdrehte Wahrnehmung und ich hätte ja nun auch genügend Probleme, warum er denn nun wieder den schwarzen Peter blablabla ... - aber dieses Mal erreicht mich das nicht mehr, echt nicht.

    Leider muss ich dir sagen Marli, dass es für mich ein Prozess war und ich weiß nicht, ob der irgendwie zu beschleunigen gewesen wäre. Vielleicht hat das Schreiben hier in der Gruppe etwas geholfen ... ich glaube, es hat aber eher unterbewusst in mir gearbeitet. Es war nie so, dass ich hier die Kommentare der anderen gelesen habe und dann gedacht hab: Yea, jippee ... ich habs jetzt begriffen und trenn mich jetzt.

    Wenn du dir tatsächlich meine ganze Story durchgelesen hast, war ich ja super störrisch und hab ihn die ganze Zeit verteidigt. Manchmal hatte ich hier hier im Forum schon das Gefühl, für einen absolut hoffnungslosen Fall gehalten zu werden. Eine Co-abhängge (und damit ebenso Süchtige), die ihrerseits total "besoffen" ist und den Absprung nicht schafft.

    Bei mir ist der Groschen erst jetzt gefallen. Ich hoffe, bei dir wird das schneller gehen.

    Ich habe hier schon oft gelesen, dass man in diesem Fall seinem Verstand gehorchen soll - das Herz wird folgen.

    Ich glaube so ist es: Auch wenn sich in dir alles dagegen sträubt, du dich schuldig fühlst, ihn liebst .... trenn dich trotzdem!!!

    Vielleicht muss man nicht erst warten, so wie ich, bis es wirklich ganz tief innen angekommen ist. Es funktioniert bestimmt auch andersrum, erst handeln und dann das entsprechende Gefühl dazu entwickeln.

  • c. es ist schlimm, aber er ist ja gerade dabei sich zu ändern, und dann würde ich gerade in dem Moment gehen, in dem er den Absprung schafft

    Genau in diese Falle bin ich immer wieder getappt. Gerade habe ich das Gefühl, dass sich da endlich ein Schalter in meinem Hirn umgelegt hat…

    Mein Mann hat seine Taktik geändert, um seine alkoholsucht zu verteidigen.

    Wir haben heute wieder ein längeres Gespräch geführt, im nüchternen Zustand. Auslöser war, dass ich heute Morgenrocks Wohnzimmer kam und er offensichtlich eingeschlafen war, bevor er die Reste seines abendlichen trinkens wegräumen konnte. Er versuchte noch schnell, alles zu verstecken (angeblich vor unserem Sohn), ich sagte ihm nur, dass er die Flasche ruhig rausholen kann, ich hätte sie schon gesehen.

    Er leugnet nicht mehr, dass sein trinkverhalten problematisch ist, wie er es ausdrückt. Er versuche jetzt, herauszufinden, ob er es kontrollieren kann oder nicht. Für ihn war es ein Erfolg, dass er nur ein Glas getrunken hat und dann Schluss machen konnte (das er aber vor dem Glas bereits eine ganze Flasche getrunken hat, hat er nicht gesagt, ich weiß es allerdings…) Genauso gehe ich stark davon aus, dass das nicht das erste mal in den letzten zwei Wochen war, dass er getrunken hat. Sagt mir mein Bauchgefühl.

    Er versucht es zur Zeit mit halbwahrheiten, zeigt Reue und Einsicht und sagt, dass er es schaffen will, lügt mir dabei aber gleichzeitig dreist ins Gesicht. Das hat mich heute so wütend gemacht. Aber: zum ersten Mal habe ich das Gespräch ohne die rosarote Brille gesehen, bei mir hat sich keinerlei Hoffnungsschimmer gezeigt. Ich war völlig emotionslos. Vielleicht zeigt die Teilnahme an dem Forum doch langsam Wirkung…

  • Ich sage nicht, dass die Situation hier toll ist. Aber meiner Einschätzung nach ist sie nicht so dramatisch, dass alles andere besser ist. Weißt du, was ich meine?

    Stelle ich mir schwer vor: Abstand zu nehmen/haben und gleichzeitig so nah/im gleichen Haus zu sein und ich glaube auch, dass diese Situation für die Kinder belastender ist als ein harter Cut mit mehr Abstand und geklärten Verhältnissen … Aber wer weiß- vielleicht klappt es ja bei euch. Mein Ex-Freund lebt in der Nachbarschaft. Das ist schon sehr fordernd.

  • Nein, leicht ist es nicht. Ich beobachte meine Kinder sehr genau. Rede mit ihnen. Frage nach.

