Dieses komplizierte Leben - überall Baustellen

  • Hallo Alba,

    als ich deine Nachricht las,musste ich gleich an das Buch denken,das ich gerade lese.Dort geht es um das Sonnenkind und das Schattenkind.

    Diese hat jeder-in unterschiedlichen Stärken-in sich, insgesamt ist es das innere Kind.

    Das Schattenkind ist voller negativer Gefühle aus der eigenen Kindheit. Und sobald im Heute der kleinste Teil der alten neg.Gefühle angesprochen wird, schaltet der Mensch um,und ist im Kindheitsmodus und durchlebt die Trauer,Wut,Angst,Enttäuschung des kleinen Kindes.

    In deinem Fall könnte es sein,dass dein Schattenkind sich abgewiesen,nicht wichtig genommen fühlt.

    Du hattest erwartet,das dein Partner auf den Ausflug verzichtet,weil es dir nicht gut geht.

    Hat er aber nicht und du,in "Gestalt" deines inneres Kindes (Schattenkind), bist enttäuscht, wie in deiner Kindheit.

    Gruß Sonne

  • Hallo Alba,

    ich kann es absolut nachvollziehen. Wieviel im Laufe der Zeit kaputt gegangen ist merkt man tatsächlich erst mit Abstand.

    Dein Mann trinkt nicht mehr, er hat seinen Teil erfüllt. Was vorher einfach weggetrunken wurde, tritt nun sehr offen zu Tage. Er kann nicht mit der Situation umgehen, wird er damit konfrontiert, schaltet er in den Schutz-/ Fluchtmodus.

    Er weiß nicht was er tun soll, wie er sich verhalten soll, bevor er etwas falsches tut, macht er lieber gar nichts.

    Auf der einen Seite will er, daß „alles wieder gut“ wird, weiß aber nicht wie er es anstellen soll, diese Hilflosigkeit lähmt zusätzlich … er macht alles falsch, was ihm zusätzlich auch noch „Mecker“ einbringt, er wird abgewiesen, das löst wiederum Stress aus, welches noch unsicherer macht.

    Lebenskrise, Sinnkrise, Depression?

    Ist das eine typische männliche Eigenschaft?

    Er soll gehen, der zaghafte Versuch, ob er noch seinen Kaffee, Brötchen, trinken dürfe, zeugt von seiner Hilflosigkeit.

    Du hast klare Ziele, den Haushalt, Kinder nicht alleine bewältigen müssen, du gehst ja auch arbeiten, als Luxus vielleicht noch einen verständnisvollen Partner, Unterstützung, etwas Freude … das würde schon genügen.

    Miteinander reden fruchtet auch nicht, denn er ist sauer, macht dicht (hilflos).

    Hilft ein Brief, wo du deine Vorstellungen äußerst und er sich in Ruhe (allein) damit auseinandersetzen kann, um sich klar zu werden, was er überhaupt will?

    Der „Glücklichmacher“ Alkohol ist nun weg, nun muß der Ex-Säufer wieder lernen mit dem Leben, dem Alltag klarzukommen, seine Unsicherheit abbauen, Selbstbewusstsein aufbauen.

    Das schoss mir durch den Kopf, als ich deinen letzten Beitrag las.

  • Und wie es weiter geht? Mister X wird noch etwas Zeit brauchen um aus seinem Saufmodus ohne Saufen wieder rauszukommen. Dann wird ihn auch wieder interessieren, wie es mir geht und sich anhören wollen, was ich zu erklären habe.

    Hallo Alba, ohne jetzt Deinen ganzen Thread zu kennen (ich lese später nochmal alles nach) kam mir der Gedanke, das Dein XY nicht im Saufmodus ohne zu saufen ist, sondern einfach wirklich so ist.

    Er ist nun doch schon seit 1,5 Jahren abstinent, da gehe ich eher von Charakterzügen aus als von Saufmodus ohne zu saufen.

    Was ist, wenn er sein Leben einfach so leben will, wie er es tut und auch weiterhin alleine Zelten geht bei Events...habe jetzt keine genaue Vorstellung davon, wie das genau abläuft.

    Was ist, wenn es ihm genau so gefällt und es für ihn nicht wichtig ist, das ihr dabei seid?

    Also ehrlich gesagt, Alba...ich glaube eher nicht, das Deine Prognose eintrifft, das er bald an Deiner Erklärung interessiert ist.

    Denn das könnte unbequem für ihn werden.

    Für die Kinder ist es schade, das der Papa sich so wenig Zeit für sie nehmen möchte.

    Aber vielleicht ist auch das für ihn okay so, und ne lästige Pflicht, auf die er grundsätzlich kein Bock hat?

    Was ist dann?

    LG Sunshine

  • Hm, ja kann ich "mal wieder" zu gut nachvollziehen. Allerdings glaube ich nicht, dass es unbedingt mit dem Saufmodus zusammenhängt.

    Ein echter Partner wäre nicht gegangen, hätte im Gegenteil vielleicht sogar mal gesagt "Dieses We hast du kinderfrei und erholst dich."

    Da würde ich "echt" mit "passender" ersetzen. Denn vielleicht ist dein Mister X wie mein Mr Unbekannt ein Freiheitsminister (Google klärt auf 😉). Ich bin quasi konträr dazu in meinen Persönlichkeitsmerkmalen und da muss man in vielen Situationen extreme Kompromisse eingehen.

    Gestern hat Mr Unbekannt einen Satz gesagt, den ich noch wirken lassen muss. Aber es ist was wahres dran "es wäre schön, wenn du deine Enttäuschung darüber, dass ich nicht der bin, den du dir ausgemalt hast, nicht an mir auslässt". Alkohol hin oder her. Es ist einfach oft so ein "was-eckiges-in-was-rundes" stecken wollen. Einer muss sich für den anderen immer verbiegen.

    Ach Alba, ich weiß ja auch nicht ob man da irgendwann eine Lösung findet, aber man kann ja auch nicht aus seiner Haut. Und es gibt da draußen bestimmt jemand, der eher zu deinen Vorstellungen passt. Der so ist, und nicht so werden muss.

    Alles was man über das Leben lernen kann, ist in 3 Worte zu fassen: es geht weiter.

