ich bin Angehörige eines Alkoholikers und brauche Rat

  • Hallo, ich weiß nicht auf ich auf dieser Seite überhaupt richtig bin. Ich bin 64 Jahre alt. Mein Bruder (59 Jahre) ist seit Jahren Alkoholiker. Wir leben nicht in einem Haushalt zusammen, sondern ein paar Straßen voneinander entfernt. Seine Frau trinkt wohl auch, ist aber seit bestimmt 20 Jahren schon nicht mehr aus der Wohnung gegangen, also auch psychisch sehr krank. Beide - stur wie ein Esel - lassen sich von nichts und niemandem helfen. Inzwischen ist es jetzt so, dass beide sehr krank sind. Ich vermute, mein Bruder hat Leberzirrhose, seine Leberwerte waren zunächst über 1000 (wie er sagte), später über 400, er kann kein Fleisch mehr essen, der Körper voller Wasser, nun inzwischen ist er entwässert durch Tabletten von einem Arzt, zu dem er nun aber auch keine Lust mehr hat hinzugehen, hat durchs Entwässern sehr abgenommen, aber einen unnatürlich dicken Bauch (ich vermute Aszites). Er ist so schwach dass er nicht mehr allein aus der Wohnung kann. Nun sitzen beide in der Wohnung können nicht mehr raus. Ich hatte ihnen angeboten, Einkäufe für sie zu erledigen oder schwere Sachen zu transportieren (mit meinem Auto). Und nun nehmen sie das Angebot meinerseits gerne an, baten mich gleichen einen 6er Pack Bier zu bringen, heute (3 Tage später) baten sie um DREI 6er Pack Bier und 4 Flachmänner. Habe ich brav hin transportiert. Mein Bauchgefühl sagt mir aber, dass es nicht richtig ist. Und nun weiß ich überhaupt nicht was ich machen soll. Einerseits weiß ich, dass sie ohne Alkohol nicht können, andererseits weiß ich nicht ob ich diese Sucht noch unterstütze, indem ich ihnen das Suchmittel noch liefere. Anderseits sieht mein Bruder schon so aus, als wenn er sowieso nicht mehr lange macht und es eh zu spät ist, auch wenn es sehr traurig ist. Was soll/kann ich machen. Ich stehe sehr hilflos vor dem Problem.

  • hallo Moara,

    herzlich willkommen in unserem Forum.

    Dein Bauchgefühl hatte recht. Du kannst deinem Bruder und der Schwägerin gerne helfen, aber ihnen den Alkohol "ans Bett bringen ",das ist wirklich nicht sinnvoll.

    Das würde ich ihnen auch sehr deutlich sagen, denn damit unterstützt du die Sucht.

    Wenn sie wirklich trinken müssen, also süchtig sind, finden sie Wege um an Alkohol zu kommen.

    Das mag hart klingen, und ich habe auch so einiges in meiner Coabhängigkeit getan, was für den Alkoholiker nicht gut war.

    Werden die beiden denn ärztlich betreut?

    Wie sieht es für dich aus, wie fühlst du dich und wie geht es dir ?


