NovaSol - Und noch eine Neue

  • Ich hatte mir damals grosse Gedanken darüber gemacht, wem ich es alles sage, daß ich Alkoholiker bin. Nach der Entgiftung wollte ich am liebsten der ganzen Welt erzählen, das ich nicht mehr trinke damit mich alle bloß in Ruhe lassen mit dem Alkohol. Davon haben mir aber gleich mehrere Menschen abgeraten. Denn hörst Du auf zu rauchen, bist Du der Held, hörst Du auf zu trinken, bist du der Alki. Die Gesellschaft ist noch nicht soweit, und kann mit dem Thema noch nicht umgehen. Vielleicht oder wahrscheinlich wird sie das nie.

    Bei meiner Frau hatte sich das "Beichten" erledigt, als sie mich mal erwischt hatte, wie ich heimlich trank. Bisher hatte ich es nur meinem Chef gesagt, was mir nur Vorteile gebracht hat, meinem engsten Freund, zwei vertrauensvollen Kollegen und einem meiner beiden Brüder. Mehr nicht. Ich sehe allerdings heute den Umgang mit meiner Krankheit diesbezüglich locker. Ich bin ja meinem Gegenüber heute soweit im Vorteil, wenn man das so ausdrücken kann, das ich mich mit dem ganzen Thema hervorragend auskenne und deshalb das auch bis ins kleinste Deteil erklären kann. Ich bin im Vorteil weil ich diese legale, harte Droge Alkohol nicht mehr konsumieren muss. Ich finde das toll. :) Denn es gibt ja zig Gründe, die gegen Alkohol sprechen aber nicht einen Grund warum ich trinken sollte.

  • Hallo Novasol,

    ich finde es toll, dass Du mit Deinem Partner das Thema besprechen möchtest! 👍 Auf Dauer würde das ansonsten, meiner Meinumg nach, nicht gut gehen…

    Du wirst sehen, nach dem Gespräch fühlst Du Dich bestimmt sehr erleichtert.

    Ich empfehle Dir, alle Karten auf den Tisch zu legen. Also nicht zu „beschönigen“ oder verharmlosen, sondern ruhig auch den Ausdruck Alkoholikerin / alkoholabhängig zu benutzen.
    Es handelt sich ja um Deinen Partner und es wird Dir Sicherheit geben, wenn Du da keine „Geheimnisse“ haben musst, sondern alles offen ansprechen kannst. Auch, wenn sich mal eine für Dich schwierige Situation ergibt (Saufdruck o.ä.), kann es hilfreich sein, wenn der Partner Bescheid weiß.

    Ich wünsch Dir ein gutes Gespräch heute Abend!

    VG Sue

    You will bloom if you take the time to water yourself 🌷

  • Danke für eure Bestärkung. In einer Stunde wird er hier sein. Ich bereite grade das Essen vor und werde es dann während/nach dem Abendessen hinter mich bringen. Ich glaube meine größte Angst ist, dass er mich plötzlich mit anderen Augen sieht. Irgendwie als „defekt“ wahrnimmt. Naja ich bleibe dabei, er soll es erfahren und am Ende des Tages wird der Gang nach Canossa vermutlich gar nicht so schlimm. Ich erzähle euch später/morgen, wie es gelaufen ist.

  • Könnte auch sein, daß er dir nicht glaubt. Er denkt vielleicht dass du übertreibst. So war es zumindest bei mir und meinem Mann.

    Lasse dich nicht beirren. Du weißt genau dass es stimmt. Er braucht u. U. eine Weile um es zu verstehen.

    Viel Erfolg.

  • Du hast einen sehr hohen Anspruch an Dich. Ich empfinde, wenn ich Dich lese, das Du gerne perfekt wärst oder zumindest nah daran. Dazu passt nun Deine Krankheit überhaupt nicht. Ich vermute, das es Dir deshalb so schwer fällt, Deinem Freund mitzuteilen, daß Du krank bist. Auch vor ihm möchtest Du nämlich - so kommt es mir vor - möglichst makellos sein.

    Das musst Du aber gar nicht. Weisst Du auch warum? Weil Du ein Mensch bist. Nichts besseres und auch nichts schlechteres. Du bist ein Mensch mit Ecken und Kanten. Und somit darfst Du auch krank werden. Auch chronisch krank.

    Schlimm wäre es, wenn Du noch trinken würdest und dann Deinem Freund mitteilen müsstest, das Du Alkoholikerin bist.

    Aber Du bist auf einem sehr guten Weg. Gesund wirst Du nie wieder aber Du hast die Krankheit gestoppt und Du sorgt gerade sehr gut dafür, das sie nicht wieder ausbricht.

    Es ist nicht schlimm, ein trockener Alkoholiker zu sein. Du lebst damit ab jetzt gesünder als über 90% der Rest der Welt die diese legale harte Droge weiterhin konsumieren.

