Nayouk24- Vorstellung eines Neulings

  • Vielen Dank Alexa ,

    Ich denke wir können viel voneinander lernen, die CO’s und die Alkoholiker. Das Verständnis über die „andere Seite“, über deren Sichtweise und Erfahrung, erweitert den eigenen Horizont und kann helfen, die eigene Situation zu verbessern.

    Liebe Grüße

    Nayouk

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    - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Hallo Nayouk

    Es gibt Höhen und Tiefen auch im abstinenten Leben.
    Sie sind ja nicht weg, nur weil ich nicht mehr trinke. Aber ich kann sie fühlen, mit Freude, mit Entspannung, mit Erfüllung, mit Ausdauer, mit Interesse, mit Achtung, mit Respekt, mit Vorsicht, mit Liebe, mit Trauer…..

    Ich erlebe diese Momente wieder und den Tiefen kann ich gegenübertreten.

    Mir gefällt nicht nur dieser Abschnitt in deinen Beiträgen, aber den mag ich besonders. (und den Gesandten des Teufels8))

    Herzlichen Glückwunsch zu 7 Monaten Trockenheit.

    Du liest dich echt gut, und es beeindruckt mich, wie du deinen Weg gehst.

    Liebe Grüße, Wacholder

  • Herzlichen Glückwunsch zu 7 nüchternen Monaten….zu 7 Monate Freiheit.

    Ich denke wir können viel voneinander lernen, die CO’s und die Alkoholiker. Das Verständnis über die „andere Seite“, über deren Sichtweise und Erfahrung, erweitert den eigenen Horizont und kann helfen, die eigene Situation zu verbessern.

    Dem kann ich voll und ganz zustimmen, zumindest, was mich als Alkoholiker betrifft.

    Bei den Angehörigen konnte und kann ich immer wieder sehen, wie es mit dem Alkoholiker immer weiter nach unten geht, wenn er nicht aufhört zu saufen. Das war und ist mir ein so schreckliches Bild, dass ich einfach nur dankbar bin, dass mir dieses Bild hier immer wieder gezeigt wird. Sucht ist so schlimm ….und nur der Süchtige selbst kann einen Ausgang aus der Suchtspirale finden…. Und wie machtlos die Angehörigen sind, wie verloren der Alkoholiker, wenn er keine Krankheitseinsicht hat….

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Heute war ein komischer Tag.
    Schon heute morgen hatte ich das Gefühl, ich bin zwar wach und auf, aber irgendwie im Standby.
    Ich habe es auf das Wetter geschoben.

    Dann passierte etwas, was unerwartet, fremd und unkalkulierbar war. Unwirklich und real zugleich.
    Ich spürte sofort, das wird mich auf mehreren Ebenen fordern.

    Meine innere Anspannung steigerte sich langsam immer mehr.
    Ich habe das zuerst gar nicht wahr genommen und hab es auch irgendwie ignoriert.
    Die Anspannung ging in eine unangenehme innere Unruhe über, so wie zu Trinkzeiten, wenn es höchste Zeit war,
    den Pegel wieder anzuheben.
    Ich kann nicht sagen, das es Suchtdruck war. Auf jeden Fall war es unangenehm.

    Als mir das bewusst wurde, habe ich sofort eine Pause gemacht.
    "Was war das? Was ist passiert?" und dann kam der Gedanke, "Früher hättest Du jetzt ertmal was getrunken".

    "Ok, ja ja, das hatten wir schon mal......ich kann es nicht mehr hören".

    Das hört sich jetzt vielleicht merkwürdig an, aber ich habe mir angewöhnt mit meiner Suchtstimme zu sprechen, wenn sie sich meldet.
    So wie man mit einem kleinen Kind spricht, welches unvernünftig ist. (Naja nicht ganz so, ich habe meine Kinder immer ersnst genommen, auch wenn sie unvernünftig waren, aber so ähnlich).

    Was war passiert ?
    Ich war eh schon neben der Spur. Es kam etwas unerwartetes, etwas ingesamt stressiges. Es löste Anspannung aus. Ich habe sie nicht wahrgenommen oder sogar ignoriert, bis sich das soweit in die unangenehme innere Unruhe gesteigert hat. Von Begin bis dahin war es ein Zeitraum von ca. 2,5 Stunden.

    Es ist vielleicht ein profanes Beispiel, aber es hat mir gezeigt, wie sich sowas aufbauen kann und wie die Stimme des Teufels sich im richtigen Moment meldet.

