Egon, unzufriedener trockener Alkoholiker ?

  • Guten Tag,

    ich las hier schon öfter mit und finde euer Forum eine tolle Sache! Ich werde in 2 Jahren 60 und habe so meine Probleme, jetzt seitdem ich nicht mehr trinke. Sind es "nur" Altersdepressionen die mich beschleichen oder ist der Kopf mittlerweile zu klar? Ich weiss es nicht. :roll: Ich fange einfach an:

    Nachdem ich 10 Jahre im Ausland arbeitete, ich war max. 2 … 3 Monate im Jahr unregelmäßig „zu Besuch“ bei mir zu Haus in Deutschland. Die sozialen Kontakte in Deutschland schliefen allmählich ein. In Österreich hatte ich zwar immer eine eigene Ferienwohnung, doch da war ich auch immer nur Besuch. Ich vereinsamte, ich begann zu trinken. Zuerst nur am Abend, dann wenn die Zeit es erlaubte (Wochenende) auch tagsüber. Ich konnte mich selbst nicht mehr leiden, kündigte, fuhr zurück nach Deutschland und verfiel total dem Suff, nun völlig „wurzellos“ / allein. Die Familie war mittlerweile verstorben und ich suhlte mich im eigenen Elend und soff exzessiv durch.

    Außerdem gab ich meine geräumige, preiswerte Wohnung in der Landeshauptstadt auf und zog auf ein kleines Dorf mitten in der Pampa in eine eher baufällige Behausung, fernab jeglicher Zivilisation, ohne Verkehrsanbindung, ohne Auto. Ich besorgte mir Geflügel, Hühner, Laufenten, habe einen großen Garten und dachte nun wird alles anders. Hegte, pflegte und war gänzlich überfordert (lustlos) – das begriff ich erst wirklich (!) nachdem ich dem Alkohol gänzlich entsagte.

    Nach über einem Jahr des Durchsaufens, kam die Erkenntnis – ich hörte auf mit dem Trinken. Ich verfiel in tiefe Depression. Ich hatte alles versoffen, meinen Lebensmittelpunkt, die Arbeit. Im Suff hatte ich mir immer wieder vorgenommen, ich beginne neu, doch bedachte mein alkoholvernebeltes Gehirn nicht, daß ich bereits jenseits der 55 bin.

    Mit der Depression suchte ich nach Lösungen, wie ich da wieder heraus kommen könnte... wenn ich mein Leben beende, löse ich alle Probleme, wie ein Mantra setzte sich dieser Gedanke in mir fest. Mich beschlich die Angst, ich ging freiwillig in eine Psychiatrische Klinik. Als ich dort war, wurde die Angst größer, ich wurde allein in ein Zimmer gebeten und dort belassen, zuvor es gab ein kurzes Gespräch mit einem Arzt (?), am Abend gab ein Antidepressiva mit den Worten „damit sie besser schlafen können“ … ich versuchte heraus zu bekommen, wie das weiter gehen würde … medikamentöse Einstellung begleitet von Bastel- und Bewegungs-, Beschäftigungstherapie täglich, über Wochen … erstmal … irgendwie wurde ich an den Film „Einer folg übers Kuckucksnest“ erinnert.

    Um es kurz zu machen, ich entließ mich selbst und verzichtete auf diese professionelle Hilfe. Allein die Vorstellung medikamentös eingestellt zu werden, rief Panik in mir hervor, da hätte ich auch weiter saufen können.

    Nun habe ich erfolgreich meine Sucht beendet und werde das auch weiter durchziehen, nach 9 Monaten der Abstinenz, verspüre ich keinerlei Verlangen nach Alkohol und ich möchte behaupten, ich bin über`n Berg – was den Alkohol betrifft. Doch die Leere bleibt. Tips wie, such´ dir eine Beschäftigung, ein neues Hobby u.s.w. fruchten leider nicht, irgendwie ist bei mir die Freude verloren gegangen oder die Luft raus und ich drehe ständig im eigenen Kreis. Mir fehlen, Ideen, Antworten ...

  • Hey... salü und willkommen Egon.

    Erst einmal möchte ich mich vor Dir verneigen. Einfach weil Du so viel Einsicht zeigst, und ...VERDAMMT, bist Du ehrlich. Super, echt.