    lg morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo morgenrot,

    vielen Dank für deine liebe Antwort. Ich bin schon froh, dass ich mit meinem Bauchgefühl nicht ganz unrecht habe. Das Verhältnis zu meinem Bruder und meiner Schwägerin war immer sehr, sehr schwierig, sie sind beide überempfindlich - ob bedingt durch den Alkohol weiß ich nicht - jedenfalls leben sie sehr isoliert, weil sie es sich mittlerweile mit jedem durch ihr "Gemotze" verscherzt haben. Meine 86jährige Mutter leidet sehr darunter, ihn nun so dahinsiechen zu sehen. Ich möchte ihm irgendwie helfen, aber es stimmt schon, Alkoholikern den Alkohol noch auf dem Tablett zu servieren, ist sicher die denkbar schlechteste Hilfe, wenn es denn überhaupt eine ist. Ich hatte ihm Hilfe anbeboten, seit sich sein Gesundheitszustand so rapide verschlechtert hat, so dass er nun selber nicht mal mehr aus dem Haus gehen kann. Dabei hatte ich natürlich an Hilfe in Form von Lebensmitteln einkaufen, Behördengänge usw. gedacht, aber nicht, dass ich gleich den Auftrag bekommen, das benötigte Bier heranzuholen. Es fällt mir jetzt zwar schwer, seine Wünsche nach Alkohol abzulehnen, denn ein "NEIN" würde mit Sicherheit wieder in einem Streit und einem Abbruch unseres Kontaktes enden, wie schon zig Male zuvor wegen irgendwelcher Unstimmigkeiten. Es ist leider sehr schwer, mit Alkoholikern auf Dauer auszukommen, ohne dabei ein zermürbendes Schuldgefühl zu bekommen.

    Ärztlich betreut werden beide immer nur mal sporadisch, und auch nur dann, wenn es gesundheitlich überhaupt nicht mehr geht. Den Arzt, der die massiv erhöhten Leberwerte festgestellt hat und die Entwässerung eingeleitet hat, sucht mein Bruder nun nicht mehr auf, stets mit irgendwelchen an den Haaren herbeigezogenen Gründen. Und ins Krankenhaus geht er schon gar nicht, um keinen Preis der Welt. Ähnlich verhält es sich mit meiner Schwägerin, die zu dem Alkoholkonsum nun auch noch die psychische Erkrankung hat, inzwischen inkontinent ist und gar nicht mehr wegen ihres massiven Übergewichtes aus dem Bett kommt. Gesehen haben wir sie schon an die 20 Jahre nicht mehr, sie geht nicht einmal ans Fenster. Es sind ganz furchtbare Zustände, und natürlich geht es mir als Schwester dabei auch nicht gut. Ich möchte was tun, aber ich fühle mich hilflos. Zudem auch noch die Verzweiflung meiner Mutter mitansehen zu müssen, die ihn am liebsten entmündigen lassen möchte, damit er sich helfen läßt. Aber so einfach ist das ja auch nicht.

    Nun fragte er mich auch noch nach Tabletten wie z. B. Valium, die er bräuchte, weil die Nerven so blank liegen bei beiden. So etwas werde ich natürlich keinesfalls beschaffen. Mich wundert es nur, auf was für Ideen die beiden kommen, obwohl sie sonst eigentlich intelligent sind.

    WAS KANN ICH TUN? ;(

  • Hallo Moara,

    so hart es klingen mag, aber wenn du ihnen den Alkohol ans Bett bringst, haben sie keinen Anlass, ihr Leben zu ändern. Klappt ja alles.

    Ich würde die Versorgung mit Medikamenten & Alkohol kategorisch ablehnen, auch wenn der Kontakt dann abbricht.

    Letzteres scheint ja schon einige Male der Fall gewesen zu sein, vermute ich mal.

    Die Idee deiner Mutter mit der Entmündigung klingt erst 1x ganz gut, aber keine von euch sollte die Betreuung übernehmen. Das schafft ihr nicht.

    Einzige Möglichkeit der Hilfe, die mir einfällt, wäre die, den sozialpsychiatrischen Dienst des Land- bzw. Stadtkreises zu kontaktieren.

    Lasst euch dabei keine Verantwortung oder Mitschuld aufschwatzen!

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Der sozialpsychiatrische Dienst gehört zum zuständigen Gesundheitsamt, & das hat als Behörde ganz andere Möglichkeiten als eine Privatperson.

