Hallo, mein Name ist Petra, ich bin 52 Jahre alt und habe zwei erwachsene Kinder. Mein Mann, den ich mit Anfang 20 geheiratet habe, hat ein Problem mit dem Alkohol. Er ist ein Quartaltrinker. Begonnen hat alles recht harmlos! Wir waren jung, er spielte Fußball im Verein und in der Freizeitlieger, da ist es halt normal auf den Sieg oder auf die Niederlage ein Bierchen (wie ich mittlerweile diese Verniedlichung hasse) zu trinken. Als ich unser erstes Kind im 5. Monat verlor (da waren wir noch nicht verheiratet) besuchte er mich erst am 5. Tag, nach unserem Verlust, im Krankenhaus. Damals hat er versucht, seine Trauer im Alkohol zu ertränken und ich hatte Verständnis. Reden über das Thema konnte ich mit ihm kaum. Es war eine sehr schwierige Situation. Wir entschlossen uns, zusammenzuziehen und ich wurde sehr schnell gewollt schwanger. Unser Sohn war geboren und ich somit von ihm Finanzen abhängig. Beruflich wurde es für Ihn immer schwieriger und wie immer versuchte er seine Probleme mit Alkohol wegzusaufen!!! Ab diesen Zeitpunkt war es ein ewiges auf und ab. Als seine Oma starb gab es einen Erbstreit, der damit endete, dass er den Kontakt zu seiner Familie abgebrochen hat und es kam wie es kommen musste, er trank wieder regelmäßig. Als ich unseren Sohn und ein paar Sachen gerade aus der gemeinsamen Wohnung schaffen wollte, ich meinen Bruder anrief, dass er mich bitte abholen soll da ich mich von meinem Mann trennen werde, weinte mein Mann bitterlich und bat mich zu bleiben (er wusste, wenn ich gehe und unserem Sohn die Trennung zumute, ist das Maß voll. Er erkannte sehr gut meine Entschlossenheit und was das für unsere Familie bedeutet. Einmal gegangen komme ich nicht mehr zurück) er versprach, sich zu ändern. Ich habe ihm geglaubt!!!!!!! Wir zogen dann aufs Land wo er aufgewachsen ist, damit wir zur Ruhe kommen konnten, das ging auch, eine lange Zeit gut. Als mein Bruder starb wurde ich überraschend schwanger und ich hatte große Angst, dass nun alles wieder von vorne beginnt. Ich wieder von ihm abhängig werde und er somit wieder machen kann was er möchte. Aber es traf nicht ein. Es war weiterhin einer meiner schönsten gemeinsamen Jahre/Zeiten. mit ihm und meiner kleinen Familie. Als unsere Tochter 5 Jahr und unser Sohn bereit 11 Jahre alt waren, zogen wir in unser neu gebautes Haus und ich war sehr glücklich. Ca ein Jahr danach fing er wieder an zu trinken. Nach der Arbeit trank er mit Kollegen ein oder zwei Bierchen (O-Ton mein Mann) und anschließend unten im Keller/Büro trank er heimlich weiter. Leere Bierflaschen wurden in jeder erdenklichen Ritze versteckt. Am Wochenende fuhr ich meist mit den Kindern weg damit sie nichts davon mitbekommen. Er hat den ganzen Tag nicht gegessen, war abends sehr hungrig und bekämpfte den Hunger mit Bier. Ich habe es damals schon gehasst, dass als er angetrunken nach Hause kam und wir nicht wirklich mehr einen schönen, gemeinsamen Abend verbringen konnten, aber ich habe es hingenommen und tat genau dass gleiche wie damals, es hinnehmen. Mir war nur wichtig, dass die Kinder nichts davon mitbekommen. Und so lebten wir unser Leben. Er trank Wochenlang nicht einen Tropfen. Dann nur auf Feiern. Dann wieder täglich. Dann ein Jahr nichts. Dann nur am Abend. Dann wieder Monate lang nichts, dann wieder nur am Wochenende usw. So viele Jahre lang hatte ich immer Hoffnung, Gespräche über Gespräche, Einsicht, Ehetherapie, Therapie usw. Bis unsere Kinder erwachsen waren und studierten. Unsere Kinder wussten bis zu diesem Zeitpunkt nicht das ihr Vater Alkoholsüchtig ist. Tagsüber war er arbeiten und trank keinen Tropfen, wenn die Kinder zuhause waren trank er nur heimlich bis sich die Situation im Job zuspitzte. Er verlor seinen Alltag, seine Tagesstruktur, saß stundenlang vor dem Hanny/Computer im Kellerbüro und trank immer so vor sich hin. Ich habe gehofft, er findet sich wieder. Es kam alles noch viel schlimmer als der Zeitpunkt kam wo ich unseren Kindern die Wahrheit erzählte, (weil es kaum noch zu verbergen ging, da sie ja nicht dumm sind) er flippte komplett aus. Das wir sogar die Polizei rufen mussten. Die Tatsache, dass seine Kindern nun bescheid wussten warf ihn völlig aus der Bahn!!!!! Und die Geschichte geht weiter: Haus verloren, gemeinsamer Umzug, Auszug von meinem Mann, räumliche Trennung, Entzug, wieder zusammen, zwei wunderschöne gemeinsame Jahre.
Stand heute, trinken am Abend und am Wochenende.
Wenn ich diese Zeilen so lese, dann macht es mich selber sehr bestürzt, traurig und ich schäme mich. WARUM habe ich all das mit mir machen lasse??? Wenn er nicht trinke ist er ein sehr liebevoller Ehemann und Vater. Er ist immer für uns da, wenn wir ihn brauchen. Aber der Jahrzehnte lange Alkoholkonsum macht sich mittlerweile sehr bemerkbar im Aussehen und im Wesen. Es ist sehr traurig mit anzusehen wie der Verfall sichtbar wird. Ich bin unglücklich und möchte so nicht Leben. Die letzte Suchtberaterin sagte zu mir, dass ich ihm nicht helfen kann. Ich weiß das!!!! Wie oft zweifelte ich eher an meiner eigenen Wahrnehmung, fragte mich, ob ich übertreibe und suchte die Schuld oft auch bei mir! Ich bin mir bewusst und im Klaren das es nicht meine Schuld ist und dennoch bin ich den Weg soweit mit ihm gegangen und finde immer noch nicht den Absprung. Wie sich die meisten bestimmt denken können, war diese Erzählung nur ein Bruchteil von meiner/unserer Geschichte mit einem Alkoholsüchtigen Partner/Vater. ABER vor 5 Jahren begann ich in der Familie darüber zu reden und entschuldige mich nicht mehr für sein Fehlverhalten. Ein kleiner Anfang aber ein Anfang.