• Hallo,

    mal ein Thema für alle Bereiche.

    Wie wichtig ist Lob und Anerkennung von der Sucht los zu kommen? Braucht man das überhaupt? Ist das nicht kontraproduktiv? Eine schöne Geste mag es sein aber hilfreich? Wie habt ihr das erlebt?

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hi,

    olla, da schneidest Du ja ein Thema an. Lob und Anerkennung, leben wir nicht alle davon und können nicht genug davon bekommen?

    Im Bezug auf die Sucht ist für mich das Lob und die Anerkennung anderer Süchtiger um einiges mehr Wert als das Nichtsüchtiger.

    Süchtige wie ich einer bin sind es die den gleichen Weg wie ich gegangen sind. Sie kennen die Zweifel, die Hilflosigkeit und ja auch die Qualen die man durchstanden hat. Ihr Lob und Ihre Anerkennung geben mir einen Teil der Bestätigung die wir alle brauchen.

    Sunbaer

  • Lob und Anerkennung, leben wir nicht alle davon und können nicht genug davon bekommen?

    Ich bin da sehr gespalten. Heute wird mir für zuviel für selbstverständliches gelobt. Es mutiert zur Floskel. Gerade in der Erziehung .Aber das ist eine andere Geschichte.

    Ihr Lob und Ihre Anerkennung geben mir einen Teil der Bestätigung die wir alle brauchen.

    Wenn meinst du mit wir? :mrgreen:

    Am Anfang des Weges Bestätigungen von Menschen zu bekommen die den Weg schon lange gegangen sind, ist sicherlich hilfreich. Jedoch sollte ich auch ohne Bestätigungen meinen Weg finden und umsetzen. Ich kann ja nur für mich trocken bleiben ( Die Sucht gestoppt halten) Irgendwann verhalt der Lob und der graue Alltag hat mich mit der Sucht alleine wieder.

    Im Bezug auf die Sucht ist für mich das Lob und die Anerkennung anderer Süchtiger um einiges mehr Wert als das Nichtsüchtiger.

    Bei Nichtsüchtigen oder Menschen die keinerlei Bezug zu der Krankheit haben prallte der Lob ( zwar höflich) bei mir ab.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Natürlich ist Lob wichtig. Ich habe hier viel bekommen, und es ist eine Motivation für mich, auf dem richtigen Weg zu bleiben. Das schöne ist: Seitdem ich mich selbst wieder mag, kann ich Lob auch wieder annehmen.

    Wichtig ist aber auch, mit Kritik umgehen zu können, mit berechtigter wie unberechtigter. Ich habe aber manchmal auch den Eindruck, gerade eben erst wieder, viele werfen schnell die Flinte ins Korn, sobald es mal etwas Gegenwind gibt. Das ist vielleicht dem Zeitgeist der politischen Korrektheit, der Trigger-Warnungen und der sogenannten "safe spaces" geschuldet, daß Widerrede gar nicht mehr erwünscht ist oder ertragen werden kann. Ich schätze auch mal deutliche Ansagen. Mit Wohlfühl-Wischiwaschi bin ich nicht trocken geworden und geblieben. Das war auch ein Wesenszug von mir in meiner nassen Zeit, daß ich mich zwar selbst kritisiert habe, aber keine zusätzliche Kritik von außen hören wollte. Das ist vielleicht typisches Alki-Verhalten.

  • Moin Hartmut

    Grundsätzlich bin ich bei Lob unbegrenzt belastbar.

    Nüchtern geworden bin ich für mich, für mein Überleben, weil ich es so wollte und nicht, weil ich Lob, Anerkennung oder sonst was wollte.

    Dass ich von meinem Umfeld Lob, Anerkennung und Respekt erhielt und erhalte, war und ist ein schöner Nebeneffekt, der mir nicht schadet.

    LG PB

    Es nützt nichts Jemandem eine Brücke zu bauen, der gar nicht auf die andere Seite will.

  • Das ist.. schwieriges Thema.

    zB ich brauche auch mal eine Wertschätzung der Arbeit ( nicht hier! ). Also wenn ich bis tief in der Nacht gearbeitet habe zB am nächsten Morgen ein "Danke" zu erfahren, ist mir tatsächlich wichtig.

    Dann die Sache mit dem Nichtrauchen, aaaaaaalso. Das motivierte schon sehr, es war aber auch wieder schwierig nach dem Rauchen aus der Nummer wieder rauszukommen.

    Motivation ist da, rauchen tue ich aktuell trotzdem. Aber ich habe so etwas wie ein Schamgefühl. Das motiviert wieder damit nochmals aufzuhören.

    Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt. – Mahatma Gandhi

  • Lob ist wichtig als Spiegel für gesellschaftlich erwünschte Handeln.

    In der ersten Zeit der Abstinenz können Lobs wie Markierungspfeiler an der Landstraße sein: Mensch ist auf dem richtigen Weg.

    Später wird das im Bezug auf die Abstinenz nicht mehr so wichtig; mensch kennt den Weg auch ohne Pfeiler.

    Das manche mit Lob nicht umgehen können oder falsch interpretieren ist ein anderes Thema, spielt aber natürlich in den Komplex Sucht mit hinein.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Es gibt Menschen, die können Lob nicht annehmen.

