• Hallo zusammen,

    Es ist ja nichts Neues, und ich möchte gerne meine Langzeiterfahrungen aus etwa 18 Jahren mitteilen.

    Solange es Sucht gibt, gibt es auch die „unterschiedlichen Wege“. Und genauso lange werden sie benutzt , als Maßstab, als Ausrede, als Schutzbehauptung. Manche verstecken sich dahinter, fühlen sich kritisiert, rechtfertigen sich oder übertünchen damit ihre eigene Unsicherheit. Auch der berühmte „individuelle Weg“ , der klingt oft nach Abgrenzung: Ich bin anders, ich bin besonders. Und dann kommt der Klassiker. „Ich kenn jemanden, der macht das ganz anders.“ Ja, klar. Hauptsache weg mit der Verantwortung. Hauptsache nicht hinschauen, was wirklich nötig wäre.;)

    Sucht kümmert sich nicht um meinen „individuellen Weg“. Sie greift genau dort an, wo Lücken sind.

    Hinter jedem Weg steht erst einmal Verzicht. Zumindest bei den Meisten. . Nicht nur aufs Nicht-Saufen sondern auch auf das Umfeld, in dem ich mich bewege. Familie, Freunde, Partner ändern sich ja nicht automatisch, nur weil ich aufgehört habe zu trinken. Auch ihr Verhalten nicht. Aber ich bin alkoholkrank. Und wenn ich nüchtern bleiben will, muss ich mich der Sucht anpassen , denn die Sucht wird einen Teufel tun, sich an mich anzupassen.

    Diese Schlag- Sätze wie „Es macht mir nichts aus“, „Es triggert mich nicht“, „Ich hab Willen“, „Ich hab’s mir vorgenommen“ die finde ich alle wieder in der berühmten Rückfallquote. Jedenfalls deutlich öfter als die Stimmen derer, die sich kompromisslos an die Grundbausteine der Rückfallminimierung halten.

    Und genau da wird’s unbequem. Da wird sich gewehrt, weil man sich nichts „überstülpen“ lassen will. Man nennt es Dogma und vergisst dabei, dass man vorher der Sklave der Sucht war. Und genau dahin führt der Weg zurück, wenn die Sucht Lücken findet in der Kompromissfreudigkeit des Trockenwerdenden.

    Der Sucht ist das egal. Sie diskutiert nicht. Sie wartet. Sie sucht keine Argumente sie sucht Lücken. Und die Wege, die ich für mich beanspruche, sind nur Momentaufnahmen.

    Das Problem ist nicht, dass der Weg falsch ist, sondern dass er nicht zur Sucht passt. Das ist keine Warnung, und niemand sollte Angst haben, egal, welche Wege jemand geht.

    Wichtig für mich ist, den Respekt vor der Sucht nicht zu verlieren.

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

    Trocken seit 2007

  • Moin Hartmut

    Es ist nicht neu, dass sich unsere Wege unterscheiden.

    Unsicher war ich auf meinem Weg nie, ich brauchte keine Ausreden, keine Schutzbehauptungen, ihn zu gehen.

    Ich brauchte meine Überzeugung, dass mein Weg für mich und nur für mich, richtig war und immer noch ist.

    Ich kann nur meine Gedanken denken, nur meine Gefühle fühlen, kann nur versuchen sie (mit)zuteilen.

    Sucht wird sofort meine Unzufriedenheit, wäre sie denn da, erkennen und mich da angreifen.

    Ich bin aber sehr zufrieden mit meinem Weg. Hinter meinem Weg stand und steht kein Verzicht, sondern die Erkenntnis, Alkohol und ich können nicht mehr miteinander.

    Alkohol hat mich versklavt. Ich lasse mich von ihm nicht mehr einschränken, gehe überall hin, bleibe solange es mir gefällt, habe die Freiheit zu gehen, wann immer ich will.

    Mit meiner Sucht diskutiere ich nicht, sie ist da, ich lebe mit ihr, lebe in Frieden mit ihr.

    Wir, die Sucht und ich haben großen Respekt voreinander.

    LG PB

    Es nützt nichts Jemandem eine Brücke zu bauen, der gar nicht auf die andere Seite will.

  • Ich brauchte meine Überzeugung, dass mein Weg für mich und nur für mich, richtig war und immer noch ist.

    Aus heutiger Sicht sehe ich vieles erfahrener als damals, als ich hier aufgeschlagen bin.


    Für mich wird es nur fragwürdig, wenn jemand seinen Weg ständig begründet, rechtfertigt oder ihn mit „andere machen das auch so“ absichern muss. Das zeigt für mich vor allem eins. Unsicherheit.

