Aus einem bösen Traum erwacht...

  • Hallo Fibonacci,

    ein Rückfall ist großer Mist. Ich finde toll, dass du dich aufgerappelt hast, neu durchstartest und dich auch wieder hier meldest.

    Nun hast du bitter lernen müssen, was passieren kann, wenn man nicht auf sich achtet. Hoffentlich hilft es dir für die Zukunft: Was kannst du im Vorwege tun? Meist kündigt sich ein Rückfall (bewusst oder unbewusst an). Nur ein paar Ideen, die mir beim Lesen bei dir einfallen: Wie ist deine künftige Strategie beim nächsten alkoholischen Geschenk (könnten ja auch Pralinen sein)? Hast du bemerkt, dass du Stress bei der Arbeit hast? Kannst du rechtzeitig etwas unternehmen und einen Ausgleich finden? Ein Austausch im Forum hätte dir möglicherweise geholfen? Wie ist es mit dem Termin bei der Suchtberatung? Hast du noch mehr in deinem Leben geändert, als nur den Alkohol wegzulassen?

    Dies sind nur ein paar Gedanken, die mir spontan in den Sinn kamen. Übringes super, dass du mit deinem Kumpel über das Thema sprechen konntest und er dir auch gleich eine Lösung anbieten konnte: Stopp das Trinken "sofort" und nicht erst in ein paar Tagen.

    Viele Grüße

    Seeblick

  • Hallo zusammen,

    Ich danke euch allen für die guten Ratschläge und Wünsche.

    Ich versuche nochmal zu analysieren denn natürlich war mein erster post nicht die gesamte Fehleranalyse. Die kommt ja erst noch.

    Es sollte auch nicht so rüber kommen, dass ich den Rückfall auf die leichte Schulter nehme. Keinesfalls. Es war schrecklich! Ich wollte nur nicht in Richtung Selbstmitleid abdriften und jammern.

    Also mein Hauptfehler war, dass ich mich zu sicher gefühlt habe. Ich habe die Gefahr trotz eurer Warnungen unterschätzt. Dass man sich einfach nicht in solche Situationen begeben soll. Wusste ich ja eigentlich.

    Und im Nachhinein betrachtet hat sich der Rückfall natürlich angekündigt. Stress, Verlangen nach einer schnellen Lösung, Versuche mich abzulenken schlugen fehl. Ich hatte genau genommen alles vergessen was ich hier die ersten 30 Tage meiner Nüchternheit versucht habe umzusetzen. Ich war einfach nicht diszipliniert genug und habe schleifen lassen. Und ja, vermutlich wollte ich trinken. Das habe ich ja mit dem Rückfall bewiesen.

    Ich werde jetzt Tagebuch schreiben, um jeden Tag mein Innerstes zu reflektieren. Und werde die geschriebenen Seiten immer wieder lesen.

    Meine Wunschliste für das Jahr steht auch schon.

    Ich werde künftig ohne Geld und Karten aus dem Haus gehen. Bei der Arbeit brauche ich kein Geld. Und ab nächster Woche habe ich ein E-Auto, das ich zuhause laden kann, d.h. ich muss auch nicht mehr an die Tankstelle. Da würde mich bei euch übrigens interessieren, ob ihr zu eurer aktiven Zeit Menschen ward, die sich auch mal an der Tanke was geholt haben und wie ihr am Anfang eurer Nüchternheit mit dieser anonymen Möglichkeit an Alk zu kommen umgegangen seid. Würde mich sehr interessieren, auch damit ich mich besser einschätzen kann.

    Thema Suchtberatung, ja ich drücke mich. Ihr kennt meine Meinung dazu. Und was würde denn der Berater jetzt sagen, hab ich Ihnen doch gesagt dass Sie Rückfälle erleiden werden? Ich habe da wirklich meine Bedenken ob das förderlich oder doch eher hinderlich wäre. Ich habe meinen Buddy, der nicht trinkt und dem ich vertraue. Ich habe meinen befreundeten Arzt. Der kennt sich mit Psychosomatik eigentlich ganz gut aus. Und ich überlege eine weitere Person einzuweihen, den ich auch als guten Bekannten bezeichne und der nichts trinkt weil sich sein Vater tot gesoffen hat.