    Es ist ja nicht nur so, dass ich den Kindern ihr Zuhause nicht nehmen will. Ich bin ganz ehrlich: ich will es auch nicht aufgeben. Daher schaue ich gerade, ob es irgendwie die Möglichkeit gibt, zumindest noch eine Weile hier zu bleiben. Ob mit oder ohne ihn, liegt letztendlich in seiner Hand.

  • Zitat Marli "In die Beziehung stecke ich keine Energie mehr. Das habe ich aufgegeben, und das habe ich meinem Mann auch so gesagt. Ich stecke meine Energie gerade in meine Kinder und in mich. Schreibe Bewerbungen, damit ich im Fall der Trennung finanziell besser dastehe. Mache mir Kopien von wichtigen Unterlagen. Sobald ich Zeit finde, prüfe ich den Kreditvertrag für unser Haus. Schaue nach Möglichkeiten, zumindest für eine Zeit im Haus bleiben zu können, damit ich den Kindern im Falle einer Trennung nicht gleich ihr ganzes Umfeld nehmen muss. Wenn ich gehe bzw er geht, will ich darauf vorbereitet sein. Überstürzen kann ich es immer noch. Ich sage nicht, dass die Situation hier toll ist. Aber meiner Einschätzung nach ist sie nicht so dramatisch, dass alles andere besser ist. Weißt du, was ich meine?"

    Bekomme das mit dem Zitieren nicht richtig hin, sorry.

    Marli, ich finde, das klingt vernünftig bei dir! Einen Schritt nach dem anderen gehen!

    Eine rechtliche Beratung was den Kreditvertrag, künftige Möglichkeiten etc. angeht, wäre bestimmt auch sinnvoll für dich.

  • Marli, ich finde, das klingt vernünftig bei dir! Einen Schritt nach dem anderen gehen!

    Eine rechtliche Beratung was den Kreditvertrag, künftige Möglichkeiten etc. angeht, wäre bestimmt auch sinnvoll für dich.

    Genau. Einen Schritt nach dem anderen. Tatsächlich habe ich schon mit meiner Schwester gesprochen. Sie ist Staatsanwältin, zwar nicht auf das Thema Trennung etc. spezialisiert, aber sie kennt viele Juristen. Sie hat mir bereits gesagt, wenn es in diese Richtung geht, soll ich Bescheid geben. Damit ich zumindest schonmal oberflächlichen Rat einholen kann. Vorher will ich mich aber selbst erstmal ein wenig einlesen. Ich bin ganz ehrlich: bisher habe ich diese Dinge immer meinen Mann regeln lassen. Das muss ich ändern. Ist für mich auch wieder ein Stück weit Verantwortung übernehmen…

  • Stelle ich mir schwer vor: Abstand zu nehmen/haben und gleichzeitig so nah/im gleichen Haus zu sein

    Ich mir auch, bzw weiß ich dass es schwer ist, weil hier bei uns ja eine ähnliche Situation herrscht.

    Bei mir ist es so, dass ich Unternehmungen mit den Kindern unabhängig von ihm plane. Ich frage zwar teilweise, ob er mitkommt / mitmachen mag, aber das ist eigentlich eh nie der Fall. Zuhause gibt er sich schon immer wieder mit den Kindern ab, aber belastbar ist er da wenig. Also bin ich da meistens trotzdem in der Nähe bzw. nicht lange weg.

    Abends, wenn die Kinder im Bett sind, finde ich am schwierigsten. Er hat da ja immer schon was getrunken. Und die Stimmung sehr unterschiedlich. Manchmal verziehe ich mich in andere Räume oder ins Bett, aber das will ich eigentlich auch nicht. Als Paar hat man sowieso kaum was voneinander mit Kindern.

    Wie sieht das bei dir zuhause aus Marli, gibt es noch Familienzeit, Paarzeit? Wir leben teilweise irgendwie völlig aneinander vorbei, so kommt es mir vor. Halb bewusst, halb unbewusst.

  • Hallo Franzi,

    mein Mann macht tatsächlich vergleichsweise viel mit Kindern. Spieltreffs etc organisiere in der Regel ich, aber er versucht regelmäßig, Unternehmungen für das Wochenende, also für die ganze Familie zu organisieren. Familienstreit gibt es also noch. Er verbringt gerne Zeit mit den Kindern. Mittlerweile lasse ich das nur noch ungerne zu, zumindest allein. Zu oft hat er die Kinder allein betreut und während dessen getrunken…

    Er ist kein schlechter Vater, aber er ist alkoholiker. Zur Zeit reißt er sich zusammen, aber mehr eben auch nicht. Er ist auch nicht abweisend oder gleichgültig mir gegenüber. Im Gegenteil. Aber ich merke, dass ich mich Tag für Tag mehr von ihm distanziere. (Übrigens einer der Gründe, weshalb er angeblich trinkt) Das ich mich distanziere, eben WEIL er trinkt, hat er denke ich noch immer nicht verstanden. Dementsprechend gering ist auch unsere paarzeit. Gemeinsame Abende gibt es nicht, in der Regel lege ich mich kurz nach den Kindern ins Bett.

