Carl Friedrich - Diesmal wird es klappen

  • ich denke, deswegen läuft es real auch anders. Vom letzten Suchtberater hatten wir gehört: Wenn Sie den Eindruck haben, jemand könnte suchtgefährdet sein, dann ist der Eindruck meistens richtig. Darum soll man sich dann unverzüglich an Vorgesetzte und/oder Suchtberater wenden.

    Er appellierte an das Bauchgefühl, dem man Gehör schenken und dann aktiv werden soll.

    Aber ich finde ganz zu recht, empfinden die meisten das als Anschwärzen. Wurde dem Appell auch gleich entgegengehalten. Darauf wurde gesagt, dass man sich von dieser Betrachtungsweise im Fall Suchterkrankungen frei machen soll. Denn diese dreht gerade mit Hilfe des Ignorierens voll auf.

    Man merkte richtig, wie über den Köpfen der Teilnehmern als Gedanke ein irritiertes "Hmmm" schwebte.

    ich kann immer noch jeden Kollegen verstehen, der sich sagen würde, solange im Arbeitsleben das Zusammenspiel mit dem vermeintlich Suchtgefährdeten funktioniert, habe ich keinen Anlass, etwas zu tun.

    Wenn es ohnehin dem Suchtkranken überlassen bleiben muss, ob er sein Problem in den Griff bekommen möchte, wozu dann frühzeitig einmischen? Damit es der andere dann frühzeitig zur Meisterschaft im Tricksen, Täuschen, Tarnen bringt und ich als Kollege nur riskiere, frühzeitig das Betriebsklima zu vergiften?

    Ich wäre jetzt auf eine Gegenposition gespannt, denn ich sehe es bestimmt einseitig ;-).

  • Guten Morgen 9Leben

    ich sehe es teilweise anders. Es kommt darauf an, welchen Job derjenige macht. Sitzt der nur im Büro und macht dort seine Arbeit, dann kann man sich das, glaube ich schenken.

    Aber bei Jobs, die mit viel Fahren, gefährlichen Stoffen, körperlicher Zusammenarbeit usw. zu tun haben, sollte gehandelt werden. Derjenige ist eine Gefahr für sich, seine Kollegen, ggf. Kunden und auch völlig Unbeteiligten.

    Und trotzdem wäre ich auch eine von der Sorte, die das noch lange tolerieren würde, bis ich denke, dass was passieren muss. Da hätte ich bezüglich Kollegialität auch Skrupel.

  • Heikles Thema.

    Meine Kollegin war alkoholkrank,zum Glück wusste es das ganze Team.

    Es war offensichtlich.

    Der Chef konnte handeln und hat die Kollegin zeitweise entlassen ,damit sie eine Reha besucht. Sie hat danach wieder getrunken und war auch gar nicht überzeugt von einer weiteren Therapie.

    Danach wurde sie endgültig entlassen.

    Bei einem Kollegen ,der trinkt würde ich ihn vielleicht erst mal unter vier Augen ansprechen und mitteilen ,dass er nach Alkohol riecht oder dass ich merken würde ,dass er trinkt...(je nach Situation).

    Ich denke ,ich hätte schon eine "Meldepflicht" dem Chef gegenüber.

    Ich denke ich würde es auch tun, nachdem ich es dem Kollegen gesagt hätte und wenn etwas Zeit verstrichen wäre.

  • Croissy ,

    in meinem früheren Betrieb war es ein saufendes Ehepaar, Jeder wusste davon und letztlich hat man beide zur Suchtberatung geschickt. Dort waren sie genau einmal. Der Suchtberater hat festgestellt: Es gibt nichts zu beraten. Beide wollen trinken. Ehefrau hat sich mittlerweile schon vor Rentenbeginn erfolgreich totgesoffen, zu ihm wurde mir nichts weiter berichtet.

    Also bei Tätigkeiten, bei denen es besonders auf gute gesundheitliche Konstitution ankommt (Fahrdienst. Maschinensteuerung u.ä.), wäre ich dafür, regelmäßige entsprechende Kontrollen (Alkotest, Drogenschnelltest und dergl.) durchzuführen.


    Wenn es darum gehen soll, eine Suchtgefährdung frühzeitig auszumachen, die aufgrund der Tätigkeit auch zur konkreten Gesundheitsgefährdung anderer werden kann, dann gilt das doch für alle und nicht anlassbezogen.

    Bei Piloten können sie mal anfangen :-P.

  • Bei Piloten können sie mal anfangen

    Oder im Bundestag, in den einzelnen Ämtern.