    Hat jemand von euch Erfahrung mit Meditation? Damit soll man ja echt einiges erreichen können.

    So, ich werde jetzt entspannen und mir was Süßes gönnen. Und natürlich jeden Tag an der Fehleranalyse weiterarbeiten.

    LG

  • Ich werde künftig ohne Geld und Karten aus dem Haus gehen. Bei der Arbeit brauche ich kein Geld. Und ab nächster Woche habe ich ein E-Auto, das ich zuhause laden kann, d.h. ich muss auch nicht mehr an die Tankstelle. Da würde mich bei euch übrigens interessieren, ob ihr zu eurer aktiven Zeit Menschen ward, die sich auch mal an der Tanke was geholt haben und wie ihr am Anfang eurer Nüchternheit mit dieser anonymen Möglichkeit an Alk zu kommen umgegangen seid. Würde mich sehr interessieren, auch damit ich mich besser einschätzen kann.

    Hallo!

    Was ist, wenn Du dochmal plötzlich Geld benötigst? Du hast einen Unfall und kannst nicht weiter fahren? Oder brauchst ein Medikament aus der Apotheke? Oder die E Karre springt nicht an und Du musst mit dem ÖPNV nach Hause?

    Bargeld- und kartenlos? Auf die Idee wäre ich nie gekommen. Da käme ich mir entmündigt vor.

    An der Tanke hatte ich mich gerne am Wochenende , wenn die Vorräte ausgetrunken waren, noch mal Nachschub geholt, da sie genau meine Marken anbieten.

    Aber die Tanke soll doch bei Dir wegfallen. Also ist das Thema erledigt. Ansonsten Tunnelblick aufsetzen, die Augen allein auf die Kasse fixieren, dort zahlen und genau so wieder raus. Nach ein paar Malen tanken ist die Verknüpfung Tanke = Stoff überschrieben.

    Gruß

    Carl Friedrich

  • Thema Suchtberatung,

    ich war nie in einer Suchtberatung oder habe eine Therapie gemacht. Ich bin mit diesem Forum und den Grundbausteinen trocken geworden. Ich war auch nur einmal in einer realen Gruppe.

    Eine Hilfe ist nur so gut wie ich bereit bin sie anzunehmen. Leider und da liegt die Gefahr. Ich weiß es vorher nicht, was mir hilft. Deswegen nichts ausschließen. Es verändern sich auch die Zeiten, das Denken und dann ist man froh, dass es da noch etwas gibt.

    Ich bin diesen Weg gegangen und mich ständig darin überprüft.

    Das Forenteam
    17. Mai 2021 um 16:40

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Fibonacci,

    Rückfall ist doof. Und wie du schreibst: Es fühlt sich gemein, elend, demütigend, eklig und schuldig an. Ich wünsche dir, dass sich dieses häßliche Gefühl tief einprägt.

    Ich finde es sehr stark von dir, dass du schnell wieder abgesprungen bist und auch, dass du uns von deinem Rückfall erzählst.

    2 Flaschen Wein, ein Geschenk…. Das war ja heute auch hier im Forum richtig Thema, mit unterschiedlichen Ansichten diskutiert.

    Dein Rückfall hat sich angekündigt, schreibst du. Trotzdem hast du den (geschenkten) Wein mit nach Hause genommen. Leichtsinn? Du warst dir zu sicher, schreibst du.

    Warum warst du dir sicher? Was hat Dir Sicherheit gegeben?

    Ich wünsche dir, dass du jetzt den nötigen Respekt vor dem Alkohol haben kannst, und vor unserer Krankheit.

    Und nochmal danke für‘s Erzählen.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Hallo Fibonacci,

    wenn sonntags die Geschäfte geschlossen waren, bin ich auch mal (eher selten) zur Tanke. Da ich aber damals kein Auto gefahren bin, musste ich nicht tanken und daher auch keine Versuchung.

