Jump! aus dem Hamsterrad

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    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Noch eins, was mich gedanklich hindert: ich trinke ab und an gerne mal einen Whisky oder einen Cocktail, das sollte ich doch dann wohl auch aufgeben

    Ich hole das mal zu mir und schreibe gleich was dazu. Ich wundere mich nämlich schon seit langem, dass auf der Co-Seite fast immer betont wird, dass selbst (fast) nichts getrunken wird.

    Ich bin mir sicher, dass ich erst gar nicht mit meinem Mann zusammen gekommen wäre, wenn ich nicht selbst "gerne" getrunken hätte... aber ich nehme meinen Mut zusammen und erzähle nachher mal von vorne...muss mich erst noch ein bisschen sortieren.

  • Ich wundere mich nämlich schon seit langem, dass auf der Co-Seite fast immer betont wird, dass selbst (fast) nichts getrunken wird.

    Hast du diesen Eindruck tatsächlich?

    Wenn ich so durch die Bücher lese, dann hatte ich schon den Eindruck, dass einige gerne auch getrunken haben. Nur irgendwann einfach die Schnauze voll hatten von dem permanenten Zustand des Angehörigen und so immer weniger, besonders in seinem Beisein, getrunken haben. Viele haben sich selbst reflektiert und festgestellt, dass sie selbst ebenfalls ein Problem mit dem eigenen Konsum bekommen haben. Teilweise selbst abhängig wurden.

    Was mich betrifft, ich hab selbst früher auch gerne und viel getrunken. Später wurde es mehr und mehr zum Missbrauch und ich hatte einfach Glück, nicht abhängig geworden zu sein.

    Ich hab in meiner Co-Hochphase meinem Partner das Bier weggetrunken, damit er weniger trinkt!

  • Hallo,

    Ich hab in meiner Co-Hochphase meinem Partner das Bier weggetrunken, damit er weniger trinkt!

    Das hätte mir nie passieren können. Als Teenager war ich einmal Silvester beschwipst, dabei hatte ich nur 2 Gläser getrunken. Dieser Zustand war für mich sehr schwer auszuhalten und während die anderen immer lockerer wurden bin ich von der Fete "geflüchtet". Seit dieser Fete trinke ich kaum Alkohol. Mich ekelt schon alleine der Geruch des Biernebels.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Liebe Jump,

    Ich kann Dir da zustimmen. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Alkohol getrunken, wie in der Zeit mit meinem Ex Partner. Ich habe lange darüber nachgedacht wieso. Alle Ausflüge, sozialen Interaktionen waren ja mit Alkohol verbunden. So habe ich dazu gehört. War ihm irgendwie näher. Seit Anfang des Jahres habe ich eigentlich keinen Alkohol mehr getrunken. Selbst beim Mädelsabend habe ich das Glas Prossexxo stehen lassen. Das zu reflektieren war wichtig für mich. Habe mich auch dazu mit meinem Umfeld ausgetauscht. Also ich würde sagen das das bei mir ein missbräuchlicher Konsum war und ich zum Glück nicht in eine Abhängigkeit geruscht bin.

    LG Momo

  • "Das arme Kind" soll der Arzt bei meiner Geburt gesagt haben. Meine Mutter schwört aber, dass sie nur ganz wenig, um anzustoßen, am Sekt genippt habe. Sie war gerade auf einer Feier.

    Als Kind mochte ich die süßen Liköre und ich glaube hier hatte ich auch schon die erste Wirkung gespürt.

    Mit 16, 17, 18 ging es dann los. Am Wochenende, bei Feiern, mit Freunden bei mir Zuhause. Niemals alleine, das war mir völlig fremd.

    Meine Eltern hatten einen unerschöpflichen Wein - Vorrat im Keller. Da konnte ich unbemerkt was abzweigen. Ich weiß noch wie meine Mutter einmal in meinem Kleiderschrank das Leergut gefunden hat - zig Flaschen. Da war was los. Sie wollte mich zur Suchtberatung schleppen, ich habe ihr den Vogel gezeigt.

    Als Studentin habe ich mir Gedanken gemacht, ob ich ein Alkoholproblem haben könnte. Ich habe dann einen Selbsttest gemacht und nichts mehr getrunken. Nach drei Tagen haben mich meine Freundinnen gebeten aufzuhören, weil meine Stimmung unerträglich wurde.

    Ich bin ins Ausland gegangen. Dort war eine noch heftigere Trinkkultur als hier. Als meine trinkfesten Eltern mich besucht haben meinten sie anerkennend, dass ich jetzt "den letzten Schliff bekommen" habe.