    Mal im Ernst, es wird viel zu viel toleriert, egal ob am Arbeitsplatz oder in der Familie.

    Verbote und Anzeigen allein, werden das Problem nicht lösen.

    Den Menschen muss es bewusst werden.

    Da helfen bestimmt auch Restriktionen, so nach dem Motto: wer nicht hören will, muss fühlen.

    Wenn jemand am Arbeitsplatz trinkt, sollte das angezeigt werden, nur doof, wenn der aufmerksame Mitarbeiter dann selbst ins Visier (anschwärzen) gerät bzw. er nur den anderen in Misskredit bringen will.

    Wenn schon auf der Arbeit getrunken wird, ist das ein eindeutiges Signal, dass man seinen Konsum alles andere als im Giff hat.

    Wenn es nicht gelingt 0,0 Promille in relevanten Bereichen einzuhalten, haben wir als Gesellschaft ein Problem. Sei es am Arbeitsplatz, in der Familie oder im Straßenverkehr.

  • achelias ,

    das sehe ich auch so, dass es ins Bewusstsein der gesamten Gesellschaft verankert werden müsste. Die letzten drei Jahre gingen für mich in die gegenteilige Richtung. Plötzlich war Homeoffice die Heilslösung für Werktätige. Es ist aber doch ein Unterschied, ob ich mit jemandem, der leibhaftig vor mir steht oder sitzt, rede oder auf Skype/Zoom/Teams oder wo auch immer nur eine ab und zu bewegliche Bildkachel sehe. Manchmal ja nicht mal das, sondern nur ein Standbild oder gar nichts.

    ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie vielen die jüngste Zeit, konkret die letzten drei Jahre (für mich ein einziges fortgesetztes Verbrechen, besonders an Kindern und alten Menschen, aber das ist ein anderes Thema) eine Suchterkrankung gebracht hat oder eine bestehende beschleunigt vertieft hat. Bei gleichzeitig gekürzten Aufnahmekapazitäten in Rehakliniken. Abstände, Ihr wisst schon..... Und der Betroffene hatte noch eine Ausrede, das HIlfesystem nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Mein Mann zum Beispiel für ein vorzeitiges Ende der Nachsorge: "ich kann nicht die ganze Zeit mit Maske in einer Gesprächsrunde sitzen. ich kriege keine Luft!" Was vielleicht sogar stimmte bei der schweren Leberschädigung, die er schon hatte.

  • Interessante Diskussion. Meine persönliches Fazit: Bei Tätigkeiten mit nicht unerheblichem Drittgefährdungspotential sollte gehandelt werden.

    Wenn schon auf der Arbeit getrunken wird, ist das ein eindeutiges Signal, dass man seinen Konsum alles andere als im Giff hat.

    Ich sehe bei uns eher das Problem, dass Leute verkatert und entzügig auf der Arbeit erscheinen. Bis der Alk abgebaut ist, sind sie kaum zu gebrauchen.

    Bei uns herrscht am Arbeitsplatz ein absolutes Alkoholverbot. Selbst bei Jubiläen oder Verabschiedungen bedarf der Alkoholausschank einer vorherigen Genehmigung. Daher habe ich schon Ewigkeiten keinen Konsum auf der Arbeit mitbekommen. Er dürfte dann eher heimlich und zwischendurch, z.B. anlässlich der Mittagspause erledigt werden.

    Wenn es nicht gelingt 0,0 Promille in relevanten Bereichen einzuhalten, haben wir als Gesellschaft ein Problem. Sei es am Arbeitsplatz, in der Familie oder im Straßenverkehr.

    Das Problem haben wir schon längst. Die Alkohollobby ist sehr stark, bestens vernetzt und weiß, strengere Maßnahmen zu verhindern. Sie werden auch zukünftig nicht kommen. Und unsere derzeitige Bundesregierung hat ganz andere Dinge -partielle Cannabisfreigabe- im Sinn.

    Einmal editiert, zuletzt von Carl Friedrich (7. Februar 2023 um 16:25)

  • Hallo,

    da klinke ich mich mal kurz ein.

    Canabisfreigabe und Lauterbach wettert gegen die kleinen Flaschen Alkohol an der Kasse,

    ganz mein Humor!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Moin, überlegt doch einfach mal, wie eure Reaktion nach außen, gegenüber dem Kollegen oder dem Vorgesetzten- und eure Reaktion nach innen, euch gegenüber wäre, wenn euch jemand erzählt hätte, dass ihr ein Alkoholproblem habt. Noch dazu, wo ihr der Meinung seid, dass ihr das Problem so gut versteckt habt, dass davon überhaupt keiner was mitbekommen konnte, was natürlich Unsinn ist.