    Es gibt Menschen, die nur auf der negativen Schiene sozialisiert wurden: Tadel & Strafe gab es, Lob hingegen nie.

    Es gibt Menschen, die Lob als Einschleimversuch werten, oder als bösartige Ironie gegen ihre Person.

    Mein Therapeut z.B. sagte damals zu mir:

    "Merken Sie denn das nicht selbst? Immer, wenn ihnen jemand ein Kompliment macht, können sie das gar nicht annehmen."

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Wenn man erhaltenes Lob misstrauisch beäugt, ist es natürlich schwierig mit dem Markierungspfeiler-Prinzip.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Es gibt Menschen, die können Lob nicht annehmen.

    Mir ging das in der nassen Zeit ganz bestimmt so. Ich wußte ja, daß es einen Schatten in meinem Leben gibt, daß ich nicht einmal für mich selbst ein Vorbild bin, und habe deshalb Lob immer von mir gewiesen. Auf andere wirkt das vielleicht sogar bescheiden und selbstkritisch, aber es ist doch ein Zeichen dafür, daß die Seele schiefhängt. Wer mit sich selbst im reinen ist, der sagt einfach mal danke, und dann weiter im Text.

  • Danke für diese interessante Frage und offensichtlich gibt es keine eindeutige Antwort. Schade, denn ich frage mich als Angehörige auch immer wieder ob ich seine Nüchternheit mehr loben sollte...hm es gibt ja Menschen, die zur Motivation eher einen Arschtritt brauchen und andere müssen angefeuert werden um durchzuhalten. Schaffen muss man es ja so oder so alleine.

    Mein Partner sagt zwar er benötige keine Bestätigung von außen, allerdings hatte er mal angemerkt "dass ich ja gar nichts dazu sage", dh nicht positiv hervorgehoben habe, dass er nichts trinkt.

    Alles was man über das Leben lernen kann, ist in 3 Worte zu fassen: es geht weiter.

  • Schade, denn ich frage mich als Angehörige auch immer wieder ob ich seine Nüchternheit mehr loben sollte...

    Das du da als erstes an den Alkoholiker denkst ;) CO Verhalten? Wie siehst du es für dich als Angehörige, wenn jemand erst das Bedauern über deinen "Alkoholiker" ausdrückt und dir sagt das du toll mit dieser Situation umgehst?

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Ja, doch was hat das mit " ... spielt aber natürlich in den Komplex Sucht mit hinein ... " zu tun?

    Hallo Achelias,

    mein erster Gedanke ist, dass es in den Komplex Sucht mit hineinspielt, weil ich als Süchtige so ein geringes Selbstwertgefühl hatte, dass ich Lob nicht annehmen konnte.

    So wie Hanseat es auch beschreibt, so ging es mir auch und ich denke vielen anderen Süchtigen auch.

    Ich könnte mir vorstellen, dass das gemeint war.

    Hartmut: Ich benötige kein Lob, um trocken zu bleiben. Aber ich freue mich trotzdem, wenn Andere bemerken, dass ich es gut mache und das auch sagen.

    Voraussetzung sollte es nicht sein. Aber gut tut es trotzdem :)

    Ich selbst lobe Jemanden aus meiner Familie, der aufgehört hat zu trinken, auch manchmal. Er sagte mir gerade neulich, dass es ihm gerade am Anfang geholfen hat. Das freut mich dann.

    Interessantes Thema übrigens :)

    LG Cadda

  • mein erster Gedanke ist, dass es in den Komplex Sucht mit hineinspielt, weil ich als Süchtige so ein geringes Selbstwertgefühl hatte, dass ich Lob nicht annehmen konnte.

    Hallo Cadda,

    so unterschiedlich kann es sein. Als ich noch trank, hatte ich eher ein Hochgefühl, also ein großes Selbstwertgefühl, Kritik war es, die ich nicht ertrug.

    Jetzt kann ich gelassen mit Kritik umgehen, Lob für alltägliches bemerke ich weniger. da mittlerweile kein-Alkohol für mich alltäglich ist, verzichte ich gern darauf, wohl weil die Erinnerung an meine Saufzeit keine positive ist.

    Einmal editiert, zuletzt von achelias (17. März 2022 um 20:21)

  • Achelias, während Du angetrunken warst oder auch in nüchternen Phasen/Tagen?

    Als ich gefeiert habe, fühlte ich mich auch toll. Nüchtern jedoch grässlich. Wenn mich dann Jemand für eine Sache vielleicht sogar zu Recht gelobt hat, wusste ich ins Geheim aber, wie schlimm es um mich steht und dachte, wenn mein Gegenüber wüsste…. Würde er das Lob nicht aussprechen.

  • CO Verhalten?

    Erwischt! Wenn ich ihn öfters Lobe, bleibt er dann trocken?

    Wie siehst du es für dich als Angehörige, wenn jemand erst das Bedauern über deinen "Alkoholiker" ausdrückt und dir sagt das du toll mit dieser Situation umgehst?

    Dann ist das so, an meinem Verhalten würde es nichts ändern. Als Angehörige wünsche ich mir nicht unbedingt Lob, ich möchte wahrgenommen werden. Das hilft mir.

    Alles was man über das Leben lernen kann, ist in 3 Worte zu fassen: es geht weiter.

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