Frage an EKA/ CO erwünscht

  • Hallo zusammen

    die Fragen, „Wie fühlt sich dein Kind damit“ oder „ Wie gehen deine Kinder damit um“ werden des Öfteren an CO Angehörige gerichtet, wenn sie noch in einer nassen Partnerschaft leben.

    Da frage ich mich. Wie soll denn da ein CO, abhängiger, der krankhaft eine Heile-Welt aufgebaut hat, das denn beantworten? Kann er diese Fragen überhaupt beantworten?

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Ich versuche es mal als Mama von noch minderjährigen Kindern u Angehörige und inzwischen Getrennte.

    Ich habe sehr darum gekämpft die Familie zu erhalten. Ich wollte, dass die Kinder mit ihrem Vater und ihrer Mama in einem Haushalt aufwachsen. Ich wollte natürlich auch meinen Mann nicht verlieren, wobei ich ihn in Wahrheit nicht erst durch die Trennung verloren habe, sondern schon um einiges früher - an den Alkohol und seine Depressionen. Ich habe so sehr darum gekämpft eine Familie zu bleiben, weil ich berufsbedingt den Schmerz der Kinder in Trennungsfamilien gesehen habe. Das hat mich immer sehr berührt. Ich denke, es berührt mich beruflich kaum etwas so wie das mit den Kindern.

    Wie fühlen sich nun meine Kinder damit?

    Solange der Papa noch zu Hause war, wurde er sehr geschont...vor allem vom 10 Jährigen. Mein Großer war zum Papa oft nicht ehrlich um ihn nicht zu verärgern. Wenn er etwas aufgefressen hat, ist er damit zu mir gekommen und hat mir seinen Fehler gebeichtet und wir haben zusammen geschaut, wie sich das Problem lösen lässt. Ich musste ihm versprechen dem Papa nichts davon zu erzählen.

    Der Große war oft unter Anspannung, wenn der Papa abends noch nicht zu Hause war. Irgendwann kam das Erkennen, dass sich die Väter der Freunde anders verhalten, dass sie abends und am WE öfters zu Hause sind.

    Es war oft ein Gang wie auf rohen Eiern.

    Die akute Phase war bei uns zum Glück nicht sehr lang, aber das soll keine Beschwichtigung und keine Entschuldigung sein. Jeder Tag war einer zu viel in dieser Situation.

    Beim Kleinen gab es immer wieder mal die Enttäuschung, dass er vom Papa weniger wahrgenommen wurde als der große Bruder.

    Seit der Trennung vor 3,5 Monaten sind die Kinder sehr traurig. Wenn sie den Papa sehen, sagen sie, ist es mal entspannt und mal wie vorher zu Hause: Anspannung, weil der Papa wegen der Depressionen keine Nerven hat. Sie schonen ihn leider weiterhin.

    Der Große lässt nachts manchmal ein und der Kleine regrediert gerade (spricht in Babysprache).

    Gleichzeitig lieben und vermissen sie ihren Vater. Die rechtliche Abklärung geht leider nicht so schnell.

    Es geht so oder so nicht spurlos an ihnen vorüber. Ihr Vater ist vor 1,5 Jahren ziemlich krank geworden. Für die Kinder ist es sehr schwer. So bleiben, wie es war, konnte es nicht. Ich hätte früher, als noch alles halb so wild war, viel härter handeln sollen. Besorgt war ich nämlich damals schon. Ich bekam von meinem Mann aber nur Beschwichtigungen und ich war mit Kind und Kleinkind nicht mutig genug aufs Ganze zu gehen, ihn vor die Tür zu setzen und damals, als noch vieles sehr gut war, das Risiko einzugehen, dass ihn meine drastische Reaktion vielleicht nicht aufweckt und wir uns verlieren.

    Ich weiß nicht, ob ich die Frage vollumfänglich in der jetzigen Situation beantworten kann. Ich bin bestimmt noch nicht weit genug heraußen. Aber ich versuche ehrlich zu mir zu sein.

    LG, Saphira

  • Hallo Hartmut und alle anderen,

    Meine Meinung dazu ist, dass es ein co abhängiger vielleicht rückblickend nicht kann oder konnte, aber in dem Moment, wo er z.b. hier ankommt (oder woanders) und Hilfe sucht, muss er sich dieser Frage einfach stellen. Man kann und sollte das wohl der Kinder zukünftig nicht mehr ausblenden und sich damit auseinandersetzen. Klar ist das schmerzhaft, werden einem doch die Fehler der Vergangenheit bewusst (da muss *achtung* „man“ dann lernen, sich selbst zu vergeben). Das geht vielleicht auch nicht gleich in dem Moment, wo man hier einen Beitrag zu sich liest, der sowas enthält. Aber ich finde es elementar wichtig, sich diese Frage zu stellen, genau hinzuschauen und ehrlich zu sich und vor allem den Kindern zu sein. Denn diese Ehrlichkeit haben die Kinder verdient.

