*Rina* - Auf geht‘s

  • Hallo Rina,


    Ich hab das von dir in einem anderen Thread gelesen und will dir gerne hier was dazu schreiben.

    Ist das wirklich so? Nach 18 Jahren Trockenheit nur eine Armlänge vom Glas weg? Ich bin total schockiert, ich dachte nach einer Zeit der Trockenheit stellt sich eine Gewissheit ein, dass man mit Alkohol abgeschlossen hat. Das war bis jetzt mein Ziel. Ist das unrealistisch? Ich dachte, eine zufriedene Trockenheit heißt mit der Suchtstimme ausdiskutiert zu haben?

    Ich weiß gar nicht gerade, ob ich dir schon mal geschrieben habe, bin Alkoholikerin und noch nicht so lange trocken wie Hartmut, aber jetzt auch schon ein paar Jahre.

    Für mich klang das auch mal paradox, dass längere bzw. „zufriedene“ Trockenheit keine „Sicherheit“ bedeutet. So wie Hartmut es dir ja drüben auch geschrieben hat, so ist Sucht nun mal. Es fühlt sich bei mir zwar derzeit so an, als hätte ich es „ausdiskutiert“, weil es auch gar kein Kampf mehr ist, sondern sich selbstverständlich anfühlt, trocken zu leben, aber ich weiß einfach, dass das nur so lange so ist, wie ich mir bewusst bleibe, dass ich suchtkrank bin. Insofern kann ich sagen, dass genau dieses Bewusstsein, dass ich eben immer nur eine „Armlänge vom Glas“ weg bin, meine Trockenheit stärkt.


    Das klingt nun wirklich paradox, aber funktioniert so für mich und ist auch überhaupt nicht mehr anstrengend oder belastend.


    Schön, dass du hier am Austausch teilnimmst!


    Viele Grüße

    Thalia

  • Hallo Thalia, hallo Hartmut,

    vielen Dank für Eure Erklärungen.

    Die Armeslänge ist für mich wirklich schwervorstellbar. Der Abstand ist so kurz. Nach neun Monaten hätte ich von mir gesagt, ich bin 10 Meter vom nächsten Glas entfernt, obwohl ich nicht gefestigt bin, sondern Anfängerin. Ich dachte Ihr alten Hasen wäret 1 Kilometer vom nächsten Glas entfernt. Wahrscheinlich schärft der kurze Abstand die Sinne und lässt Euch wachsamer sein.
    Liebe Grüße

    Rina

  • Die Armeslänge ist für mich wirklich schwervorstellbar

    Der Begriff ist sinnbildlich zu verstehen und nicht in Zentimetern zu messen.


    Oder anders formuliert: Obwohl ich jetzt mehr als 8 1/2 Jahre abstinent bin, kann ich leider nicht versprechen, nie mehr zu trinken. Ich kann nur versichern, mich intensiv zu bemühen, es nicht mehr zu tun.


    Ich habe keine Angst vor dem Alkohol, nur Respekt. Damit mein Problem nicht ausser Sichtweite gerät, bin ich regelmäßig hier, um es mir wie in einem Spiegel vorzuhalten. Ich habe von so einigen Rückfällen erfahren, die darauf zurückzuführen waren, dass sich irgendwann der Gedanke einnistete, man könne ja wieder wie ein Normaler etwas trinken. man sei ja schließlich schon soooo lange clean. Meist erfolgte dies nach Vernachlässigung der sog. Trockenarbeit, ich nenne es Abstinenztraining.

  • In die Zukunft kann ja niemand blicken, daher sollte man auch nichts für die Zukunft versprechen.
    Aber hier im Jetzt, in diesem Moment, weiß ich ja genau was ich glaube, denke und fühle. Hier kann ich ja bewusste Entscheidungen treffen.
    Wenn ich in mich hinein horche und nach Rauchen frage, kommt ein ganz klares ‚Boah, auf keinen Fall möchte ich jemals nochmal rauchen. Nie wieder!‘
    Ich rauche seit 12 Jahren nicht mehr. Meine Überzeugung ist gereift, ich habe Lebenskrisen gemeistert und bin gestärkt als Exraucherin daraus hervorgegangen.

