• Hallo,

    ich bin grade sehr durch den Wind. Ich war bei meinem Termin in der Suchtambulanz und habe mit der Therapeutin gesprochen. Sie meinte relativ schnell, dass sie mich eher in einem Tagesambulanten Setting sieht, also 9 - 16 Uhr auf Station und dann abends nach Hause. Das möchte ich aber nicht. Ich kann mir das aktuell nicht vorstellen mind. die nächsten 12 Wochen da jeden Tag hinzugehen.

    Ich habe die komplette Rückfahrt geweint. Ich will nicht mehr saufen müssen. Ich will mein Leben nicht mehr von dieser beschissenen Sauferei bestimmen lassen und immer weiter abstürzen. Ich habe so große Angst trotzdem rückfällig zu werden, weil ich etwas falsch mache oder mir nicht die Hilfe hole, die für nötig betrachtet wird.

    Die Therapeutin meinte, ich müsse verstehen warum ich trinke und auch meine Suchtbiographie erarbeiten. Das will ich ja alles machen, ich habe mich die Tage auch schon dran gesetzt vieles aus meiner Vergangenheit was mit dem Trinken zu tun hatte zu sammeln und aufzuschreiben. Ich weiß, dass meine Abstinenz ein full time job ist und richtig viel Arbeit bedeutet.

    „Nur wenn das, was ist, sich ändern lässt, ist das was ist, nicht alles. “ - T.W. Adorno

  • oh je, mach dich bitte nicht so verrückt, denn auch das birgt gefahren, wie jedes miese gefühl. letztendlich bestimmst du welche therapieform du machst. aber du mußt reden das ist wichtig. du mußt deiner therapeutin sagen das du das anders möchtest und das du dich hier überfahren fühlst. ein schritt den du wohl lernen mußt, der aber auch wichtig ist um trocken zu bleiben. klar zu sagen was man nicht will. denn das fällt einem meistens leichter und schneller ein als das was man denn konkret will. du hast das recht nein zu sagen zu dingen die sich für dich falsch anfühlen. du hast das recht es abzulehnen dir etwas überstülpen zu lassen.

    frag deine therapeutin beim nächsten mal warum sie diese einschätzung hat. sie soll dir das genau erklären. und dann sagst du wo du probleme siehst. ihr werdet eine lösung finden. schätze mal das das einer deiner ersten schritte sein wird. lernen zu sagen wenn dir was nicht passt statt die kröte zu schlucken. denk mal drüber nach wieviel hier schon mit deinem saufen zu tun hat.

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Das möchte ich aber nicht. Ich kann mir das aktuell nicht vorstellen mind. die nächsten 12 Wochen da jeden Tag hinzugehen.

    Ich habe die komplette Rückfahrt geweint.

    Es gibt keinen Grund über die Einschätzung zu weinen. Du entscheidest ganz allein, was Du möchtest bzw. nicht möchtest.

    Sie meinte relativ schnell, dass sie mich eher in einem Tagesambulanten Setting sieht, also 9 - 16 Uhr auf Station und dann abends nach Hause.

    Welche Alternative stand denn im Raum?

    Entschuldige bitte, ich habe es nicht ganz in Erinnerung und auf die Schnell auch in Deinem Buch nicht gefunden:

    Was für eine Therapieform möchtest DU denn? bzw. was kannst Du Dir vorstellen?

    LG Cadda

  • Danke für die Antworten. Ich bin so verunsichert grade, dass mir von professioneller Seite gesagt wird, dass mein Weg, den ich gehen möchte vielleicht nicht ausreicht um mein Ziel zu erreichen. In meinem Kopf klingt das so katastrophal. Als wäre jetzt schon gesetzt, dass ich scheitern werde.

    frag deine therapeutin beim nächsten mal warum sie diese einschätzung hat. sie soll dir das genau erklären. und dann sagst du wo du probleme siehst. ihr werdet eine lösung finden. schätze mal das das einer deiner ersten schritte sein wird. lernen zu sagen wenn dir was nicht passt statt die kröte zu schlucken. denk mal drüber nach wieviel hier schon mit deinem saufen zu tun hat.

