neuer Artikel: Alpha Beta Gamma Delta Epsilon? - Alkoholikertypisierung

  • Alpha Beta Gamma Delta Epsilon? - oder einfach Alkoholiker?


    Das Forenteam
    26. Juni 2022 um 18:01

    Hallo liebe Leser/innen,

    gestern haben wir einen neuen Artikel online gestellt.

    Wir wollen das Thema 'Trinkertypen' beleuchten.

    Warum überhaupt wurde versucht, Trinkertypen zu benennen?

    Und, ganz wichtig, nützt mir diese Einteilung irgendetwas für meine Suchtselbsthilfe, beim Trockenwerden und Trockenbleiben?

    Euer Forenteam

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo,

    Ich kenne auch diese Einteilung von Trinkertypen nach Jellinek.

    Mag sein, daß sich da einige klar einordnen können.

    Ich wäre danach allerdings eine Mischform von Alpha, Beta und Gamma gewesen.

    Von daher habe ich mich nie irgendwie daran orientiert, und geholfen hätte es mir schon gar nicht.

    Auch hier im Forum gibt es immer wieder Menschen, die sich da irgendwo einordnen, aber ich denke, diese Typisierung nach Jellikek ist längst überholt.

    Und inwiefern sie irgendwie hilfreich sein sollte für den Betroffenen, ist mir schleierhaft.

    Eher im Gegenteil, wenn es doch so viele verschiedene Typen gibt, dann muss es doch auch sehr viele individuelle Wege aus der Sucht geben...so oft die Schlussfolgerung.

    Aber so ist es meiner Meinung nach nicht, es gibt nicht unendlich viele Wege aus der Sucht.

    Und soooo individuell ist die Sauferei auch wieder nicht, und wohin selbst zusammengestrickte, sehr individuelle Wege führen, haben wir hier schon oft erlebt.

    Diese Wege beinhalten komischerweise immer, möglichst wenig ändern zu müssen. :wink:

    LG Sunshine

  • Hallo sunshine,

    Wir mögen diese Einteilung auch nicht. Aus dem Grunde gibt es den Artikel.

    Gruß

    Alex

    Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt. – Mahatma Gandhi

  • "Aber so ist es meiner Meinung nach nicht, es gibt nicht unendlich viele Wege aus der Sucht."

    Das sehe ich auch so. Es gibt tausend Wege rein, aber nur wenige Ausgänge. Einfach die erste Flasche stehen lassen. Klingt bekloppt und zu simpel, ich weiß, ist aber so. So unterschiedlich die Lebensgeschichten und die multiplen Faktoren für eine Sucht sind, die Sucht ist ein Gleichmacher, und man sieht schon bei den "Kunden" sehr ähnliche Probleme und Verhaltensweisen.

    Jellinek ist mir ein Begriff, zum Ende war ich wohl Epsilon mit kurzen Intervallen. Das ist jetzt ganz interessant fürs Archiv, aber ändert nichts an meiner Sucht. Wenn man dieses grobe Schema nicht zu eng auslegt, ist es vielleicht ganz hilfreich.

    Einmal editiert, zuletzt von Hanseat (28. Juni 2022 um 12:49)

  • Huhu,

    ich nochmal. Hatte kein Internet und nur per Handy geschrieben. Wir hatten darüber diskutiert im internen, ob wir diesen Artikel überhaupt erstellen. Der Artikel sollte das rüber bringen, was es so noch nicht richtig gibt: Kritik an den Modellen.

    Ich hoffe, das ist auch so rübergekommen.

    Diese Einteilungen nach Jellinek sind zum Vergleich eigentlich auch Fatal. Wir beschreiben das nur kurz, was es damit auf sich hat und schrieben aber auch das diese Klassifizierung ungeeignet ist.

    Ein Alkoholiker ist ein Alkoholiker und nich nur ein "bisschen" Alkoholiker.

    Wir haben das gemacht um auch mal eine andere Sichtweise im Netz zu vertreten.

    Gruss

    Alex

    Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt. – Mahatma Gandhi

  • Alex, ich kann mich nicht erinnern, das ich irgendwo überhaupt mal nach Jellinek "eingeordnet" wurde.