    Frage ich mein Innerstes nach Alkohol, freue ich mich sehr 9 Monate geschafft zu haben und ich bin stolz darauf. Ich hätte ja nie gedacht, dass abstinent zu leben so ein Gewinn ist. Aber ansonsten stehe ich da noch sehr auf wackligen Beinen und bin unsicher, keine Überzeugung, keine Klarheit, alles ein bisschen schwammig.
    Mein Ziel ist es, punkto Alkohol genauso klar aufgestellt zu sein, wie beim Rauchen. Und ich hoffe doch dass ich mit der Zeit mehr dahin komme.

  • Ich rauche seit 12 Jahren nicht mehr.

    Ähnlich lange bin auch ich Nichtraucher. Komisch, bezeiche ich mich als Nichtraucher, wird das sofort akzeptiert. Beim Alkohol erwartet so manch einer, dass der stigmatisierende Begriff des Alkoholikers weiterhin wie eine Art Monstranz vor sich her getragen wird, lediglich verbrämt mit dem kleinen Adjektiv "trocken".


    Die Qualmerei aufzugeben, fiel mir wesentlich leichter, als die Flasche stehen zu lassen. Ich hatte irgendwie keinen Bock mehr auf das Stinkzeug, den Husten, die muffigen Klamotten, auch bei schlechtem Wetter raus zu rennen, nur um zu rauchen. Nee, ich hatte erkannt, dass ich aufgeraucht habe.


    Daher kann ich nicht nachvollziehen, dass hier Einige, denen die Abstinenz nicht schwer zu fallen scheint, immer noch am Glimmstängel oder diesen dämlichen Elektrokolben herum lutschen. Eigentlich sollten sie wissen, wie es funktioniert, eine Droge links liegen zu lassen.

    Na ja, was soll's, ist zum Glück nicht (mehr) meine Baustelle.

  • Guten Morgen Carl Friedrich,

    Bei mir war es umgekehrt, mit der Qualmerei aufzuhören, hat mir alles abverlangt. Ich bezeichne mich auch nur als Exraucherin. Nichtraucherin kann ich nicht mehr werden.
    Mit der Sauferei aufzuhören, als ich mich entschlossen hatte, war dagegen ein Spaziergang (für mich). Mich hat die ganze Trinkerei nur noch abgenervt und ich freue mich jeden Tag über meinen Entschluss. Das soll aber nicht heißen, dass ich nachlässig oder unaufmerksam sein darf. Es lauern jede Menge Stolpersteine auf meinem Weg. Also schön vorsichtig sein und ich bin dankbar für jeden nicht versoffenen Tag.
    Liebe Grüße

    Rina

  • Guten Morgen Zusammen,

    Heute Nacht hatte ich zum ersten Mal Saufdruck und anschließend fiese Gedanken. Mist, ich dachte ich hätte die heiße Phase längst hinter mir gelassen. Pustekuchen.

    So langsam löst sich mein Gefühl der Verunsicherung und Ängstlichkeit um in Wachsamkeit. Ich werde das gut beobachten, bei dem kleinsten Gefühl von Unsicherheit klemme ich mir die Sylvester Party.
    Liebe Grüße

    Rina

  • Hallo Rina,


    wie meinst du das hier:

    bei dem kleinsten Gefühl von Unsicherheit klemme ich mir die Sylvester Party.

    Bist du nicht bereits unsicher? Neulich schriebst du das:

    Ich hätte ja nie gedacht, dass abstinent zu leben so ein Gewinn ist. Aber ansonsten stehe ich da noch sehr auf wackligen Beinen und bin unsicher, keine Überzeugung, keine Klarheit, alles ein bisschen schwammig.

    Und jetzt hattest du „fiese Gedanken“. (Welche genau?)

    Dich zwingt ja keiner, an einer Party teilzunehmen. Du hast es in der Hand. Willst du wirklich auf deine „Gefühle“ hören, wenn du selber merkst, dass du noch nicht stabil trocken bist?


    Viele Grüße

    Thalia

  • Heute Nacht hatte ich zum ersten Mal Saufdruck und anschließend fiese Gedanken

    Ist doch schön.;) Es erinnert dich daran, dass du Alkoholiker bist und es da kein Zweifel besteht. Eine Nebenwirkung der trockenen Sucht, die sich jedoch auch mit dem Notfallkoffer behandeln lässt.

    Ich werde das gut beobachten, bei dem kleinsten Gefühl von Unsicherheit klemme ich mir die Sylvester Party.