    Da ist im Gehirn schon ganz schön was verdrahtet worden (Synapsen), was da nicht hingehört.

    Aber damit muss ich leben und deshalb bin ich hier.

    Viele Grüsse

    Nayouk

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    - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Genau deswegen bist und warst Du hier, Nayouk.

    Du warst darauf vorbereitet, dass so ein Moment kommen kann. Ein Moment, der auch länger andauern kann.

    Und Du hast es überstanden! Es ist vorübergezogen und Du bist wieder ein Stück weiter!

    Sehr gut! :thumbup:

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Ist es nicht schön, dass die Sucht dich an ihre Kraft erinnert, aber du mit deinem Wissen dagegenhalten kannst? ;)Diese Erfahrung kann dir niemand mehr nehmen, und du wirst zukünftig routinierter dagegen halten können.

    Das hört sich jetzt vielleicht merkwürdig an, aber ich habe mir angewöhnt mit meiner Suchtstimme zu sprechen, wenn sie sich meldet.
    So wie man mit einem kleinen Kind spricht, welches unvernünftig ist. (Naja nicht ganz so, ich habe meine Kinder immer ersnst genommen, auch wenn sie unvernünftig waren, aber so ähnlich).

    Seltsam mag es für jemanden wie für mich erscheinen.;) Ich gebe der Sucht nicht mehr Raum als notwendig. Unterhaltung zwecklos, da sie immer am längeren Hebel sitzt. Und ich habe den Kampf in eine Co-Existenz umgewandelt.

    Aber , es war nützlich für dich und wenn es wirkt, ist es eventuell deine Vorgehensweise für die Zukunft .

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Ist es nicht schön, dass die Sucht dich an ihre Kraft erinnert, aber du mit deinem Wissen dagegenhalten kannst?

    Schön formuliert. So habe ich das noch nicht gesehen.
    Beim nächsten Mal werde ich daran denken.

    Viele Grüße

    Nayouk

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    - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Hallo Nayouk24,

    Du bist ja ja nun auch grün 8| Ich schreibe zu selten und lese offensichtlich zu wenig :rolleyes:

    Ich finde es interessant, wie sich die Sucht sich bei Dir aus Deinem Gedächtnis meldet und wie Du damit umgehst. Ich kenne das so bei mir bisher gar nicht. Ich bin einfach nur froh, das ich nicht mehr trinken muss. Meine ganze Einstellung zum Alkohol hat sich dermassen geändert, mit dem heutigen Wissen würde ich gar nicht mehr auf die Idee kommen, Alkohol zu trinken, selbst wenn ich kein trockener Alkoholiker wäre. Diese legale, harte Droge, die sich die Menschheit in rauen Mengen in den Kopf gießt ist doch nur noch erlaubt, weil es die Gesellschaft seit Jahrtausenden so macht und weil es alle machen, kostet es, was es wolle. Ne, dabei muss ich nicht mehr mitmachen.

    Ich halte mich an Menschen in meinem Umfeld, die nicht trinken. Das sind Vorbilder für mich wie man es in einer saufenden Gesellschaft auch machen kann ohne auf etwas zu verzichten. Und benommen sein, albern sein, verkatert sein, das ist echt kein Verzicht für mich.

    Bei mir stelle ich ab und zu, ganz selten, ganz leichte Gliederschmerzen in den Schultern, runter zu den Armen fest, so wie damals bei mir immer der tägliche Entzug anfing. Ich war ja psychisch nicht so heftig betroffen sondern maximal physisch mit täglichen starken Hertrasen, Gliederschmerzen usw. Mein Arzt sagte, das dies auch noch Nachwirkungen von meinem Jahrzehntelangen Alkoholmisbrauch sind. Machen kann ich dagegen nichts. Das verschwindet von alleine und wird immer seltener. Ich nehme das jedes mal als Mahnmal, welche Schmerten der Alkohol mir bereitet hat. Das brauche ich nie, nie wieder!

  • Genau dieses Gefühl hatte ich auch (zum Glück nur ein einziges Mal), eine ganz seltsames innere Unruhe, Anspannung und unangenehmes Bauchkribbeln. Und zwar, weil mir ein stressiges Gespräch bevorstand, das ich eigentlich nicht führen wollte. Ich hab sofort mit jemandem aus meiner realen SHG telefoniert und mich auch hier gemeldet. Hat auch ca. 2 Stunden angehalten. Ich war da etwas über ein Jahr abstinent, glaub ich. Das Üble war, dass ich es erst null einordnen konnte. Also einfach gleich melden, wenn sowas aufkommt. Alles Gute!