    Weder im KH, noch bei meiner Ärztin noch bei der Suchtberatung...und schon gar nicht gab es solche Themen in meiner ehemaligen realen SHG.

    Warum wohl nicht?

    Weil es vielleicht längst bekannt ist, das diese Typisierung niemanden weiter hilft, schon gar nicht dem Betroffenen.

    Wenn ein Arzt mich da irgendwie in einen Trinkertyp einordnen wollte, wäre ich wahrscheinlich das letzte Mal dort gewesen. Weil ich einfach denken würde, er ist suchttechnisch auf nem völlig veralteten Stand.

    Aber wie gesagt, ist mir noch nie passiert.

    Ich denke, diese Typisierung ist eher sogar nachteilig für den Betroffenen, weil das vielleicht suggerieren könnte, das es je nach Trinkertyp dann ja auch individuelle Wege aus der Sucht geben könnte.

    Es gibt nicht nur einen Weg, aber eben auch nicht hunderte.

    Und man ist anfangs geneigt, sich den einfachsten Weg aus der Sucht zu suchen, das erleben wir hier ja sehr oft.

    Wie "erfolgreich" das dann ist, können wir dann hier vielleicht nachlesen, wenn derjenige nach Straucheln und Rückfällen so mutig ist, wieder aufzutauchen.

    Von manchen hört man auch nix mehr auf ihren individuellen Wegen...da denke ich mir dann auch so meinen Teil...

    Ich hoffe, ich konnte das verständlich rüber bringen, wie ich das sehe... ;)

    LG Sunshine

  • Soweit ich weiß, ist Jellinek auch auf dem absteigenden Ast. Es therapiert ja auch niemand mehr streng nach Sigmund Freud. Daß es da Kritik an diesem Schema gibt, habe ich auch schon aus der Ferne vernommen, das aber nicht so intensiv verfolgt. Also danke für den Artikel.

    Ärgerlich finde ich, daß in Internetforen, und zwar auch in den gehobenen, die Mär von "neuen therapeutischen" Möglichkeiten umgeht. Da verdienen sich irgendwelche Quacksalber eine goldene Nase damit, den Patienten das Blaue vom Himmel zu versprechen, es geht konkret ums kontrollierte Trinken. "Neue wissenschaftliche Studien belegen, daß eine komplette Abstinzenz nicht immer erforderlich ist", blabla, irgendwas in dem geschwurbelten Style. Das funktioniert vielleicht für die Dauer der Therapie, schwupps, 2.000 Euro gelöhnt, und am Ende landen die Leute dann hier. Oder auch nicht.

  • Mir persönlich war und ist es wurscht, was für ein Säufer ich war.

    Fakt ist, ich musste aufhören zu saufen, um die Krankheit zu stoppen. Und Fakt ist, wenn ich das erste Glas nicht stehen lasse, saufe ich bald wieder genauso viel wie vorher, vermutlich sogar noch mehr. Und dann ist es auch wurscht, ob Alpha, Gamma, Delta ….. Für uns Alkoholiker ist Alkohol der Abgrund, egal wie hübsch sortiert man das bezeichnet.

    Ich denke, diese Typisierung ist eher sogar nachteilig für den Betroffenen, weil das vielleicht suggerieren könnte, das es je nach Trinkertyp dann ja auch individuelle Wege aus der Sucht geben könnte.

    Es gibt nicht nur einen Weg, aber eben auch nicht hunderte.

    Das sehe ich genau so.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Ich spreche mal aus der CO Perspektive...ich gehe davon aus, dass ein CO (ich auch) alle Trinkertypen auswendig im Schlaf aufsagen kann. Schließlich hab ich jeden "bin ich Alkoholiker-Test" für meinen Ex ausgefüllt. Ich musste doch erst schwarz auf weiß stehen haben, dass er Alkoholiker ist. Sonst hätte ich ja gar keinen Grund warum es mir in der Beziehung schlecht geht?! Also für den Co sind diese Einteilungen auch nicht hilfreich. Wer hat den schlimmsten Alkoholiker zuhause? ...ne, also für die Selbsthilfe in dem Fall auch nicht geeignet. Ich habe tatsächlich mal einer Suchtberaterin geschrieben, dass ich nicht weiß ob ich in eine Selbsthilfegruppe gehen soll, weil ich nicht weiß ob ich betroffen genug bin.

