• Hallo simsala,

    für einen nicht süchtigen Menschen ist es nicht nachvollziehbar, was in dem Alkoholsüchtigen vorgeht.

    Manchmal versteht man es als Alkoholiker auch nicht wirklich. Ich habe auch jahrelang getrunken und

    hatte dennoch große Angst vor Krankheiten, die von der exzessiven Sauferei ausgelöst werden könnten.

    Und trotzdem saß ich jeden Abend wieder mit dem Alkohol da und wurde immer verzweifelter und mutloser.

    Alkohol ist ein Nervengift und zerstört die Seele und den Körper.

    Zum Schluss war es so weit, dass ich tagsüber mein Händezittern nicht mehr verbergen konnte. Das hörte

    erst auf, wenn ich die ersten Schlucke abends intus hatte.

    Ab da war dann bei mir der Zeitpunkt, dass ich verstand, dass ich mich selbst zerstöre. Auf der einen Seite

    wollte ich, dass es aufhört und trank mich fast zu Tode. Auf der anderen Seite wollte ich leben.

    Und diesen Punkt musste ich erst erreichen, um zu verstehen, dass mich der Alkohol zerstört.

    Mithilfe des Forums wurde mir diese Spirale bewusst und so schaffte ich es in ein abstinentes Leben

    zu starten. Das jedoch schaffen nur wenige und dann noch weniger bis zum Ende ihres Lebens.

    Und deswegen bin ich hier, um anderen genauso die Hand zu reichen, damit sie sehen, man kann es

    schaffen. Ein zufriedenes Leben ohne Alkohol!

    Leider hat es Dein Mann nicht geschafft, aber Du hast dafür die Reißleine gezogen, die Kinder und

    Dich vor der gänzlichen Zerstörung in Sicherheit gebracht. Du bist stark, auch wenn Du es momentan

    nicht ganz so fühlst und siehst.

    Es wird für Euch, wenn die erste Trauer überwunden ist, leichter. Nicht so wie früher, aber das Leben

    wird wieder leichter!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Jetzt ist er seit 5 Wochen tot. Und wir werden überrollt von dem Scherbenhaufen der hinterlassen wurde. Manchmal bin ich tottraurig manchmal würde ich ihn am Liebsten direkt nochmal umbringen. Seine Mutter behauptet jetzt er sei kein Alkoholiker gewesen. Er habe eine Depression gehabt und deshalb etwas mehr getrunken. Mein Psychologe meinte dazu "co abhängig bis in den Tod". Aber mich macht das wahnsinnig. Ich räume gerade das Haus aus. Bei 50 habe ich aufgehört die leeren Wodkaflaschen zu zählen. Wie kann sie allen Ernstes sowas behaupten. Und sie setzt das Spiel fort: schuld an seiner Einsamkeit und Depression bin ich gewesen, weil ich ausgezogen bin mit den Kindern. Dass wir ausgezogen sind weil er nur noch betrunken war prallt an ihr ab. Das macht mich wahnsinnig.

  • Liebe Simsala!

    Ihr alle tragt schwer an Eurem Verlust. Denn ihr habt einen Menschen verloren, den ihr geliebt habt.

    Jeder geht mit der Trauer anders um. Deine Schwiegermutter versucht Dir, die Schuld zuzuschieben.

    Und das ist nicht richtig! Du hast ihm nicht die Flasche an den Mund gehalten.

    In einem kurzen Moment habe ich gedacht, warum hat Simsala kein Foto von diesen leeren

    Flaschenbergen gemacht? Aber was würde das ändern?

    Du weißt, dass Du keine Schuld trägst. Und das brauchst Du Deiner Schwiegermutter nicht zu beweisen.

    Sie wird auch gar nicht auf Dich hören wollen. Sie versucht ihre Trauer zu bearbeiten und ist nicht

    zugänglich für Erklärungen.