    Ich habe sie heute schon gefragt, weshalb sie das denkt. Sie meinte, dadurch, dass ich jeden Tag Alkohol getrunken habe und einen emotional sehr belastenden Job habe, wäre es wichtig so schnell wie möglich eine stabile Hilfe zu bekommen. (Das sehe ich auch so.) Sie meinte, dass sie meinen Bedarf an therapeutischen Gesprächen höher einschätzt, als das was sie in der ambulanten Therapie mit einem Einzelgespräch alle 2 Wochen und jede Woche eine Gruppensitzung anbieten kann.


    Welche Alternative stand denn im Raum?

    Was für eine Therapieform möchtest DU denn? bzw. was kannst Du Dir vorstellen?

    Ich bin dort hin, weil ich eine ambulante Suchttherapie machen möchte, in der Form wie oben beschrieben. Ich traue mir das eigentlich zu, wenn ich weiterhin hier unterwegs bin und mir auch eine lokale Anbindung an eine Selbsthilfegruppe suche.

    Sie hat mir noch zwei weitere Adressen mitgegeben, die auch ambulante Therapie anbieten. Nächsten Dienstag soll ich zur Informationsgruppe gehen, da geht es sowohl um ambulante als auch tagesstationäre Therapie. Sie sagte, sie würde mich auch ambulant nehmen, wenn ich mich dazu entscheide.

    Daher gibt es hier eigentlich wirklich nichts, worüber man weinen könnte. Ich habe nur so Angst, etwas falsch zu machen.

    „Nur wenn das, was ist, sich ändern lässt, ist das was ist, nicht alles. “ - T.W. Adorno

  • Hallo Lavendelfuchs

    Müssen tust du gar nichts, du kannst und darfst!

    Auch kennst du dich sicher selbst besser als die Therapeutin. Lass es mal auf dich wirken, mit ein wenig Abstand sieht vieles oft anders aus.

    Lg

  • ich hab damals auch ambulant gemacht weil ich 4 kleine kinder hatte und mein mann ein totalausfall war. meine therapeuten waren auch skeptisch und wir hatten uns auf die option geeinigt das ich sofort stationär gehe wenn ich rückfällig werde. guck mal ob du evtl ne woche oder 14 tage so ne tagesklinik machen kannst und dann wechseln. wenn du ne schwere lungenentzündung hättest und 14 tage auf der intensivstation verschwindest muss das ja auch gehen. du bist schwer krank und um gesund zu werden muß man sich halt mal ne weile aufs gesund werden konzentrieren, das geht nicht im vorbeilaufen.

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    trocken seit 18.10.2001

  • Lavendelfuch, Du entscheidest.

    Mein Arzt hat mir damals auch gesagt, dass eine Langzeittherapie gut für mich sein könnte. Ich hab sofort reagiert mit "das kommt für mich absolut nicht in Frage". Ich war Alleinerziehend mit zwei relativ kleinen Kindern damals. Mein damaliger Partner war ebenfalls ein "Totalausfall" (danke Doro für diesen Ausdruck :mrgreen: ).

    Mein Ex-Mann hat unsere Kinder zwar alle zwei Wochenenden genommen, aber auch da hatte ich nicht genügend Vertrauen, wie es klappt, wenn ich nicht da bin.

    Kurz gesagt: Ich bin nicht in eine Klinik gegangen, sondern habe mich für die ambulante Therapie entschieden über die Suchtberatung. Alle 1 bis 2 Wochen ein Einzelgespräch und Gruppengespräche.

    Im Nachhinein kann ich nur sagen, dass es mir gut getan hat, aber nicht mal das wäre nötig gewesen, denn wo ich am meisten rausziehen konnte, war hier im Forum in meiner Selbsthilfegruppe.

    Das muss jeder für sich allein entscheiden, das ist nur meine persönliche Erfahrung.

    Aber eines weiß ich: Wenn ich über einen Vorschlag eine Rückfahrt lang weinen muss, dann ist es vermutlich nicht das Richtige für mich ;)

    Mach Dich nicht verrückt, lass Dir alles durch den Kopf gehen und entscheide für DICH.

    LG Cadda

  • Puh, danke.

    Eure Erfahrungen bringen mich etwas runter von meinem Gedankenkarussel. Ich lasse das jetzt erst mal sacken.

    „Nur wenn das, was ist, sich ändern lässt, ist das was ist, nicht alles. “ - T.W. Adorno

  • Das ist auch gut so,erstmal sacken lassen.

    Ich wollte früher auch keine langzeittherapie machen,weil das nix für mich war.

