Einsichten eines Alkoholikers

  • Hallo Waschbär,
    deinen Thread habe ich auf Seite 3 gefunden. :)
    Wie geht es dir denn?
    Ich habe dich gerade bei Correns gelesen.
    Ihr Langzeittrockenen habt so viel zu geben, einfach durchs Aufschreiben von eurem Alltag.
    Ich wünsche dir ein gutes Neues Jahr und würde mich freuen von dir zu lesen.
    Lieber Gruß, Linde :)

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Linde66,

    zu der Frage wie es mir geht, es geht so.
    Mit fast 62 Jahren sammeln sich die körperlichen Wehwechen wie Briefmarken im Album an. Ich lerne ständig damit zu leben und sie als meins zu akzeptieren.

    "Ihr Langzeittrockenen habt so viel zu geben, einfach durchs Aufschreiben von eurem Alltag.„

    Das sehe ich komplett anders. Mein Alltag unterscheidet sich nicht wesentlich von nicht Alkoholikern. Arbeiten, Einkaufen, Essen, Urlaube, Schlafen, Hobbys.

    Ich verabscheue „soziale watsup und fatzebog“ als Geißel der Gesellschaft.
    Aber wer es braucht sollte dort seinen ach so wichtigen Alltag aufschreiben.
    Dankbare Leser wird er/sie dort zu Hauff finden.

    Was mich eventuell von anderen unterscheidet sind immer noch die auftretenden Kicks
    in Beziehung zum Alkohol. Noch immer schlägt das kurze heftige Verlangen zum Stoff zu.
    Heute habe ich gelernt damit umzugehen. Mir ist immer wieder bewusst, es kann jeder Zeit und in allen möglichen und unmöglichen Situationen passieren.
    Durch mein absolut gelebtes Lieblingswort „Risikominimierung“ fühle ich mich diesen Kicks nicht einfach nur ausgeliefert.
    Bei allen Kicks und in der daraus resultierenden Erfahrungen weiß ich immer mehr, meine heutige Alkoholfreiheit in vollen Zügen zu genießen.
    Und ja, im Gegensatz zu trinkenden Menschen muss ich Einschränkungen hinnehmen.
    Aber die paar wenigen Einschränkungen ermöglichen mir heute ein durchaus zufriedenes und oft glückliches Leben.
    Heute nach fast 9 Jahren ohne jeglichen Alkohol empfinde ich mein Leben wieder sehr lebenswert.
    Ich kenne viele Zeiten da war es genau andersrum.
    Bei alle dem spielt der Alltag in meinem Leben nur noch eine ganz normale Rolle.
    Diese Rolle schaffe ich heute mit ganz normalen Dingen zu füllen. Somit kann ich auch durch mein Aufschreiben nicht viel geben was einen anderen Alltag betrifft.

    Was mir hier seit längerem fehlt sind die vielen kleinen und großen Geschichten des Trocken -werdens. :roll:
    Dort konnte ich oft mehr über mich lernen als woanders. :idea:

    Liebe Grüße
    Nobby :wink:

  • Hallo Nobby,

    Schön, das es Dir gut geht :)

    Du schreibst:

    Zitat

    Mein Alltag unterscheidet sich nicht wesentlich von nicht Alkoholikern. Arbeiten, Einkaufen, Essen, Urlaube, Schlafen, Hobbys.


    Kann ich gut nachvollziehen.
    Ich bin auch kein interessanterer Mensch geworden, nur weil ich nicht mehr trinke. :wink::lol:
    Ich tue auch genau das, was andere Menschen tun, die nicht süchtig sind.
    Und das ist gar nicht sooo aufregend, als das ich unbedingt davon berichten müsste.

    Ich bin aber ein grundsätzlich zufriedenerer Mensch geworden, habe durch meine Krankheit auch viel gelernt.
    Als ich noch gesoffen habe, war ich unzufrieden und eher schwer erträglich, natürlich auch durch die innere Unzufriedenheit.
    Trocken konnte sich dann vieles wieder zum Guten wenden. :)

    Zitat

    Und ja, im Gegensatz zu trinkenden Menschen muss ich Einschränkungen hinnehmen.
    Aber die paar wenigen Einschränkungen ermöglichen mir heute ein durchaus zufriedenes und oft glückliches Leben.