    Vielleicht wird sie es irgendwann anders sehen. Nämlich, dass Du Deine Kinder und Dich vor dem

    übermäßigen Alkoholkonsum geschützt hast.

    Leider war es für ihn kein Warnschuss, dass Ihr ausgezogen seid. Und er hat nicht aufgehört zu trinken. Aber daran bist Du auf keinen Fall schuld. Nur der Alkoholiker kann seine Sucht stoppen.

    Ich wünsche Dir, dass es bald leichter wird und bis dahin versuche so wenig Kontakt wie möglich

    mit Deiner Schwiegermutter zu haben.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Ich habe die Berge tatsächlich fotografiert. Und beim Ausräumen des Hauses finde ich dauernd neue Verstecke. Aber wenn ich meine Schwiegermutter darauf ansprechen wird sie wütend und behauptet ich schnüffele ihm selbst im Tod hinterher. Du hast Recht. Den Kontakt zu minimieren wäre am Gesündesten. Aber irgendwie tut sie mir dann doch wieder leid und mein Sohn hängt auch sehr an ihr.

  • Dein Therapeut hat es ganz gut auf den Punkt gebracht, wie ich finde: "co-abhängig bis in den Tod." Du wirst von ihr keinen Zuspruch/keine Hilfe erwarten können - sie hat die ganze Zeit seinen Konsum runtergespielt. Und das Theater ausgehalten bis zum Ende. Nun ist er tot. Wenn sie jetzt ihre "Sichtweise" ändern würde, wird für sie ja alles nur noch schlimmer. Schlimm finde ich, dass sie dir die Schuld gibt. Aber du weisst ja, dass das Quatsch ist. Vielleicht rückt die Zeit das gerade und ihr sprecht irgendwann nicht mehr darüber. Den Kontakt zu minimieren halte ich in jedem Fall für eine gute Idee.

    Meine Mutter hat übrigens - obwohl mein Vater nachweislich am Alkohol verstorben ist - allen Freunden und Verwandten erzählt, dass er einen Herzinfarkt hatte. Sie war der Meinung, die Wahrheit geht niemanden was an. Die würde nur ihr und seinem Ansehen schaden. Ich weiss nicht, ob Dir das hilft. Aber ich fühle mit Dir!

  • Hallo simsala,

    es macht mich traurig zu lesen, dass es euch immer noch sehr schlecht geht.

    Deine Schwiegermutter ist anscheinend einer der Menschen die Wahrheiten nicht ertragen kann. Es gibt Menschen die reden sich ihre Welt schön, daran wirst du nichts verändern.

    Wichtig ist, glaube ihren Worten nicht: "du seist schuld an allem". Bitte lass diese Worte sich nicht in deinem Kopf mächtig werden. Keiner ist schuld !!!

    Euch wünsche ich, dass es euch bald ein wenig besser geht.

    Liebe Grüße Petra

  • Ich finde das völlig richtig, dass du das fotografierst, einfach für dich. Und was soll das heißen, du schnüffelst ihm hinterher. Du musst ja schließlich das Haus ausräumen und kannst nichts dafür, dass er seinen Krempel nicht mehr selbst entsorgt hat.

    Wahrscheinlich ist es besser für dich, wenn du mit ihr nicht mehr darüber sprichst. Sie hat ihre eigene Wahrnehmung und will die Wahrheit/ Realität nicht wissen. Kann ich auch irgendwo nachvollziehen, dass man sich das schönreden will.

    Am besten hältst du für dich erstmal Abstand. Der Kontakt zu den Kindern kann ja enger bleiben, wenn das gut läuft.

