Mein Name ist Sandra, ich bin 38 Jahre alt und habe eine 3-Jährige Tochter. Mein Mann, den ich erst im Februar geheiratet habe (wir kennen uns aber schon seit 12 Jahren) hat ein Problem mit Alkohol. Begonnen hat alles mit dem Tod seines Vaters, das war 2014. Damals hat er versucht, seine Trauer im Alkohol zu ertränken und ich hatte Verständnis. Es war eine schwierige Situation, es gab auch einen Erbstreit, der damit endete, dass er den Kontakt zu seiner Mutter abgebrochen hat. Wir zogen dann aufs Land, damit wir zur Ruhe kommen konnten, das ging auch eine Zeit lang gut, dann hatte er eine berufliche Sinnkrise. Zu diesem Zeitpunkt fing das an, dass er nach der Arbeit noch sehr lange im Auto sitzen blieb und mit Kollegen telefonierte und dabei Bier trank. Man muss dazu sagen, dass er keinen klassischen Büro-Job hatte, sondern viel unterwegs war und von Filiale zu Filiale gefahren ist. Er hat den ganzen Tag nicht gegessen, war abends sehr hungrig und bekämpfte den ersten Hunger mit Bier. Ich hab es damals schon gehasst, dass er angetrunken nach Hause kam und wir nicht wirklich mehr einen schönen, gemeinsamen Abend verbringen konnten, aber ich hab es hingenommen. Die Situation im Job spitzte sich zu, er ging in Bildungskarenz und da ging es dann so richtig los. Er verlor seinen Alltag, seine Tagesstruktur, saß stundenlang vor dem Computer und trank immer so vor sich hin. Ich habe gehofft, er findet sich wieder. Und dann wurde ich schwanger. In der Frühschwangerschaft habe ich herausgefunden, dass er mit einer alten Bekannte im regen Mailverkehr steht. Er beschwörte mich, dass das völlig belanglos sei und nichts mit mir zu tun hatte. Ich glaubte ihm. In der Nacht, als ich unser Baby in der Frühschwangerschaft verloren habe, hat er ihr wieder gemailt. Ich war am Boden zerstört. Er versprach mir, er beende den Kontakt, obwohl es je belanglos sei, aber er sehe, dass es uns nicht gut tue. Wir versuchten erneut schwanger zu werden, es klappte nicht und ich wurde immer trauriger und trauriger. Wir landeten in der Kinderwunschklinik und ich wurde tatsächlich wieder schwanger.
Allerdings hatte ich mit großen Ängsten und Sorgen zu kämpfen, ich bekam eine mysteriöse Infektion und am Ende hatte ich mit massiven Wassereinlagerunen zu kämpfen. Wie schon erwähnt, wohnten wir zu dieser Zeit sehr abgelegen am Land und ich war dort quasi eingesperrt. Main Mann trank mal mehr, mal weniger und kümmerte sich wenig um mich oder meine Situation. Nach der Geburt meiner Tochter bekam ich eine Wochenbettdepression. Die Geburt generell war der Startschuss für eine sehr exzessive Trinkphase. Er trank nahezu täglich. Damals fing das auch an, dass er Bier versteckte im Gartenhaus und im Auto usw. Es gipfelte darin, dass er unsere Tochter, während ich schlief, aus ihrem Bettchen genommen hat (im alkoholisierten Zustand) und ich, als ich wach wurde, fast einen Herzinfarkt bekommen habe. Das war das erste Mal, dass ich seine Schwester kontaktierte, mit der Bitte um Hilfe. Ich kann mich gar nicht mehr genau erinnern, was dann passierte (die Zeit damals war für mich sehr anstrengend), auf alle Fälle sind wir dann, auf meinen Wunsch hin, umgezogen. Wieder zurück in eine Stadt, damit ich wieder mehr am sozialen Leben teilnehmen konnte. Wir fanden ein schönes, helles Haus, ich dachte, jetzt wird alles gut. Nun ja, phasenweise ging es gut. Er hatte auch immer wieder Phasen, wo er weniger trank, aber es hielt nie lange an. Voriges Jahr hatten wir eine richtig gute Zeit, da beschlossen wir auch, zu heiraten! Ich glaubte, glücklich und am Ziel zu sein. Anfang diesen Jahres trank er sogar überhaupt nicht und es war eine richtig schöne Zeit, mit Familienausflügen, Leichtigkeit, Lachen, alles, was man sich so vorstellt. Und dann schlich sich ganz langsam, jeden Abend ein Bier dazu, und dann zwei usw.