    Wenn deine Schwägerin so weit unten ist, dass sie in ihrer Wohnung nahezu vor sich hin siecht, dann werden die auch aktiv.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Dieses Siechtum besteht ja schon seit vielen Jahren. Sie ist selber auch Arzthelferin, hat 8 kluge Geschwister, eine Tochter, die sich alle mehr oder weniger wegen der Trinkerei und des ständigen Anbettelns um Geld zurückgezogen haben. Wir haben uns lange an diese Lebensart der beiden gewöhnt, dass sie trinken und dass sie nicht mehr aus dem Haus geht. Jeder ist seines Glückes Schmied. Was mir nun aber Kopfzerbrechen macht, ist mein Bruder, der ganz offensichtlich nicht nur trinkt, sondern schwer krank zu sein scheint, ganzer Körper voller Wasser, dicker Aszitesbauch (ich vermute es ist Aszites) und unglaublich hohe Leberwerte, Appetitlosigkeit und offensichtliche Kachexie. Trotzdem versäumt er seine Arzttermine und sagt einfach, im Moment will er da gar nicht hin. Meine Schwägerin hat schon Oesophagus-Varizen, also diese Krampfadern in der Speiseröhre, die man vom "Saufen" und/oder Leberzirrhose bekommt. Trotzdem steht auf ihrer Einkaufsliste Bier, Bier, Bier und einige Flachmänner. Das macht mir Sorgen, und dass man ohne etwas tun zu können daneben steht. Ich werde es versuchen mit dem sozialpsychiatrischen Dienst, aber was ist, wenn sie den gar nicht erst reinlassen und sich nicht auf Hilfe einlassen (sie sind super super super stur!!) . Ist das wirklich die letzte und einzige Option? Muß man wirklich sehenden Auges ihrem Selbstmord auf Raten einfach so zusehen? ;(

  • So schlimm es ist: wer sich zu Tode trinken will, wird es tun und darf es im Endeffekt auch tun. Meine Tante hat es vor ein paar Monaten geschafft - trotz massiver - aber eben nicht gewollter - Hilfe 😫

    Das Einzige was du machen kannst, ist den Konsum nicht zu unterstützen.

    Und daran zu denken, dass auch DU nur ein Leben hast das lebenswert sein sollte

  • Hallo Moara!

    Ist das wirklich die letzte und einzige Option? Muß man wirklich sehenden Auges ihrem Selbstmord auf Raten einfach so zusehen?

    So schrecklich sich das liest ist es die bittere Wahrheit. Wenn sie jegliche Hilfe ablehnen bist du vollkommem machtlos. Dein Bruder geht auch nicht mehr zum Arzt, vielleicht würde er einem Hausbesuch zustimmen? Man kann auch zwangsweise nichts machen solange die beiden noch in der Lage sind Entscheidungen zu treffen.

    Aber Alkohol besorgen würde ich den Beiden auch nicht selbst wenn sie dann den Kontakt abbrechen. Aus reinem Selbstschutz würde ich an deiner Stelle überlegen ob du dir dieses schreckliche Elend überhaupt noch antun willst.

    Bei mir war es der Ehemann der so getrunken hat. Ich konnte es eines Tages nicht mehr aushalten und bin ausgezogen. Er hat sich letztendlich zu Tode getrunken ich war total machtlos, er wollte sich nicht helfen lassen.

    LG Marie

    Wer nichts ändern will für den ist die Opferrolle die beste Strategie!

  • Danke Tippi und Speranza, im Grunde sprecht ihr mir aus der Seele. Ich dachte es mir schon, dass man auch zwangsweise nichts ändern kann, solange beide es nicht wollen. Ich wollte es eigentlich von Leuten, die ähnliche Erfahrungen hinter sich haben, bestätigt haben, denn man zermürbt sich ja doch mit Selbstvorwürfen, was hätte man tun können, warum hat man dies oder jenes nicht versucht und was hat man bloß falsch gemacht, dass es so enden muß. Ich denke, auch die Geschwister meiner Schwägerin werden schon wissen, warum sie auf Abstand gegangen sind. Aus reinem Selbstschutz. Mir wird wohl auch nichts anderes übrig bleiben. Obwohl, es ist schwer das Elend zu sehen und zu wissen, dass einem die Hände gebunden sind ;(

  • Liebe Moara,

    Ich kenne dieses Gefühl der Hilflosigkeit gut, man kann als Angehöriger wirklich nur daneben stehen und diesem „Selbstmord auf Raten“ zusehen, aber das ist sehr schmerzhaft. Meine Mutter (66) bestellt sich ihren Alkohol übers Internet bis an die Tür, so bequem kann der Suchtwunsch erfüllt werden. Wie hier schon geschrieben wurde, findet jeder Süchtige Wege, an den Stoff zu kommen.