    Ich hoffe, dass Du diese Ehrlichkeit (zu Dir selbst) aufrecht erhältst.

    Das was Du schreibst, löst in mir folgendes aus:

    1: Dieser Berg, über welchen Du drüber bist, der steht VOR Dir. Du wirst ihn nie ganz hinter Dich bringen. Das ist das Wesen dieser Sucht.

    2: Diese Leere: Es könnte sein, dass Dein Unterbewusstsein immer noch daran arbeitet, Gründe dafür zu finden, um ENDLICH wieder saufen zu "dürfen". Probleme werden vom Unterbewusstsein allzu gerne für die Vorbereitung eines Rückfalles verwendet. (so quasi "ich armer mit meinen Problemen, ich habs derart schwer, dass ich saufen darf. Völliger Blech)

    Klar ist es so, dass Probleme, welche man mit dem Alkohol ertränkte, wieder zum Vorschein kommen. Du befindest Dich jedoch näher an einer Lösung derer als wenn Du trinkst. Und DU WEISST DAS !! Ergo: Vergiss es nie.

    3: Generell kann man sagen: (hab ich u.A. von hier, siehe "Grundbausteine") "Nur nicht trinken reicht nicht".

    Du hast die tolle Gelegenheit, diese eine (armselige) Aktivität des Saufens durch viele, farbige, spannende Aktivitäten zu ersetzen.

    Wenn Du positiv daran gehst (das "positiv" ist wohl unschätzbar wichtig), dann wirst Du bald feststellen: Meine Fresse, was hab ich da früher veranstaltet. Das (richtige) Leben ist ja sowas von schön und spannend.

    4: Vergiss punkt 2 nicht. Ist wirklich wichtig.

    Wir lesen, uns, Egon... schön hast Du hierhergefunden.

  • Lieber Egon!

    Ich finde es großartig, dass du deine Abstinenz durchziehst und ich finde es bewegend, wie du diese innere Leere beschreibst.

    Ich bin kein Profi, also keine Psychologin, aber ich habe mich selber mit mir beschäftigt und ich denke, dass jeder Mensch auf die eine oder andere Art und Weise Leere empfindet und/oder sich auch schwer tut, Freude zu empfinden und den Sinn zu verstehen. Zumindest durchgehend. Ich hatte nichts mit Alkohol am Hut, war aber 10 Jahre mit einem in einer Beziehung. Im Grunde war aber der Grund, dass ich selber mit einer Sucht zu kämpfen hatte. Magersucht/Bulimie. Ich konzentriere mich (oder versuche es) auf mich selber und empfinde auch oft diese Leere. Ich habe total liebe Menschen um mich, v.a. auch in allen Altersklassen und die frage ich dann ganz ehrlich, wie sie das machen, immer zufrieden zu sein. Bei diesem Gesprächen erfahre ich aber, dass es vielen, vielen, vielen anderen auch so geht. Menschen, die meines Erachtens ein tolles Leben führen, Hobbies haben, Freunde .. auch die fühlen das. Sie ziehen sich dann auch zurück und sind traurig, halten auch Fadigkeit aus. Ich glaube, weil wir so mit unserer Sucht beschäftigt waren (egal welche jetzt), das wir teilweise verlernt haben, wie das "normale Leben" auch sein kann.

    Natürlich kann auch eine Erkrankung dahinter stecken, eine echte Depression. Aber das was du geschrieben hast, das ist mir sehr bekannt vorgekommen, zumindest diese "down-Gefühle".

    Für mich ist es auch mühsam, in diesen Momenten dann zu überlegen, was brauch ich JETZT, was tut mir gut .. das ist oft so anstrengend, dass ich davon müde bin und nur noch mehr grantig werde. Und ungeduldig...

    Aber ich werde immer besser darin, es auszuhalten und als "normal" anzusehen!

    Alles Liebe und viele gute Gedanken und Idee, auf was du Lust hast -- und sei es nur eine gute Tasse Kaffee!

    GLG Anita

  • Hallo Egon,

    willkommen im Forum. Erstmal Glückwunsch zu deiner Abstinenz- ein wichtiger Schritt. Nun bin ich kein Arzt oder Psychologe und ich glaube, wir haben auch keine hier im Forum, aber deine Antriebslosigkeit hört sich schon nach einer Depression an.

