Outing, wie offen geht ihr um mit der eigenen Sucht?

  • Hey Leute,

    immer wieder habe ich gelesen, dass andere hier ihre Schwierigkeiten hatten mit dem offen über die Sucht reden oder nur mit dem Gedanken daran.

    Ich dachte mir, evtl. kann man das mal gesondert betrachten um einmal Mut zu machen bzw. Rückmeldungen einzufangen.

    Ich fang mal an: Ich habe in meiner Therapie den ganz dringenden Rat bekommen möglichst offen damit umzugehen. Mit der Ansage, dass ich trockener Alkoholiker bin, wird jegliches Nachbohren unterbunden wurde mir gesagt. Das kann ich auch absolut bestätigen. Der absolute Großteil meiner Mitmenschen hat das hingenommen und respektiert, keine blöden Fragen gestellt etc.

    Die Kehrseite der Medaille: Meine eigenen Eltern haben leider so gut wie gar nicht darauf reagiert. Meine Mutter musste ich mehrfach ermahnen. Ich weis nicht, ob es daran liegt, dass die beiden das nicht wahrhaben wollen oder was weis ich. Schade, dass die beiden sich nicht freuen können, darüber, dass ich dieses Riesendrama endlich zum Stillstand gebracht habe.

    Mich interessiert daher: Wie geht euch das so? Was sind die Reaktionen der anderen?

    Beste Grüße und lasst euch nicht ärgern 8)

    Thomas

  • Hallo Thomas,

    eine wirklich gute Frage!

    Es gibt mehrere Sichtweisen. Wenige gehen offen mit ihrer Suchterkrankung um. Es kann auch berufliche

    Probleme deswegen geben. Das sollte man nicht außer Acht lassen.

    Ich habe es so gehalten, dass meine engste Familie und meine Freunde Bescheid wussten, bzw. Bescheid

    wissen.

    Alle anderen brauchen keine Erklärung, warum ich keinen Alkohol trinke. Da reicht es aus, dass ich

    dankend ablehne, wenn man mir Alkohol anbietet. Ich frage dann nach einem anderen Getränk.

    Im Laufe der Zeit werden auch automatisch die Gelegenheiten, in denen andere Alkohol konsumieren, weniger.

    Denn im Grunde stellt man sein Leben um. Das ergibt sich automatisch.

    Natürlich gibt es auch die anderen, die ganz offen mit ihrer zum Stillstand gebrachten Alkoholerkrankung umgehen.

    Das mag für sie Befreiung und auch Unterstützung sein. Und das sollte jeder für sich abwägen.

    Ich finde, da gibt es kein richtig oder falsch. Das muss jede/r für sich selbst entscheiden.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

    Einmal editiert, zuletzt von Elly (18. April 2022 um 10:04)

  • Hallo Thomas,

    bei mir ist es auch der engste Familien und Freundeskreis mit denen ich darüber gesprochen habe, zu erst mit meinen Kindern.

    Ich habe ihnen eine große Last von den Schultern genommen ( haben es ja schon geahnt ) und auch mir geht es seitdem besser...endlich ist es raus.

    Lieben Gruß Sternchen

  • Ich muß mit mir offen und ehrlich umgehen.

    Es gibt viele Menschen, die vieles nicht verstehen, doch bin ich weder Prediger noch Bekehrer, ich muß auch nicht, um Verständnis bitten.

    Sie müssen es nur respektieren, ob sie es akzeptieren überlasse ich ihnen.

    Je mehr man eine Sache aufbauscht, desto größer wird sie.

    Alkoholfrei ist für mich mittlerweile zur Normalität geworden.

    Ich muß nicht mit jedem (!) darüber reden, mit Freunden, Familie, klar redet man auch über Alkohol, der eine versteht es, der andere nicht.

    Ich habe für mich erkannt, daß ich ein Problem mit Alkohol hatte.

  • ich denke so richtig verstehen was es heißt ein Problem mit Alkohol zu haben kann nur jemand dem es genauso geht.

    Ich weiß tief in meinem Inneren schon lange das ich ein Problem damit habe ( das heimlich trinken ist ja nicht normal )

    dennoch hat es lange gedauert es sich wirklich einzugestehen.

  • Hallo Thomas,

    willkommen im Forum auch von mir. Schön, daß du da bist!