    Kein Geld mitzunehmen ist an sich keine schlechte Idee. Zumindest am Anfang. Du wirst aber lernen müssen, damit umzugehen. Wie beim Einkauf auch. Da hilft wie schon geschrieben der Tunnelblick. Einkaufen (vielleicht mit Liste) oder eben tanken, bezahlen und raus.

    In Meditation habe ich mich versucht. Es klappt nicht sofort, aber eine bestimmte Atmung und gerichtete Konzentration kann beim Entspannen helfen und das Gedankenkarussell stoppen. Da gibt es auch kostenfreie Apps mit leichten Anfängerübungen. Einfach probieren.

    Viele Grüße

    Seeblick

  • Zitat

    Ubd ja, ich werde jetzt erstmal einen riesigen Bogen um Alk machen und um alle die etwas damit zu tun haben. Wie hätte ich denn auf das Geschenk reagieren sollen? Die Person bedeutet mir schon etwas, war also kein Fremder... Aber halt auch nicht so vertraut, dass ich mich offenbart hätte...

    Hallo FI,

    wenn man Alkohol-Geschenke höflich ablehnt, z.Bsp. mit der Begründung "ich trinke keinen Alkohol, weil ich keinen mehr vertrage" und du ihn deshalb nicht im Haus haben möchtest, wird es jeder verstehen - besonders Bekannte. Man muß ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.

    Mein Chef machte ein Mal ein alkoholfreies Jahr, freiwillig, und machte da keinen Hehl daraus - es hat jeder verstanden, es gab auch Bewunderung.

    Er sagte offen, daß sein Konsum ganz schön angestiegen sei, in den letzten Jahren und möchte sich beweisen, daß es auch ohne geht.

    Auch ich zollte ihm Respekt.

    Was ich nicht verstehe, warum man so große Angst hat, vor der Beratungsstelle oder dem Arzt. Das sind alles gut ausgebildete und vor allem erfahrene Menschen, die jede Menge Tips geben können, gerade was Rückfälle angeht oder Einrichtungen die sich mit Meditation, Yoga, Atemübungen etc. auskennen, die Adressen parat haben.

    Diese Zögerlichkeit erinnert mich sehr an sich nicht trauende Kinder!

    MfG

  • Da würde mich bei euch übrigens interessieren, ob ihr zu eurer aktiven Zeit Menschen ward, die sich auch mal an der Tanke was geholt haben und wie ihr am Anfang eurer Nüchternheit mit dieser anonymen Möglichkeit an Alk zu kommen umgegangen seid.

    Jeden Sonntag Abend war ich an der "Tanke" kurz bevor die 21.00 Uhr zu machte, da war wenig los und ich konnte relativ unbeobachtet meine Flasche Weinbrand holen.

    Ich hab mich - warum, "das weiß der Fuchs" - regelmäßig verschätzt, was meinen Schnapskonsum am WE betraf und so saß ich Sonntagabend nur noch mit einer halben Flasche Schnaps da und wusste, dass das nicht reichen würde um die Nacht zu überstehen und noch genug Vorrat zu haben, um mich am Montag Morgen wieder so weit zurecht zu saufen, dass ich wenigstens für die nötigsten Wege (Geld besorgen und Schnaps kaufen) funktionierte, also ging's zur "Tanke" um Nachschub zu holen.

    Einmal, an einem Tiefpunkt meiner Säuferlaufbahn, stand ich in der Tanke und wusste, dass mir 9 Cent für die billigste Flasche Schnaps fehlten.

    Ich hab Karli den Tankwart angebettelt, er kenne mich doch und könnte mir doch die Flasche Weinbrand geben, ich würde ihm auch die 9 Cent am nächsten Tag vorbei bringen.

    Ich hab geheult, aber Karli blieb hart und so kaufte ich für mein letztes Geld paar Büchsen Bier.

    Ich bin nie wieder in diese Tanke zum Alk kaufen gegangen, weil mir das im Nachhinein soooo peinlich war und wenn ich Karli auf der Straße gesehen habe, bin ich mit gesenktem Kopf auf die andere Straßenseite.

    Ja, soweit ging der Verstand irgendwie noch.

