Brettman - Sucht seit ca. 33 Jahren

  • Genau, Brettman, einen Tag nach dem anderen das erste Glas stehen lassen.

    Ich kann von mir sagen, dass ich am Anfang jeden Abend glücklich war, dass ich nicht mehr

    saufen musste und es auch die Tage davor nicht getan habe!

    Von der Sucht gesteuert zu sein, und immer Nachschub an Alkohol besorgen

    zu müssen, ist doch im Grunde schon eine enorme Belastung. Bzw. jetzt eine

    enorme Erleichterung, findest Du nicht auch?

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Elly,

    tatsächlich schnalle ich es zum Teil gar nicht, dass es keine Verstecke mehr gibt, nix versteckt werden muss und ich im Einkaufswagen nur - edit, Süßigkeiten - , Nudeln und Tomaten habe. Es fällt unglaublich viel Stress von einem ab und das ist sehr befreiend, gar erlösend. Ja, das muss einem täglich erneut bewusst werden, leider. Es wäre nämlich viel schöner, wenn das einfach nur vollkommen normal wäre. Aber da ist der Sucht-Zug wohl abgefahren. Jedenfalls geht es mir gerade gut und ich genieße das verregnete Wetter. LG

    Einmal editiert, zuletzt von Linde66 (31. Juli 2023 um 20:53) aus folgendem Grund: Bitte hier im Forum keine Markennamen, danke.

  • Es braucht seine Zeit, bis alte Muster überschrieben sind, Brettman.

    Damals, als ich keinen Nager mehr zu Hause hatte, war ich oft versucht ein Bund Möhren

    mehr mitzunehmen, z.B.

    Ich stehe entspannt an der Kasse im Supermarkt und schaue mich nicht mehr verschämt um,

    wer hinter mir steht und wer sehen könnte, dass 2-3 Flaschen Hochprozentiges auf dem Band liegt.

    Einfach, weil ich es nicht mehr brauche und will.

    Teilweise bin ich damals sogar in viele verschiedene und auch entfernte Geschäfte gefahren, damit ich

    genügend Alkohol hamstern konnte, ohne dass es jemanden, der mich kennt, auffällt.

    Schon lange ist es bei mir normal und trotzdem atme ich oft noch tief durch, weil ich aus dieser

    Spirale herausgefunden habe. Wie oft ging es mir körperlich und auch seelisch schlecht, weil

    ich wieder keine Grenzen gekannt hatte.

    Vorbei die Zeiten, in denen ich mir alles schönreden musste. Und vorbei diese vielen Selbstgespräche,

    nein heute trinke ich nichts. Naja, wenn dann aber nicht zu viel, etc.

    Das alles ist weg und doch nicht so weit entfernt, dass ich mich ab und an daran zurückerinnere.

    Und mir bewusst mache, wie gut es mir geht! Ich bin "Herr meiner Sinne" und nicht mehr vom

    Alkohol fremdgesteuert.

    Hier regnet es nur zwischendrin, dafür haben wir einen Wind wie an der Ostsee. Hat auch was! ;)

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Brettman,

    Und warum müssen andere darum nich saufen? Für die ist es vielleicht auch gerade nicht so toll? Also, nicht mehr grübeln und nicht philosophieren oder gar psychologisieren

    genau, einfach Schritt für Schritt und Blick nach vorn, es gibt eben solche und solche Tage.

    Wahrscheinlich gibt's die sogar bei der nichttrinkenden Bevölkerung, die haben aber das Glück, nicht zusätzlich noch täglich ihre Befindlichkeit regulieren zu müssen oder sich mit ihren Jieper herumärgern.

    Wie zur Zeit gerade im Urlaub: Regenwetter, kleine Ferienwohnung, Kinder auch nicht tiefenentspannt, man hockt halt auf kleinem Raum aufeinander...halt kein Bacardi-Feeling mit lauem Sommerabend und lateinamerikanischen Klängen.

    Früher eine Situation, die ohne einen gewissen Grundpegel nicht vorstellbar war oder noch schlimmer die Angst, dass in so einer Situation der Alk für den Abend nicht reichen könnte.