    Deine Frage ist gut, und auch ich bin darüber anfangs manchmal gestolpert.

    Abgesehen von meiner Mutter, die das Thema Alkoholsucht / Krankheit nicht richtig wahrhaben wollte - und die daher auch nicht verstand oder verstehen wollte, habe ich mich nach einigem Herumtasten so entschieden:

    Diejenigen es etwas angeht, habe ich informiert. Aber nur die. Du allein entscheidest, wer das sein soll und kann.

    Alle anderen erfahren es nur, wenn ich will. Fragen sie aber von sich aus, sage ich die Wahrheit. Ich habe noch nie erlebt, daß ich damit schlecht gefahren bin. Im Gegenteil, die Neugier und die Achtung überwiegen. Wir sind schließlich nicht die einzigen Alkoholiker auf der Welt, auch wenn einem das anfangs manchmal so vorkommt.

    Lieben Gruß
    Peter

  • Hallo Thomas,

    ich habe es im Grunde so gehalten: "Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu"

    Bedeutete für mich, ich möchte nicht von meiner Familie oder engen Freunden belogen werden, also unterlasse ich das selbst auch.

    Die wissen also Bescheid.

    Ob ich es anderen erzähle, entscheide ich von Fall zu Fall...

    Gehe ich auf eine Feier, auf der Alkohol angeboten wird, lehne ich alkoholische Getränke einfach ab.

    Lieber noch gehe ich zum Nachmittagskaffee auf eine Feier, denn da ist noch keiner angesoffen und labert Müll.

    Das nur mal am Rande...

    Wenn ich Alkohol ablehne, kommen nur in den seltensten Fällen diesbezüglich gezielte Nachfragen. Wie oft das bei mir der Fall war, kann ich wohl an einer Hand abzählen.

    Denn wie gesagt, Familie und Freunde wissen eh Bescheid.

    Und für die anderen ist auch wieder nicht sooo interessant.

    Kamen aber doch mal Nachfragen, habe ich bisher immer ehrlich geantwortet.

    Rumlavieren oder gar Lügen ist nix mehr für mich, gelogen habe ich genug während meiner Saufzeit.

    Ausserdem wüsste ich wohl auch später nicht mehr, was ich nun wem erzählt habe :lol: Lügen ist mir zu anstrengend.

    LG Sunshine

  • Diejenigen es etwas angeht, habe ich informiert. Aber nur die. Du allein entscheidest, wer das sein soll und kann.

    Das ist exakt auch mein Kurs. Den Kreis habe ich bewusst sehr eng gezogen.

    Ich bin schon gefühlte Ewigkeiten, sicherlich mehrere Jahre nicht mehr gefragt worden, ob oder warum ich nicht trinke. Sollte diese Frage doch noch mal kommen, gibt's die ehrliche Antwort: "Ich trinke ihn nicht, weil er mir nicht bekommt und es mir ohne ihn bedeutend besser geht."

    Sollte dennoch der Fragende nachbohren, was bislang noch nicht vorgekommen ist, habe ich weitere Antworten in peto:

    (1) Warum ist es von Interesse, jetzt und hier Alkohol zu konsumieren?

    (2) Ich denke, ich habe mich klar genug geäußert, oder?

    (3) Ich erachte es nicht für ein erstrebenswertes Ziel, die Kontrolle über meinen Verstand zu verlieren.

    Mal schauen, wie ich reagieren würde, es hängt von der Situation ab. Allerdings bin ich nicht der Typ, der sich ausfragen lässt. Das mache ich auch schon qua sozialer Interaktion klar.

    Welchen Reim sich der Fragende auf meine Antworten macht, interessiert mich nicht.

    Mir ist klar, dass andere hier im Forum offensiver mit der Antwort umgehen als ich. Wenn sie mit ihrer Strategie klar kommen, machen sie für sich alles richtig,

    Ich bin mit meinem Kurs, den ich mit meinen Therapeuten abgestimmt habe, jahrelang gut gefahren. Warum sollte ich eine Kursänderung vornehmen, das erschließt sich mir nicht.

    Gruß

    Carl Friedrich

  • So individuell wie unsere Suchtgeschichte und Entwicklung ist, so sollte man auch für sich persönlich den Weg des Dialoges über das Thema wählen.

    Ich bin generell ein Typ, der offen ist. Und mir hilft es, über Dinge zu reden, die mich belasten.

