Hallo,
Ich bin 33 Jahre alt und somit erwachsene Tochter einer alkoholkranken Mutter (66 Jahre). Wie bei vielen hat die Sucht schleichend angefangen, aber ich kann mich erinnern, dass es mir zumindest schon im Jugendalter bewusst war. Damals hat uns als Familie jedoch vordergründig das Rauchen gestört und die beginnende Zerrissenheit der Familie eher darauf bezogen. Z.B. dachten wir, dass sie nicht mehr mit uns wandern gehen will, weil die Lunge vielleicht nicht mehr so stark ist.
Sowohl mein älterer Bruder als auch ich leben mit unseren jeweiligen Familien eigenständig in anderen Städten.
Die Problematik der Alkoholsucht ist in den letzten Jahren immer deutlicher hervorgetreten, mit körperlichen Abstürzen wie einer Varizenblutung und Wassereinlagerungen, aber auch zunehmend kognitiven Symptomen wie Vergesslichkeit.
Nach anfänglichem Leugnen ist sie nun soweit, dass sie erzählt, schon zweimal einen kalten Entzug zuhause geschafft zu haben, aber in ihrer Sichtweisen sind alle anderen Probleme wichtiger und Schuld an ihrer schlechten Verfassung sind all diese Probleme und die Menschen um sie herum, also v.a. Mein Vater, ihre eigene Mutter und wir Kinder.
Seit August ist nun eine neue Stufe erreicht, wo sie das Haus nicht mehr verlässt, fast nur noch in ihrem Zimmer ist, ab und zu meinem Vater Zettel schreibt oder uns Textnachrichten aufs Handy. Der Wein wird Kanisterweise übers Interrnet bestellt und vor die Tür geliefert. Problematisch ist daran für uns v.a. Die zunehmende Aggressivität, wo sie z.b. zuerst wünscht, dass mein Vater ihr etwas bestimmtes kochen soll, nur um ihm danach an den Kopf zu werfen, dass er ab jetzt woanders kochen soll, weil sie den Geruch nicht erträgt. Sie kommt nicht mehr zu Besuch und als wir kommen wollten, hat sie geschrieben, wir sollen im Hotel übernachten, weil sie überall geraucht hat. Nachdem mein Vater uns besucht hatte, haben wir Ausflugsfotos in den Gruppenchat gestellt und ihr geschrieben, was wir mit den Kindern gespielt haben (meine Tochter ist absolut vernarrt in sie und bisher hatte das auf Gegenseitigkeit beruht). Darauf hat sie geantwortet, dass sie das gar nicht wissen will.
Ich selber war vor 2 Jahren in einer Beratungsstelle und habe meiner Mutter auch gesagt, dass ich sie jederzeit begleiten würde dorthin, aber sie meint, dass man solche Probleme nicht auslagern kann und dass sie einen Entzug längst wieder geschafft hätte, wenn wir ihr keine Angst gemacht hätten davor.
Ich frage mich nun, wo das hinführt und jedes Mal neu, wie ich mich positionieren soll. Ist es irgendwie möglich, jemandem Suchtkranken aufzuzeigen, dass die Problemlösung mit dem Alkohol anfangen muss und dann auch wieder Kraft für anderes da ist?
Ich bin meinen Kindern (3 und 6 Jahre) und ihrer Mutter (92 Jahre) ehrlich gegenüber bei diesem Thema, wenn sie mich fragen, was los ist, aber frage mich immer wieder, wie ich das am besten erkläre...?
Gibt es Erfahrungen andere Ehepartner, die noch im Seniorenalter versucht haben, die Co-Phase zu beenden?
Ich fand es schon sehr hilfreich, von anderen Betroffenen und v.a. Auch die Beschreibungen von trockenen Alkoholikern zu lesen, also vielen Dank für dieses Forum! Eine Selbsthilfegruppe für EKAs gibt es in meiner Nähe leider keins.
Liebe Grüsse