    Ebenso keine ambulante Therapie.

    Wollen tut man sowas nie.könnte es helfen,war bei mir die Frage.

    Wer noch nie sowas gemacht hat,kann auch nicht wissen ob es einen weiter bringt auf dem Weg in die Trockenheit.

    Musste damals vor der Entscheidung auch viel weinen, war unsicher und auch verzweifelt.

    Was ist die Alternative?

    Weiter machen wie vorher?will ich nicht,brauch ich nicht,geht bestimmt auch anders .

    Meine Entscheidungen damals haben mich weitergebracht. Habe mehrmals stationäre und ambulante Therapie gemacht.

    Das war nicht einfach, das tat manchmal weh. Da hätte ich mich auch gern gedrückt vor dem unangenehmen, schmerzhaften hinschauen auf mich selbst.

    Alle Hilfe, die angeboten wird annehmen war damals mein leitspruch,auch wenn ich mich innerlich sträubte,hab ichs gemacht.

    Heute kann ich für mich sagen, es hat sich doch gelohnt,auch wenn es sich oft nicht so angefühlt hat.

    LG Bolle

    Der Weg ist das Ziel(Konfuzius)

    Seit 1.1.2014 trocken

  • So, ich habe zwischendurch gearbeitet und konnte mich dadurch ein wenig ablenken.

    Ich habe aber auch etwas gegen meine Angst getan und habe bei dem Selbsthilfeverein angerufen, der in meiner Nähe Treffen anbietet. Wieder eine sehr nette Person am Telefon gehabt, die mich zum nächsten Treffen eingeladen hat. Datenschutzrechtlich benötigt diese Person aber glaub ich nochmal eine Einweisung. Nächste Woche in der Informationsgruppe sitzt wohl jemand, der auch zu den Selbsthilfetreffen geht. Mir wurden Name und grobes Aussehen der Person, sowie Wohnort genannt ?! Ich will mich nicht darüber beschweren hier, finde es nur wild, da die Beschreibung und Name auf eine Kollegin von mir passt, beim Wohnort bin ich mir nicht sicher.

    Der einzige "Totalausfall" in meinem Leben bin ich. Ich habe zum Glück nur Verantwortung über mich selbst und meinem Hund. Wenn ich plötzlich im Krankenhaus landen würde, würden sich Menschen aus meinem engen Umfeld ohne Frage um den Hund kümmern. Allerdings hätte ich eben auch immer die Sorge, dass irgendetwas schief läuft, einfach weil die Maus etwas speziell ist im Umgang.

    Wenn ich mit gezielten Mitteln und Behandlung, sowie einer gesunden und bewussten Lebensweise beispielsweise eine Lungenentzündung oder eine stationäre Entgiftung mit anschliessendem Klinikaufenthalt über mehrere Wochen vermeiden kann, dann will ich das erstmal ausprobieren um meiner Verantwortung gerecht zu werden. Wenn das nicht für mich funktioniert, dann denke ich darüber nach es so zu halten wie du dorothea .

    Ich habe für mich gute Gründe gefunden, wieso ich meinem intuitiven Gefühl vertrauen möchte. Und nein, es ist nicht nur der Hund. Ich fühle mich nicht so, als ob ich von 9-16 Uhr betreut oder "beschäftigt" werden muss. Ich komme richtig gut damit klar morgens "Tagesfreizeit" zu haben. Kann mich gut beschäftigen zu hause, schlafe auch nie länger als halb 10, weil ich ne Runde drehen muss. Mit Arbeit ist das auch prima vereinbar. (Ich weiss gar nicht, ob ich auch am Wochenende in die Reha müsste?) Natürlich wäre es hilfreich, wenn ich einen akuten Einbruch habe direkt Ansprechpersonen zu haben. Aber nach 16 Uhr bin ich auf mich allein gestellt. Da fängt ja der "Routine"-Saufdruck erst an. Und ehrlich gesagt um ein Gefühl von Stabilität in meiner frühen Abstinenz aufrecht zu erhalten, hat mir bisher der Austausch hier gereicht, sowie diese ganzen Veränderungen, die Schritt für Schritt ablaufen und ich sehe, dass ich irgendwo hinkomme.

    Natürlich werden noch andere und schwerere "Anfälle" kommen, bei denen ich lernen muss meine Gefühle zu regulieren ohne Suchtmittel. Genau dafür will ich ja an einem therapeutischen Angebot teilnehmen.