    Darf ich fragen, in welchen Belangen Du Dich speziell eingeschränkt fühlst?
    Ich empfinde meine Abstinenz ja eher als große Befreiung, kann keinerlei Einschränkungen feststellen, eher im Gegenteil.
    Die einzige, die mir einfiele, wäre vielleicht, das bestimmte Speisen in Restaurants mit Alkohol zubereitet werden, obwohl das völlig unnötig ist.
    Ich brauche keine Rieslingsoße, soll wohl irgendwie n edlen Eindruck machen, keine Ahnung.
    Das eine oder andere Gericht hätte ich ansonsten gern bestellt.
    Aber wenn man nachfragt, bekommt man vieles dann auch alkoholfrei zubereitet, beispielsweise wird eine andere Soße empfohlen, die ebenso gut passt etc.
    Das man nachfragen muss, könnte man evtl. als Nachteil empfinden, aber so wild ist das ja nu auch wieder nicht, mal kurz was nachzufragen.

    LG Sunshine

  • Zitat

    Mein Alltag unterscheidet sich nicht wesentlich von nicht Alkoholikern. Arbeiten, Einkaufen, Essen, Urlaube, Schlafen, Hobbys.

    Hallo Nobby,

    ich glaube, das ist genau der Punkt, den die Neuen sich anfangs gar nicht vorstellen können. Irgendwann gibts den Aha-Effekt, daß ein trockener Alltag überhaupt möglich ist. :idea:
    Das lag bis dahin außerhalb der Vorstellungskraft.

    Vom vielen Lesen hier, vor allem auch im Vorstellungsbereich bei den Neuen, ist mir immer wieder aufgefallen, daß sich die Leute am Anfang gar nicht vorstellen können, wie ein alkoholfreier Alltag aussehen k ö n n t e .
    Da wird viel von Verzicht geschrieben und davon, was sie alles NICHT ändern können oder wollen...


    Ich bin beim Lesen quer durchs Forum immer wieder auf die Aussage gestoßen, daß gerade der stinknormale Alltag der LZT mit seinen Aufs und Abs, den Frischlingen als Orientierung dient. Learning by Reading sozusagen... und auch die Erkenntnis, daß Trockenheit einem nicht zum Superstar macht, aber daß man mit trockenem Kopf Alltagsprobleme besser anpacken kann. Mögliche Lösungswege dafür findet man bei LZT wie Sunshine, Petter, Silberkralle, Correns... :wink:

    Mit Aufschreiben vom Alltag meine ich nicht solche ollen Facebook- oder Instagram-Stories. Ich kanns leider nur schwer in Worte fassen, was mir gerade im Kopf herumspukt.

    Mein Briefmarkenalbum füllt sich mittlerweile auch mit diversen Zipperleins. :shock: :lol:
    Freut mich sehr, daß es dir soweit gut geht - und wo es dir nicht so gut geht, du dich dem Gefühl nicht auslieferst.

    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Linde,
    Hallo Sunshine,

    deine „ Darf ich fragen, in welchen Belangen Du Dich speziell eingeschränkt fühlst? “
    beantworte ich dir gerne.

    Es gab vor kurzem ,eine Verabschiedung im privaten Bereich, von einen meiner Arbeitskollegen in den verdienten Rentenstand. Des weiteren gab es eine Arbeitskollegen Kegel Veranstaltung.
    Ich weiß dort wird auch vermehrt Alkohol getrunken. Nun ja, heute nach längerer Trockenheit könnte ich den Versuch wagen, dort hinzugehen.
    Ich hätte ja jetzt meinen eigenen Willen jeder Zeit das Geschehen zu verlassen.
    Nur traue ich meinem eigenen Willen noch nicht richtig über dem Weg. Meine kleine Einschränkung besteht im nicht hingehen.
    Diese selbstauferlegte Einschränkung mache ich aber aus Erfahrungen aus trinkenden Zeiten. Diese Einschränkungen bedeuten für mich keinerlei Verzicht sondern fördern meine jetzt wiedererlangte freie Entscheidung zum vernünftigen Handeln. Dieses Handeln war ja Jahrzehntelang durch den Alkohol mehr geprägt als durch mich.

    Ich empfinde gewisse Einschränkungen nicht als Last sondern als notwendiges Mittel in bestimmten Situationen.
    Dazu gehören ja auch viele Einschränkungen wenn ich mein schönes Hobby Wildlife Fotografie betreibe.
    Einschränkungen sind ja nichts schlimmes sondern dienen als Mittel zum Zweck.