    Die Krankheitssymptome, die du beschreibst, kann man nicht getrennt sehen von der Alkoholsucht, sie sind Ausdruck dieser Krankheit. Mitleid wegen dieser Krankheiten heisst also, Mitleid wegen der Alkoholsucht zu haben. Das ist auch ok, schliesslich ist es eine Krankheit. Nur ist es keine Entschuldigung für ihr Verhalten, das euch Verwandten offenbar grosses Leid zufügt.

    Es klingt hart, aber wenn sie merken sollen, dass es so nicht weiter geht, müsstest du wohl jegliche Unterstützung, Hol-und Bringdienste aufhören.

    Aber auch das würde in ihrem Stadium vermutlich keine Änderung herbeiführen. Ich fürchte, realistisch gesehen, ist es egal, was du tust oder nicht tust. Fahre also den Weg, der für dein Bauchgefühl am ehesten stimmt und dir genug Freiheit im Leben lässt.

  • Hallo ihr Lieben,

    erst nochmals vielen Dank für die netten Ratschläge. Ich habe den Ratschlag mit dem sozialpsychologischen Dienst dankend angenommen. Die sind tatsächlich recht schnell bei meinem Bruder gewesen und haben auf ihn eingewirkt. Selbst dann dauerte es noch einige Tage, bis er sich endlich ins Krankenhaus bringen ließ. Aber erst, nachdem es ihm so schlecht ging, dass er nur noch im Sessel saß und nach Luft gerungen hat, mit mittlerweile einem Bauch wie bei einer Schwangeren, die Zehnlinge bekommt. Er kam nicht mal mehr allein hoch. Seine Frau lag derweil schon seit ein paar Tagen mit dem selben Problem im Krankenhaus, der behandelnde Arzt dort rief sogar an und sagte klipp und klar, dass es nicht sicher sei, ob sie überlebt. Nun sind also glücklicherweise beide endlich in Behandlung. Seine Tochter und ich sind rund um die Uhr darum, die Wohnung wieder keim- und geruchfrei zu bekommen, uns um die Post und die Papiere zu kümmern und mit den Ärzten zu kommunizieren.

    Um so enttäuschter war ich, als ich heute mit ihm telefonierte, ihn zunächst so dankbar und einsichtig erlebte, und er bekäme besser Luft. Nur die Leber wäre wohl nicht ganz in Ordnung (was wohl noch sehr untertrieben zu sein scheint). Als ich im aber sagte, dass ich aus seiner Wohnung die angefangenen Flachmänner entsorgt habe, wurde er wütend, ich solle die sofort da wieder hinbringen. Mir fiel in dem Moment wirklich gar nichts mehr ein.......... die Enttäuschung ist einfach zu groß.

    Wie ist eure Meinung dazu. Soll ich die alkoholischen Getränke aus der Wohnung entfernen, oder soll ich nicht (weil er ja nicht entmündigt ist). Soll ich weiter meine ganze Energie invesstieren um den beiden zu helfen, oder mich aus der Sache rausziehen. Dieses letzte Telefonat, in dem es um die "Flachmänner" ging, haben mich wieder völlig verunsichert, wie ich weiterhin in dieser Sache vorgehen sollte. Ich habe mir wohl alles zu einfach vorgestellt, Krankenhaus und danach heile Welt mit jetzt einsichtigen und nicht-trinkenden Menschen. Ob es wirklich so sein wird?

  • Eine unfassbar traurige und schwierige Situation. Meine persönliche Meinung: nimm die Kraft die du noch hast für dich selber und ziehe dich aus der Sache raus. Der Aufenthalt im Krankenhaus ist meiner Meinung nach nur eine „kurze Unterbrechung“ bevor es unverändert weitergeht.