    Also ja, 👍 ich denke es muss ausgesprochen werden!

    Lieben Gruß,

    Blume

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    You can´t connect the dots looking forward. You can only connect them looking backwards.

    Steve Jobs

  • „Wie fühlt sich dein Kind damit“ oder „ Wie gehen deine Kinder damit um“ ...

    Zwei ... , ein Gedanke!

    Genau dieses schoß mir auch durch den Kopf:

    Die Kinder erleben emotionale Wechselbäder, durch die sie stark verunsichert werden. Wie Seismografen versuchen sie, jedes Anzeichen für eine drohende Stimmungsschwankung zu erkennen und sich darauf einzustellen. Letztlich sind sie aber der Unberechenbarkeit der Familiensituation ausgeliefert und das bringt den „Seismografen“ mächtig durcheinander, er weiss nicht mehr wann der ausschlagen soll, daraus resultiert eine ständige Angst, das Kind wird unsicher, einsam und fühlt sich schuldig.

    Das erlebte auch ich, diese Unsicherheit, nicht wissen, was man tun soll, wer daran Schuld hat, immer angemeckert werden oder weggeschickt, dabei hatte ich ja gar nichts getan.

    Als Kind kam ich damit nicht klar, ich wurde für etwas „bestraft“, was ich nicht verstand, ich fühlte mich schuldig, das machte mich noch unsicherer.

    Selbst als ich schon 30 Jahre alt war, eine eigene Wohnung, einige Beziehungen hinter mir hatte und nur hin und wieder meinen trinkenden Vater besuchte, diese Unsicherheit blieb, mein Vater, mit den nötigen Promille intus, beschimpfte und machte mich klein.

    Ich litt genau so wie als kleines Kind, nur viel bewußter, mein Seismograf spielte immer noch verrückt, zwar konnte ich mich jetzt dem entziehen, doch mehr auch nicht. Irgendwann entzog ich mich dem völlig, ich war 36, da brach ich den Kontakt zum Vater vollig ab.

    Mein Seismograf blieb gestört, meine Unsicherheit blieb, ich suchte nach Anerkennung, einem Ort wo ich mich wohlfühlen kann, wo ich so sein kann, wie ich bin.

    Ich, mit meinem gestörten Seseismografen, der nie lernte, wie er reagierten soll, der immer unsicher blieb.

    Recht früh kam ich mit Alkohol in Kontakt, in der Gruppe wurde getrunken, man wurde akzeptiert, mein Seismograf spielte nun nicht mehr verrückt, er bemerkte nur noch gedämpfte Erschütterungen, dem Alkohol sei Dank.

    Über Jahrzehnte nutzte ich dieses Beruhigungsmittel Alkohol, von einigen Ausfällen mal abgesehen, war ich im Grunde recht ausgeglichen, bis zum berühmten Tag X, ich hatte die Kontrolle verloren, ich trank nun täglich, immer mehr, mein Seismograf hatte kaum noch Ausschlag, von Unsicherheit keine Spur. Ich war jetzt mitte 50.

    Bald werde ich 60, der Kopf immer noch voller Träume, Wünsche, Illusionen, ich trinke seit über einem Jahr keinen Alkohol mehr, meine Unsicherheit ist geblieben, meinen Seismografen habe ich vergraben.


    Liebe Eltern, liebe Mütter! Versucht bitte nicht euren Kindern den Alkoholismus zu erklären, sie werden es doch nicht verstehen.

    Wie soll ein Kind etwas verstehen, was dem Erwachsenen schon unmöglich erscheint.

    Schützt bitte eure Kinder, haltet sie fern. Sie nehmen Schaden, auch wenn ihr es nicht bemerkt.

    Ich wage zu bezweifeln, daß man dieses jemals wieder gut machen kann.

    Ich hab` gut reden, ich bin nun alt und vergrub meinen Seismograf.

  • Ich weiß nicht, ob ich die Frage vollumfänglich in der jetzigen Situation beantworten kann. Ich bin bestimmt noch nicht weit genug heraußen. Aber ich versuche ehrlich zu mir zu sein.

    Es geht nicht um falsch oder richtig oder eine vollumfängliche Antwort bei der Sucht. Die gibt es sowieso aus meiner Erfahrung nicht. Es geht um die Aufarbeitung.