    Alkohol war vollkommen normal, wenn ich mit anderen zusammen war. Jemand der keinen Alkohol trinkt wäre für mich "ein trockenes Brötchen" gewesen.

    Auf diesem Hintergrund habe ich meinen Mann dann mit Ende 20 kennen gelernt. Er sagt retrospektiv dass er damals schon Alkoholiker war. Es fällt mir schwer das zu glauben.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir zusammen gekommen wären, wenn ich es nicht selbst normal und gut gefunden hätte, dass abends getrunken wird.

    Manchmal habe ich mich schon gefragt ob ich stellvertretend über ihn meine eigene Sucht kontrolliere. Als er das erste Mal in der Reha war (vor 12 Jahren glaube ich) da hat mir seine Therapeutin die Leviten gelesen, dass wir Alkohol im Haus haben, dass ich selbst Alkohol trinke in seinem Beisein.

    Da habe ich Zuhause gar nichts mehr getrunken. Nur wenn ich weg war, aber das war dann nicht mehr oft - ich war ja nun älter - und dann auch nicht viel. Das ist mir auch nicht besonders schwer gefallen.

    Ich habe es ihm aber immer übel genommen, dass ich "wegen ihm" nichts mehr trinken darf. Für mich war das ein Verlust.

    In seiner zweiten Reha wurde mir gesagt es sei ein Zeichen von Co-Abhängigkeit, wenn ich wegen ihm selbst nichts trinke. Als i-Tüpfelchen war damals am Ende des Angehörigen-Seminars ein Pärchen "aufgetreten": sie Alkoholikerin, seit vielen Jahren trocken, er der Ehemann. Beide supersüße, tolle Leute. Sie hat dann erzählt, dass es ihr gar nichts aus macht, dass er Wein Zuhause lagert und trinkt, das sei seins. Er hat erzählt wie er das genießt. Aber kam für mich nicht in Frage. Alleine trinken fand ich seltsam.

    Ich habe es aber vermisst. Und wenn mein Mann dann doch wieder getrunken hat, dann war ich richtig sauer: ich bin abstinent und du säufst trotzdem!

    Nachdem er schließlich länger trocken war, nachdem er die richtigen Medikamente bekommen hatte und nachdem alles so viel besser wurde - dachte er, er kann jetzt ein alkoholfreies Bier trinken, dann ein Radler, dann ein Bier... Das war mir recht. Ich konnte auch wieder was trinken. Ich habe das genossen. Es ging auch erstaunlich lange gut.

    Ich habe aber nie mehr viel getrunken. Ich habe immer den Rückwärtsgang eingelegt, sobald ich den Rausch gespürt habe. Da war bei mir Schluss. Mir war es immer wichtig nüchtern ins Bett zu gehen. Wenn ich weg war habe ich Zuhause noch Tee getrunken und bin auf geblieben, um runter zu kommen. Wir hatten ja einen Alkoholtester und wenn ich dachte jetzt habe ich bestimmt viel, dann habe ich gepustet und es war immer unter 0,5 . Ich habe mich dann gewundert, dass man damit sogar noch Autofahren dürfte. Mir kam es mehr vor.

    Ich kürze jetzt mal ab:

    Erst durch den epileptischen Anfall meines Mannes ist bei MIR jegliche Lust auf Alkohol komplett weg gegangen. Ich selbst habe seit damals, Anfang Januar, keinen Tropfen mehr getrunken und auch überhaupt keine Lust mehr darauf gehabt. Ich glaube ich weiß jetzt was "zufriedene Abstinenz" heißt. Früher dachte ich immer es bedeutet, dass jemand den Verzicht auf Alkohol kompensiert bzw. es halt schafft "trotzdem" zufrieden zu sein. Jetzt glaube ich, es heißt, dass ich Abstinenz gar nicht mehr als etwas Nachteiliges sehe, sondern tatsächlich froh damit bin. Ohne Gefühle von Verlust. Sondern dem Gefühl von Gewinn. Für mich war der Anfall ein Tiefpunkt, der bei mir Klick gemacht hat.

    Ich glaube dennoch nicht, dass ich Alkoholikerin bin. Ich habe früher sicherlich Alkoholmissbrauch betrieben. Und ich hatte Glück, dass es nicht zur Sucht wurde.

  • Und wenn mein Mann dann doch wieder getrunken hat, dann war ich richtig sauer: ich bin abstinent und du säufst trotzdem!

    Wie ist das heute? Keine Erwartungshaltung mehr?