    Also bei mir hätte sich nach außern eine Trotzreaktion ohnegleichen aufgebaut und nach innen eine Peinlichkeit, der nur mit einem ordentlichen Besäufnis hätte entgegnet werden können.

    Also kurz: Eine "Ermahnung" oder Befragung oder ... durch Außenstehende wäre bei mir auf Granit gestoßen.

  • Moin, überlegt doch einfach mal, wie eure Reaktion nach außen, gegenüber dem Kollegen oder dem Vorgesetzten- und eure Reaktion nach innen, euch gegenüber wäre, wenn euch jemand erzählt hätte, dass ihr ein Alkoholproblem habt. Noch dazu, wo ihr der Meinung seid, dass ihr das Problem so gut versteckt habt, dass davon überhaupt keiner was mitbekommen konnte, was natürlich Unsinn ist.

    Also bei mir hätte sich nach außern eine Trotzreaktion ohnegleichen aufgebaut und nach innen eine Peinlichkeit, der nur mit einem ordentlichen Besäufnis hätte entgegnet werden können.

    Also kurz: Eine "Ermahnung" oder Befragung oder ... durch Außenstehende wäre bei mir auf Granit gestoßen.

    Trotzdem denke ich wird der Betroffene vielleicht die Chance haben ,etwas zu ändern ,mehr als wenn man nichts sagt und so tut als wäre alles in Ordnung.

    Außerdem muss dem Betroffenen klar werden ,dass sein Konsum auffällt bei der Arbeit und dass das so nicht geht und es durchaus sein kann ,dass die Chefetage davon auch was mitbekommen wird.

  • Als Kollegen eine Mitarbeiterin im Verkauf bei der Chefin "angeschwärzt" haben, hat sie mir das erzählt und meinte, sie macht ihren Job gut, kommt pünktlich, ist freundlich. Warum sollte sie sie kündigen?

    So lang sich die Kunden nicht beschweren.

    Das fand ich fair.

  • So ist es im Arbeitsleben. Solange jemand anforderungsgerecht funktioniert, gibt es keinen Anlass zur Beanstandung. Da werden eventuell andeutende Symptome wie schwankende Launen, einzelne Fehltage oder intensiver Atem-Pfeffeminzgeruch bemerkt, aber ignoriert.

    Und es liegt ja auch immer das Risiko einer Fehlinterpretation vor. Durch die der tatsächlich Fehlinterpretierte dann zu Recht gekränkt ist, was auch ungünstigen Einfluss auf die künftige Qualität der kollegialen Zusammenarbeit haben kann.

  • hallo,

    Trotzdem denke ich wird der Betroffene vielleicht die Chance haben ,etwas zu ändern ,mehr als wenn man nichts sagt und so tut als wäre alles in Ordnung.

    Außerdem muss dem Betroffenen klar werden ,dass sein Konsum auffällt bei der Arbeit und dass das so nicht geht und es durchaus sein kann ,dass die Chefetage davon auch was mitbekommen wird.

    Ich sehe es ähnlich wie chroissy.

    In großen Betrieben gibt es Suchtkrankenhelfer und betriebliche Suchtvereinbarungen. Das ist bei uns der Fall. Das ist genau und strukturiert aufgebaut und ist erst einmal recht niederschwellig.

    Wenn mir jemand auffallen würde, sollte ich es laut der betrieblichen Suchtvereinbarungen meinem unmittelbaren Vorgesetzten melden, dieser führt ein Gespräch und bietet eben den Kontakt mit dem Suchtkrankenhelfer an.

    Vorraussetzung dass dieses System funktioniert ist natürlich, die Mitarbeit des Abhängigen.

    In meinem Arbeitsleben habe ich es 3x erlebt, und 2x hat es wirklich funktioniert und die Kollegen im Haus sind über Jahrzehnte trocken.

    Dem dritten mußte fristlos gekündigt werden, weil er weiter mehrfach angetrunken zum Dienst erschien.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Das fand ich heute im Netz: "Abstinenz ist nicht der Weg in den Himmel, sondern der aus der Hölle."

    Da ist viel Wahres dran. Oder wie Hartmut es andersweitig mal beschrieb: "Die Welt wird nicht dadurch besser, dass ich die Flasche weggestellt habe."