  • Ich bin quasi konträr dazu in meinen Persönlichkeitsmerkmalen und da muss man in vielen Situationen extreme Kompromisse eingehen.

    Nein, das "muss" man nicht! ;)

    Wenn die Kompromisse zu groß werden, dann wird es für Beide ne Rumquälerei.

    Ich glaube, Gemeinsamkeiten sind für Beziehungen auch notwendig, was nicht bedeutet, das man sich symbiotisch aneinander klammern muss und aaaalles gemeinsam macht.

    Mein Mann und ich sind auch von der Persönlichkeit her ziemlich unterschiedlich und manchmal nervt mich sein Verhalten auch! X(

    Aber wir haben andererseits auch viele Gemeinsamkeiten, gemeinsame Vorlieben, gleiche Ansichten und Wertvorstellungen, die das Unterschiedliche wieder ausgleichen...irgendwie. Ohne das würde unsere Beziehung nicht funktionieren.

    Es war mir einfach egal ob er mir Aufmerksamkeit zukommen lässt oder nicht. Mir gehts ohne ihn gut und das ist toll. :)

    Hmmm Alba, ich habe jetzt viel in Deinem Thread gelesen...und sorry, aber ich glaube nicht an diese Freundschaftsnummer.

    Bitte bedenke, das es sich nur um meinen persönlichen Eindruck handelt, aufgrund eigener Erfahrungen, andere mögen das ganz anders sehen!

    Ich glaube nicht daran, das man übergangslos von einer Beziehung in eine Freundschaft gleiten kann.

    Dazu gehört erstmal wirkliches loslassen und sehr viel Abstand, innerer wie auch äußerer. Man muss den anderen wirklich gehen lassen...mit allen Konsequenzen.

    Und es muss auch klar sein, das der andere höchstwahrscheinlich einen neuen Partner finden wird, was man dann auch zu akzeptieren hat.

    Ich selbst bin noch eng mit 3 Ex-Beziehungspartnern befreundet, seit vielen, vielen Jahren. Und ich bin auch schon lange mit deren "neuen" Partnerinnen befreundet und ich gönne ihnen von Herzen die "neue" Beziehung, neue in Anführungszeichen, weil die schon laaange in ihren "neuen" Beziehungen sind.

    Einer dieser Freunde ist übrigens der Vater meiner Tochter und mein Ex-Mann.

    Mit allen dieser 3 Freunde kam es zu einer gütlichen Trennung ohne große Dramen, und ich denke, nur so konnten wir noch zu Freunden werden.

    Es IST also möglich, freundschaftlich mit einem Ex-Beziehungspartner umzugehen.

    Aber davor gehört erstmal komplettes Loslassen und viel Abstand...und DANN kann man mal schauen, ob eine Freundschaft möglich ist.

    So zumindest meine Erfahrungen... ;)

    Alba, Du bist oft enttäuscht und sauer auf Deinen XY, er ist nicht so wie Du ihn gern hättest, auch in Bezug auf eure beiden Kinder.

    Sein Verhalten passt Dir nicht, weder in Bezug zu Dir noch zu den Kindern.

    Und Du hast mit Deiner "Androhung" einer neuen Beziehung, (meiner Meinung nach vorsätzlich) versucht, ihn eifersüchtig zu machen. Ich glaube, Du konntest da ganz gut voraussehen, wie er reagieren wird 8)

    Das alles gehört sicher nicht in eine "Freundschaft", sorry.

    LG Sunshine

  • Danke für eure vielen Antworten! <3

    Das ist das Gute an einer Selbsthilfegruppe, man bekommt die unterschiedlichsten Sichtweisen auf die eigene Lage als Feedback, je nach dem was dem lesenden Gegenüber am meisten ins Auge sticht.

    Gleich vorweg, das Schreiben hier und die Antworten aus verschiedenen Blickwinkeln haben bei mir insofern für Klarheit gesorgt, dass ich in Zukunft auf diesem Weg bleiben werde: Wenn ich mich in der Anwesenheit von Mister X so besch….. fühle muss er gehen bis es mir wieder besser geht. Ich brauche diesen Abstand dann wirklich und es ist das netteste und fürsorglichste was ich für mich selber tun kann. Mir Raum für meine Gefühle geben.

    Wenn es darauf hinausläuft, dass ich den Vater meiner Kinder dann nur noch wegschicken muss und dadurch das Ende unserer Familienkonstellation einläute - dann ist das so. Wenn es ihm zu bunt wird, dass ich so emotional reagiere und er dann immer weggehen soll, dass es ihm so reicht und er für immer geht - dann ist es so.

    Ich weiß keinen anderen Weg wie ich mit den Hürden der Vergangenheit, mit seinem und meinem Charakter und den unterschiedlichen Prioritäten die wir haben, besser umgehen kann. Im Moment seh ich hier kein Ende, weder ein Happy End noch ein Ende mit Schrecken, ich sehe nur einen Weg und den werd ich laufen und sehen wohin er mich bringt.

    Alba

  • Was hat es mit der Kaffeemaschine und den Broten auf sich? Das klingt lächerlich.

    So klingt das für mich auch! ^^

    Da er die meiste Zeit bei mir wohnt hat er sein gesamtes Esszeug bei mir in der Küche, sein Kühlschrank in seiner Wohnung ist leer. Es ist einfach sehr viel bequemer für ihn, zu mir zu kommen und hier sein Essen und Kaffee zuzubereiten als sich was zu kaufen.

    Mir selbst war vor allem der Abstand wichtig, dass ich ihn an dem Abend/Nacht und am nächsten Morgen nicht sehen muss bis sich meine heftigen, negativen Gefühle wieder beruhigt haben. Ob er sich später am nächsten Tag hier Kaffee kocht oder sich Brote schmiert war mir zu dem Zeitpunkt egal, wichtig war, dass er JETZT weg ist.

    Wenn man die Anspannung endlich mal loswurde, dann kommt ein Triggerpunkt und plötzlich baut sich alles genau so haushoch wieder auf wie vorher. Posttraumatische Belastungsstörung quasi.