  • Hallo Stromer ,

    ja ich bin grün, aber ich versuche mich auch im „Blauen“ zu beteiligen, da ich es gerade für die Neuankömmlinge wichtig finde, dass man sich mitteilt. So habe ich ja auch angefangen. Es gelingt mal mehr mal weniger.

    Was Du schreibst sehe ich ganz genauso. Dort wo ich war, will ich nie wieder hin. Nie wieder Alkohol.
    Durch die Trinkerei hat sich ein Teil meines Gehirns irgendwie selbstständig gemacht, man nennt es Suchthirn,
    und es lässt sich auch nicht durch vernünftige, rationale Argumente wieder auslöschen. Das Kontrollzentrum im Gehirn hat irgendwann die Kontrolle über diese Gehirnregion verloren. Sie ist einfach da und meldet sich manchmal, wenn auch selten bei mir. All das was ein Alkoholiker lernen muss um trocken zu bleiben, trägt dazu bei, die mühsam wiedererlangte Kontrolle nie wieder zu verlieren und das dies so bleibt, bin ich hier täglich aktiv, auch mal mehr mal weniger.

    Es ist ein abstraktes Bild, aber es hilft mir.

    Viele Grüße

    Nayouk

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    - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Das hört sich jetzt vielleicht merkwürdig an, aber ich habe mir angewöhnt mit meiner Suchtstimme zu sprechen, wenn sie sich meldet.

    Anscheißen ist das richtige Wort bei mir.

    Ich habe sie auch personifiziert. Aber nie diskutiert oder womöglich versucht etwas zu erklären. Denn sie ist nicht wie unsere Kinder. Sie ist absolut lernresistent. Sie will saufen und das war es.

    Aber sobald ich sie wahrgenommen habe, bin ich ihr über den "Mund" gefahren. Denn sie ist mein erklärter Feind.

    Sie ist des Teufels - was noch gleich? ^^

    Am Anfang ist mir da ein guter Satz eingefallen, der auf die Einflüsterungen der Stimme passt.

    "Es ist doch so ein schöner Tag. Tu dir was Gutes, und spring aus dem Fenster."

    Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass das mir viel geholfen hat. Mit jedem "Draufhauen" kam die Stimme seltener. Jetzt ist sie weg. Fast.

    Das letzte Mal war es in der Sauna. Ich war alleine dort. Einige Monate her. Ich habe schon im Kopf formuliert, wie ich das hier schreibe. Das hilft auch, um in die Beobachterrolle zu schlüpfen und sich nicht in diesem Gefühl zu verlieren.

  • Nach dem, was ich hier in über einem Jahr gelernt habe, bin ich fest davon überzeugt, dass es gut für uns ist, wenn sich die Sucht(stimme) ab und zu mal mehr, mal weniger deutlich meldet und uns daran erinnert, dass sie nie mehr weg sein wird und wir uns nicht zu sicher fühlen sollten (Tschuldigung, sehr verschachtelt(

  • dieses druck kenne ich auch. zwar nicht mehr sonderlich oft, aber immer wieder. die auslöser sind ganz verschieden. mal ein glas auf einem tisch, mal ein diffuses gefühl, mal eine erinnerung, mal eine situation, die mit trinken verbunden war.

    was mache ich dann?

    ich rede nicht mit meiner sucht. das bringt mir nichts. ich baue sofort eine mauer zwischen mir und ihr, indem ich mich beschäftige, ablenke, anderes mache. das hilft ganz gut und schnell. dann bin ich wieder im flow.

    was soll ich mir meiner sucht diskutieren? ich weiß ja ohnehin, was sie will, mich zum trinken verführen. mir reicht es schon, dass sie immer da sein wird. also argumentiere ich nicht,streite nicht, sondern lass sie links liegen.

    und ich dreh's um und versuche diese "attacken" nicht mehr als bedrohung zu sehen, sondern als hilfe und erinnerung, dass ich eine sucht in mir habe, der ich nicht nachgeben darf.

    wenn dir das reden hilft, dann ist das toll. letztlich ist alles gut, was das trinkbedürfnis mindert oder eliminiert. und darum geht's ja letztlich, das suchtgedächtnis im zaum zu halten.