    Jetzt ist es wirklich so, dass mich das nicht groß kratzt (muss ja auch mal regnen :wink:)

    Nee im Ernst, in die Erinnerung will sich der Alk immer als DER Wohlfühler reinschleichen, den ich für die und die Situation unbedingt gebraucht habe, womit alles schöner bzw. erträglicher wurde.

    In Wahrheit bin ich durch die Trinkerei immer dünnhäutiger geworden und habe immer mehr Pegel gebraucht, um eine Situation halbwegs "normal" zu finden.

    Es fällt unglaublich viel Stress von einem ab und das ist sehr befreiend, gar erlösend.

    Ich sehe das genauso, als eine Befreiung/ Erlösung nicht mehr trinken zu "müssen" und diesen ganzen Stress und Kollateralschäden nicht mehr an der Backe zu haben.

    Ja, das muss einem täglich erneut bewusst werden, leider. Es wäre nämlich viel schöner, wenn das einfach nur vollkommen normal wäre. Aber da ist der Sucht-Zug wohl abgefahren.

    Meine Hoffnung ist, dass mich mit der Zeit die ganze Sache zumindest oberflächlich nicht mehr groß beschäftigt und dass ein Leben ohne Alkohol ganz "normal" ist

    Klar, am Anfang drehen sich halt sehr viele Gedanken um das Trinken und es kommen immer wieder Situationen, aber es ist vielleicht auch entscheidend, wie man darüber denkt:

    Entweder trauert man "der guten alten Zeit" nach und empfindet alles als einen Verlust, sozusagen "alle anderen dürfen weiter trinken, nur ich kann/darf nicht mehr" oder ich sehe als eine Befreiung/ Erlösung an, weg von dem ganzen Mist zu sein (auch wenn es ab und zu mal regnet :wink: )

    VG

  • Ich nenn das immer "das Getriebensein ist endlich weg". Den Alk umständlich zu besorgen, wie Elly schreibt, und dann den Pegel zu erreichen und zu halten, ohne, daß es bemerkt wird. Das ist ein so befreiendes Gefühl, wenn man das alles nicht mehr muss.

  • Meine Hoffnung ist, dass mich mit der Zeit die ganze Sache zumindest oberflächlich nicht mehr groß beschäftigt und dass ein Leben ohne Alkohol ganz "normal" ist

    Genauso wird es sein.

    Ab und zu kommen die Gedanken, die haben aber keinen aggressiven oder allmächtigen Charakter mehr. Eher eine " zum Glück muss ich nicht trinken" Feststellung.

    Ganz vergessen dürfen wir das ja eh nicht. Der Alltag sorgt für den Rest.

    Normalisierung.

    Gruss WW

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Mich hat das Lesen hier im Forum in meiner Anfangszeit oft getriggert, wollte einfach nichts hören und sehen von dem Alk. Habe gewerkelt und gemacht und somit ganz wenig Zeit gehabt überhaupt dran zu denken.

  • Mich hat das Lesen hier im Forum in meiner Anfangszeit oft getriggert

    ...das kenn ich noch.

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • …so, liebe Alle, mein Tagesrechner zeigt 93 Tage an. Soweit, so nüchtern. Es ist seit dem letzten Post nicht wirklich viel passiert. Ich bin weiterhin in ambulanter Therapie, Ehe und Job laufen bestens und das Leben wurde der Suchterkrankung weitgehend angepasst; soweit, wie es eben möglich ist. Letzte Woche habe ich (endlich) leider die Absage von meiner Krankenkasse für die Kostenübernahme einer stationären Entwöhnungsbehandlung bekommen. Kurz gefasst: Keine medizinische Notwendigkeit erkennbar. Wir bedauern…, tja, war ja zu erwarten. Ist mittlerweile aber auch egal, Ich fühle mich gut, habe seltenst den Drang zu saufen und finde das Leben weiterhin öde. Aber genau daran arbeite ich mit Nachdruck therapeutisch, wenn auch wahrscheinlich erfolglos. Euch allen für den Moment alles Gute. LG, Brettman

  • Schön, dass du mal wieder hier bist.