    Wenn ich jetzt so daran denke, war die Tanke ab diesem Zeitpunkt überhaupt keine Option mehr für mich um Alk zu beschaffen, die peinliche Situation war wahrscheinlich irgendwo in mir eingraviert.

  • Hallo zusammen,

    Wollte mich nach dem Wochenende mal wieder melden.

    Zunächst einmal Danke für all die Antworten. Ihr schreibt das ja alles in eurer Freizeit und nehmt euch für jeden Einzelnen hier viel Zeit. Das ist echt toll.

    So langsam entspanne ich wieder. Ich habe es selbst an meinen ersten Beiträgen nach dem Rückfall gemerkt, wie gestresst ich noch war, wie überstimuliert mein Nervensystem war.

    Also weiter mit der Fehleranalyse.

    Ich schrieb ja, dass ich mich beim Annehmen der Flaschen zu sicher gefühlt habe. Damit meine ich, dass ich meine Fähigkeiten abstinent und standhaft zu bleiben überschätzt habe.

    Vermutlich habe ich mir auch unbewusst eine Hintertür offen gelassen fürs Trinken. Das spüre ich jetzt sehr intensiv. Ich habe versucht mich geistig nochmal in die Situation zu begeben. Versucht, die Emotionen nochmal zu spüren. Es hat sich tatsächlich so angefühlt als wenn ich in dem Moment etwas verbotenes gemacht hätte. Und darin lag vermutlich der Kick. Ich habe mit meiner Gesundheit gespielt! Oder besser, sie leichtfertig aufs Spiel gesetzt! Denn es war wie ich es hier und auch in den Büchern gelesen habe - bei einem Rückfall trinkt man mehr und noch riskanter, als ob man was aufholen muss... Es war sehr gefährlich was ich gemacht habe...

    Wie nennt man dieses "sich in eine Situation nochmal reinversetzen"? Ist das Autosuggestion?

    Jedenfalls funktioniert das bei mir recht gut. Gestern habe ich mich in mein besoffenes Ich hinein versetzt, mir vorgestellt wie ich nach Alk stinke, wie ich schwitze und wie sich meine Frau angewidert im Bett von mir wegdreht. Diese Vorstellung hat mir sehr geholfen, meinen derzeitigen Zustand wertzuschätzen. Vor dem Einschlafen habe ich dann mehrmals hintereinander im Geiste gesagt "so eine abstoßende Person will ich nie wieder werden"

    Dieses Mal schaffe ich es.

    Jeden Tag ein kleines Stück.

    LG

  • Hallo Fibonacci,

    danke, dass du so offen über deinen Rückfall sprichst und deine Gedanken und Gefühle darüber teilst. Ich denke, dass es Anregung ist, sich selbst doch etwas genauer zu hinterfragen. Zu schauen, wie es um die eigene Stabilität steht und so vielleicht einen Rückfall verhindern.

    Viele Grüße

    Seeblick

  • Vielen Dank für deine offenen Berichte.

    Wir werden immer Alkoholiker bleiben. Das zu akzeptieren, war (und ist natürlich immer noch) für mich die wichtigste Erkenntnis überhaupt. Wir können nicht geheilt werden. Wir können nur jeden Tag die Krankheit stoppen. Mit völliger Abstinenz, ohne eine einzige Ausnahme.

    Viel Erfolg auf deinem Weg.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Ich möchte Dich auch nochmal für Deine Offenheit loben, Fibonacci. Ich lese hier auch mit, um etwas für mich zu lernen. Ich habe mal in einer Selbsthilfegruppe einen Mann getroffen, der schon viele, viele Jahre nüchtern war, und er sagte immer noch diesen Satz: Ich bin nur eine Armlänge von einem Rückfall entfernt. Das hört wohl nie auf.

    Was aber nicht passieren sollte: daß ein Rückfall dazu führt, daß sich jemand aus Scham aus diesem Forum zurückzieht. Das Leben besteht nicht nur aus Erfolgsgeschichten, wir alle kennen grob die Rückfallstatistiken. Alkohol ist ein Teufelszeug mit hohem Sucht- und Rückfallpotential, das ist leider so. Ich fände es schade, wenn jemand sich nicht traut, über seinen Rückfall zu schreiben, und deshalb auf die Hilfe hier im Forum verzichten muß.