    Anfänglich habe ich sehr offen und auskunftsfreudig über meine Problematik gesprochen. Doch ich musste feststellen, das zuviel Offenheit nicht bei jedem auf Verständnis stößt. Und somit habe ich mich dafür entschieden, freundlich aber bestimmt abzulehnen, wenn ich in eine solche Situation komme bzw. war. Ohne weitere Erklärungen. Das hat in den allermeisten Fällen ausgereicht.

    Weitere Info`s mache ich mittlerweile nur noch bei den Menschen, die das verstehen, denen ich vertrauen kann und die mir zuhören.

  • Mensch, hier ist ja richtig was los. Fein, fein.

    Ich bin ja mittlerweile auch so weit, dass ich mich nur noch auf Nachfrage oute. Mein Problem ist, dass ich Musik mache und zwar in einer Band, ein Hobby, dass ich nicht aufgeben wollte. Konzerte sind natürlich immer solche Trinkanlässe. Da muss ich natürlich immer damit rechnen, dass ich angesprochen werde. Meine Bandkollegen wissen Bescheid. Das reicht mir.

  • Ein sehr schönes Thema. :)

    Es ist doch grundsätzlich meistens so, dass der Mensch immer ein wenig von sich auf andere schließt.

    Vielleicht gehen wir Alkoholiker aus diesem Grund davon aus, dass das für andere auch ein wichtiges Thema sein muss. Wenn sie aber selbst kein Trinkproblem haben, ist das eher nicht der Fall.

    Aus ihrer Sicht. Sie sehen, dass alle etwas alkoholisches trinken und Du nicht. Das ist aber eher so für sie als ob Du heute der einzige bist der einen Hut trägt. Du trägst einen Hut? Dann erwarten sie eine Antwort wie "ja, gefällt mir". Oder "hab meine Haare nicht gewaschen" ^^

    Was ich damit meine ist, dass die meisten eher überrascht wären, wenn man da zu einer riesen (womöglich tiefgreifenden) Erklärung ansetzt.

    Die eng stehenden Menschen sollten genau Bescheid wissen. Auch wegen der Gefahr, dass sie sonst etwas anbieten. Und weil da da immer Ehrlichkeit vorherrschen sollte. Beim Smaltalk reicht eine kurze Antwort.

    Ich habe das vor ein paar Jahren mal sogar im Biergarten erlebt. Wir haben uns mit einer anderen Familie getroffen und der Mann hat sich ein Apfelsaftschorle bestellt. Für mich damals undenkbar. Was für mich dann ja sogar eine wichtigere Frage war als für andere, da Alkoholiker. Also frage ich. Warum trinkst Du kein Bier? Und er meinte "es schmeckt mir nicht".

    Ende der Geschichte. Es schmeckt ihm nicht. Frage beantwortet. :thumbup:

    Selbst ich wüsste nicht was ich da noch hätte weiter fragen sollen.

    Einmal editiert, zuletzt von Alex_aufdemweg (21. April 2022 um 22:04)

  • Heute kann ich offen umgehen mit der Krankheit. Nur ist oft der Gegenüber nicht so weit das auch zu verstehen. Alkohol ist in unser Gesellschaft allgegenwärtig und gehört zum Leben dazu wenn man sich so umschaut. Wenn jedoch jemand öffentlich sagt ich habe ein Problem mit Alkohol oder ich bin Alkoholiker, dann kann ein großer Teil der Gesellschaft das nicht verstehen, denn für sie ist Alkohol was völlig normales.

  • Das stimmt absolut. Musst ich leider feststellen. Wichtig war mir aber erst mal, dass sie mir nichts anbieten und mir erzählen, dass es jetzt das neue Sowiesobier in unserer Hausbrauerei gibt und es ganz toll schmeckt usw. Oder mich unpassend fragen warum ich nicht trinke und ob nicht ein Gläschen geht usw. Verständnis gibt es von sehr wenigen. Dafür können sie erst mal nichts.

  • Oder mich unpassend fragen warum ich nicht trinke

    Ich bin in den gut 7 Jahren Abstinenz ca. 5-6mal vorsichtig gefragt worden, das war es auch schon.

    Ich bin immer wieder überrascht, wieso Aussteiger aus der Sucht meinen, sie könnten oder würden unentwegt von wem auch immer, auf ihren Nichtkonsum angesprochen. So wichtig ist das Thema Alkohol für Dritte auch wiederum nicht, wie es für uns mal war, als wir unser Leben rund um die Flasche organisiert haben.

