Tanni - Mein Partner trinkt...viel zu viel

  • Hallo, ich möchte mich kurz vorstellen.

    Ich bin Tanni, 45 Jahre alt, habe einen 19jährigen Sohn und eine 9 jährige Tochter.

    Vor etwas mehr als 2 Jahren bin ich mit meinem Freund in mein Haus gezogen. Ich habe schnell mitbekommen, dass er für mein Empfinden zu viel trinkt und habe das auch frühzeitig angesprochen. Anschließend hat er 2 Wochen nichts getrunken und hat mir somit beweisen wollen, dass alles in Ordnung ist. Natürlich war ich erstmal beruhigt. Ich bin vor einem dreiviertel Jahr ziemlich krank geworden und habe keine Obacht mehr auf das Trinken gegeben, da ich mit mir zu tun hatte und natürlich für meine 2 Kinder da war. Für mehr hatte ich keine Kraft. Jetzt geht es mir besser und nun bemerke ich seit einiger Zeit wieder, dass er trinkt. Hauptsächlich geht es um Bier - er braucht in der Woche bis zu 3 Kästen. Und das ist nur das, was ich hier zu Hause mitbekomme. Er ist aber auch oft auswärts, eben ein geselliger Typ.

    Noch funktioniert er. Er geht normal arbeiten und macht auch im Haus einige Dinge. Jedoch ist er launisch, ungerecht meiner Tochter gegenüber und bemitleidet sich sehr oft. Kleinigkeiten stören ihn und er findet immer jemanden, der Schuld ist.

    Ich habe noch nichts wieder gesagt, was das Trinken angeht. Ich scheue mich vor den Schuldzuweisungen in meine Richtung. Da ich körperlich aufgrund der Krankheit immer noch angeschlagen bin habe ich einfach auch keine Kraft für endlose Diskussionen. Außerdem möchte ich nicht, dass meine Tochter etwas davon mitbekommt und sich Sorgen macht.

    Zudem hat er meistens schon etwas getrunken, wenn ich kurz davor stand, etwas zu sagen.

    Ja, ich weiß, es sind Ausreden. Ich finde aber für mich bisher keinen Weg und befürchte auch habe ich nicht die Kraft ihn zu unterstützen.

    Ganz ehrlich, ich bin wütend und denke, dass ich sicher sehr vorwurfsvoll sein werde, wenn das irgendwann aus mir herausplatzt. Das würde ihn sicher verletzen und in einem totalen kommunikativen Desaster enden.

    Naja, so trinkt er halt munter weiter und ich schweige. Vielleicht hat ja jemand ähnlich Erfahren oder ist schon einen Schritt weiter. Ich freue mich über Meinungen.

    Danke fürs Lesen

    Tanni

  • Guten Morgen Tanni und willkommen,

    ich habe ähnliche Erfahrungen und ich glaube, so gut wie alle anderen Coabhängigen haben das auch.

    Es ist immer wieder ähnlich, wie sich Abhängige verhalten, sei es der/ die Alkoholabhängige oder der/ die Coabhängige. Das ist ein Muster, dass da abgeht.

    Ich kenne auch diese Vorbehalte. " Ich kann ihn doch mit meinen Vorhaltungen nicht verletzen"' das ist ein Satz, den Cos oft im Kopf haben. Das bedeutet ja aber, "der andere ist mehr wert als ich, ich will ihm nicht wehtun", und man schluckt und nimmt hin, hat Angst und tut sich mit all dem selbst weh.

    Ich gebe dir den Link für den Austausch, hier ist er:

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Du brauchst nur draufzuklicken, kurz was dazu schreiben. Du wirst dann freigeschaltet und findest dein Thema im Bereich für Angehörige und Coabhängige. Du wirst dort Menschen finden die genau wissen, wovon du sprichst und das ist unheimlich hilfreich, für dich selbst Wege zu erkennen.

    Liebe Grüße Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Hallo Tanni,

    das ist ein ziemliches Dilemma, in dem du da steckst. Die Wahrscheinlichkeit, dass es außer Streit null bringt, wenn du ihn darauf ansprichst, ist ziemlich groß. Gerade wenn du gesundheitlich angeschlagen bist, solltest du dir vor allem folgende Fragen stellen: Wie willst du Beziehung leben? Wie siehst du euch beide in 10 Jahren, wenn er so weitermacht wie bisher?