    Ja genau so! :|

    Mich haut es da richtig um, erst baut es sich langsam auf und mit jedem weiteren Trigger (sein Verhalten) gerate ich am Ende in einen Strudel aus Wut, Trauer, Verzweiflung, Enttäuschung… aus dem ich nicht mehr raus komme. Ich versuche dann verzweifelt mich soweit unter Kontrolle zu behalten, dass ich wahlweise nicht in Heulkrämpfe ausbreche oder den Vater meiner Kinder mit Vorwürfen beballere und meinen Frust lautstark an ihm ablasse.

    Bei mir kocht alles hoch und über, ich bin in dem Zustand nicht in der Lage ein vernünftiges Gespräch zu führen oder wenigstens Normalität im Umgang miteinander aufrecht zu erhalten. Alle Emotionen mit Gewalt runter schlucken um den Frieden zu wahren ist genau das - Gewalt und zwar gegen mich selber.

    Die einzige Lösung, die ich in dem Moment sehe ist, das er geht. Wenn er weg ist beruhige ich mich wieder und fahre nach und nach wieder so runter, dass ich wie ein Mensch reden, handeln und reagieren kann. Nicht wie ein Stier dem man mit einem roten Tuch vor der Nase rumwedelt :rolleyes:

    Hört das irgendwann wieder auf?

    Stefanie Stahl ;)

    Sehr hilfreich um sich selbst besser kennen zu lernen! Die Innere-Kind-Thematik hat mir sehr geholfen überhaupt rauszufinden, warum ich immer so an meinen Typen hänge und mich von ihnen so blöd behandeln lasse. Wider besseren Wissens emotional so gebunden zu sein, dass man nur schwer los kommt und auch nicht checkt warum.

    Ich hab mich damals selbst gefunden und gerettet, die kleine Alba hab ich seitdem an der Hand und ich verteidige sie gegen alles und jeden. Sie sitzt nicht mehr in dem Loch in dem ich sie gefunden habe und wartet darauf, dass eine Mama, ein Mister X oder sonst wer kommt um sie zu retten. Das hab ich, die große Alba gemacht.

    Gerade wegen den ungestillten Bedürfnissen und Erwartungen die ich aus meiner Kinderzeit mit mir rumtrage, versuche ich immer ganz genau auszuloten, was normale Ansprüche, Erwartungen und Bedürfnisse an Beziehungspartner, Eltern, Freunde, Geschwister usw. sind…

    Mein Schattenkind fühlt sich sicherlich gekränkt und für nicht wichtig genommen - von ihm. Von mir selbst schon, weil ich ihm emotionalen Freiraum geschaffen habe und meine Gefühle nicht bewerte. Ich hab sie halt und sie dürfen sein, ob kindlich oder sonst was.

    Die große Alba erwartet und wünscht sich, dass Mister X aus eigenem Interesse und Motivation mehr Zeit und Energie auf seine Familie verwendet als er es getan hat.

    Ich wünsche mir, dass er eigenverantwortlich seinen Teil zum Gelingen unseres gemeinsamen Lebens beiträgt.

    Ich hoffe das ist normal.

  • Dein Mann trinkt nicht mehr, er hat seinen Teil erfüllt. Was vorher einfach weggetrunken wurde, tritt nun sehr offen zu Tage. Er kann nicht mit der Situation umgehen, wird er damit konfrontiert, schaltet er in den Schutz-/ Fluchtmodus.

    Ich weiß nicht, wie es in ihm selbst funktioniert, ich erlebe ja nur sein Verhalten…

    Was ich beobachten kann, er hatte schon immer die Tendenz, den unangenehmen, stressigen, anstrengenden Umständen des Lebens lieber zu entfliehen. Alkohol hat ihm da vortrefflich geholfen.

    Heute ist es so, dass er die meisten Anforderungen des Alltags gut meistert. Mit nur nicht Trinken ist es ja nicht getan, er hat inzwischen gute Strategien entwickelt und die meiste Zeit kann ich mich nicht über ihn beklagen… Außer dass er so alle 1 bis 3 Monate gekoppelt an die Outdoor-Aktivitäten aus unserem gemeinsamen Leben aussteigt und sich verhält wie früher zu Saufzeiten.

    Ich kann nicht mal einschätzen ob das in Ordnung ist (Alba, lass ihm doch mal seine Freiheit und seinen Spaß), ich weiß nur, dass ich dann freidrehe… :rolleyes:

    Denn vielleicht ist dein Mister X wie mein Mr Unbekannt ein Freiheitsminister (Google klärt auf 😉). Ich bin quasi konträr dazu in meinen Persönlichkeitsmerkmalen und da muss man in vielen Situationen extreme Kompromisse eingehen.


    Gestern hat Mr Unbekannt einen Satz gesagt, den ich noch wirken lassen muss. Aber es ist was wahres dran "es wäre schön, wenn du deine Enttäuschung darüber, dass ich nicht der bin, den du dir ausgemalt hast, nicht an mir auslässt". Alkohol hin oder her. Es ist einfach oft so ein "was-eckiges-in-was-rundes" stecken wollen. Einer muss sich für den anderen immer verbiegen.

    Jup. Genau so!

    Ich finde es in Ordnung, wenn sich beide ein wenig zueinander biegen. Nicht mehr, nicht weniger.

    Ich hab mal ein wie ich finde, gutes Paarbeziehungsbuch von einem recht erfolgreichen Paartherapeuten gelesen. Was hängen geblieben ist:

    - Eine Beziehung ist immer eine Zumutung weil man sich aneinander anpassen muss um erfolgreich zusammen leben zu können.

    - Wenn die Enttäuschung darüber, dass der andere nicht der ist den man sich ausgemalt hat verdaut ist, dann fängt die richtige Beziehung erst an.

    - Freundschaft ist eine fantastische Basis für eine beständige Beziehung weil jede romantische Liebe irgendwann vergeht.

    - Wenn es nicht passt, dann passt es nicht.

    Der Therapeut nimmt übrigens keine Suchtkranken, Persönlichkeitsgestörten oder geistig Behinderte in Behandlung. Da stößt die Paartherapie an ihre Grenzen.