    Jemand, der mit seinem Weg wirklich im Reinen ist, verteidigt ihn nicht. Der lebt ihn. Aus Überzeugung. Weil er funktioniert. Der muss nicht ständig rausschreien, wie „easy“ doch alles ist. Und er blendet die Risiken, die sein Weg mitbringt, nicht aus.

    Wer das tut, zeigt eher, dass er sich selbst noch überzeugen muss und nicht andere.

    Mal aus meiner Küchenspsychologie-Schublade.:mrgreen:

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

    Trocken seit 2007

  • hallo Hartmut

    es ist gut das du immer mal wieder einige sachen auf den tisch bringst, die sich erst nach jahren der abstinenz herauskristallisieren.

    Jemand, der mit seinem Weg wirklich im Reinen ist, verteidigt ihn nicht. Der lebt ihn. Aus Überzeugung. Weil er funktioniert. Der muss nicht ständig rausschreien, wie „easy“ doch alles ist. Und er blendet die Risiken, die sein Weg mitbringt, nicht aus.

    ja das ist der punkt, etwas aus überzeugung zu tun:idea: ich für meinen teil bin auch erst nach 16 jahren hier aufgeschlagen;) und bin einen etwas anderen weg gegangen aber das aus überzeugung weil er zu mir passt und mich am leben erhalten hat. ich habe mein rüstzeug in einer langzeit erhalten und das hat sich mir tief ins hirn gebrannt. aber soweit weg sind wir garnicht, ich habe heute mal (asche über mein haupt) das erstemal im notfallkoffer gelesen und das was er enthält deckt sich mit dem was mir beigebracht wurde:mrgreen: heute seh ich auch vieles anders als in den ersten 2-3 jahren, die gelinde gesagt etwas chaotisch waren. damit mein ich den wirrwarr im kopf zum beginn des trockenen und abstinenten leben. alles sortiert sich neu und wartet auf eine bewertung. vorallem die erwartungshaltung ist sehr hoch, was man nun mit seiner neuen freiheit anfängt. aber ich habe meinen weg gefunden auch wenn es nicht immer einfach war/ist. auch hab ich die ersten jahre eine reale shg besucht, war für mich besser geeignet.

    heute führe ich ein leben so wie es andere auch tun, nur ohne alk. ich hab meine aufgaben, bezahl rechnungen, hausarbeit, kümmere mich um meine tochter, also ein ganz normaler alltag...man funktioniert halt. alkohol spielt dabei keine rolle mehr, weil er keinen mehrwert hat und jahr um jahr merke ich das der abstand dazu immer grösser wird. ich hab viele neue freunde gewonnen und viele verloren, vielleicht waren es auch nie richtige freunde gewesen, wer weiß das schon. ich mache mir keine gedanken was war, sondern kümmere mich um das hier und jetzt. ich bin auch nicht der nabel der welt, "zerdenke" sachen und stelle fragen nach der vergangenheit auf die ich sowieso keine antworten mehr erhalte, dass wäre viel zu müßig. ich bin ruhiger geworden und ausgeglichen, habe meine mitte gefunden. lasse nur zu was mir gut tut und geb nen schei... drauf was andere wollen, oder besser wie sie mich haben wollen. ich bin nicht da um anderen zu gefallen und bleib mir selber treu... was der richtige weg ist?

    ich glaube das die antwort auf die frage genauso vielfälltig ist, wie es antworten und beiträge hier im forum gibt;)denn jeder trägt seinen teil mit bei. eine art baukasten aus dem ich mir nehme was zu mir passt und wir alle einen gemeinsamen nenner haben die "abstinenz"... schön das ihr alle hier seit, denn in der sucht sind wir alle gleich und sie macht auch keine ausnahmen.

    gruss eternal

    Perfer et obdura, dolor hic tibi proderit olim.

    ("Ertrage und halte durch, dieser Schmerz wird dir einst nützen")

    (Trocken seit 26.03.2009)

  • ich für meinen teil bin auch erst nach 16 jahren hier aufgeschlagen

    Und das ist gut so. Ich bin ein „ForumsKind“. Natürlich treffe ich mich auch außerhalb mit anderen Alkoholikern, aber da geht es nicht um die Sucht.

    Das Schöne hier ist, dass immer wieder Langzeittrockene vorbeischauen. Für mich bedeutet das zweierlei: Erstens haben sie erkannt, dass Austausch auch nach Jahren wichtig bleibt, denn es kommt hier niemand aus Langeweile vorbei.

    Und zweitens lüften sich meine Scheuklappen, mein Blick wird weiter, ohne dass ich von dem abweiche, was funktioniert. Würde ich das verlassen, wäre es nicht mehr mein Weg.

