Alkoholiker- Abscheulich

  • Lieber Alex,

    habe ich hier mit meinen Beiträgen gegen eine Forumsregel verstoßen?

    Sorry, ein Letztes hier:

    ich will Euer Management nicht in Frage stellen.

    Aus vielerlei Gründen finde ich es sehr gut, dass es Euch gibt so wie es Euch gibt und danke herzlich dafür!

  • Die sprachlich-gesellschaftliche Bedeutung des Begriffs "Alkoholiker" unterliegt gewissen Wandlungen und Bewertungen.

    Irgendwie wirkt er auf mich inzwischen arg abwertend.

    Mir fallen dazu 2 andere Beispiele ein:

    Das N-Wort für dunkelhäutige Menschen (Farbige oder PoC) wurde in den letzten Jahren konsequent zurückgedrängt, auch wenn das lateinische Wort "negro" unzweifelhaft "schwarz" bedeutet oder besonderes reiche Franzosen gerne in Südfrankreich am "Cap Nègre" urlauben.

    Auch der Begriff "Asylant" ist schon seit Langem verbrannt und die betreffenden Menschen werden als Asylbewerber oder Geflüchtete in der öffentlichen Diskussion bezeichnet. Warum? Weil es einfach positiver und freundlicher klingt.

    Warum soll das nicht auch für Alkoholabhängige gelten?

    Wohl gemerkt, das ist meine Meinung und mein Empfinden zu dem erwähnten A-Wort. Es ändert nichts daran, dass ich nicht mit Alkohol umgehen kann und es auch niemals können werde. Damit habe ich meinen Frieden gemacht und dahinter stehe ich auch vorbehaltlos.

  • ie sprachlich-gesellschaftliche Bedeutung des Begriffs "Alkoholiker" unterliegt gewissen Wandlungen und Bewertungen.

    Ja, das Fahrrad wird immer wieder neu erfunden, selbst wenn das alte Fahrrad beweisen hat, dass es keine neue Erfindung braucht. Und bitte keine anderen Abwandlungen, aus anderen Bereich, mit der Sucht vergleichen. Das ist keine Plattform dafür.

    Irgendwie wirkt er auf mich inzwischen arg abwertend.

    Betrachtest du dich auch abwertend?

    Nun, je abwertender, umso besser für das Verständnis, in welcher Misslage sich der Süchtige befindet. Je tiefer der Fall, umso weniger wird über den Weg diskutiert. Sprich Tiefpunkt. Auch in der Wandlung scheint die Sucht zu sein. Das halte ich für sehr gefährlich.

    Ich habe das Wort Alkoholiker so lange abgewertet, solange ich keiner war. Ich habe es jedoch anderes betrachtet, als ich selbst einer geworden bin. Es gibt wenige Trockene, die es selbst auch abwertend sehen.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Betrachtest du dich auch abwertend?

    Warum sollte ich? :wink:

    Ich habe nur versucht zu erklären, dass sich Begriffe im Laufe der Zeit in der individuellen oder gar öffentlichen Wahrnehmung verändern können.

    Daher der von mir bewusst gespannte Bogen zu 2 weiteren Wortbeispielen.

    Zum Glück sind wir verschieden, sonst wäre es auch schnell langweilig. Wobei die Unterschiede in der grundsätzlichen Herangehensweise in puncto Abstinenz gar nicht so groß sind wie sie punktuell erscheinen mögen.

  • Ich habe nur versucht zu erklären, dass sich Begriffe im Laufe der Zeit in der individuellen oder gar öffentlichen Wahrnehmung verändern können.

    Das ist bekannt. Aber vielmehr interessiert mich doch, was es mit mir machte. Wäre ich nicht Alkoholiker geworden, hätte ich nie die Chance gehabt trocken zu werden. Das eine ist mit dem anderen eben untrennbar.

    Gruß Hartmut

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  • Für mich betrachtet, zeigt das Trara um das Wort "Alkoholiker" nur, dass der, der sich so als "Süchtiger" oder als "Mensch mit einem Alkoholproblem" oder was auch immer erfunden wird, um dieses Wort "Alkoholiker" zu vermeiden - nicht auf eine so nniedrige Stufe wie der "gemeine" Alkoholiker stellen will.