  • ...Wir werden immer Alkoholiker bleiben. Das zu akzeptieren....

    Ich glaube auch, das ist das Schwierigste sich einzugestehen, daß man nicht mit Alkohol umgehen kann. Kein Maß halten kann.

    Wir, die doch sonst immer so vernünftig, auch manchmal intelligent handeln.

    Bei mir hat es eine ganze Weile gedauert, bis ich die Verknüpfung aus meinem Gehirn herausbekommen habe – Alkohol = positives Gefühl. Das Alkohol eben nicht der Retter in der Not, der Sanitäter und das Rettungsboot ist. Sondern das genaue Gegenteil, man verliert sehr schnell den Überblick und rutscht ab.

    Ich bemerkte, daß sich nichts zum Positiven verändert und das Leben sogar ohne Alk möglich ist.

    Was für eine Erkenntnis ...

    Einmal editiert, zuletzt von achelias (15. Februar 2022 um 11:33)

  • Lieber Hanseat,

    Ich hatte tatsächlich anfangs Bedenken, mich hier wieder zu melden, nachdem ich meinen Rückfall hatte. War es Scham? Ich denke es war auch die Angst, euch in irgendeiner Weise enttäuscht zu haben. Jetzt hat man schon Menschen gefunden, die sich einem annehmen und dann schlägt man leichtfertig alle Warnungen in den Wind.

    Ich habe mich trotzdem gemeldet, weil ich mich selbst auch mit euren (teilweise auch sehr harten) Reaktionen konfrontieren wollte. Und natürlich weil ich eure Meinungen sehr schätze. Es hilft ja auch nicht wenn man einen Rückfall schönredet.

    LG

  • Als ich damals in der Selbsthilfegruppe war, das ist jetzt auch schon ein paar Jahre her, mußte ich jedes zweite oder dritte Mal einen Rückfall beichten. Das habe ich dann ein paarmal so gemacht, und irgendwann bin ich nicht mehr hingegangen, weil ich die Leute auch nicht demotivieren wollte und die mich vermutlich sowieso nicht so richtig ernst genommen haben. Klar, irgendwann stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit.

    Wenn es aber nach dem Rückfall nüchtern weitergehen soll, wenn die Trockenheit weiterhin das unbedingte Ziel ist, dann ist dieses Forum der richtige Ort. Jedenfalls sehe ich das so. Vielleicht gibt es da auch Widerspruch von anderen, ich weiß es nicht. Warum sollte ich mich enttäuscht fühlen? Ich bin froh, daß Du wieder auf dem richtigen Weg und weiterhin hier bist.

  • Hallo Fibonacci,

    danke das du mit deinem Rückfall so offen umgehst und uns teilhaben lässt. Es ist sicher nicht leicht. Was du gerade tust, ist aber auch schon die weitere Arbeit an deiner Trockenheit und deinem Umgang mit Rückschlägen. Ich ziehe den Hut!

    Zu deiner Beobachtung "Kauf an der Tankstelle" und "Anonymität".. da habe ich eine kleine Geschichte von mir in Erinnerung, die ich auch in meinem Drei-Jahres-Faden geschrieben hatte:

    Nach ein paar Tagen ohne Alkohol, als ich wirklich körperlich und geistig wackelig war und mich in einem ganz neuen Leben fühlte, traute ich mich das erste Mal wieder aus dem Haus. Ich brauchte ein paar Lebensmittel und ging zum nächsten kleinen Supermarkt an der Ecke. Beim Zahlen sagte die Kassiererin zu mir: "Das ist aber schön, daß Sie nun andere Dinge einkaufen!" .. Ich war so baff, daß ich (glaube ich) schnell wieder heim ging. Jahrelang dachte ich, ich hätte meinen Alkoholkonsum erfolgreich versteckt und anonym in der Masse Berlins gelebt und gekauft. Pustekuchen :lol: Die Frau an der Kasse, die ich kaum kannte und wahrgenommen hatte, wusste das ganz genau!