    Zunächst sollte man Geduld haben, da sich Körper und Geist ja erstmal von dem Alkoholmissbrauch erholen müssen. Und nur weil man nicht trinkt, wird auch automatisch alles gut. Der Vorteil bei der Abstinenz ist ja aber, dass man nun die Möglichkeit hat, Probleme anzugehen und zu bearbeiten.

    Du hast dich ja schon in eine Klinik begeben. Es ist schade, dass man dir da nicht helfen konnte. Ich würde dir aber trotzdem raten, da am Ball zu bleiben. Du kannst versuchen, eine Therapie zu erhalten. Ich weiß, es ist nicht einfach, aber ein Erstgespräch kann man relativ kurzfristig vereinbaren.

    Ich kann verstehen, dass du nicht so gern Medikamente nehmen möchtest, aber zur Überbrückung kann es helfen. Aber auch da wirken einige Antidepressiva auch erst nach Wochen. Du kannst dir überlegen, ob du einen neuen Versuch mit der Therapie starten möchtest.

    Vielleicht auch eine Reha bezüglich deiner Alkoholkrankheit. Da gibt es ja auch viele Therapeutengespräche.

    Ich denke, dass deine Problematik in professionelle Hände gehört. Ansonsten bleibt dir bei den Aktivitäten nur das Ausprobieren, leider durch Corona alles eingeschränkt, aber was dir Freude bereitet, kannst du nur selbst herausfinden: Kontakt mit anderen Menschen (Selbsthilfegruppen, VHS-Kurse, Sport). Es gibt für fast alles Gruppen und Treffen, auch fürs Spazierengehen oder Brettspiele spielen. Falls du gern Tiere um dich hast, kannst du beim Tierheim nachfragen und Hunde ausführen. Kochst du gern? Gibt es etwas, was du gern erlernen würdest? Könnte dir ein Tagebuch helfen, deine Gedanken zu sortieren? Ich sollte in meiner Therapie mir abends Gedanken machen, was ich an dem Tag Positives erlebt habe (das konnten auch Kleinigkeiten sein) und dies aufschreiben.

    Vielleicht kannst du mit meinen Anregungen etwas anfangen.

    Viele Grüße

    Seeblick

  • Hallo Egon,

    ich habe selbst mit depressiven Verstimmungen zu tun und empfinde phasenweise diese Sinnlosigkeit.

    Ich hab mal ein Jahr lang morgens eine Dankbarkeits Meditation gemacht, gleich nach dem Aufwachen. Hab mich einfach aufrecht hin gesetzt, Augen geschlossen und bin in das Gefühl der Dankbarkeit gegangen. Dann habe ich vor meinem inneren Auge Bilder aufsteigen lassen, von allem wofür ich dankbar bin.

    Das ging von meinem lieben Hund, bis zu der Tatsache, dass ich fließend Wasser für eine Dusche habe.

    Das war 2019 und ich hab die Meditation 365 Tage praktiziert. Ich muss sagen, dass dies eines meiner zufriedensten, ausgeglichensten Jahre überhaupt war. Obwohl es von den äußeren Faktoren her keine leichte Zeit war.

    Jetzt, da ich das hier schreibe, starte ich ab morgen wieder meine Routine!

  • Servus Florian,

    zu Pkt. 2

    Mitnichten, ich verbot mir nie Alkohol zu trinken. Ich kann es tun, wenn ich will. Ich verbot mir auch nie, Kokain zu nehmen und nahm es auch nie, ich verbot mir nie mit der Nachbarin zu schlafen, ich tat es.

    Mit hat es einfach nicht mehr gefreut zu saufen, also beendete ich es, genauso war`s auch mit der Nachbarin. ;o)

    Ich hab`s nicht schwer, ich kann tun was ich will. Nur bin ich mittlerweile an einem Punkt, wo der Zweifel, besser das Hinterfragen überwiegt. Wozu das alles?

    Pkt.3

    "Nur nicht trinken reicht nicht" ... bitte erkläre mir das! Ich verstehe es nicht.

    "Aktivität des Saufens durch viele, farbige, spannende Aktivitäten zu ersetzen ..." vielleicht gehe ich da zu nüchtern (bitte nicht in Wortspiele verfallen) ran, ich will nichts "ersetzen". Ich hab` in den letzten Jahrzehnten sehr viel unternommen, war an vielen Orten auf diesem Planeten, hab viel Sport gemacht, Menschen kennengelernt ... mittlerweile interessiert mich das nicht mehr, ich glaube "alles" zu kennen, mich reisst nichts mehr vom Hocker. Vielleicht machte ich ja auch zu viel?