    Einen Satz den mir die Therapeutin heute mitgegeben hat: Werden sie erwachsen. Sie sind alt genug um zu wissen, dass sie ihre Gefühle nicht unterdrücken können. Das ist interessant, dieser Wille dauerhaft ohne Alkohol zu leben ist motiviert durch Gedanken, die ich seit Herbst letzen Jahres kultiviere: it's save to grow up now. (Keine Ahnung warum auf Englisch, aber fühle ich mehr)

    Vielleicht habe ich deswegen auch geweint. Ich weiss es nicht. Es ist auch egal, es ist nämlich voll ok in der U-Bahn zu weinen.

    Nunja, jetzt will ich es aber wirklich ruhen lassen und abwarten, wie dieser Faden der Geschichte weiter geht. Mein Wochenende ist geplant und ich habe gar nicht alles unter bekommen, was ich machen will.

    Ich danke euch für die Unterstützung <3

    Entschuldige bitte, ich habe es nicht ganz in Erinnerung und auf die Schnell auch in Deinem Buch nicht gefunden

    Vielleicht lege ich bald ein Inhaltsverzeichnis an, dann kann man leichter blättern ^^

    „Nur wenn das, was ist, sich ändern lässt, ist das was ist, nicht alles. “ - T.W. Adorno

  • moin lavendelfuchs

    du machst grad das was die meisten machen wollen, sich aus der sucht rausschleichen ohne das es groß auffällt. meine wenigkeit ist da keine ausnahme. fakt ist. es geht extrem oft schief. wir haben hier ein geflügeltes wort. wer will findet wege, wer nicht will findet gründe.

    diese ausreden, ich nenn es jetzt einfach mal so, kennen wir aber zur genüge, von uns selbst, von der arbeit hier.

    ja du hast natürlich ein mitspracherecht und ja du mußt mit der therapie klar kommen, ABER, du mußt eben auch die erfahrungen annehmen und du mußt auch mitmachen. denn das was du bisher allein gemacht hast ist ja ganz offen sichtlich nicht zielführend gewesen. du bist suchtkrank, da kann man nicht einfach eine tablette einwerfen und gut ist. da muß sich vieles ändern. deine gedanken, deine handlungen, dein umfeld. es ist sau schwer aus der sucht raus zu kommen, rein geht sehr schnell, raus ist ein echter kampf mit dem inneren schweinehund.

    ich hab sehr oft in der therapie gesessen meinen therapeuten verflucht und geheult, keine frage, aber ich wollte aus diesem verfluchten karussel raus. und die wußten wo es raus geht, also hab ich meine falschen ansichten runter geschluckt hab ihnen vertraut und bin los.

    es gibt so viele dinge die einen triggern können, es gibt so viele stolperfallen. das muß alles gelernt sein, dazu gehört eben auch verhaltensweise zu ändern. grade wenn sowas angesprochen wird tut das ganz schön weh. man hat ja gründe, denkt man, obwohl es ja doch die sucht ist und nicht das ego, man sieht es nur einfach nicht mehr. käpf nicht gegen die therapeuten, käpf gegen deinen inneren schweinehund der sagt wasch mich aber mach mich nicht nass. das ist eben denke ich deine größte hürde. hilfe annehmen.

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Hallo dorothea, tut mir leid, dass ich erst jetzt antworte. Mit ein bisschen Abstand zur Situation kann ich deine Worte grade aber viel eher annehmen und dir dafür danken.

    Ich finde du bist schon sehr treffsicher. Nicht nur in einem deiner letzten Beiträge, als du gemerkt hast, dass ich lernen muss für mich selbst einzustehen und wie du meintest keine Kröten zu schucken und Nein sagen lernen. Sondern auch hier, wenn du schreibst, dass Hilfe annehmen schwierig für mich zu sein scheint. "Du brauchst keine Hilfe" ist ein Satz, den ich in meiner frühen Jugend gehört und lange Zeit verinnerlicht habe. Ich kämpfe aber dagegen. Ich brauche Hilfe und ich will sie auch annehmen. Ich bin suchtkrank. Ich frage aktiv nach Hilfe und setze Ratschläge um.

    du machst grad das was die meisten machen wollen, sich aus der sucht rausschleichen ohne das es groß auffällt. meine wenigkeit ist da keine ausnahme. fakt ist. es geht extrem oft schief. wir haben hier ein geflügeltes wort. wer will findet wege, wer nicht will findet gründe.

