Es ist und bleibt ein schwieriges Kapitel....."Co-Abhängigkeit"....wo fängt sie an und wo hört sie auf.
Was möchte man ernsthaft verändern oder lieber weiter aushalten, verdrängen...........
Jede(r) definiert es für sich anders, jede(r) interpretiert es für sich anders, jede(r) lebt in einer unterschiedlichen Lebenssituation und jeder Veränderungsprozess braucht seine Zeit, welcher mit tausenden von Gefühlen Achterbahn fährt.
Da gibt es kein Patentrezept für neue User/innen, sondern nur ein einfühlsames, individuelles, ehrliches, auch kritisches Begleiten aus den vielen Erfahrungen von Betroffenen.
Am Anfang des Prozesses steht für die Mehrheit eine uneingeschränkte Hilfe und Unterstützung für den suchtkranken Angehörigen, der Glaube an ein gutes Ende.
Gemeinsam fühlt man sich stark schwierige Zeiten zu überwinden.
Jedenfalls war das meine Intention nach einer über 40 Jahre alten Liebesbeziehung. Da gibt man den alkoholabhängig gewordenen Partner nicht so schnell auf, wirft eine Ehe nicht einfach weg vor allem, wenn man viele wunderschöne gemeinsame Jahre ohne Sucht erleben durfte.
Ich hätte mir im Leben nicht erträumt, dass ich im Rentenalter in so einer Lebenssituation stecken würde.
Normalerweise erfährt man diesen Lebensabschnitt unbeschwert, entspannt und erholsam als Paar, freut sich auf einen Alltag ohne Pflichtdruck, konzentriert auf das Wesentliche.... das letzte Drittel in vollen Zügen zu genießen.
Oft bin ich unfassbar wütend auf meinen Mann, der unsere Beziehung mit seiner Sucht so schwer belastet.
Es nicht langfristig schaffte, vier Jahre ambulante Therapiearbeit positiv anzunehmen und für sich realistisch zu verarbeiten.
Leichtfertig, ohne Ernsthaftigkeit seine ( unsere) Chance einfach vergab.
Diese Wut, Enttäuschung und Erkenntnis löst in mir momentan auch eine gewisse Kälte seiner jetzigen Situation gegenüber aus, die es mir emotional leichter, mich stark macht, meinen Weg der absoluten Selbstfürsorge konsequent zu verfolgen.....ein trotzdem positiver Effekt!
Meine Rolle verändert sich.....einst Mitspieler, jetzt Beobachter auf Distanz von außen......das Ende eines Prozesses der " Co- Abhängigkeit ", wenn ich das für mich so formulieren möchte.
Vieles war mir als Neueinsteigerin in die Suchterkrankung eines Angehörigen auch gar nicht bewusst.
Ich habe mich eingelesen, mit Therapeuten und ausgewählten Freunden aus meinem Umfeld Gespräche geführt. Letztendlich mich hier auch angemeldet.
Auffallend war für mich die Tatsache, das Alkoholmissbrauch oft bagatellisiert wurde, kaum Verständnis für die Volksdroge Nr. 1 vorhanden war.......ein gesellschaftliches Problem......und das Angehörigen in der Therapiearbeit wenig Beachtung geschenkt , sondern oft der Abhängige in seiner Opferrolle bestätigt wurde, um Verständnis für die Erkrankung gebeten wurde.
Die Suchterkrankung eines Angehörigen ist immer ein Problem des gesamten Familiensystems.
Das fand ich sehr erschreckend und respektlos!
Wer sich in diesem Forum anmeldet, wird bestimmt etwas zur eigenen Problemfindung ernsthaft in seine reale Welt mitnehmen können und sei es der noch so kleinste Denkanstoß.
Umsonst, weil er nichts an seiner Lebenssituation verändern möchte, meldet sich kein Mensch hier an.....das ist meine feste Überzeugung.
Die nichts "verändern wollende Politik" erlebe ich häufig in meinem Umfeld, wenn Menschen offensichtliche Alkoholprobleme nicht realisieren wollen, weiter aushalten.
Davon käme keiner auf die Idee, sich Unterstützung in einem Selbsthilfe- Forum zu suchen.
Liebe Grüße,
Christrose