    Meine Meinung dazu ist, dass es ein co abhängiger vielleicht rückblickend nicht kann oder konnte, aber in dem Moment, wo er z.b. hier ankommt (oder woanders) und Hilfe sucht, muss er sich dieser Frage einfach stellen. Man kann und sollte das wohl der Kinder zukünftig nicht mehr ausblenden und sich damit auseinandersetzen.

    Aus einer Meinung oder Sichtweise heraus, finde ich auch das man „man“schon schreiben kann :mrgreen: Da hängt keine Erfahrung oder Verantwortung einer eigenen Umsetzung dahinter.

    Als ich hierherkam, war ich trotz dem Wegstellen des Glases, noch lange danach gedanklich „nass“. Jahrelanges antrainiertes Suchtverhalten ist nicht gleich verschwunden. Ich wusste doch nur, dass ich aufhören muss. Ist das bei einem CO nicht auch so? Er sieht dann auch nicht sofort das ganze Leid, was er durch sein Verhalten mit „angerichtet" hat. Zumindest denke ich mir das mal.

    Die Frage sollte er sich stellen, aber wem nutzt es dann, wenn ein Schuldiger ausgemacht wurde. Ich halte das alles etwas für sehr schwierig. Für meinen Teil als EKA wäre eine Trennung meiner Eltern sehr schlimm gewesen, trotz des Wissens und dem Erlebten von Peinlichkeiten.

    Ich kann nicht rückwirkend sagen, ob es für mich besser oder schlechter gelaufen wäre. Es war auch keine Gewalt oder ähnliches im Spiel. Ich wäre auch nie auf die Idee gekommen, dass sich meine Mutter sich mit mir darüber auseinandersetzen muss.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Auch meine kleine Schwester und ich mussten meinen Vater stets "schonen".

    Er ist müde, er hat Kopfweh, ihm geht es nicht so gut...

    Wir sind mit unseren Problem aber weder zu ihm, noch zu meiner Mutter. Das ist bis heute so geblieben. Wir erzählen sie uns nur gegenseitig.

    Denn wir wollten auch unsere Mutter nicht stressen, sie hatte genug am Hals und eine mords Last auf ihren Schultern. Umarmt hat sie uns aber auch nie.

    Ich erinner mich noch ganz genau, ich war 9, als mir bewusst wurde, daß da was nicht stimmt. Benennen konnte ich es erst viel später: Depressionen und Alkohol, gepaart mit Existenzangst.

    Und später hab ich mich in den beiden ersten Punkten wieder gefunden.

    Also so ging ich damit um. Schlecht.

  • „Wie fühlt sich dein Kind damit“ oder „ Wie gehen deine Kinder damit um“ werden des Öfteren an CO Angehörige gerichtet, wenn sie noch in einer nassen Partnerschaft leben.


    Da frage ich mich. Wie soll denn da ein CO, abhängiger, der krankhaft eine Heile-Welt aufgebaut hat, das denn beantworten? Kann er diese Fragen überhaupt beantworten?

    Nein, kann er/sie nicht. Ich habe als Referenz meine Mutter - als ich und meine jüngeren Schwestern Kinder waren und sie stark co-abhängig von unserem anderweitig süchtigen, emotional labilen Vater. Alkoholikerin und depressiv wurde sie erst nach der Trennung von meinem Vater, von dem sie sich trennte um IHR psychisches Überleben zu sichern. Um uns Kinder und wie es uns ging - das hat sie nicht gesehen und schaut bis heute nicht hin.

    Ich denke, wer sich selbst so wenig fühlt dass er es sich zumutet (und damit zwangsläufig den Kindern), in einer Beziehung mit einem nassen Alkoholiker zu bleiben, kann weder bei sich noch den Kindern vollumfänglich beantworten, "wie man sich damit fühlt". Würde man/frau das emotionale Elend vollumfänglich begreifen, MÜSSTE man handeln.

    Aber praktisch, die Kinder passen sich an und verstecken ihre Not gut um das fragile System Familie oder einzelne Elternteile nicht zusätzlich zu belasten. Da ist es noch einfacher nichts zu erkennen.

    Ich habe vor ein paar Monaten, jetzt mit Mitte 30, eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung diagnostiziert bekommen. Damit wird man nicht geboren, dass bekommt man nach der Geburt von seinen unfähigen Bindungspersonen verpasst. Die Mutter legt den Grundstein (Co-Abhängige kreisen notgedrungen um den Alkoholiker und nicht um ihre Babies, die je nach Vernachlässigungsgrad/Überforderungsgrad der Mutter leicht, mittel oder schwer gestört werden).