  • Ja das mache ich auch. Ich hab jetzt einfach beschlossen, dass ich den Krieg und die ewigen Streitereien, die ich mit ihm hatte mit ihr nicht weiterführen werde. Ich fang damit nicht mehr an und wenn sie anfängt schweige ich. Es reicht einfach für dieses Leben. Ich hab im Grunde dieselbe Geschichte wie fast jeder hier und wenn ich eher davon gewusst hätte wie ähnlich die Geschichten sind, hätte ich nicht ständig an n mir zweifeln müssen. Er ist den Weg bis zum Ende gegangen, trotz uns, trotz allem was wir hatten, aber wir leben. Und ich werde den Teufel tun mir jetzt noch ein schlechtes Gewissen einzureden. Mein Psychologe nennt diese Sichtweise übrigens "Rechtfertigung" ich nenn es "Verarbeitung". Aber man muss ja nicht immer einer Meinung sein. (:

  • Hallo Simsala,

    der Satz "Co-Abhängig über den Tod hinaus" trifft es ganz genau, was Deine Schwiegermutter angeht. Ich denke, das wirst Du auch mit den Fotos nicht abändern können. Vielleicht ist es irgendwann einmal so, dass sie für sich erkennt, dass ihr Sohn vielleicht wirklich Alkoholiker war. Momentan denke ich, dass sie nicht damit umgehen kann, den Tod ihres Sohnes zu verkraften mit dem Wissen, dass er sich tot gesoffen hat und Alkoholiker war. Vermutlich hält sie den Gedanken einfach nicht aus, weil dann auch die Frage auftaucht, ob sie selbst etwas falsch gemacht haben könnte. Ich würde versuchen, ihr den Glauben zu "gönnen", denn letztendlich ändert es ja auch nichts mehr. Ihr wird es vielleicht auch unangenehm sein, anderen Menschen gegenüber, deshalb versucht sie den Schein zu wahren. Wenn jemand verstorben ist, dann ist das auch nochmal eine andere Sache, wie man mit so etwas umgehen kann, weil die Trauer nichts anderes zulässt.

    Ich möchte Dir aber trotz des Textes oben sagen, dass ich Dich zu 100 Prozent verstehen kann, also dass es Dich wahnsinnig macht. Du weißt genau, dass es stimmt, was Du siehst und fühlst und es ist sicherlich kein schönes Gefühl, wenn daneben gestanden wird und Deine Wahrnehmung angezweifelt wird. Deshalb würde ich auch versuchen, da dringend Abstand in die Sache zu bringen. Ich denke, Deine Energie, die Du für die Sache aufwendest, verpufft einfach in der Luft. So wie die Energie in der Luft verpufft ist, als Du versucht hast, Deinem Mann, dem Alkoholiker die richtigen Gedanken zu vermitteln, so verpufft die Energie genau so, wenn Du versuchst, der co-abhängige Mutter die richtigen Gedanken zu vermitteln.

    Versuche loszulassen. Ich weiß, das hört sich leicht gesagt an. Für DICH persönlich finde ich es gut, dass Du die Wahrheit erkennst, die Bilder machst, Dich in Deiner Wahrnehmung bestätigt fühlen kannst und zwar deutlich. Das ist das Wichtigste. Du bist nicht Schuld. Ganz und gar nicht. Jeder ist selbst dafür verantwortlich, ob er trinkt oder nicht. Da braucht auch keine Depression vorgeschoben werden. Es gibt etliche Alkoholiker, die depressiv sind und trotzdem aufhörten zu trinken. Erst ist die Abhängigkeit dran, dann die Depression (bei der Behandlung), anders herum wird niemals ein Schuh draus.

    Aber Simsala, das spielt nun im Grunde keine Rolle mehr. Du weißt, was Sache war/ist. Ich wünsche Dir von ganzem Herzen, dass Du das Thema nach und nach etwas mehr loslassen kannst.