    Lieben Gruß
    Nobby :wink:

    PS: Auf in die neue Brutsaison :D , solange es sie noch gibt. :roll:

  • Hallo Nobby,

    schön von Dir zu lesen! Ich freu mich, dass Du immer noch Deinen trockenen Weg beschreitest :)
    Das mit den Einschränkungen kann ich nachvollziehen. Ich würde es vielleicht als "Veränderung der Lebensgewohnheiten" beschreiben, wobei eben einige Lebensgewohnheiten von früher nicht mehr in der gleichen Form stattfinden. Zum Beispiel Wochenendbeschäftigungen (statt abends in einer Bar etwas trinken zu gehen, eher nachmittags zum Kaffee treffen...).

    Mach weiter so und viel Spaß weiterhin bei der Fotografie!

    Liebe Grüße
    Sue (mittlerweile 7,5 Jahre trocken :D )

    You will bloom if you take the time to water yourself 🌷

  • Hallo Nobby,

    der Weg der Risikominimierung ist auch der meine, auch wenn ich mir heute schon mehr herausnehme als in der Anfangszeit.

    Zu einem Ausstand eines Kollegen gehe ich immer. Allerdings wird in meinem Kollegenkreis bei solchen Ereignissen allenfalls moderat was getrunken. Das stört und triggert mich nicht.

    Den Kegelabend hätte ich auch sausen lassen. Einerseits kann ich mit Kegeln nichts abfangen, zum anderen dürfte dort wesentlich mehr gebechert werden. Auf die Kombination kann ich gut verzichten, sie tue ich mir nicht an.

    Einschränkungen kenne ich auch. Z.B. im Urlaub mal abends in einer Bar an die Theke setzen und den Tag ausklingen lassen. Dort mit nem Wasser hocken, ist schon komisch, daher habe ich das bislang nur selten gemacht. Ich habe dort nicht das Verlangen nach dem Stoff verspürt, aber zu oft an ihn gedacht.

    Dass Du immer noch regelmäßig Drucksituationen verspürst, überrascht mich. Ich bin schon über 1 Jahr völlig druckfrei, weiß aber dass er jederzeit wieder aufkreuzen kann.

    Alles Gute wünscht
    Carl Friedrich

  • Hallo Nobby,

    Trockensein ist für sich genommen sehr langweilig. Zumindest hole ich aus meinem Trockensein nichts irgendwie Spannendes heraus. Ich denke, dass dies völlig normal ist.

    Trockensein bildet bei mir jedoch die Basis für ein gesünderes Leben, da ein Risikofaktor wegfällt. Wäre ich nicht trocken, würde ich nicht nur mir, sondern auch den Personen in meiner Umgebung schaden. Deswegen akzeptiere ich die Langweiligkeit des Trockenseins zu Hundert Prozent!

    In meinem Leben gibt es Höhen und Tiefen. Diese wechseln sich fröhlich ab. Was ich Woche für Woche tue, lässt sich sehr ähnlich beschreiben, wie Du dies für Dich beschrieben hast.

    Durch das Schreiben finde ich manchmal spannende Seitenwege in meinem Leben. Und aus einigen dieser zuerst sehr schmalen Pfade werden Schritt für Schritt breite Wege. Da ich meine eigene Meinung bereits kenne, lese ich natürlich auch sehr gerne hier. Und manchmal triggert mich ein eigentlich ganz langweiliger Satz in einem anderen Thread zum Nachdenken. So geht es mir zum Beispiel auch bei Deinen Beiträgen. Diese sind nicht immer spannend, manchmal für mich nicht einmal interessant. Aber die Perlen, die Du immer wieder dazwischen streust, machen Deinen Faden so wertvoll. Und das ist bei anderen Threads genau so. Auch meine Beiträge dienen anderen manchmal lediglich als Einschlafhilfe. Ist doch egal. Und ein guter Schlaf ist eh was tolles. Mein Ziel ist es, weiterhin trocken zu bleiben. Meine Aufgabe ist es nicht, das Forum zu bespaßen. Wenn ich auch gerne mal etwas Albernes schreibe. Höhen und Tiefen eben...

    Zum Kurzfassen ist es jetzt zu spät. Ich versuch's trotzdem: Nobby schreib weiter!