    Daher hat mich das ein bisschen gekränkt. In einem früheren Beitrag habe ich geschrieben,dass ich "hausieren" gehe mit meiner Sucht (habe in einem anderen thread gelesen, dass dieser Begriff hier nicht gern gelesen wird. Werde ihn nur noch dieses Mal verwenden als Zitat.) Ich bin zu meinem Hausarzt und hab ihm direkt ins Gesicht gesagt, dass ich alkoholkrank bin und nicht mehr trinken möchte. Ich war beim Nuklearmediziner und hab ihm auch erzählt, dass ich Alkoholikerin bin, ich war bei der Klinik und habe dort nichts beschönigt an meinem Konsum, ich war bei dieser Infogruppe und habe heute morgen nochmal mit der Oberärtzin telefoniert, gestern abend war ich auch noch in der Selbsthilfegruppe und hab mich dort vorgestellt und will da regelmäßig hingehen und über meine Sucht sprechen. Ich habe mir am Sonntag meinen besten Freund gekrallt und ihm klipp und klar gesagt warum ich grade Kliniken und Therapeut*innen besuche und dass ich jemanden zum reden brauche, weil sich meine Gedanken grade 24/7 um dieses Thema drehen. Mir ist unklar was ich zum aktuellen Zeitpunkt noch mehr machen kann, um nicht heimlich aus meiner Sucht rauszukommen.

    Ich würde deine Worte aber auch als "man will aus der Sucht raus, aber es soll bitte nicht zu unbequem werden." lesen. Da verstehe ich sehr was du meinst. Die Sucht macht bequem. Ich bin nicht glücklich, jetzt doch komplett auspacken zu müssen, und mich durch mein "Gepäck" zu wühlen, das wird richtig anstrengend. Aber ich bin bereit dazu. Wenn es das ist was ich machen muss um nachhaltig etwas gegen meine Sucht zu tun, dann mache ich das.

    Ich will sprechen und auch die Dinge aussprechen, die sehr schmerzhaft sind und damit einen anderen Umgang finden als Betäubung durch Alkohol. Aktuell ist meine Strategie wenn Gefühle zu doll werden "aushalten, durchatmen, ausagieren ", aber bisher waren es nur die kleinen Alltags-Katastrophen. Die großen Trigger kommen erst noch. Auf diese bereite ich mich grade vor. Wahrscheinlich mache ich es mir schwerer und der Prozess wird langwieriger, wenn ich mich für ein ambulantes Setting entscheide. Dennoch fühlt es sich für mich grade richtig an. Ich möchte das versuchen. Wenn ich an diesem Weg scheitere oder zu einem späteren Zeitpunkt merke, dass die Luft knapp wird, dann gibt es die anderen Wege der therapeutischen Hilfe immernoch. Eins ist für mich klar, ich will nie wieder an diesen dunklen, nassen Ort zurück.

    „Nur wenn das, was ist, sich ändern lässt, ist das was ist, nicht alles. “ - T.W. Adorno

  • Im Alltag komme ich wirklich gut zurecht aktuell. Ich fühle mich - trotz Entscheidungsunsicherheiten und einer leichten Ängstlichkeit ob nicht doch plötzlich die Sucht zuschlägt - stabil. So wenig depressive Tendenzen wie jetzt hatte ich die letzten 15 Jahre nicht mehr. Suchtdruck habe ich die letzten Tage nicht verspürt. Es ist weiterhin dieses "Termin erledigt/abgesagt - saufen" Muster aktiv, was sich aber leicht managen lässt, indem ich mir auf dem Heimweg vorstelle, wie ich zu Hause meinen Abend genieße. Mein Blick in der Öffentlichkeit ist vermehrt auf "Trinker" fixiert und ich habe das Gefühl mich von ihnen distanzieren zu wollen. Heute war es so, dass mir schlecht geworden ist als ich jemanden in der Bahn beobachtet habe, wie er Starkbier in sich reinschüttet. Ich habe mich an den Geschmack erinnert und wie widerlich es schmeckt. Ich habe mir eine zeitlang Starkbier aus Dosen reingezwungen, weil es in meiner Alkoholiker-Rechnung das beste Preis-Leistungs-Müll-Verhältnis ergeben hat... Ich bin dann bis an das Ende der Bahn gelaufen um mir das nicht weiter ansehen zu müssen. Ich denke mal dieses "ein Auge für Alkoholkranke" haben hört nicht mehr auf, oder?