    Diese erfundenen Begriffe anstelle des "Alkoholikers" sind so das "chen" hinten dran; also das "Kätzchen", das "Kindchen" oder Ähnliches, es wird die Schärfe genommen, das angeblich Schlimme, es wird verniedlicht. Warum, naja vielleicht, weil "man" ja noch nicht mit der Flasche vor der Kaufhalle sitzt und und mit den "Assis" die das machen ja nicht auf einer Stufe steht/stehen will.

    In Leipzig, in der "Soteria", bei der Langzeit, da wurde mir das oft genug gesagt, dass ich mich offensichtlich als "besserer Alkoholiker" fühlen würde und ja, das stimmte, hab ich mich gefühlt. Da fehlte einfach noch die Einsicht, dass auch ich nichts weiter als ein kranker Alkoholiker bin und nicht anders, als der, der vor der Kaufhalle sitzt und säuft.

    Dementsprechend war auch das Ergebnis der Langzeit und ich hab noch paar Jahre gebraucht, um zu der Einsicht zu kommen und trocken zu werden.

    Ich denke schon, dass das Wort manchmal den Unterschied macht.

  • Weil sie sich z.B. aus Gründen der Selbstachtung oder der höheren Eigenmotivation oder was auch immer nicht Alkoholiker nennen wollen?

    Umgekehrt. Die Selbstachtung fängt doch mit dem uneingeschränkten Erkennen, Alkoholiker zu sein, an. Gerade weil dieses Wort von Menschen (Anscheint von dir auch) sehr stigmatisiert wird.

    Wenn das Wort Alkoholiker die Eigenmotivation ausbremst, um trocken zu werden, dann hat der Süchtige nicht verstanden, um was und vor allem, um wen es geht. Beim uneingeschränkten Erkennen ist doch der Knackpunkt, dass nicht das Herantragen „Du säufst zu viel“ ausschlaggebend ist, sondern „Ich bin Alkoholiker" und ich saufe zu viel.

    Wenn ich mich bei Co einlese, wird doch versucht, mit den sanftesten Worten des Gegenübers trocken zu legen. Ich lese auch immer mal irgendwelche Namen, die Ihr Geld mit dem Trocken werden verdienen. Videos machen, Bücher schreiben. Was nicht verwerflich ist, aber auch verkauft werden muss.

    Deswegen bin ich da und da etwas sehr skeptisch. Die Erfahrung zeigt doch, wenn Alkoholiker die ersten Schritte gehen, suchen sie meist einen angenehmen Weg, der machbar ist, heimlich und vor allem ohne Veränderung. Dann findet man auch etwas im Buchregal und ahmen dann diesen Weg nach.

    Selbst ich bin da mal kräftig damit auf die Schnauze gefallen. Bücher dienen mir heute nur zur Ergänzung. Trocken werden durch Selbsthilfegruppen, denn da sitzen keine Autoren, sondern trockene Menschen, die ihre Erfahrungen weiter geben.

    Ich bin ja auf deswegen auf dieses Forum gestoßen, was die größtmögliche Risikominimierung anbietet. Die Grundbausteine. Nicht von irgendwelchen Autoren, sondern von Langzeitrockenen zusammengetragen.

    Gruß Hartmut

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  • Klingt für mich nach, ich bin was Besseres als die Anderen hier.

    Diese unbegründet gebliebene Pauschalkritik erschließt sich mir nicht.

    Eine richtig gute Leitlinie, um ein zufriedenes abstinentes Leben zu führen, lautet: "Sorgen Sie dafür, dass es Ihnen gut geht." Da steckt alles drin.

    Das funktioniert nur mit der nötigen Wertschätzung der eigenen Person und der eigenen Belange.

    Da fehlte einfach noch die Einsicht, dass auch ich nichts weiter als ein kranker Alkoholiker bin und nicht anders, als der, der vor der Kaufhalle sitzt und säuft.