    Wie Hanseat schon schrieb... wir sind tatsächlich nur eine Armlänge vom Rückfall entfernt. Darum sollte wir diese Armlänge lieber nutzen, um die Tastatur und damit dies Forum zu erreichen!

    Alles Gute weiter für dich - wir lesen uns!

    Peter

  • Guten Abend zusammen,

    Die letzten 14 Tage habe ich mich bewusst hier etwas zurück genommen. Ich habe aber viel in den anderen Beiträgen gelesen und bin weiter täglich in Selbstreflektion gegangen. Ich habe einige Trigger identifizieren können, die in der Vergangenheit zu Saufdruck geführt haben. Diese Trigger habe ich nun anders bewertet und zu etwas Positiven gemacht.

    Zum Beispiel war für mich das Wochenende immer eine Gelegenheit besonders viel zu trinken. Da ich nicht zur Arbeit musste, konnte ich praktisch schon mittags anfangen. Dadurch sind die Wochenenden aber recht schnell vergangen, weil ich eben knülle war. Und Sonntag Abend kam dann das tiefe Loch, die Angst, die Depression (?). Oft bin ich mit einem Vorwand nochmal an der Tanke vorbei und habe meinen Vorrat aufgefüllt, damit es ja reicht. Obwohl ich mich Freitag ordentlich mit Spirituosen eingedeckt hatte.

    Jetzt freue ich mich als nüchterne Person sehr auf die Wochenenden. Die freie Zeit wird nicht zum Gefühl der Leere oder Langeweile sondern wird gefüllt mit Aktivität. Ich genieße sogar die Sonntagabende. Das habe ich seit der Jugend nicht mehr. Ich hatte tatsächlich regelrecht Panik Sonntags. Ich glaube ich sollte das wirklich mal in einer Psychotherapie aufarbeiten, was da los war.

    Ansonsten gehe ich dem Alk gut aus dem Weg. Ich habe es aktuell geschafft, mit dem Stoff ein Ekelgefühl zu verbinden. Gestern war ich mit meiner Tochter einkaufen und bin an einer Flasche meines ehemaligen Lieblings Whiskey vorbei gekommen. Ich hatte kein Verlangen sondern Ekel. Ich wöllte mich selbst nicht mehr mit einer Fahne riechen. Ich verzeichne das mal als Erfolg. Bin aber nicht leichtsinnig deshalb.

    Zwei andere Erfahrungen würde ich auch noch gerne mit euch teilen. Zum Einen wieder ein Traum, ich war mit Kollegen auf Kongress und Abends wurde wie immer gebechert. Ich sah die halb leeren Flaschen auf den Tischen und es war im Traum ein regelrechter Spießroutenlauf. Ich konnte das Zeug regelrecht riechen und habe mich sogar im Traum geekelt. Und natürlich dankend abgelehnt.

    Der Traum hat mir gezeigt, dass ich noch sehr vorsichtig sein muss. Und dass ich definitiv im April noch nicht mit auf Kongress fahre! Ist eh eine Hybrid Veranstaltung mit Möglichkeit der Online Teilnahme.

    Die andere Erfahrung war das Stöbern in einer anderen online SHG. Und die hat mir gezeigt, wie ernst ihr es hier meint und warum ihr daher auch manchmal streng seid. Dort wurde die Ankündigung eines Users dass er geplant in den Rückfall geht wegen eines Trauerfalles einfach akzeptiert und toleriert! Mit den Worten "dann hoffen wir dich morgen wieder mit Tag 1 hier begrüßen zu dürfen".

    Nee also sowas kann ich in meiner aktuellen Phase nicht gutheißen. Und es zeigt mir weiterhin,dass ich hier richtig bin!