    Ich habe tolle Sachen gemacht in der letzten Zeit. Ich war im Fitti und in der Sauna, habe Sachen auf dem Flohmarkt verkauft und Zeit mit Freunden verbracht, ich habe leckere Gerichte gekocht und probiere mich grade durch die verschiedenen Wassersorten im Bio-Markt.

    „Nur wenn das, was ist, sich ändern lässt, ist das was ist, nicht alles. “ - T.W. Adorno

  • Also, nach zwei Jahren hat das mit dem Auge für Alkoholkranke noch nicht aufgehört. :) Das mit dem stärkeren Bier und der Müll- und Preismenge kenne ich. Das hatte ich schon ganz vergessen. Danke dafür.

    Aber der Blick auf den Alkohol an sich wird weniger. Im Laden oder auf den Tischen anderer im Restaurant. Ich schaue mir ja auch nicht die Windeln im Sonderangebot an. Ist halt nix für mich.

    Durch alle alkoholfreien Getränke habe ich mich auch durchprobiert. :thumbup: Was für eine Offenbarung. Nach nem halben Jahr, war ich dann hauptsächlich wieder bei Tee und Wasser.

    Liest Dich sehr gut.

  • moin lavendelfuchs

    schön das du verstanden hast was ich meine. es ist einfach ein wirklicher akt aus der sucht raus zu kommen. das alkvernebelte hirn hat da so seine ganz besonderen interprätationen. ich bin da in keiner weise anders als du, und ich habs nicht vergessen. den jahre langen selbstbetrug der alles nur in die länge zog.

    du hast einen riesen berg arbeit vor dir und wir stehen dir hier bei. aufräumen mußt du allerdings allein denn nur so wird es nachhaltig. saufdruck hat sich bei mir immer durch innere unruhe gezeigt. die tritt auch heute noch ab und an mal auf, extrem selten, aber der suchtteufel probierts halt immer mal wieder. ablenkung ist das wirklich wichtig. ein hobby. der eine treibt sport, den nächste geht fotografieren, ich hab lange spaziergänge gemacht und gern kräuter gesammelt. ich male, oder stricke oder eines meiner gefühlt 5 mil. interessen. es spielt keine rolle, hauptsache nicht grübeln und schon gar nicht trinken.

    im geschlossenen haben wir da einige threads wo wir unsere kunstwerke einander vorstellen. wichtig ist, verzettel dich nicht. nicht zu viel auf einmal, du weißt ja schon mal was du nicht willst. das ist ein sehr guter anfang. alles weg was man nicht will. und wenn das pö a pö weg ist kannst du dann gucken was du willst. es wird langsam aber sicher besser und einfacher, jeden tag ein kleines stück. nach einem jahr sind die meisten dann über das schlimmste weg.

    bleib bei uns, schreib jeden tag ein bißchen was, vor allem aber wenn es dir nicht gut geht, wenn du grübelst, unruhig bist- das ist wichtig.

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • In einem früheren Beitrag habe ich geschrieben,dass ich "hausieren" gehe mit meiner Sucht (habe in einem anderen thread gelesen, dass dieser Begriff hier nicht gern gelesen wird. Werde ihn nur noch dieses Mal verwenden als Zitat.)

    Auch hier nochmal: Das Wort 'hausieren' darf in diesem Forum verwendet werden.

    Die Verallgemeinerung von Carl Friedrich ist nicht zutreffend.

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Also, nach zwei Jahren hat das mit dem Auge für Alkoholkranke noch nicht aufgehört. :)

    Hallo Alex,

    Dachte ich mir, dass es bleibt. Was ich in meinen Beobachtungen auch einfange sind die irritierten bis angeekelten Gesichter "normaler" Menschen. Das hinterlässt in mir auch ein Gefühl der Beschämung. Ich könnte genau so abgeranzt dort sitzen und diese Blicke würden mir gelten.

    Nach nem halben Jahr, war ich dann hauptsächlich wieder bei Tee und Wasser.

    Ich bin absolute Wasser-Liebhaberin. Aber mein Kaffee Konsum geht in eine ungünstige Richtung.