  • Danke LeaLux,

    ich mach(te) ewig lang ThaiChi, schnupperte in Yoga rein, beschäftigte mich viel mit Autosuggestion, Selbstheilung, die sowjetischen Psychologen, wie Rubinstein oder Lewi sind mir die liebsten, doch ging mir die Illusion verloren. Ich kann zwar alles erklären ... wieso, weshalb, warum, doch ich bin nicht in der Lage, daraus für mich eine Erkenntnis zu gewinnen.

  • Versteh ich das richtig: ... also du trinkst nicht mehr, weil Du das nicht mehr willst, aber im Moment überwiegen die Zweifel, ob dein nicht-trinken-wollen eine gute Idee ist, Du siehst den Sinn darin nicht? Und dann findest Du, Du hasts nicht schwer?

    Verzeih mir den, aber dann wenn ich was tue, ohne zu wissen, warum ich es tue, dann empfinde ich das als sehr gravierend. Und wenn ich diesen Sinn mal gesehen habe, (überwog) jedoch die Zweifel dann zunehmend überwiegen, dann schrillen bei mir Alarmglocken. Bei Dir wohl auch - sonst wärst Du nicht hier gelandet.

    "Nur nicht trinken reicht nicht".... Ich erklär Dir an einem einfachen Beispiel, was damit gemeint ist:

    Angenommene Situation: Du hättest die Gewohnheit, nach der Arbeit nach Hause zu kommen, den Fernseher anzumachen, dann in der Küche ein Bier ausm Schrank zu holen, Dich aufs Sofa zu setzen und die Dose zischen zu lassen, und Fern zu gucken.

    Wenn Du jetzt hingehst, und einfach das Bier durch ne Cola ersetzt, eben "einfach nur nichts trinkst" dann wird das nicht reichen. Ein Rückfall ist höchstwahrscheinlich. Also dieses Beispiel sei stellvertretend für sämtliche anderen Gewohnheiten, Abläufe, Aktivitäten, Situationen, Begegnungen, etc. genannt.

    Es läuft darauf hinaus, dass man seine gewohnten Handlungs- und Denkweisen überarbeiten muss.

    Denn in diesen ist der Alkoholmissbrauch begründet, er ist durch diese entstanden. Einige Dinge sind offensichtlich, andere zeigen sich erst mit der Zeit.

    "keine Wortspiele": Du möchtest keine, spielst aber da gleich ne Runde Wortklauberei. Okay, kannst machen. Bringt aber wenig. Es geht einfach darum, etwas anderes zu machen als zu saufen. Ob man das jetzt mit "Ersetzen" beschreiben möchte, oder "weiter ziehen", "für sich neu entdecken". Ist mir wurst wie Du das nennen möchtest. Hauptsache Du weisst was ich meine.

    Oben hat jemand das Wort "Depression" genannt. Könnte sein, dass sich das bei Dir anbahnt, oder bereits ongoing ist. Dann ist professionelle Hilfe wohl angesagt. Würd ich machen, wenn s nötig ist. Lohnt sich.

    Ich sag da einfach mal: wir sind auf einer Suche, bei welcher wir das finden, was wir suchen.

    Wenn wir nach Gründen suchen, warum das Leben langweilig ist, dann werden wir diese Gründe finden, und uns auch gelangweilt fühlen. Wenn wir nach Gründen suchen, warum das Leben farbig sein könnte, dann werden wir diese Gründe finden, und uns den buntesten Farbfilm reinziehen.

    Es ist Deine Entscheidung (und ebenso eine daraus resultierende Gewohnheit) wonach Du suchst.

    Und vielleicht handelt es sich bei Dir auch um blossen Energiemangel, da Du zuviel tust. Möglich.

  • Das Forenteam
    17. Mai 2021 um 16:40

    Hallo Egon,

    Willkommen hier in der SHG.

    Die von Florian angesprochenen Grundbausteine finden sich in dem Link oben.


    Viele liebe Grüße,

    Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Alkohol und ich möchte behaupten, ich bin über`n Berg – was den Alkohol betrifft.