    Viele Alkoholiker funktionieren jahrelang, ja jahrzehntelang sehr gut..ich würde nicht darauf warten, dass das "kippt" und es ihn auf diese Weise bewusst wird.

    Du kannst nur auf dich schauen!

    Einen guten Austausch!

    LG, Saphira

  • Ich traue mir und meiner Wahrnehmung manchmal selbst nicht. Dinge wie "mache ich zuviel Wind und da ist ja eigentlich gar nichts so Schlimmes" oder "heute waren es nur drei Bier - übertreibe ich etwa"?

    Durch meine eigenen gesundheitlichen Einschränkungen bekomme ich auch oft nicht so viel mit, da ich meist 21 Uhr schlafen gehen muss. Ich sehe nur am nächsten Tag die leeren Flaschen, die in die Kiste gewandert sind und Unachtsamkeiten seinerseits, wie Haustür offen lassen, Licht brennen lassen. Nur wenn wir manchmal zusammen bei einer Feier waren merke ich die Veränderung. In letzter Zeit gehe ich schon gar nicht mehr mit. Er wird peinlich, bisher aber nicht übergriffig, manchmal schuldzuweisend für irgendwas Belangloses.

    Da ich mich aber schon mal aus einer Beziehung mit einem Alkoholiker gerettet habe, dem Vater meiner Tochter, habe ich dennoch stetig Angst, dass etwas passiert.

    Ich kann gar nicht anders und vergleiche.

    Meine eigene Rolle habe ich dabei noch nicht so richtig verstanden. Bzw. frage ich mich, warum Männer trinken, wenn sie mit mir zusammen sind.

    Ich beziehe das schon irgendwie auch auf mich.ö

    Ich habe einen guten Job und entwickle mich stetig weiter. Finanziell ist auch alles i.O. . Meine Kinder sind super in der Ausbildung bzw. Schule. Ich habe ein tolles Verhältnis zu meinen Eltern und finde immer Lösungen zu Schwierigkeiten.

    Wirkt das vielleicht einschüchternd?

    Warum nur lande ich wieder in so einer Situation? Da stimmt irgendwas nicht. :cry:

  • Hallo Tanni,

    willkommen bei uns in der Selbsthilfegruppe!

    Wenn ich mich als trockene Alkoholikerin an vergangene Zeiten zurückerinnere, wird mir manchmal noch Angst und Bange!

    Zwar bin ich immer auf Sicherheit bedacht gewesen und habe, bevor ich ins Bett ging geschaut, ob z.B. meine Zigaretten richtig

    aus waren, etc. Aber ich habe, damals am nächsten Morgen, öfter festgestellt, dass ich wohl doch in der Nacht besoffen die Kontrolle

    verloren hatte. Das hat mich sehr beunruhigt und war u.a. der Grund, warum ich mit dem Saufen aufgehört habe.

    Denke an die Kinder und an Deine Sicherheit, trenne Dich (zu wenigstens räumlich)! Was da so alles passieren kann!

    Mit Dir stimmt alles, Du bist eine starke Frau und das zieht andere an, die sich auf Dich verlassen können. Die Verantwortung

    abgeben wollen, sich "ausruhen", damit sie gepflegt weiter saufen können.

    Mach Dir das bewusst, Du kommst auch alleine klar!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Ich traue mir und meiner Wahrnehmung manchmal selbst nicht. Dinge wie "mache ich zuviel Wind und da ist ja eigentlich gar nichts so Schlimmes" oder "heute waren es nur drei Bier - übertreibe ich etwa"?

    Die Fragen sollten anders sein.

    "Kann ICH damit leben?"

    "Bin ICH glücklich mit der aktuellen Situation?"

    "Sehe ICH mich in zehn jahren in der gleichen situation wie jetzt?"

    Was er macht, wieviel er trinkt ist total egal. Nicht egal ist, wie du dich damit fühlst.

    Wenn du damit nicht leben kannst, übertreibst du nicht.

