Hallo,
ich bin Angehöriger einer Alkoholabhängigen. Seit vielen Jahren (>10) mache ich die Auf's- und Ab's der Alkoholkrankheit mit. Erstmals richtig aufgefallen, dass mit ihrem Alkoholkonsum etwas nicht stimmt war vor ziemlich genau 10 Jahren, als ich sie beim Herumkriechen auf dem Boden überrascht habe - eine Flasche Likör versteckend. Ich hatte das damals direkt bei ihr angesprochen, die Flasche wurde entsorgt, aber in den nächsten Wochen und Monaten habe ich immer wieder neue Hinterlassenschaften des Trinkens gefunden. Teilweise volle Flaschen, meistens leere.
Rückblickend betrachtet war das Thema Alkohol schon lange vor Heirat ein Thema. Mitbringsel aus dem Urlaub wurden bei uns immer schneller aufgebraucht. Aus dem „Feierabendbier“ wurden schnell drei, vier, zuzüglich zu den Verdauungsschnäpsen. Schlimm wurde es nach familären Rückschlägen, die sie in Alkohol ertränkt hatte. Kalte Entzüge en masse, ebensoviele Rückfälle, immer wieder das gleiche von vorne. Inwzischen kann jeder Schluck Alk für sie das Todesurteil sein...aber das Risiko hindert nicht am Trinken.
Aktuell befindet sie sich in weiterer Langzeittherapie. Freiwillig eingefädelt als ambulante Therapie bekam sie stationäre zugesprochen. Ich hoffe das sie diese zweite ernst nimmt und anschliessend entsprechend weiter führt. Für mich persönlich sehe ich das als letzte Chance, ein normales Leben mit ihr weiter zu führen. Ich möchte es nicht, aber wenn es nicht anders geht, müssen wir (erstmal) getrennte Wege gehen – andernfalls gehe ich selbst daran kaputt.
Als Angehöriger habe ich natürlich auch viele Sachen verkehrt gemacht. Auf Diskussionen eingelassen, teils weil ich ihren Konsum nicht angemerkt hatte, teils weil mich ihr Konsum genervt hat.
Ich habe versucht mitzutrinken, da war ihre Verträglichkeit schon enorm hoch. Ebenfalls habe ich versucht sie so abzufüllen, dass sie einen Ekel vor Alk bekommt – vergebens.
Ich habe Verstecke gesucht (und natürlich gefunden), ich habe weg geschüttet, ich habe ihr die leeren und auch vollen Flaschen vor die Nase gestellt...usw. usw. usw…
Ich habe für sie bei ihrem Arbeitgeber angerufen und entschuldigt, ich habe Ausreden gesucht, wenn sie nicht zu Terminen mitkommen konnte, ich habe sie entschuldigt bei Familientreffen...also das komplette Programm, welches Co-Abhängige durchmachen. Mittlerweile bin ich derjenige, der abstinent lebt, damit einer einen klaren Kopf behält.
Ein Augenöffner für mich war das Angehörigenseminar während ihrer ersten Langzeittherapie. Durch die Ausführungen der Psychologen und den Geschichten von anderen Angehörigen erkannte ich, dass ich KEIN Einzelfall bin, dass es bei den anderen (im großen Ganzen) genauso ablief. Und das es SHG's gibt, die auch für Angehörige offen sind.
Im gleichen Herbst habe ich mir eine SHG gesucht, habe diese nochmal nach einem guten halben Jahr gewechselt (die Chemie passte einfach nicht) und kam dann in meine aktuelle, die ich mittlerweile seit über 2 Jahren regelmässig besuche. Am Anfang war es seltsam, sich zu offenbaren, aber mit der Zeit merkt man, dass es den Druck aus einem selbst nimmt. Und man kommt besser mit kritischen Situationen zurecht.
Ich möchte mich gern weiter austauschen und vielleicht sogar hier und da einen unterstützende Meinung bekommen oder geben können.
LG