    LG Sunshine

    Liebe Sunshine,

    Danke dass du dir die Mühe gemacht hast mir so ausführlich zu antworten. Im Moment kann ich mit deiner Sichtweise nichts anfangen aber ich schätze die Mühe, die du dir gemacht hast.


    Liebe Grüße an euch!

    Alba

  • Mr. X ist übrigens wieder da. Hab ihm heute Nachmittag geschrieben dass ich mich wieder gefangen hab und er wieder hier sein und schlafen kann - wenn er mag.

    Er mag.

    Jetzt eiern wir noch ein bisschen umeinander rum, reden irgendwann und dann machen wir weiter. Bis zum nächsten Mal. 🙄

    Können wir das nicht einfach auslassen?

  • Guten Abend in die Runde!

    Wir haben geredet, der Zyklus kommt also langsam wieder zum Ende.

    Zyklus: es läuft gut, das Leben als Familie und der Alltag plätschern so dahin - es passiert etwas bzw. Mister X tut etwas worüber ich mich sehr sehr ärgere - wir haben eine Auseinandersetzung - wir gehen auf Abstand um Abzukühlen - wir führen ein klärendes Gespräch und vertragen uns wieder - es läuft gut, das Leben als Familie und der Alltag plätschern so dahin.

    Als wir uns damals ineinander verliebt hatten gab es noch keine Auseinandersetzungen, die kamen erst als die Sucht Fahrt aufgenommen hatte und da lief es dazwischen auch nicht mehr gut, das Leben als Familie und der Alltag holperten und stolperten nur noch dahin.

    Ich versuche die Ergebnisse des Gesprächs zusammenzufassen:

    Mister X versteht warum es mir so ergeht, warum ein paar bestimmte Trigger ausreichen um mir einen fetten Flashback zu verpassen. Er findet ich soll eine Therapie für Angehörige machen um mein Gefühlsleben in Bezug auf ihn besser bewältigen zu können.

    Er wird in der Situation sauer weil er sich von meinem Verhalten gekränkt und abgewiesen/unerwünscht fühlt. Er wird auch auf sich sauer, weil er weiß, dass mein garstiges Verhalten die Reaktion auf sein Verhalten aus der Saufvergangenheit ist.

    Seine Abwehrreaktion/Selbstschutzmodus auf/gegen mich bewirkt, dass er dann gar keinen Bock mehr auf mich oder die Kinder hat und sich zurück zieht (das bringt mich dann richtig zum überkochen).

    Ich hab ihm erzählt, dass es mir so schlimm ergeht während so eines Gefühlsanfalls, dass ich zwar weiß, dass ich auf sein Verhalten hin überreagiere, aber es nicht stoppen kann. Ich kann nicht nett zu ihm sein wenn ich innerlich am Ausflippen bin. Ich werde ihn dann auch in Zukunft weg schicken, weil ich in dem Moment keine andere Möglichkeit habe mich wieder zu beruhigen.

    Wir werden versuchen, dass er bei Rückkehr von einem alleinigen Outdoor-Ausflug hier nur seine Sachen im Keller verräumt und sich dann wieder verzieht. Ich werde ihm Bescheid sagen wenn „meine rote Zeitzone“ abgelaufen ist und er wieder herkommen kann ohne dass ich ausraste.

    Wann ich mit ihm und den Kindern zusammen wieder fern ab vom Schuss Zelten, Lagerfeuer usw. machen kann, weiß ich jetzt noch nicht. Ich hab gemerkt, dass ich mehr Angst davor habe, abhängig von ihm da draußen zu sein als dass ich es mir wünsche diese Art von Unternehmungen endlich wieder zu machen. Solange meine Furcht noch so groß ist, setze ich mich selbst total unter Druck… ich möchte wirklich so so soooooo gerne wieder raus, ich vermisse es so sehr und gleichzeitig hab ich die Hosen getrichen voll. :(

    Ich bin z.B. auch immer neidisch wenn er für solche Unternehmungen abhaut weil ich das Schöne nicht erleben kann. Also Tempo raus und Erwartungen an mich selbst runter schrauben. Vielleicht klappt es dieses Jahr noch nicht wieder, weil ich noch nicht bereit bin mich mit ihm wieder auf sowas einzulassen.

    Ich hab ihm auch noch gesagt, dass ich mir wünsche, er würde seine Verantwortung der Familie und den Kindern gegenüber besser wahrnehmen. Bei mir kommt es immer noch so an, dass er fröhlich bei der erstbesten Gelegenheit aus der Verpflichtung aussteigt, weg ist und erst ziemlich spät wieder einsteigt. Er meinte dazu, mental ist es jetzt nicht mehr so, er macht sich wesentlich mehr Gedanken darüber wie es uns geht und ob er guten Gewissens wegfahren kann. Zu Saufzeiten war es ihm egal… Dennoch, es macht ja keinen Unterschied in seinem Verhalten uns gegenüber. Weg ist weg. Vielleicht denkt er mal drüber nach.

    Ich sag´s euch, das ist Schwerstarbeit so eine durch die Sucht zerüttete Beziehung wieder auf einen guten Weg zu bringen. X/

    Ich weiß auch nicht, ob ich das Richtige tue, indem ich weiter mit ihm „ackere“. Ich will meinen Kindern unbedingt eine stabile Familienstruktur mitgeben, ein zu Hause in dem zwar (ordentlich und nicht unter der Gürtellinie) gestritten wird aber genauso nach konstruktiven Lösungen gesucht und sich auch wieder vertragen wird. Mister X wird charakterlich nie meine große Liebe sein, aber ein sehr guter Freund ist er eben schon für mich. Für die Familie bin ich bereit weiter zu machen, ohne Kinder wäre ich schon längst weg, hätte aber nie so viel über mich selbst gelernt und mir so viele Fähigkeiten im Umgang mit mir selbst und anderen Menschen angeeignet. Das Leben mit Mister X ist eine der härtesten Herausforderungen, denen ich mich je gestellt habe.

    Gute Nacht

    Alba

  • Die große Liebe, gibt's die überhaupt? Ist das nicht so eine Phantasie, aus Filmen und Romanen?