    Liebe Grüße

    Cadda

  • Mir gehen nur zur Zeit selber ständig die Bilder seiner letzten Monate durch den Kopf. Er war so am Ende. Ich hatte immer das Gefühl meinen Demenzkranken Opa zu besuchen. Nur einen Demenzkranken Opa hätte man viel früher einweisen können. Einen schweren Alkoholiker nehmen sie erst mit wenn alles zu spät ist. Es ist grauenhaft diese Endphase mitanzusehen. Ich weiß wenn man ihm vor 1 Jahr Bilder von ihm aus dieser Zeit gezeigt hätte, wäre er freiwillig in den Entzug gegangen. Aber man kann es nun Mal nicht ändern. Trotzdem ist es schwer mit so einem grauenhaften Ende fertig zu werden. Ich bin froh dass die Kinder ihn so nicht mehr gesehen haben. Ich weiß noch wie ich ihn 3 Tage vor der Einweisung in die Augen sah und die waren plötzlich dunkelgelb. Da wusste ich im Grunde schon dass es vorbei ist. Aber so richtig begreifen kann ich das trotzdem alles nicht. Wie grausam diese Krankheit ist. Und wie machtlos man ihr gegenüber ist. Egal ob Angehöriger oder Erkrankter.

  • Guten Morgen,

    ich kann das sehr gut verstehen, dass Du die Bilder nicht los wirst. Was ich gut finde ist, dass Du es als Krankheit beschreibst und das auch so für Dich sehen kannst. Ich könnte mir vorstellen, dass das langfristig bei der Verarbeitung helfen kann.

    Auch bei anderen Krankheiten, wenn jemand stirbt, sind die Bilder die man am Ende zu sehen bekommt eine Sache, die erstmal zu verarbeiten ist.

    Wenn ich daran denke, wie mein Vater aussah, als er starb, ohne krank gewesen zu sein, dann kann ich das auch nicht begreifen und ich werde die Bilder auch schwer los.

    Ich möchte diese Geschichten nicht vergleichen, mein Vater war nicht alkoholkrank. Doch dieses Gefühl der Ungerechtigkeit schwingt auch sehr in mir, weil er zu jung war, genau wie auch meine Mutter viel zu jung war, die auch plötzlich starb, ohne krank gewesen zu sein. Wie gesagt möchte ich hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Ich möchte einfach nur darauf aus, dass es - egal an welcher Krankheit oder vielleicht sogar ohne Krankheit - eine ganze Menge Zeit an Verarbeitung braucht, bis das Ganze auch nur halbwegs zu begreifen ist.

    Was bei mir z. B. das Unverständnis und die Wut herbeiführt sind die Fragen:

    "Warum? Die haben nicht getrunken, nicht geraucht, Sport gemacht, sich gesund ernährt. Warum trotzdem?"

    Während Du vermutlich denkst: "Warum hat er nicht aufgehört zu trinken? Es wäre vermeidbar gewesen!"

    Und genau in dem Unterschied liegt der Knackpunkt. In meiner Geschichte waren es quasi Schicksalsschläge, die nicht verhindert werden konnten. Niemand hatte die Macht, diese zu verhindern. Es sollte so sein, es gab keine Chance.

    Ja und bei Deiner Geschichte ist es so, dass Dein Mann das hätte verhindern können, indem er aufhört zu trinken. Es kommt Einem noch viel sinnloser vor, weil es so ist, dass er es durch sein Trinken selbst herbeigeführt hat. Er hätte die Macht haben können, etwas zu verändern.

    Aber Simsala, nur ER hätte es ändern können. DU definitiv nicht! Egal was Du noch alles gesagt und getan hättest, es lag in seiner Hand, nicht in Deiner.


    Ich bin selbst trockene Alkoholikerin und war außerdem Co-Abhängig (mein Ex-Partner hat auch gesoffen und nicht damit aufgehört). Und wenn ich Eines gelernt habe, dann ist es:

    Als Alkoholiker habe ich die Möglichkeit, etwas gegen die Krankheit zu tun.

    Als Co-Abhängige kann ich machen was ich will. Ich kann nichts gegen die Krankheit tun.