    Abstinent seit dem 22.9.2023

  • Lieber Nayouk

    Was war passiert ?
    Ich war eh schon neben der Spur. Es kam etwas unerwartetes, etwas ingesamt stressiges. Es löste Anspannung aus. Ich habe sie nicht wahrgenommen oder sogar ignoriert, bis sich das soweit in die unangenehme innere Unruhe gesteigert hat. Von Begin bis dahin war es ein Zeitraum von ca. 2,5 Stunden.

    Es ist vielleicht ein profanes Beispiel, aber es hat mir gezeigt, wie sich sowas aufbauen kann und wie die Stimme des Teufels sich im richtigen Moment meldet.

    Da ist im Gehirn schon ganz schön was verdrahtet worden (Synapsen), was da nicht hingehört.

    Aber damit muss ich leben und deshalb bin ich hier.

    Ich finde es sehr, sehr wichtig, solche Momente/Situationen hier anzusprechen. Respekt!

    Dafür sind wir in einer Selbsthilfegruppe, nicht wahr?! Hier wirst du verstanden mit dem, wie es dir ergangen ist, das zeigen die freundlichen, klugen und empathischen Rückmeldungen, die du bekommen hast. Und es hilft dir, dich - und deine Veränderung in dir - besser zu verstehen.

    Das Leben ist einfach auch so, dass es Dinge gibt, die schwierig sind und wo man manchmal erst nicht weiß, wie gehe ich damit um. Das passiert allen anderen Menschen (will sagen, Menschen, die nicht trinken) auch. Bei mir war es so, dass ich mit meinen Gefühlen, der wechselhaften Stimmung in mir, eigentlich mit meinem ganzen Innenleben, überhaupt nicht klargekommen bin. Und diese Gefühle wegtrinken wollte und musste, ja, am liebsten mich wegtrinken wollte.

    Diese Gefühle sind aber halt noch da, wenn man nicht mehr trinkt. Und so, wie wir in der nassen Zeit reagiert haben, wollen wir ja nicht mehr reagieren, kein Wunder, dass da Saufdruck/Suchtdruck entstehen kann. Meine Erfahrung ist, dass dieser Suchtdruck mehr oder weniger stark sein kann - und oft nur von kurzer Dauer ist. Früher hielt dieser so unangenehme Druck gefühlt ewig an und wirkte unabänderlich und ich dem ausgeliefert. Hört sich jetzt dramatisch an, ich weiß, aber ehrlich, so empfand ich das, was daraus wurde, ist ja klar...saufen...saufen...

    Rückblickend kann ich den Weg da raus so beschreiben: es ist wie ein neuer Pfad, den ich gegangen bin, ein zugewachsener, verwilderter Pfad, den ich vorsichtig und langsam betreten habe, den ich immer wieder unsicher, aber wachsam begangen bin. Immer wieder und wieder. Inzwischen gehe ich diesen Pfad, der immer wieder für Überraschungen gut ist und auf dem es immer wieder neues zu entdecken gibt, sehr gern und mit dem Bewusstsein dafür, dass es mein Pfad ist, mein Weg, der zwar schon ausgetreten ist aber keinesfalls langweilig, und von dem ich weiß, dass ich aufpassen will, dass er nicht wieder zuwuchert.

    Für mich persönlich ist es hilfreich, in solchen Momenten, wie du oben beschrieben hast, jemanden anzurufen und mich mitzuteilen, es auszusprechen (was für mich lange Zeit extrem schwierig war). Hier zu schreiben, ist eine der besten Möglichkeiten, weil immer jemand da ist und darauf eingehen kann. Das ist meine Erfahrung.

    Ich hoffe, ich habe dich nicht zu sehr zugetextet, lieber Nayouk

    Viele Grüße, Wacholderfrau

  • Liebe Wacholderfrau,

    ich freue mich immer über Rückmeldungen, auch über lange😊

    Früher hielt dieser so unangenehme Druck gefühlt ewig an und wirkte unabänderlich und ich dem ausgeliefert. Hört sich jetzt dramatisch an, ich weiß, aber ehrlich, so empfand ich das, was daraus wurde, ist ja klar...saufen...saufen...

    Genau so war es. Der Druck, die Entzugserscheinungen waren nicht auszuhalten. Das einzigste Mittel, was ich dagegen hatte, war für meinen Pegel sorge zu tragen. Saufen.