Ich heiratete ihn trotzdem, dachte, er wird einsehen, dass die Zeit Anfang des Jahres doch viel schöner gewesen ist und wieder aufhört zu trinken. Rund 1 1/2 Monate nach unserer Hochzeit fing es dann an. Eines Samstag Abends, ich kam gerade wieder von der Gute-Nacht-Geschichte meiner Tochter zurück, fuhr er mich an, nie gibt es was ordentliches zum essen, was soll das überhaupt,... ich konnte überhaupt nicht fassen, was da jetzt los ist, versuchte mit ihm zu reden, aber es half alles nichts. Er betrank sich. Panik habe ich bekommen, als ich in seinem Auto, 20 Bierdosen und so kleine Wodkaflaschen, unter dem Kindersitz meiner Tochter gefunden habe. In meiner Not, habe ich wieder seine Familie kontaktiert und die konfrontierte ihn auch, woraufhin er noch mehr trank. Seit dem, geht das so dahin. Ich hab mittlerweile unterschiedliche Suchtberatungen kontaktiert, ich bin in therapeutischer Behandlung, ich habe meine Familie kontaktiert und rede jetzt darüber. Ich bin dabei, mich juristisch zu beraten. Ich habe unendlich Angst, dass ich nicht das alleinige Sorgerecht bekomme. Ich will ihm unsere Tochter nicht entziehen, aber wenn ich nicht weiß, ob er trinkt oder nicht, kann ich sie ihm nicht anvertrauen (und es gab schon Situationen, wo er, angeheitert, mit ihr Bier kaufen gegangen ist). Ich bin gefangen zwischen Hoffnung und Realität, zwischen es muss eine Lösung geben und ich schaffe das schon und es ist alles völlig sinnlos. Er ist nicht einsichtig. Ich habe das Problem. Ich übertreibe maßlos. Ich verletze seine Privatsphäre (weil ich ins Auto geschaut habe). Ich bin schuld, weil seine Oma nicht schlafen kann. Ich habe vieles zerstört.
Und dann tut er wieder so, als ob gar nichts wäre, kommt nach Hause und alles ist gut. Aber so ist es natürlich nicht. Nichts ist gut.
Wenn ich meine Zeilen so lese, dann macht es mich selber sehr bestürzt, weil ich das alles mit mir machen lasse. Die letzte Suchtberaterin sagte zu mir, dass ich in einer toxischen Beziehung stecke und das war mir nicht einmal bewusst! Ich zweifelte eher an meine eigenen Wahrnehmung, fragte mich, ob ich übertreibe und suchte die Schuld auch bei mir!
Meine Therapeutin sagt zu mir, ich muss bei mir bleiben. Die Suchtberatung sagt, so lange ich nicht bei mir bleibe, wird er mich immer weiter manipulieren. Alle sagen, ich muss mich und mein Kind schützen. Ich versuche es. In kleinen Schritten.
Reden tut gut. Ich habe dieses Forum gefunden und hoffe, dass ich mich hier mit anderen Betroffenen austauschen kann, weil ich oft so sehr an meiner eigenen Wahrnehmung zweifle. Ich habe leider zeitlich nur wenig Ressourcen, aber ich würde mich über eure Gedanken sehr freuen! Vielen Dank!