    Ich wünsche dir viel Kraft und Zuversicht ❤️

  • Hallo Moara,

    Leider habe ich es auch so erlebt, wie es Tippi schreibt. Krankenhausaufenthalte (ohne spezifische Suchtstation) sind in der Regel nach ein paar Tagen vorbei. Etwas anderes kann man von den allgemeinen Abteilungen auch nicht erwarten. Und danach geht alles zurück auf null und wie vorher. Schlimmer noch, wo vorher durch einen Tiefpunkt die Erkenntnis da war, dass es so nicht weitergehen kann, wurde jetzt durch die Ärzte wieder eine Situation geschaffen, in der wieder etwas Luft nach oben ist, also kann man ja weitermachen wie vorher.

    Es bringt nichts, die Flachmänner wegzuräumen, also kannst du es genauso gut auch lassen. Aber lass dann auch die allgemeinen Aufräumarbeiten. Wieso sollen du und deine Tochter euch aufreiben, um ein Haus in Ordnung zu halten, wenn das gar nicht erwünscht ist bzw. ein Hotelservice erwünscht ist, aber bitte ohne Ansprüche auf normalen Umgang?

  • Danke Merlyn. Genau das befürchte ich nämlich auch, wenn es ihnen wieder besser geht, könnte man ja wieder................

    Wobei sie beide wirklich sehr krank sind, mit Leberzirrhose im fortgeschrittenen Stadium und Herzinsuffizienz, Aszites im ganzen Körper. Da sollte man doch meinen, dass man endlich aufwacht, wenn man tatsächlich dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen ist. So richtig nachvollziehen kann ich es nicht, was man diesem Teufelskram findet, dass man sich damit um Kopf und Kragen säuft. Obwohl wir ja alle - ich jedenfalls - auch unsere feuchtfröhlichen Zeiten und Feste hinter uns haben. Aber irgendwann muß man doch mal die Kurve kriegen - oder? ||

  • Hallo Moara,

    was im Kopf eines Abhängigen vor sich geht ist für Nichtabhängige nicht nachvollziehbar. Die Sucht steht über allem bei Abhängigen.

    Ich hatte einen alkoholabhängigen Onkel, der hat irgendwann Blut gespuckt, kam in ein Krankenhaus, wurde einigermaßen aufgepäppelt. Ihm wurde gesagt, er könne noch ein paar Jahre leben wenn er das mit dem Saufen lässt. Er war dazu nicht in der Lage. Kaum war er wieder zuhause, machte er weiter und ist dann bald verstorben. Er war 42 Jahre alt...

    Spar dir deine Energie, so leid es dir vielleicht auch tut. Solange deine Verwandten nicht aufhören wollen und können, solange kann niemand was machen. Es ist IHR Leben.

    Lieber Gruß

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Liebe Moara,

    auch ich habe mit Erschütterung deine Zeilen gelesen und drücke dich erst einmal ganz doll aus der Ferne.

    Ich kann so gut empfinden, wie es dir geht in der Hilflosigkeit und Ohnmacht.

    Ich bin auch Angehörige, bei mir ist es der Sohn, der säuft und sich keine Hilfe holt.

    Als Co-Abhängige sind mir deine ganzen Handlungen bekannt, ich habe selbst jahrelang das Gleiche gemacht und den Alkoholiker mit Stoff versorgt, ihn entschuldet, Geld geliehen, Miete bezahlt usw.

    Mein Sohn kam auch mal in die Psychiatrie, nach Suizidandrohung, hat sich aber am folgenden Tag selbst entlassen und trank munter weiter.

    Als Angehörige ist es so schlimm, alles auszuhalten, denn es macht uns genauso bekloppt und vor allem, es macht uns jeden tag mehr krank.