    Den großen Meilenstein 100 Tage hast du ja nun bald, das ist toll.

    Es ist seit dem letzten Post nicht wirklich viel passiert

    Die große Veränderung sind ja die vielen kleinen Veränderungen. Und da ist ganz sicher auch bei dir ganz viel passiert. 😉

    Schau mal hin, ich in sicher, du wirst ganz viel finden.

    Letzte Woche habe ich (endlich) leider die Absage von meiner Krankenkasse für die Kostenübernahme einer stationären Entwöhnungsbehandlung bekommen. Kurz gefasst: Keine medizinische Notwendigkeit erkennbar. Wir bedauern…, tja, war ja zu erwarten

    Was ist eine stationäre Entwöhnungsbehandlung?

    Ist das sowas wie eine Langzeittherapie?

    Wenn dir das wichtig ist, gehe ganz schnell zum Arzt und gegen den Bescheid in Widerspruch. Die Krankenkasse kann doch aus der Ferne eine medizinische Notwendigkeit gar nicht einschätzen. Letztendlich weiß doch nur dein Arzt (und du), was medizinisch notwendig ist.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Hallo Brettmann,

    das war auch mein erster Gedanke, wenn es dir wichtig ist, setze dich mit deinem Hausarzt zusammen und lege Widerspruch ein.

    93 Tage sind super.

    Liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Stern und Linde, so gesehen sind natürlich Kleinigkeiten passiert; acht Stunden schlafen und ausgeruht aufwachen, allgemeines Wohlbefinden, leistungsfähiger, motivierter, konzentrierter, aktiver und laut meiner Frau besser riechend, weil nicht permanent irgendwas ausdünstend. Ist aufgrund mehrerer Abstinenzphasen aber alles soweit bekannt. Und ca. drei Monate waren hierbei bislang immer die längste Zeit. Also steigt unbewusst just die Angst, wobei ich mich diesmal um Längen stabiler fühle. Whatever. Sowohl mein Hausarzt wie auch mein Psychiater haben eine Langzeittherapie befürwortet, aber die privaten Krankenkassen sind in ihrer Entscheidung bei Suchterkrankungen vollkommen frei. Da gibt es keine Möglichkeit des Widerspruchs, sondern nur Zivilklage wegen Nichterfüllung, die aber aussichtslos ist, weil Suchtbehandlung kein vertraglicher Bestandteil ist und somit nicht zum Leistungsspektrum gehört. So isses. Kostenträger für Sucht ist die gesetzliche Rentenversicherung und die habe ich nicht.

  • Moin, allseits. 120 Tage. Mehr, als bislang jemals geschafft. Also alles gut soweit. Ich bin hier in der SHG ja nicht so der Vielposter und begnüge mich mehr damit, zu lesen. Hierbei ist mir in den Vorstellungsthreads aufgefallen, dass sofort, immer, uneingeschränkt, alternativlos, kategorisch pp. der Weg zum Arzt befohlen wird. Hier mal meine Erfahrung mit einem früheren Hausarzt: "Nö, ambulante Entgiftung mache ich nicht. Auch kurzzeitig zur Beruhigung verschreibe ich nix. Ich kann Sie einweisen, mehr aber auch nicht. Die Klinik wird aber nicht sofort aufnehmen. Die warten immer 2-3 Tage, um zu prüfen, ob es derjenige ernst meint." Die Erfahrung ist zwar etwas her, aber immer noch präsent. Was will ich damit sagen? Auch Ärzte lassen einen durchaus bewusst in den kalten Entzug oder in den Versuch/die Gefahr des kontrollierten Runtertrinkens laufen und es ist nicht immer so fluffig, wie es einem hier suggeriert wird. Und wenn man gefühlt von seinem Arzt im Stich gelassen wird, dann fühlt man sich eigentlich nur bestätigt, dass niemand einem hilft und säuft halt weiter. Klar, hilf' dir selbst, sonst hilft die keiner. Aber: Ein Arztbesuch ist auch mit emotionalen Risiken verbunden. Nämlich dann, wenn einem akut gerade nicht geholfen wird und man vorher aber sämtlichen Offenbarungsmut zusammen genommen hat. Es ist nicht alles weiß, was glänzt. Natürlich kann man sich einweisen lassen, aber wenn das aus medizinischer Sicht die einzige Alternative ist, hat zumindest mich das schon ziemlich runtergezogen. Genau, dann wechsele halt den Arzt. Ich bin nicht auf Krawall aus, sondern will nur sagen, dass es zwischen Schwarz und Weiß eben auch leicht verwaschene Grautöne gibt. BG, Brettman