    Mach Dir nicht so viele Gedanken. :)

  • Ich finde es gut und wichtig, dass Du das klärt. Dauerhaftes Geheimnis vor dem Partner ist schlecht.

    Bei den meisten anderen Leuten habe ich schnell festgestellt, dass es sie nicht so sehr interessiert wieso ich nicht trinke. Sie sich höchstens anfangen selbst zu hinterfragen, bzw. ungefragt zu rechtfertigen.

    deshalb das auch bis ins kleinste Deteil erklären kann.

    Vielleicht kann. Aber das wäre in meinen Augen eine unnötige Rechtfertigung.

    Wünsche Dir, dass es gut läuft. Ich finde die "Fehler" bzw. Eigenheiten meiner Partnerin, machen sie noch viel liebenswerter.

  • So, die Katze ist aus dem Sack.
    Kurzversion: es ist alles gut und er wird mir jede Unterstützung geben, die ich brauche.

    Hier noch die Langversion, falls es jemand lesen mag:

    Als er heim kam, haben wir in Ruhe gegessen, er erzählte von seinem kinderwochenende und wir sprachen über die kommende Woche. Was steht an, wer hat wann was vor und wann machen wir unsere monatliche Datenight.
    Beim Thema „was steht kommende Woche an“ sah ich die Gelegenheit, mein Thema zu platzieren. Ich habe ihm gesagt, dass ich einen Termin in einer Selbsthilfegruppe habe und ihm jetzt sagen möchte, warum ich da hingehe. Ich habe ihn kurz darum gebeten, erstmal nur zuzuhören, weil ich nicht weiß, ob ich nochmal den Mut aufbringe zu sagen, was Sache ist, falls er mich jetzt -auch mit den besten Absichten- unterbricht. Nachdem er mir das versprochen hatte habe ich es wie Pflaster abreißen gemacht „ich bin alkoholikerin“. Ich hatte mir vorher so viel zurecht gelegt (habe euch ja heut früh meine Gedanken zum Gesprächseinstieg mitgeteilt) aber es war mir in diesem Moment so wichtig, dass er genau das aus meinem Mund hört. Ich habe ihm dann noch mit wenigen Sätzen gesagt, was die letzten zwei Wochen los war (Arztbesuche, nicht mehr getrunken etc.) und erklärt, wie es jetzt weitergeht (wöchentlich in die Selbsthilfegruppe, Ultraschall, ggf. Flankierend Therapie). Dann war ich still und schaute ihn an. Er fragte mich, ob ich fertig sei und als ich das bestätigte, stand er auf, kam zu mir herum, nahm mich in die Arme, küsste meine Stirn und flüsterte „ich hatte einen Verdacht, ich bin stolz auf deine Entscheidung und auf dich, wenn ich dich unterstützen kann, egal wann, egal was es ist, ein Wort genügt“. Mir wurde ganz schlecht, auf der einen Seite war ich so unendlich erleichtert, dass er so reagiert hat und auf der anderen Seite kam sofort die Scham…er hat es geahnt, also war ich nicht im Ansatz so versteckt, wie ich dachte. Es ist nun vergangen und ich bin grade dabei gesund zu werden. Ich möchte im Augenblick noch nicht wissen, woher sein Verdacht rührte. Er sagte mir aber, dass er, wenn er nicht plötzlich eine Änderung in meinem Verhalten bemerkt hätte, von sich aus das Gespräch gesucht hätte. Ihm ist aufgefallen, dass das gut gefüllte Weinregal plötzlich leer war und es ist ihm aufgefallen, dass ich ihn total unbefangen begrüße, wenn er abends heim kommt. Das bin ich, wenn ich keine Angst habe „aufzufliegen“ und ich bin so erleichtert, dass ich diese Angst nie wieder haben muss, wenn ich auf meinem Weg bleibe.

    Es geht mir gut. Ich habe einen tollen Mann und gehe sehr gestärkt aus diesem Gespräch. Danke, dass ihr mich bestärkt habt.

  • Ein übermäßiges Trinkverhalten lässt sich auch nicht vertuschen. Und jeder, der irgendwann mal Probleme mit dem Alkohol hatte, kann das genau deuten. Außerdem ist es eine Tatsache, dass der Alkoholiker es als Letzter merkt

    Dein Mann

    ich hatte einen Verdacht, ich bin stolz auf deine Entscheidung und auf dich, wenn ich dich unterstützen kann,

    Mich hätte das auch gewundert, wenn dein Mann nichts mitbekommen hätte. Deine Entschlossenheit und Offenheit gefallen mir. Weiter so.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hach, ist das schön zu lesen. Freue mich gerade voll mit Dir. War ja klar ;) Aber das liest sich noch besser, als ich gehofft habe.

    Die reale SHG finde ich gut.