    Der Suchtkranke sorgte in meinem Fall für den Feinschliff durch diverse traumatische Erlebnisse mit ihm / an mir. Die emotionale Vernachlässigung und Missbrauch ziehen sich durch meine gesamte Kindheit und Jugendzeit.

    Aber die ersten 12 Jahre meines Lebens waren so eine heile und schöne Kindheit. Es muss mein Fehler sein, dass ich "spinne", denn schließlich waren wir lange eine intakte, glückliche Familie *Hust, Hust* und glaubt mir, bewusst hab ich als Kind gar nichts mitbekommen, nichts gemerkt - unbewusst hab den ganzen Müll unsortiert aufgehoben.

    Keine Grüße 😑

    Alba

  • Hallo zusammen

    die Fragen, „Wie fühlt sich dein Kind damit“ oder „ Wie gehen deine Kinder damit um“ werden des Öfteren an CO Angehörige gerichtet, wenn sie noch in einer nassen Partnerschaft leben.

    Da frage ich mich. Wie soll denn da ein CO, abhängiger, der krankhaft eine Heile-Welt aufgebaut hat, das denn beantworten? Kann er diese Fragen überhaupt beantworten?

    Nein, dass kann er /sie in dem Moment wo hier gepostet ist noch nicht.

    Dennoch ist die Frage wichtig, denn sie dient in erster Linie dazu, die Aufmerksamkeit des Co vom Alkoholiker weg zu bringen, zu den Menschen, welche die Aufmerksamkeit wirklich brauchen.

    In erster Linie ist das natürlich der Co selbst, da aber die meisten Cos ihre eigenen Bedürfnisse ganz hinten anstellen, ist der Weg über die Kinder meist der schnellere um zu sich zu finden. Denn die meisten Cos reden in ihren Beiträgen zu 95% über den Alkoholiker, da ist oft schwer ran zukommen.

    Ich hab hier schon oft gelesen, dass die Frage nach den Kindern einen echten Denkprozess angestoßen hat.

  • ist der Weg über die Kinder meist der schnellere um zu sich zu finden.

    Dem kann ich für mich zustimmen. Die Sorge um die Kinder war bei mir ausschlaggebend, um zu handeln. Als ich dann in die Handlung kam, habe ich erst bemerkt, wie tief ich selbst drinstecke. Ich behaupte der Co steckt immer genauso tief drin in der Dynamik wie der Alkoholiker. Wenn keiner der beiden aussteigt, dann geht es nur bergab. Die einzigen Opfer in dieser Dynamik sind die Kinder, alle anderen Beteiligten können Verantwortung übernehmen. Meiner Meinung nach ist die "heile Welt" Inszenierung eines Co nicht minder problematisch als die Aussetzer des Alkoholikers. Da kann ich mich nicht aus der Verantwortung stehlen.

    Alles was man über das Leben lernen kann, ist in 3 Worte zu fassen: es geht weiter.

  • ich als Alkoholicker, habe auch hauptsächlich den Ausstieg wegen meiner Kinder geschafft bzw es wirklich begriffen....und die Erkäntnis, dass ich das meinen Kindern nicht weiter antun kann bzw. werde

    Lieben Gruß

    mexico

  • Solange der Papa noch zu Hause war, wurde er sehr geschont...vor allem vom 10 Jährigen. Mein Großer war zum Papa oft nicht ehrlich um ihn nicht zu verärgern. Wenn er etwas aufgefressen hat, ist er damit zu mir gekommen und hat mir seinen Fehler gebeichtet und wir haben zusammen geschaut, wie sich das Problem lösen lässt. Ich musste ihm versprechen dem Papa nichts davon zu erzählen.

    So ist es bei meiner Tochter. Auf ihn lässt sie nichts kommen. Er darf auch ihre Fehler nicht wissen, sie weiss, er reagiert härter als ich. Sie versucht immer die gute brave Tochter für ihn zu sein.

    Wie gerne würde ich meinem Impuls folgen, ihr sagen, was für ein Egoist er ist.

    Aber stattdessen schlucke ich und rede nicht schlecht über ihn.

  • Co-Abhängige kreisen notgedrungen um den Alkoholiker und nicht um ihre Babies, die je nach Vernachlässigungsgrad/Überforderungsgrad der Mutter leicht, mittel oder schwer gestört werden).

    Bei mir ist es so, dass ich eher die Kinder vor allem versuche zu schützen und alles aus dem Weg räume, damit sie so wenig wie möglich mitbekommen. Richtet auch Schaden an, denn wenn einem die eigenen Kinder leidtun, reagiert man oft zu nachgiebig.

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