    LG Cadda

  • Liebe Cadda,

    Danke für deine Worte. Das mit deinen Eltern tut mir sehr leid. Vor allen Dingen diese Machtlosigkeit von der du schreibst. Es ist einfach ungerecht, dass Manche ihr Leben wegwerfen und Andere, die alles tun würden um sich zu retten keine Chance haben. Für mich ist nach wie vor alles unfassbar. Auch diese Endgültigkeit mit der nun alles vorbei ist kaum nachvollziehbar. Und diese Wut, ja auch wenn man weiß, dass es eine Krankheit war, aber diese Wut bleibt.

  • Liebe Simsala, ich bin sehr spät dran und trotzdem möchte ich dir so gerne mein Mitgefühl ausdrücken. Trauer ist ja nicht in ein paar Tagen vorüber, von daher glaube ich, es passt noch für dich!

    So viel hast du tragen müssen in den Jahren und in der letzten Zeit, inklusive so vieler unterschiedlicher Gefühle. Da war Angst, Hoffnung, das Gefühl von Ausgeliefert Sein, Selbstzweifel, Trauer und so vieles mehr. Und jetzt kommt die Wut hervor. Vielleicht war sie auch zwischendurch manchmal da. Und ich denke, diese Wut ist im Moment ganz wichtig für dich. Du brauchst einen Antreiber um weiterzumachen. Für dich und deine Kinder. Dafür ist eine zeitlich begrenzte Wut ganz gut geeignet. Das lenkt gut von selbstzerstörerischen Gedanken ab, die vielleicht auch manchmal hochdrängen, wie z. B. zum wiederholten Male Schuldgefühle o.ä.

    Auch die Wut wird wieder vergehen und im besten Falle kann irgendwann einmal, in weiter Ferne vielleicht sogar ein Gefühl von Versöhnung entstehen. Für dich, für deinen Partner, der an seiner so schweren, für ihn unheilbaren Erkrankung, die ihn so handlungsunfähig gemacht hat, dass er daran verstorben ist, und für deine, eure Kinder. Ich wünsche dir viel Kraft und nimm alles an Hilfe an, was nur möglich ist. Inklusive der Austausch hier. Achillea

  • Danke Achillea, entschuldige die späte Antwort, zur Zeit werde ich überrollt von unserem Nachlassinsolvenzverfahren und komme kaum zum Luft holen. Ich denke auch, dass es ein Stück heilsam ist, wütend zu sein. Vor allen Dingen wenn ich an die vielen Chancen denke, die er hatte und die vielen Menschen, die er ratlos und verzweifelt zurückgelassen hat. Und trotzdem vermisse ich ihn. So wie er früher war. Die Veränderung kam ja im Grunde schleichend und wie so viele Cos hier, wollte auch ich es nicht wahrhaben, obwohl mein Umfeld mir nun eifrig berichtet, dass im Grunde Jeder von seinem Alkoholproblem wusste.... Ich werde im Sommer in meine alte Heimat zurückkehren. Ich brauche jetzt Familie um mich und die Stadt hier ist für mich vergiftet. Vom Schnitt her passt es, da meine Große dann in die weiterführende Schule wechselt und der Kleine vor der Einschulung dann noch 1 Jahr Kindergarten zur Eingewöhnung hier hat. Bis dahin werde ich Haus und Firma sauber übergeben haben, so hoffe ich zumindest und mit der Sache hier abschließen. Ich hoffe, dass ich irgendwann an seinem Grab stehen und ihm vergeben kann. Zur Zeit bin ich noch nicht so weit. Ein so sinnloser Tod ohne jeden Willen zu kämpfen kann man einfach nicht so schnell verarbeiten. Ich wünsche allen hier, die noch in einer ähnlichen Situation sind, dass sie das nicht mitansehen müssen, was wir mussten. Ich bin in Gedanken bei euch. Ich denke mittlerweile auch, dass die Geschichten hier zu ähnlich sind, um auf ein Happy Ende zu warten das von alleine kommt. Vor allen Dingen, wenn Kinder im Spiel sind, sollte man gehen, bevor es zu spät ist.