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

    Trocken seit 2007

  • Hi,

    Für mich funktioniert der im Forum beschriebene Weg wunderbar. Ich vermeide Risiken, bin mir meiner Sucht bewusst, lebe mein Leben mit ihr. Ich hab mich damit abgefunden. Wenn mal der Gedanke an Alk kommt, stell ich mir im Kopf vor wie es nach dem "einen mal" weitergehen würde. Wohl kein Grund nicht auch morgen, übermorgen und über übermorgen zu saufen, bis zum Geht-nicht-mehr. So würde es zu 100% ablaufen. Dieses Gedankenspiel hilft mir.

    Ich bin dem Forum sehr dankbar, schliesslich funktioniert es ja bei mir mit der Abstinenz.

    Auch wenn ich bei Anderen lese wie sie individuelle Wege gehen die scheinbar klappen, ok, dann ist es vlt so, skeptisch bin ich dennoch. Für mich funktioniert der Weg, also warum sollte ich groß daran rumdoktorn.

    Zugegeben nerven mich auch hier manchmal einige Punkte und Ansichten, aber wir sind nunmal nicht alle zu 100% gleich. Wäre wohl auch zu viel verlangt den ultimativen Weg zu finden der für Jede und Jeden 100% passgenau ist.

    In dem Sinne, Danke euch!

  • Hi Ihr,

    unterschiedliche Wege? Mein Weg ist eine Kopie. Ich habe die Grundbausteine umgesetzt. Betreibe konsequente Risikovermeidung. Das Mindset habe ich mir von einigen Langzeit trockenen und Nutzer*innen die ein ähnliches Mindset haben abgeschaut. Das habe ich dann verglichen und die Gemeinsamkeiten für meine Kopie mitgenommen. Mein Ziel war es, den Weg möglichst einfach und schlank zu halten. Was nicht dran ist, kann nicht kaputtgehen oder in meinem Fall zu einem Rückfall führen. Ansonsten habe und bin ich noch dabei, die Sucht von allem zu befreien, was dort nicht hingehört. Emotionen, Glücksversprechen, Depressionen, Erinnerungen..... Das alles erreiche ich, indem ich hier viel lese und schreibe. Und dann nehme ich aus den Erfahrungen und dem Austausch mit, was für mich passt und lerne.

    Warum mache ich das? Als ich mich hier angemeldet habe, wusste, ich das ich Alkoholiker bin, das ich trinken musste. Und ich wusste, dass der einzige sinnvolle Weg daraus ist, dass ich nicht trinke. Nie mehr. Und ich wusste, dass Alkoholsucht eine starke Sucht ist, die Rückfallquoten waren mir bekannt und sie sind erschreckend. Ich hatte keine Idee für einen eigenen Weg. Ich wollte auch keinen eigenen Weg finden, im Gegenteil, ich wusste, dass ich keinen Fehler machen durfte. Also machte ich etwas, was ich in meinen Leben quasi als Grundeinstellung sehr selten mache, ich folge den erfolgreich Trockenen, passe mich Ihnen, wenn es um das erfolgreiche Stoppen der Sucht geht an und setze meine Abstinenz an erste Stelle.

    Zum Schluss. Ich finde die Diskussionen um unterschiedliche (eigene) Wege zwar manchmal befremdlich, aber notwendig. Denn am Ende des Tages geht es ja darum, dass alle so wie ich einen sicheren Weg finden abstinent zu sein und zu bleiben. Auch wenn dieser Weg wie bei mir eine Kopie ist.;)

    Liebe Grüße Kazik

    ------------------------------

    abstinent seit 10.12.2024 / Heute trinke ich nicht.

  • Ich wusste, ich will trocken werden. Ich bin entgiftet hier aufgeschlagen. Aber wie das mit dem TrockenBLEIBEN geht, diese Gebrauchsanweisung, hab ich hier erhalten und mich auch daran gehalten. Warum hätte ich mich gegen etwas wehren sollen, das mir mein Leben rettet? Mir wurden Gefahren aufgezeigt, ich konnte Fragen stellen und meine Ängste loswerden. Dafür bin ich jeden Tag dankbar.

  • . Auch wenn dieser Weg wie bei mir eine Kopie ist. ;)

    Ich kann an einer Kopie nichts schlechtes finden.Da diese Kopie aus Erfahrungen gestrickt wurde und der sicherste Weg ist,(nicht einfacher sondern sicher),können wir alle davon profitieren.Wie und was jeder damit macht, ist sowieso jedem einzelnen überlassen.

    Für eine lebenslange Abstinenz, ist es aber ganz klar der Prämiumweg mit Goldstatus. Gruß Bono

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!