    Alles was man über das Leben lernen kann, ist in 3 Worte zu fassen: es geht weiter.

  • Ich hatte mich in den nassen Jahren mit Typisierungen oder Ankohltest nur selbst belogen. Wenn irgendein Ergebnis nicht passte, wurde der Test an mein Trinkverhalten so angepasst, das ich kein Problem hatte.

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo,

    eure Reaktionen zeigen ja, dass dieses Jellinek-Schema sehr ungenau und überholt ist. Für damals war es aber ein guter Schritt, dass Wissenschaftler sich überhaupt damit auseinandergesetzt haben. Dass Alkoholismus immer mehr nicht als Willensschwäche sondern ernsthafte Suchterkrankung erkannt wurde.

    Wenn Menschen jetzt nach "Alkoholmissbrauch" oder ähnlichem googeln, kommt immernoch sehr oft dieser Herr Jellinek bei raus. Und da wird sich dann eben auch oft eingeordnet und ein falsches Bild entsteht. So nach dem Motto: " Bei mir ist es nicht wirklich schlimm". Und daraus folgt dann:" Dann kann ich beruhigt weitertrinken."

    Darum haben wir dieses Thema aufgegriffen. Um klar zu machen, dass es verschiedene Ansätze gab aber es Stand Heute ganz andere Erkenntnisse und Erfahrungen gibt. Und dass diese Typen nicht mehr sinnvoll sind, nie wirklich waren. Sondern eher noch behindern als zu einer zufriedenen Trockenheit zu führen.

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • In der ICD-10 (International classification for diseases) heißt es: „Als wesentliches Charakteristikum

    des Abhängigkeitssyndroms gilt ein aktueller Konsum oder ein

    starker Wunsch nach der psychotropen Substanz.“

    Ich sehe das wie am Ende des Artikels beschrieben das von den Typisierungen kein mehrwert für den Betroffenen ausgeht.

    Wichtig ist doch nur: Süchtig, ja oder nein.


    Wer diese Einteilung genauer wissen will:

    ICD-10-Kriterien für Abhängigkeit

    Ein unangepasstes Muster von Substanzgebrauch führt in klinisch

    bedeutsamer Weise zu Beeinträchtigungen oder Leiden, wobei

    sich mindestens drei der folgenden Kriterien manifestieren, die zu

    irgendeiner Zeit in demselben 12-Monats-Zeitraum auftreten:

    1. Toleranzentwicklung, definiert durch eines der folgenden Kriterien:

    a. Verlangen nach ausgeprägter Dosissteigerung, um einen Intoxikationszustand

    oder erwünschten Effekt herbeizuführen.

    b. Deutlich verminderte Wirkung bei fortgesetzter Einnahme

    derselben Dosis.

    2. Entzugssymptome, die sich durch eines der folgenden Kriterien

    äußern:

    a. Charakteristisches Entzugssyndrom der jeweiligen Substanz

    ...

    b. Dieselbe (oder eine sehr ähnliche Substanz) wird eingenommen,

    um Entzugssymptome zu lindern oder zu vermeiden.

    3. Die Substanz wird häufig in größeren Mengen oder länger als

    beabsichtigt eingenommen.

    4. Anhaltender Wunsch oder erfolglose Versuche, den Substanzgebrauch

    zu verringern oder zu kontrollieren.

    5. Viel Zeit für Aktivitäten, um die Substanz zu beschaffen.

    6. Wichtige soziale, berufliche oder Freizeitaktivitäten werden

    aufgrund des Substanzmissbrauchs aufgegeben oder eingeschränkt.

    7. Fortgesetzter Substanzmissbrauch trotz Kenntnis eines anhaltenden

    oder wiederkehrenden körperlichen oder psychischen

    Problems, das wahrscheinlich durch den

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