    Andererseits,bin ich die große Liebe meines Mannes? Wie verhält man sich,um vom Partner als

    "die große Liebe "bezeichnet zu werden? Ich frage mich das selbst oft in meinem Leben.

  • Die große Liebe, gibt's die überhaupt?

    Klar gibt´s die :D

    Die hab ich nämlich bestimmt schon 2 Mal selber gefühlt und von mindestens 3 Männern war ich sie. Sie ist also nicht einzigartig und sie findet in meinem Kopf statt.

    Ich war schon mal mit einem Mann zusammen, den ich geliebt habe wie davor und danach nicht nochmal einen. Aber er war (unbewusster) Alkoholiker mit Neigung zu Depression. Ich bin neben ihm emotional verhungert und schließlich in die Arme eines anderen davon gelaufen. ?(

    Die Erinnerung an ihn zieht mir heute noch im Herz und ich will ihn lieber nie mehr wieder sehen oder sonstwie Kontakt zu ihm haben. Viel zu gefährlich.

    Dieses Desaster hat mich dahingehend auch zum Umdenken gebracht. Was nützt mir die größte Liebe wenn sie mich nicht trägt? Lieber auf eine solide Freundschaft bauen, die hat wenigstens Bestand. So ungefähr denke ich. Ich kann noch so super beziehungsfähig, konfliktfähig, emotional gebildet und reflektiert werden, mein Herz bzw. meine Prägung steht nun mal auf psychisch/emotional beschädigte Menschen mit Hang zur Sucht.

  • Guten Abend in die Runde!

    Der Vater meiner Kinder und ich hatten heute noch ein zweites Gespräch und so langsam kommt vielleicht Licht für mich ins Dunkle.

    Mister X denkt, dass er in der Aufarbeitung seiner Suchtvergangenheit weiter ist als ich in meiner Angehörigenvergangenheit. Er findet ebenfalls, wenn ich „uns“ in Zukunft eine echte Chance geben will, dann muss ich wahrscheinlich auch Therapie machen. Er findet meine Flashbacks ziemlich belastend.

    Das hab ich erstmal knurrend so stehen lassen und dann ist mir eingefallen, er hat wahrscheinlich Recht! Aber ich musste es erst in meine Situation als Angehörige übersetzen.

    Die suffbedingten Auseinandersetzungen zwischen uns begannen in der Schwangerschaft mit Kind Nr. 1. Als Kind 1 ein halbes Jahr alt war beendete Mister X aus heiterem Himmel die Beziehung für kappe 2 Wochen - dann kam er zurück. Ich hab funktioniert weil ich ein Stillbaby hatte. Die Alkoholsucht des Mister X ist mir bewusst geworden, da war ich gerade einen Monat schwanger mit Kind Nr. 2. Ich hab funktioniert weil ich ja auch Kind 1 hatte. Vor lauter Stress hatte ich im 7. Schwangerschaftsmonat eine Gürtelrose, die ich unbehandelt weil schwanger, durchgemacht habe. Im 8. Schwangerschaftsmonat hab ich die Beziehung zu Mister X beendet weil ihm sein Bier wichtiger war als alles andere. Ich hab weiterfunktioniert, Mister X hatte seine Einsicht und kam zurück. 3 Wochen vor errechneten Termin kam Kind 2 und ich hab die ganze Zeit einfach immer weiter funktioniert…

    Jetzt ist Kind 2 ein Jahr und acht Monate alt, es braucht mich nicht mehr ganz so sehr, das Leben mit Mister X läuft eigentlich in gefestigten Bahnen.

    Könnte es sein, dass jetzt die Zeit für richtige Aufarbeitung erst gekommen ist?

    Mister X ist trocken kein einfühlsamer Heiliger geworden und ich bin normalerweise auch nicht aus Zucker… Sein Verhalten finde ich nach wie vor nicht super, aber dass ich so ausflippe, so heftige Flashbacks habe dass ich zwischen 12 und 24 Stunden brauche um wieder ganz runter zu fahren… Vielleicht war die Vergangenheit für mich traumatischer als ich gedacht habe?

    In letzter Zeit stellt mein Gehirn auch in Zusammenhang mit Gerüchen bemerkenswerte Halluzinationen her. Mister X hat Zwiebeln gegessen oder irgendwas mit Käse/Salami und meine Nase meint eine Biernuance dahinter wahrzunehmen. Wenn ich dann nochmal richtig an ihm schnuppere rieche ich keinen Alkohol oder Bier aber im ersten Moment kommt es mir so realistisch vor, dass es mich echt verunsichert.

    Letztens hab ich ne halbe Panikattacke erlitten, weil Mister X im Garten ne braune Flasche in der Hand hatte, die er gerade zum Mund geführt hatte und trank. Ich hab zufällig aus dem Küchenfenster geschaut und obwohl ich rational wusste, dass höchst unwahrscheinlich (aber nicht unmöglich) ist, war ich so aufgewühlt, dass ich zum Kontrollieren rausgegangen bin (ich hab davor noch nie kontrolliert). Ich bin zu ihm hingestapft, hab „Karamalz“ auf der braunen Flasche gelesen und bin wieder rein gegangen. Da konnte ich mich dann wieder beruhigen. X/

    Das Gespräch zwischen uns ging weiter und ich sagte zu ihm, wenn ich in einem Jahr immer noch solche Flashbacks habe, dann such ich mir eine Therapie. Jetzt nicht, weil ich jetzt noch nicht bereit bin, mich zu 100% drauf einzulassen. In einem Jahr ist Kind 2 soweit, dass es mich noch weniger braucht als jetzt. Heute und hier hab ich keine Kapazitäten frei um ernsthafte Therapiearbeit zu leisten und ich will auch nicht als heulendes Häufchen Elend den Alltag mit den Kindern bestreiten müssen.

    Funktionieren kann ich, da kann ich das auch noch ein Jahr so weiter machen.

    Außerdem hoffe ich, dass meine Flashbacks weniger heftig und häufig werden indem ich ihnen Raum gebe wenn sie kommen, sie bewusst durchlebe und anschließend mit Mister X bespreche (eigentlich müsste es beheule heißen). Ich muss die Vergangenheit ja mit ihm aufarbeiten, ein Therapeut wäre da sicherlich hilfreich, aber ich hoffe es geht auch ohne.