    Wenn der Fokus allein auf die gemeinsame Krankheit als verbindendes Element gerichtet ist, dann stimmt's, jedoch mit der Einschränkung, dass nicht alle derart tief gesunken sind.

    Beim uneingeschränkten Erkennen ist doch der Knackpunkt, dass nicht das Herantragen „Du säufst zu viel“ ausschlaggebend ist, sondern „Ich bin Alkoholiker" und ich saufe zu viel.

    M.E. darf es auch heißen: "Ich trinke viel zu viel und bin alkoholabhängig." Hinzu sollte noch die Erkenntnis treten, sich allein nicht dem klammernden Griff der Flasche entwinden zu können, sondern auf flankierende Unterstützung Dritter angewiesen zu sein.

  • Moin

    Ich bin eine alte weiße Frau und Alkoholikerin, das habe ich verinnerlicht, akzeptiert, achte mich selbst und lebe seit vielen Jahren glücklich und zufrieden, frei in meinen Entscheidungen und Handlungen, damit.

    Nun will mir ausgerechnet eine Co einreden, wie ich mich damit zu fühlen habe, mich damit fühlen könnte, es vielleicht nur noch nicht für mich erkannt haben könnte, meine Selbstachtung vielleicht mal überprüfen sollte, dass der Begriff Alkoholiker mir in irgendeiner Form schaden könnte.

    Es schüttelt mich gerade.

    Es ist ja modern geworden, dass Leute meinen, sie müssen sich für andere stark machen, damit wiederum andere bevormunden, wie sie sich wann, wo, wie gegenüber wen in welcher Form zu verhalten haben.

    Ich denke selber, handle selber, in Eigenverantwortung, in Selbstachtung vor mir und zwar für mich.

    Ich sorge mich gerade, nicht um mich, sondern um die, die hier wirklich Hilfe suchen.

    PB

    Es nützt nichts Jemandem eine Brücke zu bauen, der gar nicht auf die andere Seite will.

  • Dass dieser Thread Wellen schlägt, hatte ich mir schon im gedacht. Ich bedanke mich mal für diese außergewöhnliche Beteiligung.

    Was ich jedoch hier wie wo anderes immer wieder mal feststelle. Es wird zu viel persönlich genommen. Ich denke auch nicht das es, um das »recht haben" dabei geht, sondern eher einen Standpunkt mit Beharrlichkeit zu vertreten. :mrgreen:

    Jedoch unterscheide ich auch unter Standpunkte und Erfahrungen. Eigene Erfahrungen sind das, was eine Selbsthilfegruppe ausmacht. Nicht das angelesene Wissen.

    Wenn ich in die Anfangsjahre zurückschaue, gab es bei dem Begriff „Alkoholiker“, keine großen Diskussionen. Es wurde hingenommen, was es ist. Dass es heute mehr aufkocht, ist wahrscheinlich dem heutigen Zeitgeist geschuldet, alles neu betiteln zu müssen.

    Darunter fallen auch dies Beschönigung Beispiel. Aus Alkoholiker wird Alki. Dieses ganze „Ich hab dich lieb“ Psychologie greift nicht überall.

    Gruß Hartmut

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  • Ich frage mal naiv: Werden bekennende Alkoholiker diskriminiert? bei der Arbeitssuche? beim beantragen eines Kredites? im Freundeskreis? bei Behördengängen? oder wo auch immer?

    Würde sich daran etwas ändern, wenn ich es anders nennen würde? Sicher nicht.

    In diesem Zusammenhang fällt mir en dummer Spruch ein:

    Man kann einer Ziege einen Frack anziehen aber Ziege bleibt Ziege,

    Einmal editiert, zuletzt von pgauguin (21. März 2023 um 11:42)

  • Ich frage mal umgekehrt zählst du bei jeder der genannten Stelle erst alle deine Erkrankungen auf? Wenn nicht, warum würdest du dich dort als trockener Alkoholiker bekennen? Nur hier ist es was anderes, da bist du in einer Selbsthilfegruppe für Alkoholiker.

    Gruß Hartmut

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  • Was ich jedoch hier wie wo anderes immer wieder mal feststelle. Es wird zu viel persönlich genommen.