  • Ich bin nicht auf Krawall aus, sondern will nur sagen, dass es zwischen Schwarz und Weiß eben auch leicht verwaschene Grautöne

    Erstens sind wir hier auch nicht auf der Brennsuppe hergeschwommen, wie die Bayern sagen und es ist uns bewusst, was außerhalb des Forums passiert. :mrgreen:

    Dass Ärzte es unterschiedlich bewerten, ist bekannt. Nur geht es hier nicht um eine Einzelfallentscheidung oder wir erstellen eine Ferndiagnose.

    Wäre mehr als fahrlässig. Stell dir mal vor, ein User hat zusätzliche Vorerkrankungen? Wissen wir ja alles nicht.

    Lieber einmal mehr zum Arzt als einmal zu wenig.

    Ein Arztbesuch ist auch mit emotionalen Risiken verbunden

    Ist das nicht bei jedem Arztbesuch so? Unabhängig der Beschwerden? Warum sollte es beim Alkoholiker anders sein? Ist ein Alkoholiker anders krank? Oder ist es nicht eher die Selbst-Stigmatisierung, die davon abhält?


    Gratulation zu deinen 120 Tagen.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Von mir auch - Gratulation zu deinen 120 Tagen .

    Allgemeine meine Überlegung ... warum Alkoholiker haben Angst und schämen sich professionelle Hilfe holen .

    Am meistens sagen fast sofort - ich schaffe alleine .

  • Herzlichen Glückwunsch zu 120 nüchternen Tagen.

    Mehr, als bislang jemals geschafft.

    Siehst du das jetzt auch noch so, dass du deine 120 nüchternen geschafft hast?

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • … na ja, "geschafft" ist halt so'n Dingen. Ich bin nüchtern, ja. Aber so richtig trocken fühle ich mich noch nicht. Die Angst, wieder einzusteigen, schwingt weiterhin mit. Mir geht es gut und das ist gut so. Den Rest erledigt die Zeit. Viel witziger finde ich, dass ich mich jüngst aufgrund eines Infektes arbeitsunfähig melden musste und sofort bei allen der Gedanke da war, "alles klar, er säuft wieder". Ist bei all den vorherigen Lügen aber vermutlich nachvollziehbar; das werde ich wohl so schnell nicht los. Gutes Nächtle und bG, Brettman

  • Viel witziger finde ich, dass ich mich jüngst aufgrund eines Infektes arbeitsunfähig melden musste und sofort bei allen der Gedanke da war, "alles klar, er säuft wieder".

    Und genau deshalb weiß (fast) niemand, dass ich Alkoholiker bin, bei der Arbeit weiß es gar keiner und ich bezweifle, dass ich das dort jemals erzählen werde.

    Schön, dass es dir gut geht.

    Ich bin mir nicht sicher, ob die Zeit alles richtet.

    Kannst du an bestimmten Situationen festmachen, wann die Angst mitschwingt, rückfällig werden zu können?

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • … nein, es gibt keine bestimmte Situationen. Es ist auch mehr eine diffuse, nicht wirklich greifbare Angst. Kein Saufdruck oder so, sondern eher das Gefühl, eines Tages (doch) wieder ferngesteuert den Discounter anzusteuern. Hatte ich ja schon mal zum Ausdruck gebracht. Dessen ungeachtet, sind vier Monate auch ein Schiss im Vergleich zu den trinkenden Jahrzehnten. Das muss im Kopf, Körper, Geist und Seele auch erstmal ankommen. Wie dem auch sei, es ist weiterhin schön, nicht zu trinken oder vielmehr nicht trinken zu müssen; am besten beides. BG, Brettman

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