    Deswegen muss er damit leben wenn ich ihn wegschicke und wenn ich nicht besonders nett zu ihm bin, dann möge er es bitte in dem Moment nicht auf die Goldwaage legen.

    Mister X macht sich Sorgen über die Zukunft, dass wir an der Aufarbeitung scheitern und diese Sorge ist nicht unbegründet. Diese letzte Attacke war so heftig, dass ich in dem Moment nur noch weg von ihm will. Ich will das alles nicht mehr fühlen und aushalten müssen. Wozu alles aufarbeiten wenn eine Trennung von ihm doch die Lösung all meiner Probleme mit ihm bedeutet? Ich würde auch neue Liebe finden, da bin ich mir sicher.

    Ich bleibe wegen der Kinder und weil ich auf eine Familie und Zukunft basierend auf Freundschaft baue. Wenn ich es aushalte. Hat hier jemand zufällig eine Kristallkugel in die ich mal kucken könnte?

    Liebe Grüße an euch

    Alba

  • Okay, mein Standpunkt, der nicht unbedingt hilfreich sein muss, wahrscheinlich eher kontraproduktiv, mehr emotional als rational ist:

    Bin ich die Einzige, die sich irgendwie darüber ärgert, wenn sich der trockene Alkoholiker darüber beklagt, dass der Partner nach (oft) Jahren, in dem er/sie die ganze Palette einer Alkoholikerkarriere live vom Wohnzimmer mitverfolgen durfte, die "Frechheit" besitzt nicht einfach zum Tagesgeschäft zurück zu kehren?

    Ja, Alkoholiker sollen sich gerade am Anfang auf sich konzentrieren, aber da kann man doch vielleicht einmal kurz auch darüber reflektieren, was man dem Partner eigentlich alles angetan hat. Die Liste ist nämlich lang und oft auch der Zeitraum, in dem das alles stattgefunden hat. Und wenn dann noch jemand kommt und mit dem Argument "selber schuld, hättest auch gehen können" um sich wirft brodelt innerlich etwas in mir. Es gibt Leute, die bleiben. Haben geholfen den anderen aus dem Morast zu ziehen, aus dem er selbst ohne Hilfe nicht mehr raus kam. Und als Dank werden sie nun gefragt, warum sie so schmutzig sind.

    Das jemand wie Alba von einer braunen Flasche getriggert wird, oder von einem verdächtigen Geruch ist dann plötzlich überzogen. Dann ist sie "in ihrer Angehörigenverarbeitung noch nicht sehr weit gekommen." Das sie davor Jahre lang belogen, verletzt, betrogen und im Stich gelassen wurde wird einfach augeklammert. "Das war mein Sucht-Ich, das hat mit mir nichts mehr zutun." Falsch, das warst DU. DU hast dich dazu entschieden dauernd nach der Flasche zu greifen, DU hast gelogen, DU hast dich nicht an Abmachungen gehalten, DU hast deine Versprechen gebrochen. Jetzt bist du drei Monate trocken und ärgerst dich schon darüber, dass dein Partner IMMERNOCH nicht über diese eine "Phase" hinweg ist? Eine Phase, die Jahre ging?

    Entschuldigung. Wie schon gesagt, da steckt deutlich mehr Emotion als Rationalität drin, aber das ist auch eben der Punkt, dass es in einer Beziehung kaum je um Rationalität geht. Und wenn man es denn ernst meint mit der eigenen Trockenheit und den Partner auch nüchtern noch liebt und die Beziehung will dann ist es vielleicht auch irgendwann an der Zeit zu sagen "Mist, ich hab da ganz schön viel kaputt gemacht, vielleicht sollte ich beim aufräumen helfen." Zu Beziehungen gehören nämlich immer zwei.

    Für dich selbst Alba: Ich glaube, es ist gar nicht verkehrt dir selbst ein Jahr zum Verarbeiten zu geben. Nach langer Zeit geprägt von missbräuchlichen Erfahrungen kann man auch eine lange Zeit ansetzen um zu heilen. Da muss nicht immer ein Therapeut ran, große Wunden schließen sich nicht einfach über Nacht. Erst wenn bestimmte Dinge belastend bleiben und nicht verarbeitet werden können ist es keine schlechte Idee sich Hilfe zu holen. Da musst du aber für dich entscheiden, was da der beste Weg ist. Und wahrscheinlich wirst du auch mit Therapie weiter alarmiert sein, wenn du fürchtest Alkohol zu riechen. Wer einmal in einem brennenden Haus gestanden hat achtet auf Rauch.

  • Hallo Nachtschicht,

    ich kann mich nur anschließen und alles nachvollziehen was du geschrieben hast.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Bin ich die Einzige

    Nein, bist du nicht 😊

    Hat hier jemand zufällig eine Kristallkugel in die ich mal kucken könnte?

    Nein, würde mir die Anschaffungskosten aber mit dir teilen. Ansonsten ist vielleicht ja schon geteiltes Leid, halbes Leid? Ich verstehe dich und höre dir zu. Du wirst schon merken, wenn es nicht mehr passt. Ansonsten glaube ich auch, dass die Zeit für uns arbeitet (was Vertrauen etc angeht).

    Alles was man über das Leben lernen kann, ist in 3 Worte zu fassen: es geht weiter.

  • Bin ich die Einzige, die sich irgendwie darüber ärgert, wenn sich der trockene Alkoholiker darüber beklagt, dass der Partner nach (oft) Jahren, in dem er/sie die ganze Palette einer Alkoholikerkarriere live vom Wohnzimmer mitverfolgen durfte, die "Frechheit" besitzt nicht einfach zum Tagesgeschäft zurück zu kehren?

    Ja, Alkoholiker sollen sich gerade am Anfang auf sich konzentrieren, aber da kann man doch vielleicht einmal kurz auch darüber reflektieren, was man dem Partner eigentlich alles angetan hat. Die Liste ist nämlich lang und oft auch der Zeitraum, in dem das alles stattgefunden hat. Und wenn dann noch jemand kommt und mit dem Argument "selber schuld, hättest auch gehen können" um sich wirft brodelt innerlich etwas in mir. Es gibt Leute, die bleiben. Haben geholfen den anderen aus dem Morast zu ziehen, aus dem er selbst ohne Hilfe nicht mehr raus kam. Und als Dank werden sie nun gefragt, warum sie so schmutzig sind.