    Ich glaube ich weiß jetzt was "zufriedene Abstinenz" heißt.

    Da Du ja jetzt absolut geläutert bist und er ja nicht mehr darf/will, habt Ihr da noch Alkohol im Haus?

    lG WW

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Liebe Jump!,

    danke für deine Offenheit. Du scheinst Glück gehabt zu haben eben nicht abhängig geworden zu sein. Und deine Nachricht regt wieder sehr zum Nachdenken an.

    Ich habe es ihm aber immer übel genommen, dass ich "wegen ihm" nichts mehr trinken darf. Für mich war das ein Verlust.

    Mir ging es da ein bisschen ähnlich, ich habe wegen ihm nichts getrunken, und ich war auch sauer. Nicht weil ich nicht trinken konnte sondern vor allem deshalb weil ich so stark die Rolle des Moralapostels einnehmen musste. Ich sagte ständig nein. Ich kam mir vor wie die strenge Übermutter, und ich habe es gehaßt immer die "Spielverderberin" zu sein. Eben auch weil er! Ja ein Problem hatte und nicht ich.

    Zur Zeit ist es bei mir so dass ich Alkohol verabscheue. Ich bin so empfindlich geworden. Gestern waren wir im Park, in einem gehobenen Cafe haben wir uns Eis geholt. Ich habe über die Tische gesehen, und ich schätze 70 Prozent tranken Alkohol. Ich fühlte mich sehr unwohl. Ich mag das gar nicht mehr.

    Ohne Gefühle von Verlust.

    dachte er, er kann jetzt ein alkoholfreies Bier trinken, dann ein Radler, dann ein Bier... Das war mir recht. Ich konnte auch wieder was trinken.

    Ich finde es erstaunlich welche tiefgreifenden Gefühle du hattest gegenüber Alkohol, die nichts mit deinem Mann zu tun hatten sondern deine sind.

    Jetzt glaube ich, es heißt, dass ich Abstinenz gar nicht mehr als etwas Nachteiliges sehe, sondern tatsächlich froh damit bin.

    Das wünsche ich mir sehr für dich.

    LG Alexa

  • Guten Morgen Ihr Lieben,

    Eine gute Diskussion hier.

    Nicht weil ich nicht trinken konnte sondern vor allem deshalb weil ich so stark die Rolle des Moralapostels einnehmen musste. Ich sagte ständig nein.

    Genau das spiegelt für mich, dass beide an sich arbeiten müssen. Der Alkoholabhöngige an seinen Suchtthemen und der Co an seinen Verhaltensmustern. Sonst ist es weiterhin keine gesunde Beziehung.

    Wenn nur der Alkoholabhängige an seinen Themen arbeitet, kann es meiner Meinung nach keine Beziehung auf Augenhöhe geben. Aber das ist nur meine Sicht der Dinge.

    Ich habe im Bekanntenkreis eine Freundin, bei der ich auch noch unsicher bin. Ich wollte bei einem Besuch nichts trinken, das hat sie gestresst. Habe Ihr gesagt, dass sie wegen mir nicht darauf verzichten muss und das sie wissen muss ob Alkohol ein Thema beibihr ist. Das ist nicht meine Verantwortung.

    LG Momo

  • Ich komme mal aus der Alkoholiker Ecke hier her.

    Hier im Forum eine zufriedene Abstinenz zu haben, ist ein Begriff für trockene Alkoholiker.

    Je mehr Worte und Umschreibungen dazu verwendet wird, zeigt meist nur, dass da etwas im Argen liegt. Eine Momentaufnahme. So eine zufriedene Abstinenz dauert für viele Jahre. Es ist nicht mit ein paar Tage, Monate abgetan.

    Darunter fallen auch Suchtdruck und Verzichtsgedanken. Wer kein Alkoholiker ist, macht sich darüber auch keine Gedanken. Warum auch? Er hat ja kein Problem damit.

    Übrigens wegen eines alkoholfreies Umfeld.

    Ich hatte es am Anfang es klipp und klar mit meiner Partnerin kommuniziert. Kein Alkohol zu Hause. Keinen gebunkert. Nicht für Gäste oder als Geschenk. Weg damit.

    Sie hatte das akzeptiert, nicht für mich, sondern, weil sie kein Problem mit Alkohol hat. Sie war froh, dass ich nicht mehr trank.

    Erst nach ca 10Jahren meines Trockenseins hat sich da und da wieder was eingeschlichen. Was jedoch sehr schnell koriigiert wird.

    Gruß Hartmut

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