    „Nur wenn das, was ist, sich ändern lässt, ist das was ist, nicht alles. “ - T.W. Adorno

  • schön das du verstanden hast was ich meine. es ist einfach ein wirklicher akt aus der sucht raus zu kommen. du hast einen riesen berg arbeit vor dir und wir stehen dir hier bei. aufräumen mußt du allerdings allein denn nur so wird es nachhaltig.

    Ja, ich glaube ich realisiere jetzt erst so langsam was das wirklich bedeutet. Ich muss durch mein Leben gehen und in jede Ecke schauen. Einmal alles auf links drehen und prüfen ob es noch gut ist und wenn nicht, dann weg damit.

    ein hobby. der eine treibt sport, den nächste geht fotografieren, ich hab lange spaziergänge gemacht und gern kräuter gesammelt. ich male, oder stricke oder eines meiner gefühlt 5 mil. interessen. es spielt keine rolle, hauptsache nicht grübeln und schon gar nicht trinken.

    ich finde tatsächlich alles davon toll und würde es gerne wieder öfter machen. Ich freue mich vor allem auf die anstehende Bärlauch Saison ^^ Ich habe schon einen ganzen Koffer voller Ideen, was ich in meiner freien Zeit machen kann. Mir hat es bisher durch den Alkohol an Antrieb gefehlt die Pläne auch umzusetzen. Aber jetzt habe ich Zeit und Energie. Das ist wirklich eine nette Wendung in meinem Leben.

    wichtig ist, verzettel dich nicht. nicht zu viel auf einmal, du weißt ja schon mal was du nicht willst. das ist ein sehr guter anfang. alles weg was man nicht will. und wenn das pö a pö weg ist kannst du dann gucken was du willst. es wird langsam aber sicher besser und einfacher, jeden tag ein kleines stück. nach einem jahr sind die meisten dann über das schlimmste weg.

    bleib bei uns, schreib jeden tag ein bißchen was, vor allem aber wenn es dir nicht gut geht, wenn du grübelst, unruhig bist- das ist wichtig.

    Danke für den Hinweis. Ich bin stellenweise ungeduldig mit mir und verlange von mir, dass sofort alles klar sein muss. Ich möchte nicht mehr so harsch mit mir umgehen. Ich vertraue dem Prozess und darauf, dass es besser wird. Ich bin sehr froh mich nach meinem Austauch 2020 nochmal gemeldet zu haben, obwohl mein erster Gedanke war "fuck, hier war ich schon mal." war und sich das sehr unangenehm angefühlt hat.

    Und jetzt würde ich gerne hier bleiben. Ich würde auch gerne in den geschlossenen Bereich. Ich finde grade wenn es schlecht läuft möchte ich das nicht komplett zugänglich im Internet veröffentlichen. Welche Anforderungen muss ich denn erfüllen um aufgenommen zu werden?

    „Nur wenn das, was ist, sich ändern lässt, ist das was ist, nicht alles. “ - T.W. Adorno

  • moin lavendelfuchs.

    nimm dir zeit zu sortieren, es ist oft nicht so einfach rauszufinden was sind auswirkungen des alks, sowohl im denken als auch im handeln und fühlen. was ist meine persöhnlichkeit und was ist einfach eine angewohnheit die geändert werden könnte. der alkohol hat uns verändert, in sehr vielen dingen. wenn du eine weile trocken bist wirst du es selbst merken, eben ist das alles noch sehr schwammig, nicht wirklich fassbar. das macht es am anfang ja auch so schwierig, undurchsichtig.

    der bärlauch wird wohl noch ne weile auf sich warten lassen, je nachdem wo du wohnst, macht ja auch nen unterschied, sicher noch einige wochen. mit den hobbys, fang was an was du jederzeit machen kannst. weil suchtdurck guckt werder auf die uhr noch aufs wetter. such dir da ein paar sachen, nicht zuviel, nicht das du dich da verzettelst und dich selbst unter druck setzt weil da was noch nicht fertig ist aber das andere auch wartet.... so das du problemlos den überblick behälst und was dich ausreichend ablenkt wenn du nervös wirst.

    und ich finde es toll das du den mut gefunden hast noch mal hier durchzustarten. das ist ein gutes zeichen für deinen willen. und der steht tatsächlich über allem.

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

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