    Genau so ist es.

    Das Forum ist irgendwie auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. In Deutschland arten rein sachlich begonnene Diskussionen ziemlich schnell ins Emotionale und Empörende aus, leider.

    Der Ausstiegswillige wäre gut beraten, weniger auf andere zu schauen, die ähnlich tief oder tiefer im Schlamssel stecken, sich mit ihnen zu vergleichen, sich womöglich zu überhöhen, sondern primär auf sich, den eigenen Weg und die Empfehlungen erfahrener Therapeuten und Abstinenter (Trockener :wink: ) zu achten. Ob er sich dabei als Alkoholiker oder als alkoholabhängig bezeichnet oder betrachtet, ist völlig "wurscht", sofern er zu sich selbst gandenlos ehrlich ist, sich nichts vorgaukelt und zur Krankheitseinsicht gelangt ist.

  • seit ich hier im Forum unterwegs bin ,musste ich auch sortieren. Mittlerweile geht das ganz gut

    Im co Bereich halte ich mich draußen, weil ich da keine Ahnung habe, bzw meine Meinung nichts bringt. Ab und an lese ich mit, öfters mit Kopfschütteln.

    Wenn dann im Alkoholiker Bereich ein co sich einbringt und Ratschläge oder seine Meinung verbreitet halt ich mich bedeckt und zurück, weil er eben auch hier wenig bis keine Ahnung hat.

    Es hilft mir zu gucken, wer schreibt.

    Das ist wesentlich entspannter und aufregen lohnt sich eh nicht.

    Mit der Wortwahl Alkoholiker hab ich inzwischen kein Problem mehr.

    Warum auch,ich habs ja gestoppt.

    Damit das so bleibt, bleib ich gern hier.

    Bolle

    Der Weg ist das Ziel(Konfuzius)

  • bei mir hat es auch eine Weile gedauert, mich als Alkoholiker zu bezeichnen...dieses Wort trägt Konsequenzen mit sich, vor denen ich mich früher drücken wollte...also es gibt da wirklich keinen anderen Weg, als wirklich für immer auf Alkohol verzichten zu müssen....kein Bier mehr....und das für immer....sich wirklich darum kümmern müssen...es hat sowas Endgültiges, was sich dann auch nicht mehr schönreden lässt...meine Ängste waren...ich muss mich von Freunden trennen, es ändert sich mein ganzes Leben....und ich muss im Chor singen, dass ich ein zufriedener trockener Alkoholiker bin....für mich waren die AAs immer die Leute mit dem verlorenem Lachen....ich wollte einfach nicht dazugehören...

    ich will mich nicht nur auf den Alkoholismus reduzieren....ich habe noch viele andere Leben....aber hier bin ich im Alkoholiker Forum und da gehört das auch hin...nach der Erkenntnis Alkoholiker zu sein, begann mein Weg....und das hatte auch was bei mir, mit dem Wort zu tun

    Lieben Gruß

    mexico

  • Ich persönlich finde halt, dass das Wort Alkoholiker mit schlichter Einfachheit und Klarheit das Beschreibt, was ich bin

    ...dieses Wort trägt Konsequenzen mit sich, vor denen ich mich früher drücken wollte...also es gibt da wirklich keinen anderen Weg, als wirklich für immer auf Alkohol verzichten zu müssen....

    es stellt einen nämlich ganz unverblümt vor vor die Erkenntnis, die so schön in mexicos formuliert hat. Die knallharte Realität, die wahrscheinlich nur derjenige ausspricht, der sie letztendlich erkannt und akzeptiert hat.

    Aber ich würde jetzt auch nicht unbedingt damit hausieren gehen und es jedem auf die Nase binden. Das würde ich aber auch nicht mit anderen Krankheiten machen.

  • und zu dieser Erkenntnis muss jeder einzelne, für sich erstmal kommen!

    Er muss es sich eingestehen.

    Genau, das sehe ich auch so. Der erste Schritt zur Problem Bewältigung ist Problem Definition. Wenn ich aber den ersten Schritt nicht gehen kann, komme ich vlt. auch nicht zum zweiten...

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