    LG

  • Hallo Fibonacci,

    freut mich, von Dir zu lesen. Mir geht es, wie Dir. Ich empfinde auch Ekel, wenn ich daran denke, dass ich jetzt etwas trinken "müsste". Was Du da von der anderen Gruppe berichtest, ist ja irgendwie verrückt. Also so kann das ja nun wirklich nichts werden. Ich hatte mal eine in einer realen Gruppe, die auch ständig von Rückfall zu Rückfall gelebt hat und das irgendwie gar nicht ganz so tragisch nahm. Angeblich gehöre das ja zur Krankheit dazu. Ich fand die echt schräg. Da kann man ja nicht mal von Abstinenz sprechen. Im Kopf noch eine Säuferin, die einfach nur auf Krampf eine Zeit lang nichts trinkt. So hab ich das empfunden. Hört sich abwertend an, aber soll es gar nicht sein. Ich fand sie sogar nett. Aber ich hatte von der ersten Stunde an das Gefühl, dass sie die Ernsthaftigkeit gar nicht empfunden hat, So wurde ihr es allerdings dann auch vermittelt.

    Du schreibst, dass Du sowas in Deiner aktuellen Phase nicht gutheißen kannst. Das ist auch vollkommen richtig! Ich behaupte sogar mal, dass diese Gruppe nicht nur NICHT hilft, sondern auch noch gefährdet. Wenn das nämlich ein Wackelkandidat liest, dann ist das sogar gefundenes Fressen, auch mal eben wieder saufen zu dürfen/können.

    LG Cadda

  • Hallo Fibonacci,

    schön zu hören, dass du wieder auf dem richtigen Weg bist.

    Ich finde es auch immer seltsam, zu sagen "ein Rückfall gehört dazu". Das ist schon fast der berühmte "erlaubniserteilende Gedanke". Klar, dass es zu einem Rückfall kommen kann und auch, dass man danach wieder auf die Füße kommen kann, aber so leichtfertig sollte man das nicht sehen.

    Wenn man diese Gedanken schon hat, sollten alle Alarmglocken läuten und sofort gegensteuern.

    Träume von Alkohol habe ich auch nach zwei Jahren immernoch, wie ich gerade in der letzten Nacht feststellen durfte. Im Traum habe ich dann sogar getrunken und gehofft, dass es keiner merkt. Gruselig, aber eben nur ein Traum.

    Viele Grüße

    Seeblick

  • Danke euch allen für die Antworten. Insbesondere hilft es, dass es euch teilweise genauso geht, dass ihr auch Träume habt.

    Gestern Nacht schon wieder, im Traum, Wein auf dem Tisch, alle haben mich förmlich angefeuert zu trinken, habe mir ein riesiges Glas eingegossen. Aber dann weggestellt und nicht getrunken. Also bleibe ich aktuell auch im Traum standhaft.

    Ich habe einen weiteren wichtigen Baustein zur Nüchternheit für mich identifiziert. Den Gedanken zu Ende denken. Fahre zur Zeit mit dem Fahrrad zur Arbeit und komme auf dem Heimweg an "meinem" Supermarkt vorbei. Früher wurde dort die Abendration gekauft und gleich auf dem Rest der Strecke angefangen zu trinken. Beim Vorbeifahren hatte ich kurz Suchtdruck. Habe angehalten und den Gedanken zu Ende gedacht. Kaufen, trinken, gutes Gefühl. Nach Hause kommen. Meine Fahne verbergen, Flasche verstecken. Mich verstellen. Lügen. Abends weiter trinken. Nachts komatös aufwachen, ins Bett kriechen. Frau dreht sich enttäuscht weg. Alles umsonst.

    Wow, das hilft echt! Danach hatte ich echt keinen Druck mehr. Bin fröhlich heim geradelt.

    Zum Schluss noch eine Sache: mir hilft es hier im Angehörigen Bereich zu lesen. Es schwarz auf weiß zu lesen wie meine Ehe wohl kurz vor dem Ende stand, weil meine Frau mir vermutlich seit Jahren nicht mehr vertraut hat, nachts vermutlich Schlafstörungen hatte wegen mir. Angst hatte dass sie mich tot auf dem Sofa findet. Und dass sie mir vermutlich immer noch nicht vertrauen kann. Das merke ich manchmal zwischen den Zeilen.

    Ich kann ab jetzt nur alles tun, damit sie wieder glücklich wird, dass meine Kinder ohne einen Säufer aufwachsen und dass ich auf mich Acht gebe.

    Gestern war Tag 30 der Nüchternheit nach dem Rückfall.

    LG

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