    Mich real vor anderen Menschen zu outen, war auch ein großer Schritt für mich. Das erste Jahr habe ich den direkten Kontakt zu anderen Alkoholikern gebraucht.

    Inzwischen brauche ich nur noch "mein" Forum.

    Hier habe ich immer die Antworten bekommen, die mich weiter gebracht haben.

  • Huhu,

    echt berührend. Hast du gut gemacht. :thumbup:


    Mir ist beim nochmal Lesen ein Satz aufgefallen, wie meinst du den?

    Es ist nun vergangen und ich bin grade dabei gesund zu werden.

    Liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Mir ist beim nochmal Lesen ein Satz aufgefallen, wie meinst du den?

    Liebe Grüße, Linde

    Damit meine ich, dass ich nicht mehr ändern kann, wofür ich mich jetzt schäme. Und meine Genesung Voraussetzung dafür ist, um mich solchen schambehafteten Situationen nie wieder auszusetzen.

  • Hallo NovaSol ,

    Das hast du toll gemacht und es freut mich, dass dein Mann so gut reagiert hat - fast ein bisschen wie im Film …

    Viele Grüße Martha

    Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten ...

  • Hallo NovaSol ,

    Das zu lesen , freut mich total für Dich.
    Jetzt hast Du diese vermeintliche Front beseitigt und kannst Dich auf Deine Abstinenz konzentrieren mit Unterstützung Deines Mannes.

    …..wenn ich dich unterstützen kann, egal wann, egal was es ist, ein Wort genügt

    Das hat er gut formuliert.

    So ähnlich hat es meine Frau auch zu mir gesagt und ich weiß, dass ich mich darauf verlassen kann, aber ich bin für meine Nachsorge verantwortlich und niemand anderes sonst, auch meine Frau nicht.

    Viele Grüße

    Nayouk

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    - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Guten Morgen ihr Lieben,

    Vielen Dank für eure lieben Worte. Ich bin gestern richtig erleichtert eingeschlafen. Mir ist bewusst, dass ich die Verantwortung für mich trage, das mein Partner nun weiß was los ist, vereinfacht die sache für mich insofern, dass er mich nicht versehentlich in Versuchung führt. Er bekommt hin und wieder von seinen Kunden Wein geschenkt, den hat er früher natürlich mit nach Hause genommen. Das wird er nun nicht mehr tun. Jetzt geht’s auf in die neue Woche. Danke für eure Unterstützung und Bestärkung, das hat mir wirklich sehr geholfen.
    Tag 15 ☺️

  • Ich habe heute einige Projekte auf der Arbeit beendet und mir keine neuen (zusätzlichen) Aufgaben an Land gezogen. Ich denke ich werde jetzt mal eine Weile kürzer treten und das tun, was von mir erwartet wird und wofür man mich bezahlt, ohne mir aber mehr Druck aufzuladen, der nun mal auf mich zurollen würde, wenn ich wie bisher auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanze. Das ist vielleicht egoistisch, aber das nehme ich mir jetzt mal raus.
    Ich brauche bitte nochmal eure Ratschläge, wenn ihr so lieb seid. Ich habe ja heute ein sehr großes und für meinen Arbeitgeber wichtiges Projekt abgeschlossen. Es gehört zum guten Ton in meiner Firma, nach so einem Abschluss einen kleinen Umtrunk zu organisieren. Üblicherweise gibt es appetithäppchen und -ja genau- Sekt. In mir sperrt sich grade alles, diesen Umtrunk so zu organisieren, wie er sonst abläuft. Gar nichts machen ist keine Option. Nun spiele ich mit dem Gedanken, Catering zu bestellen und zum anstoßen Säfte anzubieten, ggf. als höchstes der Gefühle alkoholfreien Sekt. Ich möchte noch nicht für eine Stunde in einem Raum mit Alkohol „gefangen“ sein. Wenn ich ehrlich bin, behagt mir auch die Sache mit dem alkoholfreien Sekt nicht zu 100 Prozent (die Geräusche, eventuell der Geruch, die Gläser und das ganze Tamtam). Ich weiß nicht, ob ich jetzt einfach erwarten darf, dass hier auf Arbeit alle um mich herumkreisen müssen und ich mich nicht ans „Protokoll“ halte, weil ICH ein Problem habe. Hat vielleicht jemand eine ganz andere Idee?

  • Catering ist gut.

    Meine Idee: Hole dir jemand der Life Smoothies mixt. Süß und herzhaft. Da stellt sich die Alkohol Frage nicht. Dazu kleine Bowls. Das macht sogar einen guten gesunden und modernen Eindruck.

    Was für eine grandiose Idee 👏🏻. Vielen Dank dafür. Dann klemme ich mich morgen mal dahinter und bringe in Erfahrung wie hoch das Budget ist. Danke für diesen wirklich tollen Vorschlag.

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