    Willkommen bei uns und danke für deine Vorstellung.

    Ich kann nach 15 Jahren das immer noch nicht behaupten übern Berg zu sein. Es endet mit dem Tod. . Woher du diese Gewissheit nimmst, ist wohl der kurzen Zeit, die du nun nüchtern bist, geschuldet. ;)

    Wenn du dich bei uns weiter austauschen möchtest, dein Ziel eine lebenslange Abstinenz ist, dann kannst du dich kurz hier für den offenen Bereich bewerben.

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Ich kann nach 15 Jahren das immer noch nicht behaupten übern Berg zu sein. Es endet mit dem Tod. . Woher du diese Gewissheit nimmst, ist wohl der kurzen Zeit, die du nun nüchtern bist, geschuldet. ;)

    Hallo Herr Hartmut,

    danke, auch ich liebe Spitzfindigkeiten.

    Den Alkohol-Zenit habe wohl ich überschritten. Ja, eine subjektive Wahrnehmung.

    Oder geht es noch höher, als zum Gipfel? Ich würd` behaupten, ich befinde mich gerade auf einem Hochplateau, kurz unterhalb es Gipfelkreuzes und hoffe es bleibt mir noch etwas Zeit bis zum Abstieg . Es endet mit dem Tod ...

  • Hallo Egon,

    ich habe dich freigeschaltet und in den zuständigen Bereich verschoben. Ist das Ok für dich?

    danke, auch ich liebe Spitzfindigkeiten.

    Da werden wir beide eventuell Freude dabei haben. Schönen Austausch wünsche ich dir.

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Florian,

    du hast recht, ich trinke nicht mehr, weil ich es nicht mehr will. Ich hege keinen Zweifel, ob das eine gute Idee ist. Im Gegenteil es ist eine sehr gute Idee!

    Ich trinke keinen Alkohol und das wohlwissend und wohlüberdacht und das wird langsam zu Gewohnheit.

  • Ich trinke keinen Alkohol und das wohlwissend und wohlüberdacht und das wird langsam zu Gewohnheit.

    Wundervoll. Ich wünsch dir, dass es dabei bleibt. Ich wünsch' es uns allen.

    Und Du wirst Dein Stück vom Glück auch (wieder-)finden. Ist manchmal etwas verborgen, oder manchmal verschliesst man die Augen dafür. Aus was für welchen Gründen auch immer.

    Hast Du n Hobby, welches Du einfach toll findest, auf welches Du nie länger verzichten könntest? Oder eine Aktivität, auf die dieses zutrifft? (abgsehen von den Grundbedürfnissen?)

    Bei mir sind es primär die Musik und das Kochen.

  • Mich beschlich die Angst, ich ging freiwillig in eine Psychiatrische Klinik. Als ich dort war, wurde die Angst größer, ich wurde allein in ein Zimmer gebeten und dort belassen, zuvor es gab ein kurzes Gespräch mit einem Arzt (?), am Abend gab ein Antidepressiva mit den Worten „damit sie besser schlafen können“ …

    Hallo Egon,

    ein herzliches Willkommen und Danke für den mutigen Einstieg.

    Habe exakt das Gleiche erlebt. Freiwllig in eine "Geschlossene" mit Gittern etc. Suizidversuche und Verwirrte jeglicher Art...alle zusammen.

    War ein Tag vor Sylvester...ein wohl bekanntes Datum, dass Busseweise "Neue" einlieferte.

    Hatte auch gerade ein Medikament bekommen...als die Tür aufgerissen wurde, neue Betten in den Raum geschoben wurden.

    Bin aufgestanden...habe den Arzt rufen lassen um mich selbst zu entlassen....mitten in der Nacht.

    Mit welcher Begründung denn, wurde ich gefragt: Ganz einfach...ich komme mit einer Krankheit für die ich mir Hilfe erhofft habe und möchte nicht mit zwei oder drei neuen Krankheiten die Klinik wieder verlassen. Hat er kapiert, der Herr Oberarzt

    Da geht was ab....könnte mich stundenlang darüber auslassen.

    Des weiteren schließe ich mich Flory`s Worten an.

    Ja da kommt noch was, aber das ist nicht mehr so brutal, als das was Du bereits gemeistert hast.

    Ich entnehme deinen Worten und der Anmeldung hier überhaupt, dass Du mit festem Willen die Krankheit weiter angehst.