    Abstinenz ist nicht alles, aber ohne Abstinenz ist für mich alles nichts.

    In diesem Sinne alles Gute

    wünscht

    Carl Friedrich, seit mehr als 8 Jahren unfallfrei abstinent.

    Letzteres nur als Ansporn für die Neueinsteiger und frisch Abstinenten, zeitgleich ein erneuter Beweis, dass der Ausstieg aus dem Alkohol möglich ist.

  • Da lese ich viel über Rückfälle in diesem Forum, selbst nach jahrelanger Abstinenz.

    Mir fällt in diesem Zusammenhang der Rat ein, den mir ein erfahrener Suchtmediziner am Ende meiner ambulanten Therapie gab: "Der erste Schritt in Richtung Rückfall wird gemacht, wenn man sich nicht mehr regelmäßig mit seinem Problem befasst."

    Ja, ich befasse mich, damit sich in meinem Kopf nicht der Gedanke einnistet, irgendwann gehe doch noch mal was mit dem Stoff.

    Das Befassen ist meine persönliche Prophylaxe, so wie ich regelmäßig zum Doc (incl. Zahnarzt) gehe, um mich zu schützen.

  • "Der erste Schritt in Richtung Rückfall wird gemacht, wenn man sich nicht mehr regelmäßig mit seinem Problem befasst."

    Ich glaube, wenn es jemand als Problem ansieht, dann ist es schon ein gedanklicher Rückfall. Oder ist Alkoholiker zu sein ein Problem?

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Sorry, Carl Friedrich, nicht mein Buch, nicht meine Sätze …. Darf ich trotzdem ganz kurz meine Gedanken hier lassen?

    Ich darf ja keine Zitate aus anderen Büchern in meins holen. Aber gern darf das in mein Buch geschoben werden, wenn es hier stört.


    Hartmut, Du lieferst heute wieder sehr schwere Kost für mich.

    An der ersten überlege ich ja noch in meinem Buch, da winden sich hier schon wieder meine Gehirnwindungen und finden nicht so richtig die passende Richtung. 🤔

    Ich glaube, wenn es jemand als Problem ansieht, dann ist es schon ein gedanklicher Rückfall. Oder ist Alkoholiker zu sein ein Problem?

    Muss ich Alkoholiker als Problem (von oder für was?) sehen, um meine Alkoholsucht als Problem zu sehen?

    Ich empfinde irgendwo auch meinen Diabetes als Problem und gerade ist auch meine fiese Mandelentzündung ein Problem. Damit muss ich mich beschäftigen … um gesund werden zu können….und dazu auch noch mit meiner Alkoholsucht…

    Wo genau siehst du jetzt meinen gedanklichen Rückfall?

    Oder ist es einfach nur ein unterschiedliches Verständnis für einzelne Wörter….‘Problem’ in diesem Fall?

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Ich habe Ähnliches in der realen Selbsthilfe Gruppe gehört - es wird da aber nicht von Problem gesprochen, sondern von der Erinnerung warum man eigentlich mit dem saufen aufgehört hat. Jeder hat ja einen Grund gehabt mit dem Saufen aufzuhören meistens ist es ein Schreckerlebnis oder negativ Erlebnis. In dem man das wach hält in dem man immer wieder darüber erzählt zum Beispiel, wird man sich bewusst warum man mit dem Saufen aufgehört hat.

    Ich weiß Nicht ob ich mich verständlich ausgedrückt habe?!

  • Muss ich Alkoholiker als Problem (von oder für was?) sehen, um meine Alkoholsucht als Problem zu sehen?

    ? Keine Ahnung, was du damit meinst.

    Ich versuche es mal anders.

    Ich glaube, wenn ich meine Trockenarbeit als Problem ansehe, dann ist das für mich ein gedanklicher Rückfall. Da ging es erstmal nur, um sich damit zu beschäftigen. Es nicht zu vernachlässigen, es als alltägliches Brot anzusehen. Ein Ritual zu schaffen wie das Zähneputzen.

    Wenn ich es jedoch vernachlässige, ist es für mich ein Verhaltensrückfall, wo der eigentliche Rückfall beginnt. Erst vernachlässige ich die Trockenarbeit, dann kommt weiteres dazu. Es werden immer größere Risiken eingegangen usw.

    Im trockenen Zustand ist für mich, wenn ich meine Hausaufgabe mache, Alkoholiker zu sein, kein Problem, erst im nassen Zustand wird es wieder zu einem.

    Gruß Hartmut

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