Hallo,
ich habe hier schon viel gelesen und habe auch in der Vergangenheit einige Male geschrieben. Da allerdings unter einem anderen Namen.
Ich bin (mittlerweile) 43 Jahre alt und bin seit 30 Jahren mit dem Thema Alkohol sehr vertraut. Mein Vater hat immer mal wieder Phasen in denen er viel trinkt und natürlich auch die Gabe besitzt alles klein zu reden. Wir hatten verschiedene Aktionen von "ich bringe mich um" bis hin zu betrunkenen Autofahrten und diversen Entzügen.
1997 war der erste Entzug an den ich mich erinnern kann. In meiner Familie gab es stets einen großen Teppich unter den all die schönen Sachen gekehrt wurden. Niemand außerhalb eines inneren Kreises durfte was über die Eskapaden erfahren. Egal ob es um drohenden Jobverlust, Fremdgehen oder sonst etwas ging. Ich habe Erinnerungen daran das ich als 13 jährige mit meinem Vater am Abwaschbecken stand und Rotweinflaschen leer ausgegossen habe und er weinend neben mir stand. Meine Mutter und seine Eltern haben immer zu ihm gehalten. Kein böses Wort nach draußen, nur keine Schwäche zeigen. Er ist nie wirklich fallen gelassen worden. Es gab immer ein klares "DU DU DU" aber danach war er für ein paar Monate wieder der tollste Mensch den man sich denken kann. Hilfsbereit, nett, höflich, umgänglich, lustig... ich habe wirklich viele gute Erinnerungen und habe ihm auch sehr sehr viel zu verdanken.
Im Laufe der Zeit musste er 2 weitere Male zum "Entzug" allerdings bezüglich Tabletten. Er hat dann immer 1 Woche Krankenhaus gemacht und alles war gut.
Für mein Empfinden zu wenig.
Vor ein paar Jahren starben meine Großeltern und dann meine Mutter. Somit war ich zuständig. Die erste Zeit war die Hölle. Mein Vater ist sehr sensibel und hat eher mir den schwarzen Peter zu geschoben, als zugegeben das er wieder trinkt. Es ist immer von heute auf morgen. Er hat das Talent, wie viele Alkoholkranke, das ich zu 100% weiß das er getrunken hat, aber er es einfach so dreht das ich mich entschuldige ihn verdächtigt zu haben.
Er hat im folgenden eine Reha gemacht und hat dort seine jetzige Lebensgefährtin kennengelernt. Beide haben so ihre Problemchen, sind zuhause aber ein gutes Paar. Allerdings wurde nie auf mich gehört, wenn ich ihr erklärt habe das es nicht ratsam ist wenn ständig Alkohol im Haus ist. Speziell Wodka und Schnaps. Mir wurde nicht geglaubt und als sie in vor 1 1/2 Jahren per Notarzt ins Krankenhaus gebracht hat, hatte er keine Herzprobleme, sondern 1,9 Promille...
Aktuell ist sie zu einer Kur und er kommt damit nicht klar.
Er ist allein zuhause. Vor 4 Wochen habe ich ihn ins Krankenhaus einliefern lassen, weil er rezeptpflichtige Schmerzmittel in hohen Dosen (10-15 Stück pro Tag), Schlafmittel und Alkohol gemischt hat. Er ist nur wiederwillig ins Krankenhaus gegangen und hat dort dann 2 Wochen Theater gespielt. Alles gut, die Ärzte haben nicht wirklich ein Problem gesehen. Ich habe 2 mal mit Ärzten telefoniert und Sachen klar gestellt. Danach hat er gemeint das die Ärzte dort nicht mit Angehörigen reden wollen.
Ich habe ihn abgeholt und alles war gut. Er hat seine Lebensgefährtin besucht und 1 Tag später sollte er eine ambulante Reha machen um wieder besser klar zu kommen. Kurz gesagt, die Reha hat es nie gegeben. Zur Zeit des eigentlichen Starts hat er mit mir telefoniert - vom Festnetz aus und mir erklärt das er auf dem Weg ist. Wenn ich unbedingt wollte, könnte ich ja gerne anrufen, aber bei psychatrischen Einrichtungen dürften ja keine Informationen raus gegeben werden... tja, dumm das ich trotzdem angerufen habe und erfahren musste, dass es solche Therapieformen da gar nicht gibt. Nur stationär. Er war völlig sauer auf mich, weil ich ihn bloßgestellt habe.
Er versichert mir immer und immer wieder das er mich nicht belügt, aber er tut es doch - aufs heftigste.
Schon immer sind mir die Sachen sehr schwer gefallen. Ich habe über alles versucht hinwegzusehen und zu glauben. Allerdings ist es jetzt so das ich ihm nichts mehr glaube. Diese Lügerei finde ich einfach nur belastend und ich bin mehr als enttäuscht. Es tut sooo weh. Ich mache wirklich alles für ihn. Mehr als andere machen würden. Papierkram, Haus, Erledigungen, 24 Stunden erreichbar. Aber ich kann das alles nicht mehr. Ich kann ihn nicht komplett fallen lassen... aber so geht es auch nicht weiter. Ich gehe zu Grunde und habe doch tatsächlich ein schlechtes Gewissen, weil ich nur kurz ab bin wenn er sich meldet. Er sieht die Lüge das er die Therapie nicht macht als eine Notlüge an... Die ist ja nicht so schlimm.
Ich denke er wird das Thema nie abschließen können... es wird immer so sein das er Rückschläge hat. Die Frage ist, wie lange seine Partnerin das mitmachen wird... Ich fühle mich total leer und ausgenutzt und habe ständig mit Herzrasen und Schwindel zu kämpfen. Manchmal denke ich sogar das ich das Problem bin. Das ich zu hart mit ihm umgehe. Das ich ihn nicht so schütze wie er es gewohnt ist. .. aber der Rucksack den ich mit ihm trage ist wirklich viel zu schwer für mich... wenn ich nicht so einen tollen Mann und tolle Kinder hätte, wäre ich vermutlich schon zusammen gebrochen. Aber das schlimme ist auch das er es absolut nicht sieht. Wenn ich sage es geht mir nicht gut mit allem, hat er plötzlich 39 Fieber. Wenn ich sage, ich habe 2 kg abgenommen von dem Stress (was wirklich stimmt) dann hat er 4 kg abgenommen. Egal was ich sage, es ist nicht richtig... ich bin die Böse die sagt wenn er was eingenommen hat. Seit neustem wird ja gemischt mit Tabletten, was natürlich noch ne Stufe mehr ist...