    Sonst hätte dich der strenge Hartmut auch nicht so schnell frei geschaltet.

    Hier wird geholfen, auf den Punkt genau, wenn Du es zulässt. Besser als in meiner Langzeit-Therapie. Rund um die Uhr. Besser geht es nicht.

    Beste Grüe

    Thomas

  • Hallo Egon,

    auch von mir ein Willkommen.

    Erstmal Gratulation zu deinen neun Monaten Trockenheit.

    Die Symptome, die du beschreibst, Lustlosigkeit, Leere, Antriebslosigkeit, Interesselosigkeit, das Gefühl von Sinnlosigkeit, usw. sind mir selbst ziemlich vertraut. Ich selbst leide seit vielen Jahren an Depressionen.

    Da diese Symptome bei dir auch nach 9 Monaten Trockenheit nicht verschwunden sind, deutet das auch bei dir auf Depressionen hin. Genauer klären kann das nur ein Facharzt.

    Ich teile mal meine eigenen Erfahrungen mit dieser Erkrankung, vielleicht kannst du etwas damit anfangen.

    Aus Erfahrung weiß ich, dass man in einer depressiven Phase keine Hobbies oder Interessen benennen kann, man hat dann schlicht keine Interessen mehr.

    Deine Entscheidung, in eine Klinik zu gehen, war grundsätzlich erstmal keine verkehrte Entscheidung, nur scheint sich für dich nicht geklärt zu haben, was diese Beschäftigungstherapien dort eigentlich bezwecken sollen. Und ebenso scheint sich für dich nicht geklärt zu haben, was das für Medikamente sind, die man dir dort verabreichen wollte.

    Als bei mir vor bald 12 Jahren zum ersten Mal Depressionen diagnostiziert wurden, habe ich ebenfalls Medikamente verweigert. Mein Arzt hatte dafür Verständnis und wir versuchten es mit therapeutischen Gesprächen. Das ging eine ganze Weile ziemlich gut. Er sagte damals zu mir, dass Heilung ohne Medikamente möglich sei, nur etwas länger dauere. Anfang 2015 glaubte ich mich dann geheilt und verabschiedete mich von meinem Arzt. Leider kam im Laufe des Jahres so viel bei mir zusammen, dass es im Herbst zum völligen Zusammenbruch kam. In jener Zeit traten bei mir alle die Symptome auf, die du genannt hast, und noch ein wenig mehr. Alkohol habe ich in jener Zeit übrigens wenig konsumiert.

    Da entschied ich mich für einen stationären Aufenthalt. Ich hab dort Ähnliches erlebt wie du, verstand aber, dass diese Beschäftigungstherapien dazu dienen sollten, aus der völligen Antriebslosigkeit und Interesselosigkeit durch verschiedene Angebote aus einer Art Stillstand wieder etwas in Aktion zu kommen. Für Medikamente war ich da auch bereit, denn ich hatte quasi nichts mehr zu verlieren, ich konnte einfach nicht mehr. Ich hab mich allerdings auch informiert, was das für Medikamente sind. Es gibt da zwar ein paar Medikamente mit Abhängigkeitspotential, aber diese werden nur zeitweise in Extremsituationen verabreicht. Die hab ich nicht genommen. Die Medikamente, die ich bekommen habe, und die Medikamente, die ich auch heute noch nehme, haben kein Abhängigkeitspotential, sondern gleichen ein Defizit in der Biochemie des Gehirns aus. Ihre volle Wirkung entfalten sie, anders als Alkohol, der binnen Sekunden wirkt, erst nach etwa drei Wochen regelmäßiger Einnahme. In jener Klinik konnte ich mich dann wieder fangen, die Symptome wurden schwächer, einige verschwanden ganz.

    Unbehandelt geht eine Depression, wenn du sie denn tatsächlich hast, kaum von selbst wieder weg. Die Symptome, die du schilderst, hindern dich, dir neue Interessen zu suchen und sozusagen dein Leben in die Hand zu nehmen. Depression zeichnet sich u.a. durch ein Nicht-Wollen-Können aus. Antidepressiva können an diesem Zustand etwas verändern, sie sind aber mit dem, was Alkohol anrichtet, nicht vergleichbar.