    M.E. wird das Thema des Fragens Dritter von manchen einfach deutlich überhöht und überschätzt.

    Ich kann nur raten, das Thema nicht größer zu machen als es ist.

    Wichtig war mir aber erst mal, dass sie mir nichts anbieten und mir erzählen, dass es jetzt das neue Sowiesobier in unserer Hausbrauerei gibt und es ganz toll schmeckt usw.

    So was habe ich noch nie gebraucht. Warum auch? Ich bin für mich verantwortlich, andere für sich. Wird mir was angeboten, lehne ich höflich, aber bestimmt ab. Ich muss mich nicht rechtfertigen oder Begründungen liefern.

    Für mich ist der Alkohol einfach uninteressant und unbedeutend geworden, er ist für mich gefühlte Lichtjahre entfernt. Den Respekt vor der Krankheit, den habe ich mir jedoch bewahrt.

    Gruß

    Carl Friedrich

    Einmal editiert, zuletzt von Carl Friedrich (26. April 2022 um 22:29)

  • Was ich oben aufgezählt habe, habe ich genau so erlebt. Ist ja auch kein Wunder. Ich habe mich mit Leuten umgeben die zu viel trinken. Und auf einmal kommt der daher und will nichts trinken.

    Ich weiß noch wie das in unserer "Sauna"-Gruppe war. Da ging es los mit Treffen zum Haxe essen und Maß trinken. Ich schickte ein Bild aus meiner App, dass ich bereits (weiß nicht mehr genau) 150 Bier ausgelassen habe. Der erst Kommentar war "dann hast du Durst".

    Aber Du hast Recht Carl Friedrich Die meisten Menschen - außer diese die mich nur so kannten - machen sich da sicher keinen Kopf.

  • Ich bin in den gut 7 Jahren Abstinenz ca. 5-6mal vorsichtig gefragt worden, das war es auch schon.


    Ich bin immer wieder überrascht, wieso Aussteiger aus der Sucht meinen, sie könnten oder würden unentwegt von wem auch immer, auf ihren Nichtkonsum angesprochen. So wichtig ist das Thema Alkohol für Dritte auch wiederum nicht, wie es für uns mal war, als wir unser Leben rund um die Flasche organisiert haben.


    M.E. wird das Thema des Fragens Dritter von manchen einfach deutlich überhöht und überschätzt.


    Ich kann nur raten, das Thema nicht größer zu machen als es ist.

    Ey C.F., das ist doch immer MEINE Rede! :P Voll geklaut! ;(

    Hey, nur Spaß! :lol:

    Ich kann C.F.s Erfahrung nur bestätigen!

    Auch ich wurde kaum mal weiter ausführlich gefragt, warum ich keine Alkohol trinke.

    Meine Familie und enge Freunde kennen ja eh den Grund.

    Und andere befragten mich nur höchst selten irgendwie weiter, warum ich keinen Alkohol trinke.

    Ich bin nun bald seit 20 Jahren trocken und kann wohl an einer Hand abzählen, wie oft mal intensiver nachgefragt wurde.

    Dann antworte ich allerdings auch ehrlich und damit war bisher das Ding auch durch.

    Es ist wirklich so, das dieses Thema für den Betroffenen viel wichtiger ist als für irgendwelche Aussenstehenden. Ist auch richtig so, denn die Arbeit an der Trockenheit wird nie ganz aufhören.

    Andere Menschen haben aber ihr eigenes Leben mit eigenen Sorgen und Problemen, und das steht für sie natürlich an vorderer Stelle...auch normal.

    LG Sunshine

  • Ich hab es meinen Freunden gesagt. Als ich letztens Abend bei Ihnen war, wurde ich vorsichtig gefragt, ob es mich stört, wenn sie was trinken. An dem Abend war ich mir sicher, dass ich nicht trinke. Sagte also nö ... und tatsächlich. Ich habe nichts getrunken ... außer Rhababersaftschorle.

    Jedenfalls kann ich nicht sicher sein, dass das an jedem Abend so sein wird. Deshalb will ich mit Ihnen nochmal reden.

    Jetzt geht ja bald die Biergartensaison los. Ich werde nicht hingehen ....

    LG skywalker

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