    Viele Grüße
    Correns

  • Liebe Sue,

    schön dich hier immer mal wieder zu lesen. 7,5 Jahre trockenen Fußes ist schon etwas besonderes.
    Ich empfinde längere Nüchternheit, bei der ständigen Alkoholverfügbarkeit, als ein großes selbst erarbeitetes Geschenk.
    Geschenk deshalb, weil in meinem Kopf immer wieder was neues, altes ausgepackt werden darf.
    Oft macht es Freude wieder Gefühlsachterbahnen fahren zu dürfen.

    Liebe Grüße
    Nobby :wink:


    Hallo Carl Friedrich,

    die Kicks die ich empfinde, sind mit Drucksituationen nicht vergleichbar.
    Suchtdruck verspürte ich in den ersten 3 bis 5 Jahren meiner Nüchternheit.
    Die „Kicks“ wie ich sie nenne, lassen mich immer mal wieder nur die netten Dinge
    des Alkoholmissbrauchs spüren. Dazu zählen vorgegaukelte Entspannung,
    Unzählige falsche I Punkte (Steigerung) nach schönen Erlebnissen.
    Falsche Steigerung der Konzentration bei schwierigen Unternehmungen / Arbeiten.
    Alles das und noch weitere Kick-Punkte sind aber nur der verzehrte Blick eines Alkoholikers.
    Heute darf ich nüchtern leben und schaffe daher die Kicks als reine Lüge zu entlarven.
    Ich denke immer jeden seltenen Wunsch nach Alkohol bis zum Ende.
    Das Ergebnis bleibt bei mir immer das gleiche. Durch und durch Suchtmensch den ich mit viel Gefühl in seinen Schranken halte.
    Zu meinem Glück entstehen diese Kicks immer seltener.

    Lieben Gruß
    Nobby :wink:


    Hei Correns,

    “Trockensein bildet bei mir jedoch die Basis für ein gesünderes Leben, da ein Risikofaktor wegfällt.
    Wäre ich nicht trocken, würde ich nicht nur mir, sondern auch den Personen in meiner Umgebung schaden.
    Deswegen akzeptiere ich die Langweiligkeit des Trockenseins zu Hundert Prozent! “

    hier steht alles drin, wie ich mich zur Zeit sehe und fühle.
    Diese Basis treibt mich immer weiter vorwärts. Hoffentlich noch sehr sehr lange.

    Lieben Gruß
    Nobby :wink:

  • die Kicks die ich empfinde, sind mit Drucksituationen nicht vergleichbar.

    Die „Kicks“ wie ich sie nenne, lassen mich immer mal wieder nur die netten Dinge
    des Alkoholmissbrauchs spüren. Dazu zählen vorgegaukelte Entspannung,
    Unzählige falsche I Punkte (Steigerung) nach schönen Erlebnissen.
    Falsche Steigerung der Konzentration bei schwierigen Unternehmungen / Arbeiten.
    Alles das und noch weitere Kick-Punkte sind aber nur der verzehrte Blick eines Alkoholikers.

    Hallo Nobby!

    Danke für die Klarstellung. Diese "Kicks" sind auch mir wohl bekannt. Ich stufe sie als unterschwellige Grüße des Suchtgedächtnisses ein, dass tief in mir drin schlummert, jedoch immer wieder mal zeigt, dass es noch lebt.

    Gruß
    Carl Friedrich

  • Hallo ihr Beiden,

    @ Carl

    Zitat

    Diese "Kicks" sind auch mir wohl bekannt. Ich stufe sie als unterschwellige Grüße des Suchtgedächtnisses ein, dass tief in mir drin schlummert, jedoch immer wieder mal zeigt, dass es noch lebt.

    nun kenne ich es auch, jedoch schlummert es nicht "tief in mir drinnen und tut es auch nicht unterschwellig, sondern es ist ein immer lebender und aktiver Bestandteil der Krankheit.
    Gerade das Gefühl tief/ unterschwellig impliziert eine Verharmlosung bei mir. Ich gehe, auch wenn es zur Routine geworden ist, damit so um, so wie in der Anfangszeit, als ich trocken werden durfte.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo zusammen,

    diese „Klicks“ wurden sehr gut beschrieben. Wenn hier im Forum von Suchtdruck geschrieben wurde, dachte ich immer, diese „Grüße vom Suchtgedächtnis“ sind auch damit gemeint.