    Nachtschicht, du sprichst mir aus der Seele!

    Tatsächlich empfinde ich es im ersten Augenblick als bodenlose Frechheit!

    Zu Mister X sagte ich: Weißt du wie das für mich klingt? Ich kann es dir in ein Beispiel übersetzen. Wäre ich dein Hund gewesen und du hättest mich Jahre lang geschlagen, wirst es jetzt aber nicht mehr tun … natürlich zucke ich jedesmal zusammen wenn du die Hand hebst um mich zu streicheln. Jetzt überlegst du ernsthaft ob es nicht besser wäre mich ins Tierheim zu geben weil dich meine Handscheuheit und Angstbeißerei nervt. ODER WAS???

    Da kuckte er etwas betroffen und sagte: Nein natürlich nicht.

    Ich halte meinen Ärger und meine Kränkung darüber, dass er erstmal so wenig Verständnis für meine Reaktionen aufbringt nur deswegen im Zaum, weil ich nach all den Jahren weiß, dass er (anders als ich) emotional eher grob gestrickt ist. Für feine emotionale Nuancen hat er keine Begabung, man muss ihm Gefühlsdinge schon glasklar und drastisch erklären, damit er kapiert worum es geht. Ihm selber ist ein Gefühlsleben wie ich es habe eher fremd, er genießt den Umstand, einfach immer gut drauf zu sein (das ist z.B. eine Eigenschaft, die ich wirklich an ihm mag). Nur ganz selten ist er es nicht und dann ist in der Regel was Größeres im Busch. Ein fröhlicher Holzklotz sozusagen.

    Ich hab gelernt, dass ich mit ihm besser fahre wenn ich versuche die Botschaft des Gesagten zu erfassen und darauf reagiere und seiner Wortwahl/Ausdrucksweise einen zweitrangigen Platz gebe. Auch wenn ich da manchmal ganz schön schnaufen muss. X( X( X(

    Ich weiß nicht wie es anderen trockenen Alkoholikern mit ihrem Gefühlsleben geht, wahrscheinlich ist das sehr individuell. Die Antennen für andere Menschen, das Einfühlungsvermögen und Verständnis für die emotionalen Abläufe beim Gegenüber sind ja von Mensch zu Mensch wahnsinnig verschieden. Ich bin ein EKA, gefühlsstark und manchmal bilde ich mir ein vielleicht etwas hochsensibel, außerdem Mutter von zwei kleinen Kindern - ich bin mit jeder Faser drauf geeicht die Gefühle und Stimmungen meiner Mitmenschen aufzufangen und einzuschätzen.

    Mister X ist von Haus aus mit Antennenstummeln ausgestattet und hat sich Jahrelang seine Gefühle stumpf gesoffen.

    Da muss ja eine Lücke zwischen uns klaffen was das Verständnis und die Nachvollziehbarkeit für und von Gefühlen betrifft.

    Ich hab ihm in unserem Gespräch ja nochmal ausführlich erklärt wie es mir bei einem Flashback ergeht, wie er Zustande kommt, dass ich hoffe sie werden mit der Zeit weniger, dass ich mir Hilfe für mich suche, wenn der Zustand in einem Jahr immer noch so sein sollte und das er es einfach aushalten muss. So wie ich auch.

    Seitdem ist er wieder sehr freundlich, entspannt und gut drauf - ein angenehmer Zeitgenosse.

    Ich vermute, tragischer Weise kann ein Alkoholiker der trocken geworden ist, nicht vollumfänglich nachvollziehen, wie die Auswirkungen der aktiven Sucht die Angehörigen beschädigt haben. Wie auch, er war ja auf der anderen Seite der Medaille. Die Angehörigen zermartern sich das Hirn und wollen unbedingt verstehen, wie die Sucht funktioniert. Das können sie nicht, man muss schon süchtig sein um zu wissen was die Sucht ist. Sie müssen es akzeptieren wie es ist, ohne es nachvollziehen zu können.

    Dasselbe erwarte ich von „meinem“ trockenen Alkoholiker. Er muss nicht verstehen wie es ist Angehöriger eines Alkoholikers zu sein, dazu müsste er das ja selber erlebt haben einer zu sein (vorausgesetzt er ist kein EKA oder Co der selbst süchtig ist, aber die können nachvollziehen, wie es auf beiden Seiten ist. Vermutlich gleich sch….)

    Ich erwarte, dass er akzeptiert, dass ich so verletzt und beschädigt durch ihn bin wie ich halt bin, auch wenn er es nicht nachvollziehen kann.

    Liebe Grüße an euch!

    Alba

  • Hallo Alba,

    es ist sehr, sehr schwer, Vertrauen wieder aufzubauen.

    Ich habe das damals bemerkt, mein Exmann wurde ja nüchtern als ich mich getrennt hatte. Und da wir im gleichen Wohnkomplex wohnten, waren wir (leider aus jetziger Sicht) sehr oft zusammen. Ich konnte aber einfach kein Vertrauen aufbauen. Zu viel war kaputt gegangen. Und mein Exmann - der meinte bloß immer, ich solle endlich die Vergangenheit ruhen lassen, Decke drüber und jut is, er wäre ja jetzt nüchtern. Und er meinte noch, "so, wie du (also ich) es doch immer wolltest".

    Super, Und ich stand da mit allem. Mit meiner gesammten Gefühlspalette. Wut, Erschöpfung, Angst. Ich sollte wieder funktionieren wie vorher.