    Wenn du dir darüber schon Gedanken machts dann sicher nicht mit einem guten Gefühl. Oder täusche ich mich?

    Nach Monate des trocken Werdens kommt auch das von Natur gegeben Bauchgefühl zurück, dem ich schon vertrauen kann.

    Bin ich unsicher, irgendwo hinzugehen, dann lasse ich es. Ich verliere ja nichts, was ich nicht schon kenne, außer eventuell etwas Zeit mit Bekannten, die ich jedoch mit anderen schönen Dingen ersetzten kann.

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Vielen Dank für Euren Input,

    ich fühle mich wieder gut und gefestigt.
    @ Thalia: Meine fiesen Gedanken sind eigentlich immer dieselben. War doch alles gar nicht so schlimm, hat doch immer soviel Spaß gemacht, die anderen trinken doch auch…….. Neu waren die erschreckend starken Gefühle im Halbschlaf. Das war sehr verstörend.
    Ob ich zur Party gehe, entscheide ich am Sonntag. Heute Morgen wäre ich nicht gegangen, jetzt schon. Das ist für mich wackelig.
    Das ich nicht trinke, steht für mich außer Frage. Da bin ich völlig klar aufgestellt. Ich habe mich auch heute Nacht nicht gefährdet gefühlt.
    Wo mir die Klarheit fehlt. Ich hatte mich total auf die Berliner Ballen am Neujahrstag gefreut. Die heißen bei uns Beschwipste und sind entweder mit Eierlikör oder mit Baileys gefüllt. Im nächsten Moment fällt mir dann ein, dass die Dinger ja gestrichen sind. Mein erster Neujahrstag im nüchternen Leben. Nächstes Jahr bin ich hoffentlich weiter und freue mich erst gar nicht auf die Fettbomben.
    Mein ganzes Erwachsenenleben ist so mit Alkohol verknüpft, dass ich ganz viel neu zu lernen habe. Neue Daten auf die Festplatte!

    Hartmut : Ja, Danke! Das war ein schöner Weckruf! :rolleyes:

    Liebe Grüße

    Rina

  • Das ich nicht trinke, steht für mich außer Frage. Da bin ich völlig klar aufgestellt.

    Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wenn jemand eine Behauptung aufstellt, die nicht immer von ihm, sondern hin und wieder auch von der Sucht gesteuert wird. Sich bewusst in ein nasses Umfeld begibt und die Risiken im Vorfeld nicht einschätzen kann.

    Es ist keine Kritik an deinem Denken, aber es liest sich irgendwie überheblich an. Zumindest interpretiere ich es so für mich.

    Da frage ich mich auch, warum ist gerade derjenige, der so selbstsicher trocken ist, überhaupt süchtig geworden? War es der Wunsch, süchtig zu werden? Oder war es eben ein Prozess, der außer Kontrolle geraten ist?

    Ich bin kein Freund der Demut und kann auch wenig damit anfangen. Aber so manchen würde ich es empfehlen.

    Ich bin im 17ten Jahr trocken und bewege mich hier und da auch in einem nassen Umfeld. Ich fühle mich stabil und denke, dass ich da etwas einschätzen kann. Aber es steht für mich nie außer Frage, dass ich dort nichts trinken werde.

    Es ist immer ein Risiko, das ich zwar ohne Angst, aber mit dem notwendigen Respekt begegne.

    Ich wünsche dir Rina, auch nach 9 Monaten, nicht die notwendige Weitsicht zu verlieren. Pass ein wenig auf dich auf. Die Sucht macht es nicht.

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Hartmut,

    vielen Dank für Deine ehrlichen Worte.
    ich wirke wohl bei meinen Formulierungen entweder zu unsicher oder zu nassforsch. Also entweder zu labil oder zu überheblich trocken? Ich möchte mich gerne mittig einsortieren, mit gesundem Respekt vor meiner Sucht.

    Wenn ich im Vorfeld schon unsicher bin, also es nicht klar ausschließen kann, doch zu trinken, dann würde ich zu Hause bleiben. Und sollte sich bei der Party das ändern, dann suche ich das Weite.