  • Aber seine Ausbrüche waren stets unter der Gürtellinie und nagten an mir. Ich würde mich nicht genug um ihn sondern nur um mich und die Kinder kümmern war immer im Hintergrund Thema. Ich sei faul und er müsste die ganze Arbeit machen. Manchmal flippte er schon aus wenn ich den Kindern ein Butterbrot schmierte und ich ihn nicht explizit vorher fragte ob er auch eines wolle. So Lapalien spielten sich immer hoch.

    Auch ich bekam sehr oft zu hören, ich würde mich nicht genug um ihn kümmern, denn es stünden immer die Kinder bzw. ich im Vordergrund. Ich habe ihn oft gefragt, wie er sich "kümmern" denn vorstelle. Das konnte er mir nie beantworten...nur "ja halt kümmern". Er hat sich auch immer schnell im Abseits gesehen, zu wenig beachtet, übergangen und als Opfer.

    Da erkenne ich meinen Mann (und mich) auch sehr stark wieder. Ich frage mich ebenfalls, ob das mit dem Alkohol zusammenhängt (verstärkt egozentrisches Denken?) oder ob da Grundmuster zum Tragen kommen. Ich denke, der „Co-Charakter“ war bei mir schon vorher angelegt. Ich „kümmerte“ mich schon immer sehr stark um meinen Mann, vor allem auch im Sinne von geistiger Anteilnahme. Ich weiß noch, früher habe ich oft auf die Frage „Wie gehts dir?“ geantwortet mit „XY gehts…/macht…“ usw. Echt schräg, wenn ich mir das jetzt vorstelle. Wenn dann die Kinder da sind, bewegt sich der Fokus (natürlich) mehr zu den Kindern. Und von schädlichen Verhaltensweisen kann ich mich zum Schutz der Kinder leichter abgrenzen als zu meinem eigenen Schutz. Vielleicht steckt auch sowas hinter den Vorwürfen? Die Gedanken kamen mir heute nur so, als ich in deinem Thema gelesen habe, Simsala.

    Viele Grüße

  • Franzi das hab ich mich auch schon so oft gefragt. Irgendwie ist es ja gemein allen Alkoholikern diesen Charakterzug zuzuschreiben, aber die Geschichten sind so ähnlich. Es steht immer ganz klar der alkoholkranke Partner mit seinen Bedürfnissen über allen anderen. Selbst vor den Kindern. Ist das ein Muster?

  • Ja, simsala,

    das ist das Muster der Familienkrankheit Alkoholismus.

    Der Alkoholiker sitzt in der Mitte und um ihn herum strudeln die Angehörigen. Machen und tun und richten sich nach ihm. Erledigen alles und halten so gut es geht alles von ihm fern. Sie übernehmen seine Verantwortung mit. Ohne dass es für ihn Konsequenzen hat. Er sitzt im Zentrum, da ist es ruhig und er kann seine Sucht ausleben ohne gestört zu werden.

    Es gibt sogar Schaubilder darüber.

    Deshalb ist es ja so dass wir sagen, die beste Hilfe ist die Nichthilfe bzw Trennung. Denn solange er sich nicht bewegen muss, im Zentrum sitzt und in sich in Ruhe seiner Sucht hingeben kann, solange wird er nichts ändern. Und die Angehörigen kreisen und kreisen bis sie so schwindelig sind, dass sie umfallen...

    Liebe Grüße

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Ja tatsächlich. Und man versucht ja auch alles um zu helfen. Aber irgendwann versiegt die Kraft und man ist nur noch verzweifelt. Und diese ständigen Vorwürfe zermürben auf Dauer. Ich hab vieles aufgeschrieben in der Zeit. Das hilft mir jetzt die Dinge nicht zu verklären. So schrecklich es auch war für ihn aber ich bin auch erleichtert frei zu sein. Klingt bitter. Ist aber so.

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