    Ich wusste, dass es andere Möglichkeiten gibt, aber sie waren hinter einer hohen Mauer, die für mich unüberwindbar war. Erst mit dem Tiefpunkt konnte ich die Mauer überwinden, oder besser unten durch kriechen.

    Viele Grüße

    Nayouk

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    - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Guten Abend,

    bei chronisch missbräuchlichem Alkoholkonsum reduziert das Gehirn die Anzahl der Dopaminrezeptoren, um das durch Alkohol verursachte Überangebot an Dopamin und die sich daraus ergebende Reizüberflutung einzudämmen.
    Wird ein Alkoholiker abstinent, ist die Dopaminausschüttung reduziert, was zuerst zu den bekannten Entzugserscheinungen und zu starkem Suchtdruck führt.
    Sind die körperlichen Symptome nach ein paar Tagen in einem qualifizierten Entzug überstanden, besteht die reduzierte Anzahl an Dopaminrezeptoren aber nach wie vor und reicht nicht aus, damit das Belohnungssystem ausreichend funktionieren kann.
    Dies führt zu einer allgemeinen Niedergeschlagenheit, Müdigkeit, Traurigkeit und Antriebslosigkeit.
    Zu diesem Zeitpunkt ist es äußerst wichtig den neuen Weg zu schützen und zu stabilisieren.
    Wie das geht habe ich in meiner Therapie und hier in der SHG gelernt.

    Das Gehirn passt sich nun durch Bildung von neuen Rezeptoren an die veränderte Situation an, es reagiert wie vorher, nur umgekehrt.
    Allerdings dauert dieser Prozess mehrere Monate bis hin zu Jahren, ist immer wieder Schwankungen unterworfen und abhängig von der Gesamtkonstitution des abstinenten Alkoholikers.

    Das Beschriebene ist ein vereinfachtes Modell, aber es reicht mir aus um zu verstehen.

    Es erklärt meine durchlaufenen Zustände in den letzten Monaten, die Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit.
    Dinge die einmal Spaß gemacht haben, machen keinen Spaß mehr, da das System „Belohnung auf Aktion“ nicht mehr funktioniert.
    In der Sucht hat dadurch vieles keine Bedeutung mehr, es wird mehr und mehr gleichgültig. Die Sucht lässt primär nur noch das Bestreben nach Alkohol zu.

    Natürlich war ich am Anfang unglaublich froh und dankbar, dem Teufelskreis des Alkohols entkommen zu sein.
    Alles, was es nicht mehr aushaltbar machte, war plötzlich weg.
    Ich musste nicht mehr trinken.
    Trotzdem war da immer wieder Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit. Es gab keine ausreichende „Belohnung“, obwohl ich mich doch so sehr anstrengte, mit Sport und mit anderen Aktivitäten.
    Heute weiß ich, das Durchhalten und weiter anstrengen hat sich gelohnt, denn schon sehr bald spührte ich erste kleine Erfolge.

    Es kommt immer mehr zurück, was mir Spaß macht, was mich mit Zufriedenheit erfüllt, was mich interessiert und was mich weiter bringt.

    Ich nehme mir die Zeit und beschäftige mich mit meiner Krankheit und ich finde es hilfreich und spannend,
    die Zusammenhänge zu erkennen.
    Daher ist es heute umso erschreckender, wie fahrlässig und verantwortungslos ich mit diesem empfindlichen und komplexen System umgegangen bin.
    Ich habe es wider besseren Wissens regelrecht an den Anschlag gefahren, bis es kollabiert ist.

    Eines darf ich nie vergessen. Ein Schluck Alkohol wird diesen mühsam in Gang gesetzten Wiederherstellungsprozess sofort beenden und ich bin schneller am Ausgangspunkt als je zuvor, den diesen Weg, "Abbau von Rezeptoren", den kennt das Gehirn schon.

    Viele Grüße

    Nayouk

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    - abstinent seit 6.01.2024 -

    Einmal editiert, zuletzt von Nayouk24 (30. August 2024 um 20:12)

  • Hallo Nayouk

    vielen Dank für deinen informativen und wichtigen Beitrag zum Thema Alkohol

    Es kommt immer mehr zurück, was mir Spaß macht, was mich mit Zufriedenheit erfüllt, was mich interessiert und was mich weiter bringt.

    und entwickelt sich weiter im abstinenten Leben, und das ist einfach wunderbar

    Lieben Gruß von Wacholderfrau

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