    Ich als trockene Alkoholikerin könnte nicht mal damit leben, wenn ein Partner nur ein Bier am Abend in meinem Beisein trinken würde/müsste. Selbst wenn er dabei der liebste Mensch auf Erden wäre.

    Es geht um deine Gefühle. Das ist das wichtigste.

  • Hallo Tanni,

    herzlich willkommen auch von mir.

    Bzw. frage ich mich, warum Männer trinken, wenn sie mit mir zusammen sind.

    Ganz falsche Fragerichtung. ;)

    Das klingt irgendwie als suchst du die Schuld bei dir, oder? Du bist aber nicht schuld am Alkoholkonsum. Deinen Wahrnehmungen solltest du unbedingt vertrauen, dich stört der Konsum und das ist es, was zählt.

    Es ist schon oft so, dass Frauen immmer wieder an solche Männer "geraten". Oft sind es, und da nehme ich mich nicht aus, Frauen die sich gerne um andere Menschen kümmern und helfen wollen.

    Dies funktioniert aber bei der Sucht nicht, schau auf dich und deine Tochter und darauf was euch gut tut.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Tanni,

    ich kann mich den anderen nur anschließen. Du entscheidest was zu viel ist. Und wenn es dich stört, dann übertreibst du auch nicht.

    Du darfst deine persönliche Grenze wahren und wenn sie ihm zu extrem ist, ist das sein Problem und dann passt es bei ihm nicht.

    LG

    Hope

  • Hallo, Tanni

    Ähnliche Fragen, ob es denn an mir liegt, treibe ich die Menschen dazu sich so zu verhalten etc. kenne ich auch sehr gut.

    Wie die Vorredner schon richtig differenziert haben:

    Du bist nicht Schuld, dass jemand suchterkrankt ist. Und der Grund, warum du das Gefühl hast dich immer wieder in einer solchen Situation wiederzufinden ist nicht, weil du letztlich Menschen in dieses Verhalten treibst.

    Man denkt das schnell. Wenn man in sich wechselnden Situationen/Beziehungen doch die einzige Konstante zu sein scheint, muss man selbst der Fehler sein, nicht? Nun, das stimmt nicht ganz bzw. die Schlussfolgerung ist nicht ganz richtig.. Du bist absolut nicht schuld daran, dass die Menschen so geworden sind. Das Problem ist, die waren vorher schon so oder hatten zumindest schon den Hang in diese Richtung. Deren Leben würde genauso verlaufen in der Sucht, auch wenn sie sich nie kennengelernt hätten.

    Wie Morgenrot schon angemerkt hat, Menschen, die selbständig sind,augenscheinlich keine Hilfe brauchen/wollen und auch noch gerne Lösungen für andere suchen, sind eben oft auch gerne ein Magnet für Menschen, die das alles nicht selbst können - in der Hoffnung sich beim anderen ausruhen zu können.

    Das bedeutet nicht, dass du Schuld hast und dich jetzt schlecht fühlen musst - das bedeutet achtsamer deinem Gegenüber zu sein, dir selbst im Klaren zu sein, was du möchtest, wo deine Grenzen sind und was du vor allem nicht möchtest.

  • ch traue mir und meiner Wahrnehmung manchmal selbst nicht. Dinge wie "mache ich zuviel Wind und da ist ja eigentlich gar nichts so Schlimmes" oder "heute waren es nur drei Bier - übertreibe ich etwa"?

    Traue deiner Wahrnehmung! Ich kenne diese Gedanken auch. Es geht im Grunde gar nicht darum, ob er nach irgendeiner Definition Alkoholiker oder sonst was ist. Es geht darum, wie du dich mit ihm fühlst und ob dich sein Konsum stört oder beängstigt.


    Da ich mich aber schon mal aus einer Beziehung mit einem Alkoholiker gerettet habe, dem Vater meiner Tochter, habe ich dennoch stetig Angst, dass etwas passiert.

    Ich kann gar nicht anders und vergleiche.

    Ich frage dich ganz provokativ: Warum tust du dir das ein zweites Mal an?