    Oder welche Situationen gibt es noch, wo man von Suchtdruck spricht. Ich kann mir immer nicht so richtig ausmalen, wie man es empfindet. Bei mir sind es immer mal diese „Klicks“, inzwischen selten. Ich denke auch nach wie vor den Gedanken zu Ende. Das war meine Hilfe Nummer 1 bei den Gedanken an Alkohol. Darauf bin ich durch dieses Forum gekommen.

    Wie kann sich Suchtdruck denn noch äußern? Vielleicht ist die Frage blöd. Aber wie gesagt dachte ich immer, wenn jemand von Suchtdruck spricht, sind diese oben beschriebenen Gedanken gemeint.

  • Wie kann sich Suchtdruck denn noch äußern? Vielleicht ist die Frage blöd. Aber wie gesagt dachte ich immer, wenn jemand von Suchtdruck spricht, sind diese oben beschriebenen Gedanken gemeint.

    Hallo!

    Ich habe dann Suchtdruck, wenn ich das Verlangen spüre, Alkohol trinken zu wollen. Der bloße Gedanke an Alkohol reicht zumindest bei mir noch nicht aus. Jedoch kann sich aus dem Gedanken der entsprechende Wunsch durchaus noch entwickeln. Auf der Hut bin ich, wenn mir mein inneres Ich vorgaukeln möchte, wie schön doch jetzt 1-2 "Weißbierchen" (Achtung Verniedlichung) wären. Spätestens dann steuere ich aktiv dagegen.

    Gruß
    Carl Friedrich

  • Danke Carl Friedrich. Dann kann ich also auch sagen, dass ich schon mal Suchtdruck hatte. Es sind die Gedanken bzw. die kurze Lust darauf, etwas zu trinken. Da steuere ich immer sofort gegen, indem ich den Gedanken zu Ende denke und dann ist es auch ok.

    Ich hab es bisher noch nicht gehabt, dass ich den Gedanken nicht los werde. Ich weiß nicht, ob es bei Anderen auch Situationen gibt, wo das Bedürfnis länger anhält. Sagen wir mal ne halbe Std oder so und dass man nervös wird und anfängt zu zittern oder schwitzen oder so. Ich dachte erst immer, das wäre mit Suchtdruck gemeint.

    Aber das wird vermutlich gar nicht so sein, sondern es sind die oben beschriebenen Gedanken, die man als Suchtdruck bezeichnet.

    Solche Symptome wie Entzugserscheinungen werden wohl nach einer bestimmten Zeit nicht mehr vorkommen, da es körperlich ist, denk ich mal. Ich hatte das nie. Also, dass sich das körperlich bemerkbar gemacht hat. Aber die Gedanken, die immer mal aufkreuzen, find ich auch nervig. Aber ich bringe die Gedanken dann immer wieder in die richtigen Bahnen. Das ist das Gute daran. Ich weiß, wie es mir gelingt.

  • Hallo Cadda,

    „Wie kann sich Suchtdruck denn noch äußern? Vielleicht ist die Frage blöd. Aber wie gesagt dachte ich immer, wenn jemand von Suchtdruck spricht, sind diese oben beschriebenen Gedanken gemeint. „

    bei mir äußerte sich Suchtdruck genau so wie du es oben beschreibst.
    Bei bestimmten Situationen z.B Werbung, spürte ich den Alkohol in meiner Kehle hinunterlaufen.
    Das ging einher mit Fantasie-Schlucken und ich spürte förmlich den Alkohol.
    Ja, ich wurde nervös, schwitzte vermehrt, spürte ein starkes Kribbeln samt Gereiztheit.
    Diese Situationen überwand ich nur durch reine Willenskraft. Da war von Trockenheit noch gar nichts zu spüren.
    Heute erlebe ich solchen „ Druck“ nicht mehr. Auch brauche ich heute keine Willenskraft mehr um trocken zu bleiben. Trockenheit ist für mich heute ein Zustand. Nicht mehr und nicht weniger. Einfach da und fertig.

    Die Kicks kommen und gehen und ich lebe einfach damit. Sie gehören wahrscheinlich noch ganz lange als Nebenerscheinung zu meinem nüchternen Leben.

    Lieben Gruß
    Nobby :wink:

  • Hallo Nobby,

    vielen Dank für Deine Beschreibungen. Diese Klicks, die Du beschreibst, kenne ich auch. Ich denke, wenn man Alkoholiker ist, gehören sie wohl zwangsläufig dazu. Ich kann mir zumindest schwer vorstellen, dass diese Gedankek von heute auf morgen weg sind, wenn man nicht mehr trinkt. Dafür ist das Suchtgedächtnis einfach zu sehr geprägt.