    Wie ich meine Sucht verstehe:
    Ich werde nie wieder einen normalen Umgang mit Alkohol haben. Einmal gepatzt, alles verloren. Zurück auf los.
    Vorsicht, die Suchtstimme will Dich wieder ans Saufen bringen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und den blödesten Argumenten.
    Der Umgang in einem nassen Umfeld tut mir nicht gut, mache ich deswegen nur ganz selten.
    Ich verstehe die Aussage, Kapitulation vor der Sucht.
    Meine Wohnung ist komplett alkoholfrei.
    Ich verstehe, dass nur nüchtern sein nicht ausreicht, sondern dass das Leben umgekrempelt werden muss. Da bin ich fleißig bei.
    ….. und es sind schon fast 10 Monate;) Das will ich um nichts auf der Welt zu Nichte machen.
    Liebe Grüße

    Rina

  • Hallo Rina,

    was ich nicht verstehe ist, warum du unbedingt zu einer Silvesterparty gehen willst.

    Party und trockener Alkoholiker bekomme ich nicht zusammen. Ist aber meins.

    Warum sich nicht am Neujahrstag mit Leuten deiner Wahl zum Kaffeetrinken verabreden?

    Warum muss es im ersten Jahr eine Party sein? Selbst wenn du nichts trinkst, dann nimmst du doch alle Gerüche, Geräusche, Ansichten auf, zur Freudes deines Suchtgedächtnisses. Dann kann noch Tage oder Wochen später Saufdruck entstehen und schwupps erlebst du nicht Monat 11, sondern fängst bei 0 an.

    Jede gemeisterte Party ermutigt zum nächsten Leichtsinn.

    Pass auf dich auf.

    LG, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Linde hat es völlig zutreffend auf den Punkt gebracht.


    Silvesterparties sind oft Hochkonsumveranstaltungen. Auf solchen hat ein frisch Abstinenter, der erst ein paar Monate trocken ist, nichts verloren, so meine bescheidene Meinung zu dem Thema.


    Ich gehe nach mehr als 8 1/2 Jahren nicht auf Saufparties, weil ich da nicht (mehr) hingehöre und ich die Saufkulisse im Kopf nicht (mehr) aushalte.


    Das ist mein Weg, der mich seit Jahren unfallfrei abstinent hält. Ich weiß, dass es nicht jedermanns Sache ist, da oftmals bei Neulingen die Befürchtung bestehet, sie könnten auf der Party irgend etwas verpassen.

  • Hallo Zusammen,

    mein Freund und ich haben entschieden nicht zur Party zu gehen. Stattdessen eröffnen wir zu zweit im Wohnzimmer einen Dancefloor und tanzen ins Neue Jahr.

    Da habe ich zumindest direkten Einfluss auf die Musik. 8)
    Vielen Dank für Eure Anstöße

    Liebe Grüße

    Rina

  • Hallo Rina

    Vielleicht noch ein Gedanken zum sacken lassen:Stell dir vor,am Neujahrsmorgen frühstückst du gemütlich. Der Kaffee schmeckt gut,der Kopf ist klar. Keine üblen Nachwirkungen, kein schlechtes Gewissen. Zufriedenheit und Stolz auch diese Hürde gut genommen zu haben.

    Du hast schon eine schöne Strecke hinter dir.

    LG Bolle

    Der Weg ist das Ziel(Konfuzius)

    Seit 1.1.2014 trocken

  • Frohes neues Jahr!
    Wider meiner Erwartung war der Abend gestern zwischenzeitlich ziemlich anstrengend aber auch lehrreich. Krasse Sache wie Sylvester mit meinem Suchthirn verknüpft ist. :rolleyes: Ich bin sehr froh Euren Rat beherzigt zu haben und nicht raus zu gehen. Ich fühl mich jetzt ganz schön durchgerüttelt und kleinlaut. ;)

    Ab Morgen gehe ich wieder arbeiten, dann helfen mir wieder meine Routinen!
    Liebe Grüße

    Rina

  • Ich bin sehr froh Euren Rat beherzigt zu haben und nicht raus zu gehen. Ich fühl mich jetzt ganz schön durchgerüttelt und kleinlaut. ;)

    Lektion gelernt, würde ich sagen. 👏

    Es ist gut, dass du nicht einfach nur stur deinen Weg gehst.
    Immer schön aufpassen, was links und rechts am Wegesrand ‚rumliegt‘ …. das hilft mir, meinen nüchternen Weg zufrieden und glücklich zu gehen.

    Ich wünsche dir weiterhin viel Achtsamkeit auf deinem Weg.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

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