    Mein Exmann hat immernoch sehr nass gedacht, das habe ich gemerkt als ich hier bei den Alkoholikern gelesen habe. Die haben alles ganz anders gemacht als er, irgendwie konsequenter. Sie haben sich und ihr Umfeld gesehen, wieder sehen können und auch ernst genommen. Das hat mein Exmann nicht, er hat mich einfach nicht ernst genommen sondern wollte einfach nur, dass ich wieder für ihn funktioniere wie immer und er sein Leben weiter leben kann als wäre nichts passiert. Das konnte ich nicht. Waren wir verabredet und er kam zu spät, stand ich kurz vor einer Panikattacke, aus Angst, er könnte getrunken haben. Ich konnte garnicht richtig abschalten. Ich hatte kein Vertrauen und das Gefühl, dass er alles nicht wirklich ernst nahm und nicht wirklich was ändern wollte.

    Eine andere Sache sind bestimmte Trigger. Heute bin ich schon längst wieder in einer neuen Beziehung, verheiratet seit 11 Jahren. Mein Mann ist Alkoholiker, trocken seit fast 16 Jahren. Und er ist stabil.

    Und doch passiert es mir immer mal wieder, dass ich Flashbacks habe. Er trinkt gerne eine bestimmte Brause. Die Flasche sieht nicht mal nach Bierflasche aus und trotzdem kann es passieren, dass ich, wenn er mit der Flasche in der Hand in`s Zimmer kommt, eine Rückblende habe und meinen ersten Mann mit der Bierpulle in der Hand sehe. Oder am Anfang unserer Beziehung, da sah ich hinter Büchern im Wohnzimmer was glänzen und war starr vor Schreck. Mein erster Mann hatte seine Pullen oft hinter Büchern zu stehen. Völlig fertig guckte ich nach - und es war ein Lesezeichen, was da neben einem Buch stand.

    Ja, es geht mir tatsächlich ab und an noch so, dass mich was triggert, je nach meiner eigenen, seelischen Befindlichkeit. Dafür habe ich einfach zu lange in Coabhängigkeit gelebt.

    Lieber Gruß

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Hallo Alba,

    Ich habe lange mitgelesen und nichts geschrieben, weil ich denke, dass der Rest hier und du mich nicht hören wollt mit dem was ich schreiben werde. Aber es belastet mich schon jedes Mal, wenn ich die Beiträge in deinem Thread lese. Erstmal vorweg, natürlich ist es gut, dass du auf deine Bedürfnisse schaust und Grenzen für dich setzt. Und ja, man hat viel erlebt mit einem alkoholiker und das geht auch nicht einfach so weg, ich bin selber mit einem trockenen alkoholiker zusammen. Nichts desto trotz ist mein Mann, und auch deiner ja nun schon länger trocken und sie sind ja auch eigene Persönlichkeiten und Individuen mit eigenem Charakter, Bedürfnissen und Gefühlen. Auch wenn sie mal gesoffen haben und uns das Leben zur Hölle gemacht haben.

    Als ich deinen Beitrag mit dem outdoorwochenende gelesen habe, habe ich die ganze Zeit gedacht, der arme Partner 😕 so viele Erwartungen, und dann auch noch unausgesprochen, weil das für dich so normal ist muss er das doch erahnen und genauso machen und wollen. Wenn mein Partner mit mir in den Urlaub möchte, dann kurz vor Start sagt er will doch nicht, dann wäre das schon echt heftig für mich (habe ich nämlich oft mit meinem Mister x so erlebt in nassen Zeiten). Aber ok, es ging dir nicht gut, alles ok! Aber dann sagst du er kann alleine fahren aber im Endeffekt war es doch nicht richtig was er gemacht hat denn er hätte doch von sich aus erahnen müssen, wann er wieder zurück kommen soll, also früher, und dass er dann doch bitte nicht noch das und das macht. Das fand ich echt krass. Wenn mein Mann mir sagt, ich soll fahren und alleine Freude haben, weil er grade nicht kann und möchte, dann gehe ich davon aus, dass das auch so ist und es würde mir richtig mies gehen, wenn ich zurück Käme und er dann so ein Theater machen würde 🥲 also entweder ich vertraue seinem Wort oder ich kann mich ja nie wieder frei bewegen weil ich dann ja noch was erahnen müsste und ich hätte ständig Angst, was falsch zu machen.

    Was ich dir gerne sagen möchte, ohne dass du dich jetzt durch meinen Beitrag angegriffen fühlst (hoffe ich, denn das möchte ich nicht!), ist, dass es nicht gut ist, weder in Freundschaften, Beziehungen oder auch bei seinen Kindern, Erwartungen zu haben. Damit kann das gegenüber nicht frei sein, und ich denke doch mal, dass du auch nicht irgendwelchen Erwartungen von anderen unterliegen möchtest. Also ich möchte das, zumindest nicht mehr… und da kann ich deinem Mann uneingeschränkt beipflichten, es wäre eine große Hilfe für dich, wenn du das mit therapeutischer Hilfe angehen würdest, denn das hat mir so sehr geholfen, auch von meiner Erwartungshaltung weg zu kommen und das fühle ich jetzt ganz tief in mir, dass das wirklich nicht gut ist.

    Und ich habe auch einen zweijährigen hier und mache immer noch meine Therapie ( nicht mehr wegen meines Mannes sondern meiner ursprungsfamilie) denn ich denke, es wäre für die Kinder wesentlich besser, wenn sie eine stabile Mutter und vor allem ein stabiles Elternpaar hätten. Deine Gefühlsausbrüche und Wut und was du dann so fühlst bekommen die auch mit. Und auch dass der Papa ständig weg geschickt wird.

    Meine Meinung ist, wenn du deinem Mann eine ehrliche Chance geben willst, dann solltest du das auch tun, aber so wie es im Moment ist, finde ich nicht, dass es das ist. Wenn du aber fühlst, dass da nichts mehr an liebe ist und du ihn eigentlich gar nicht mehr als Partner möchtest, dann wäre es fairer, ihm das zu sagen, denn dann hat er eine ehrliche Chance, für sich was neues aufzubauen.

    Und das soll alles nicht bedeuten, dass ihr einfach so zur Tagesordnung übergehen sollt. Das meine ich damit nicht… ich hoffe, dass du meine Worte lesen konntest, ohne dich verletzt zu fühlen, denn das ist wirklich nicht meine Absicht.

    Es grüßt Blume 🌸

    Lieben Gruß,

    Blume

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    You can´t connect the dots looking forward. You can only connect them looking backwards.

    Steve Jobs

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