    Meine eigene Rolle habe ich dabei noch nicht so richtig verstanden. Bzw. frage ich mich, warum Männer trinken, wenn sie mit mir zusammen sind

    Die Männer trinken nicht, weil sie mit dir zusammen sind. Sie trinken, weil sie eine Geschichte haben, die sie dazu bewegt sich zu betäuben. Diese Geschichte hat nichts mit dir zu tun. Das war schon vor dir da. Sie trinken, weil sie wahrscheinlich etwas suchen (➡️ Sucht)....sie suchen aber nicht dich!

    Du hast nichts mit ihrem Konsum zu tun. Du kannst auch nichts daran verändern. Das können sie nur selbst, sofern sie es wollen.

    Mit dir hat es nur so viel zu tun, dass du dir die Frage stellen könntest, was dich dazu bewegt dir einen Mann auszusuchen, der nicht ganz verfügbar ist. Warum wählst du einen Partner, der mit dir nicht auf Augenhöhe ist, der vielleicht bedürftig ist oder bei dem du das Gefühl hast ihn retten zu müssen?

    LG, Saphira

  • Ihr bringt mich echt zum Nachdenken, vielen Dank.

    Ich hätte auch nicht gedacht, dass ich ein zweites Mal bei einem Mann lande, der Alkohol zum Leben braucht.

    Beide haben eine Arbeit, der eine sogar eine eigene, passabel laufende Firma. Sie funktionieren dem Anschein nach und für die Außenwelt. Bei meinem jetzigen Freund habe ich es auch erst einmal nicht gleich mitbekommen. Als es mir das erste Mal auffiel, habe ich es sofort abgesprochen und er trank zwei Wochen nicht. Anschließend immer mal wieder. Dann wurde ich sehr krank und verlor das Thema aus den Augen. Die Kraft reichte nur für wenig. Meist bin ich abends gleich mit meiner Tochter ins Bett. Einige Krankenhausaufenthalte gab es auch. Da wurde meine Kleine von den Omas betreut, die einen tollen Job gemacht haben.

    Nun bin ich aber wieder unter den halbwegs Lebenden und absolviere nebenbei noch ein Diplom.

    Warum es mir so schwer fällt, weiß ich nicht. Das muss ich herausfinden. Vielleicht, weil ich an die vergangene Beziehung erinnert werde, in der ich mich ohnmächtig gefühlt habe oder weil es ausgesprochen dann real ist und die Beziehung dann vorbei ist, weil meine Tochter wieder eine Trennung mitbekommt? Wahrscheinlich von allem ein bisschen.

    Was ich aber gemacht habe, Urlaub gebucht für meine Tochter und mich. Mein Großer ist bereits mit Freunden unterwegs.

    Vielen Dank an Euch

  • Super, dass du den Urlaub gebucht hast.

    Kann auch sein, dass du dieses Suchtmuster schon aus deiner Familie mitgebracht hast.

    So ist es bei mir. Bei uns in meiner frühesten Kindheit wurde sehr viel Alkohol konsumiert

    von meinen beiden Eltern, ich musste schon als kleines Kind die Schnapsflaschen sortieren.

    Und vor allem musste ich schon als sehr kleines Kind meine Eltern genau beobachten, sind sie

    betrunken oder nicht, wie reagieren sie jetzt, und ich hatte große Angst vor dem Jähzorn

    meines Vaters. Man musste möglichst unsichtbar werden.

    Das ist bis heute so, und mein jetziger Partner erinnert mich sehr an meinen Vater...

    Und wieder zucke ich zusammen, wenn er zur Tür reinkommt...

  • Einen Gedanken von mir…

    ja eine Trennung ist nicht schön und es tut weh Menschen zu verlieren ABER so lernen die Kinder auch, dass es normal ist.

    Es wird ja ihr ganzes Leben so sein, dass Menschen in ihr Leben treten und wieder gehen.

    Auch lernen sie dadurch, dass man manchmal gehen muss, damit es einem selber wieder gut geht. Wenn du bleibst bekommt sie ein falsches Bild von Beziehung und von dem was normal und okay ist.

    Ich habe auch lange für meine Kinder versucht die Ehe zu retten. Aber irgendwann war es mir wichtiger, dass sie nicht denken dass das was wir vorleben normal sei. Ich wollte das sie ein anderes Bild von Beziehung haben.

    Lieben Gruß

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