    Aber wenn ich zurück denke, dann wird es wirklich immer seltener. Zuerst hab ich mir immer richtig Zeit genommen, den Gedanken zu Ende zu denken. Sämtliche Geschichten, die negativ sind, hervorzuholen. Inzwischen reicht manchmal ein klares „Nein!“ und fertig.

    Trotzdem mache ich mir immer wieder zwischendurch, auch ohne dass ich gerade daran denke, wie es wäre, jetzt zu trinken, bewusst, wie schön es ist, dass ich jetzt frei bin. Einfach so, z.B. wenn ich Auto fahre und nachdenke. Ich bin froh, dass das Nicht-Trinken immer normaler wird. Ich sehe es nicht als Verzicht, sondern als Gewinn. Das ist glaub ich das, weshalb es mir (zumindest bisher) nicht schwer fällt. Mir ist es aber bewusst, dass es Zeiten im Leben geben kann, wo sich das ändert. Immer auf der Hut sein, hab ich hier mal gelesen. Das bin ich.

  • Hallo,

    vielleicht kennen mich hier noch ein paar.
    Seit gestern habe ich die 10 Jahres Marke überschritten.
    Gut fühlt es sich an, aber nicht mehr besonders.
    Ich sagte nur zu meiner lieben Frau, wo sind die 10 Jahre geblieben ?
    Die Kicks, wie ich sie nannte haben sich schon lange verabschiedet.
    Alkohol ist weitgehend in den Hintergrund gerückt.
    Ich habe wieder ein Leben zurück, das ich mir vor ein paar Jahren nicht vorstellen konnte.
    Alle normalen Alltagssorgen sind noch da, aber soooo viel erträglicher als noch zu Trinkzeiten.
    Besonders die Gelassenheit konnte ich in diesen Jahren lernen. Nichts konnte bis heute meine neu entdeckte Ausgeglichenheit erschüttern. Und ja, es ist in den letzten 2 – 3 Jahren einiges in meinem Leben passiert. Viele sehr unschöne Ereignisse begleiteten meinen Weg. Alkohol wäre niemals eine Lösung oder Erleichterung gewesen. Heute bin ich einfach nur heil froh wieder so unbeschwert Alkoholfrei leben zu dürfen. Nächstes Jahr gehe ich dann endlich in Rente. Die Option dann eventuell mal wieder trinken zu können, steht für mich heute nicht mehr im Kontext.
    Meine neu gewonnene Ausgeglichen – und Gelassenheit lässt diese Option nicht mehr zu.
    Zu schön ist diese gewonnene Freiheit ohne den Griff zur Flasche. Das möchte ich nicht mehr hergeben.

    Heute weiß ich der Weg ist Steinig. Aber jeder weggeräumte Stein ist ein Meilenstein zum Erfolg.
    Bis heute begleitete mich der Satz : Wer will findet Wege, wer nicht will findet Gründe.
    Leider konnte ich es bis heute nicht aufs Rauchen anwenden.

    Bis dann und liebe Grüße an alle
    Nobby :wink:

  • Moin Nobby

    Herzlichen Glückwunsch zu 10 Jahren in Freiheit. Ich freue mich riesig für dich.

    Wieder mal ein Beispiel dafür, dass es sich lohnt.

    LG PB

    Es nützt nichts Jemandem eine Brücke zu bauen, der gar nicht auf die andere Seite will.

  • Herzlichen Glückwunsch!

    Leider wird das Gesamtbild für mich durch die andere gefährliche Sucht etwas getrübt. Ich bin immer wieder erstaunt, dass es Herrschaften gelingt, sich vom Alkohol zu befreien, nicht jedoch vom Nikotin.

    Mir fiel das Aufgeben der Qualmerei um ein Vielfaches leichter, als die Finger vom Alk zu lassen. Eines Abends habe ich mir, nachdem auch der letzte Glimmstängel aufgequalmt war, beschlossen, es ab sofort sein zu lassen. Bin da nur einmal an einem Abend rückfällig geworden und das war es dann. Ist jetzt schon ungefähr 9-10 Jahre her.

    Hast Du denn vor, noch mal einen Angriff zu starten?

    Gruß
    Carl Friedrich

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