    Wenn du noch nicht in einer Selbsthilfegruppe bist, wo du dich im geschützten Raum ausweinen kannst, kann ich dir dazu nur raten. Mit "Normalos" konnte ich nie über das Alkoholproblem meines Sohnes sprechen, weil ich ständig nach Schema F die Standartantwort bekam "Lass´ihn fallen, er muss hart auf den Boden klatschen und er muss obdachlos werden".

    Sicher, auch ich hoffe, genau wie du, dass unsere Familienangehörige "die Kurve " kriegen, aber da warte ich schon fast 10 Jahre drauf. Hier in diesem Forum lerne ich mäuseschritteweise, dass ich nur dann die Situation ändern kann, wenn auch er, bwz. in deinem Fall dein Bruder, bereit sind, Hilfe anzunehmen. Dies zu verinnerlichen, daran arbeite ich noch, mäuseschritteweise.

    Ganz viel Kraft und liebe Gruß

    Loewenmama

  • Liebe Loewenmama,

    Vielen Dank für deine verständnisvollen Worte. Es muß schrecklich sein, wenn es der Sohn ist, der dieser verdammten Alkoholsucht verfallen ist. Das stelle ich mir noch viel schlimmer vor, als wenn es der fast 60jährige Bruder ist, zu dem man ja doch nicht soooo eine Bindung hat wie zu seinem Kind. Ich kann es total nachempfinden was du durchmachst und ich wünsche dir wirklich ganz viel Kraft und dass dein Sohn es doch noch einmal schafft, ein normales, gesundes Leben zu führen.

    Meine Schwägerin, also die Frau meines Bruders, die ja zur Zeit ebenfalls in einem anderen Krankenhaus als mein Bruder mit ihrer Leberzirrhose liegt, ist gestern vormittag an der Erkrankung verstorben. Es war abzusehen, aber wie man so schön sagt "man sieht die Sonne untergehen und erschrickt doch, wenn es plötzlich dunkel ist". Nun stehen wir alle vor einem neuen Problem, nämlich wie mein Bruder damit umgehen wird und ob er es nun noch schafft. Das erste was er gestern nach dieser Nachricht machte war, mich aus dem Krankenhaus anzuflehen, ihm doch heimlich seine Flachmänner hereinzuschmuggeln. Da ich das ablehnte, wollte er dass ich ihm 150 euro vorbeibringe. Vermutlich um sich irgendwo von irgendjemanden etwas Alkohol besorgen zu lassen. Die Prognose für ein alkoholfreies Leben scheint meinem Gefühl nach gleich NULL zu sein im Moment. Wenn er es mit der Leberzirrhose überhaupt noch lange schafft.

    Ich merke auch, wie meine Energie langsam dahin schwindet, ich bin tüddelig, suche z. B. den Autoschlüssel in der ganzen Wohnung, obwohl ich ihn in der Hand habe, und alles solche Sachen. Ich werde mich wohl doch langsam aus der Sache heraus ziehen müssen, denn ich habe ja auch noch ein eigenes Leben und Enkelkinder, für ich immer gern und mit Freude da war. Das bleibt im Moment alles auf der Strecke. X(

    Fragt sich nur wie es mit meinem Bruder nun weitergehen soll. Mir persönlich wäre es am liebsten, er käme in ein Pflegeheim, wo er versorgt ist und man ihn einmal die Woche besuchen kann, ohne dass man die Verantwortung die Verpflichtung für das ganze Drumherum trägt. Vielleicht klappt das ja.

    Danke an alle noch mal für die aufmunternden Worte und Ratschläge <3

  • Hallo Moara,

    was für eine schreckliche Sache. Es tut mir leid, dass Du das miterleben musst.

    Ich hoffe, durch Deine Geschichte wird ganz vielen Alkoholikern nochmal so richtig vor Augen geführt, wo so eine Alkoholsucht endet, wenn nicht zufällig ein anderes Schicksal einen heimsucht. Nämlich beim Tod.

    Ich hoffe für Dich, dass Du Dich irgendwie abgrenzen kannst!!

    LG Cadda

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