  • Kennt ihr das, wenn man auf einmal eine Erkenntnis bekommt, die einen völlig umhaut? Ich hatte heute wieder mal ein Gespräch mit meinem Mann. Hier ist es vergleichsweise ruhig geworden. Völlige Abstürze gab es hier seit längerer Zeit nicht mehr. Aufgehört zu trinken hat er nicht. Er hat es auf den Abend verlegt, mal ist es eine Flasche Wein, mal ein Kasten hier, den er sich mit einem Freund teilt, mal ist es eine Flasche Wodka, die innerhalb von drei Tagen leer gemacht wird. Was auch Anlass für das Gespräch war. Für ihn ist das ein Erfolg, weil er die Familie damit nicht belastet, wie er sich ausdrückt. Er versteht nicht, dass das für mich kein Erfolg ist. Er versteht nicht, dass es mich sehr wohl belastet. Hatten diese Phasen schon öfter, bis es ihn aus welchem Grund auch immer wieder völlig aus der Bahn reist und ein Absturz den Nächsten ablöst. „Das wird dir die Zeit zeigen, gib mir doch die Chance, zu beweisen, dass ich es im Griff habe.“ Aufhören zu trinken will er nicht, warum auch. Immerhin schafft er es ja jetzt schon seit zwei Monaten, nur noch abends was zu trinken. Natürlich nicht, weil er süchtig ist, sondern weil er „Bock“ darauf hat. Dass er die Flaschen versteckt, bilde ich mir schließlich nur ein.

    Dass er vor zwei Monaten um sechs Uhr abends völlig besoffen vor mir saß, und ich keine andere Möglichkeit gesehen habe, die Nacht mit den Kindern bei meiner Mutter zu verbringen, war ja nur eine Phase. Das hat er jetzt im Griff. Auch, dass er betrunken Auto gefahren ist, ich meine wirklich betrunken, war eine Phase. Das macht er nicht mehr. Dass er schon sehr oft diese Phase hatte, ist doch egal. Diesmal ist es anders. Soll ich halt abwarten. Damit er es mir beweisen kann. Aber aufhören, um es mir zu beweisen? Nein, wieso auch! Das kann ich doch nicht verlangen.

    Verständnis von seiner Seite? Keine Chance! Warte doch ab.

    Mit ist heute eines sehr klar geworden: während er jederzeit die Möglichkeit hat, seine Sucht anzugehen, sein Leben dahingehend zu verändern, dass diese Familie eine Chance hat, habe ich nur zwei Möglichkeiten: zu warten und auf den nächsten Absturz zu warten, oder alles hinzuwerfen. Ist das nicht unglaublich traurig? Und verdammt unfair? Beides keine besonders attraktiven Aussichten.

    Und so sitze ich nach wie vor hier, warte ab und hoffe. Und warte. Und warte.

    Nun lese und schreibe ich hier seit einem 3/4 Jahr, und erst jetzt wird mir die Traurigkeit dieser ganzen Situation bewusst.

    Und das bin ich gerade: sehr traurig.

    Einmal editiert, zuletzt von Marli (6. August 2023 um 22:21)

  • Liebe Marli,

    ja - du hast nur 2 nicht gar so attraktive Möglichkeiten. Aber immerhin HAST du Möglichkeiten - eine passive und von einem anderen abhängige und eine aktive, bei der du die Gestalterin deines Lebens sein könntest. Du entscheidest dich bisher aber weiterhin für die passive, bei der andere dein Leben gestalten.

    Trennen ist absolut sch...., aber immerhin hättest du damit die Möglichkeit dein Leben nach einem traurigen Tal wieder besser zu machen. Stattdessen wählst du durch dein Abwarten den scheinbar einfacheren Weg, der auf lange Sicht aber definitiv der schwerere frustrierendere Weg sein wird. Das finde ich eigentlich noch trauriger als deine aktuell traurige Situation.

    Das für dich Gemeine daran ist nämlich zusätzlich, dass dein Mann gar nicht in die Gänge kommen muss, während du nur wartest. Der geht davon aus, dass du noch 50 Jahre wartest und belügt sich selbst, dass er etwas im Griff hat. Meine Oma war ihr ganzes Leben mit ihrem trinkenden Ehemann zusammen und hat viel Leid mit ihm erlebt. Vor kurzem ist mein Opa gestorben und meiner Oma wird jetzt mit Ende 80 bewusst, dass sie ihr ganzes Leben verschwendet hat.

    Fühle dich umarmt! Es gibt Hoffnung!! Für dich!

    LG, Saphira

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