    Vielleicht kannst du aus dem, was ich dir geschrieben habe, etwas für dich mitnehmen. Wenn nicht, lass einfach liegen.

    Beste Grüße

    AufderSuche

    P.S.: Was Thomas berichtet, erinnert mich an das, was ich von Mitpatienten gehört habe, die auf der geschlossenen waren… Da hätte ich definitiv auch nicht sein wollen…

    Übrigens gibt’s Unterschiede zwischen den Kliniken. Meine war auch nicht gerade die beste, aber ich hab für mich mitgenommen, was ich mitnehmen konnte und wollte.

    2 Mal editiert, zuletzt von AufderSuche (3. Januar 2022 um 17:52)

  • Doch die Leere bleibt. Tips wie, such´ dir eine Beschäftigung, ein neues Hobby u.s.w. fruchten leider nicht, irgendwie ist bei mir die Freude verloren gegangen oder die Luft raus und ich drehe ständig im eigenen Kreis. Mir fehlen, Ideen, Antworten ...

    Hast du an ein ehrenamtliches Engagement gedacht? Jugendarbeit, Strassenkinder, Obdachlose, Tierschutz….? Urlaub gegen Hand? Etwas geben statt etwas zu verlangen/erwarten/wollen öffnet in einem manchmal neue Türen.

  • Hallo Seeblick, Thomas,

    ich gestehe, ich war schon immer ein ungeduldiger Mensch (wenn es um mich ging, als Kind schon) bei anderen habe ich die Arschruhe weg, ebenso oder gerade bei Tieren. Mal sehen vielleicht benötige ich noch Zeit.

    Bei professionellen Therapeutengesprächen, fiel mir immer auf, das mit einer Symptombehandlung, die Lösung angegangen wird. Ähnlich der Behandlung mit Psychopharmaka mit denen Neurotransmitter beeinflusst werden sollen bzw. die Andockstellen blockiert werden.. Ich habe auch keine medizinische Ausbildung.

    Ich wusste, was für Antidepressiva ich bekam und wie dieses wirken (kann). Ich bemerkte eine Benommenheit und Kopfschmerzen, das wollte ich auf keinen Fall. Ich glaube zu wissen, was Depressionen sind und weiß auch, wie überfordert die Pfleger in diesen Einrichtungen sind – sie haben mein vollstes Mitgefühl, oft steht die Medikamentengabe im Vordergrund, kein Wunder bei der personellen Unterbesetzung bzw. patientenseitigen Überbelegung.

    Wenn ich an derart gestalteten Beschäftigungstherapien teilnehme, wächst meine Depression oder es entsteht eine neue, dann schon lieber Laubharken oder gemeinnützige Tätigkeiten. Stimmt, ich werde nie ein dankbarer Patient sein, in solchen Einrichtungen. Ich kann nicht Dinge tun, deren Sinn mir verborgen bleibt, an denen ich nicht die geringste Freude habe.

    Meine Gedanken sind sortiert, glasklar, zu klar, deshalb hörte ich auch mit meinem Tagebuch auf. Tierheim super Idee … ich hatte bis Ende des Jahres mein eigenes, u. a. Laufenten, putzige, intelligente Tiere, ich züchtete sie sogar – nein falsch – sie züchteten sich selbst, ich sorgte nur für gute Bedingungen, als die Jungenten im Teenageralter waren gab ich alles Federvieh weg, ich merkte, wie „teilnahmslos“ ich wurde und gab die Verantwortung ab. Bin ich zu anspruchsvoll? Vereine, VHS, Gruppen und Treffen … ich hab schon vieles probiert, mit vielen Menschen komme ich nicht zurecht, oft habe ich mir gewünscht, ich wäre einfältiger, könnte mein Gehirn ausschalten … ich merke gerade, das gehört eher in die Psycho-Ecke, nicht ins Alkoholiker-Forum. Entschuldigt bitte, ich werde mich erstmal aufs Mitlesen beschränken.

    Vielleicht brauch` ich ja noch ein bisschen,

    Habt erstmal vielen Dank!

  • Ich möchte noch einmal den Gedanken in den Raum stellen, dass „Geben“ paradoxerweise eine innere Leere füllen kann. Gerade bei Menschen, die ohne enge Familienbande durchs Leben gehen.

    Überlege Dir, was du „geben“ kannst und willst und versuche es vielleicht einfach mal.

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