Hallo zusammen,
seit geraumer Zeit lese ich hier still mit und habe mich nun heute angemeldet, um mich vorzustellen.
Ich bin weiblich und demnächst 50 Jahre alt und seit 41 Tagen nüchtern und habe währenddessen 95 Flaschen Wein nicht getrunken und 277 € dafür nicht ausgegeben. Ich führe ein Tagebuch darüber, jedoch könnte ich mir mittlerweile auch ein wenig Austausch vorstellen.
Kurz zu mir: Meine ersten Erfahrungen mit Alk machte ich im Teeny-Alter. Recht schnell merkte ich, dass mit Alk vieles viel lustiger war, mich eingeschlossen.
Zwischen 20 und 30 Jahren folgte eine ziemlich wilde Partyzeit mit durchtanzten Nächten und allem was für mich dazu gehörte. Während viele um mich herum kifften oder Drogen nahmen, soff ich. Kiffen konnte ich nichts abgewinnen, schließlich wollte ich nicht ruhiger werden und vor anderen Drogen hatte ich Schiss. Ich soff gerne bis zum Blackout oder soweit, dass ich Filmrisse hatte und mich anschließend tagelang schämte.
Zu dieser Zeit soff ich nur an den Wochenenden.
Zwischen 30 und 40 Jahren ist in meinem Leben viel passiert, die wilden Partynächte wurden deutlich weniger, die Leute wurden ruhiger, widmeten sich anderen (besseren) Dingen und ich begann immer häufiger für mich alleine zu trinken. Zwar nicht täglich, aber doch regelmäßig und insgesamt zu viel.
Zwischen 40 und 45 nahm das alleine Trinken zu, war ich in Gesellschaft, trank ich moderat und unauffällig. Meist hatte ich eh schon vorher getrunken, nicht zu viel und nicht zu wenig, und nahm dann später zu Hause noch ein paar Absacker. Spätestens da war mir klar, dass ich abhängig bin. Zu diesem Zeitpunkt las ich bereits über Hilfsangebote und generell viel über Alkohol. Doch mein eigener Scham hat mich regelrecht aufgefressen oder ich habe die Augen wieder fest verschlossen.
Die letzten Jahre trank ich dann täglich 2 Flaschen Wein. Samstag und Sonntag dann 3. Nach den 2 Flaschen war ich im eigentlichen Sinn nicht besoffen, ich torkelte und lallte nicht, ich wurde nicht laut oder aggressiv, ich fühlte mich "gut" und bin irgendwann zufrieden ins Bett.
Ich war/bin funktionierende Alkoholikerin. Immer mit Job, Auto, gepflegten Äußeren und tunlichst darauf bedacht, die Fassade aufrecht zu erhalten.
Was jedoch in mir vorging, konnte keiner ahnen. Der Beschaffungsdruck, sprich das tägliche Einkaufen in unterschiedlichen Geschäften, der Entsorgungsdruck, die Scham darüber und die Verachtung, die unzähligen Versuche "Morgen kaufst du wirklich nix ein" und die Feststellung bereits Mittags wieder zu überlegen, welches Geschäft ich nach Feierabend anfahren kann.
Um es jetzt kurz zu machen.. .Das ich zunehmend vergesslicher wurde, mich immer häufiger an Gespräche oder zumindest Details nicht erinnern konnte, nüchtern oft nervös war, das morgendliche Händezittern immer länger dauerte, das alles merkte ich natürlich.
Dann wurde ich seit Ende letzten Jahres mehrere Male krank und Haus-und Hautarzt hatten keine wirklichen Ideen, was die Ursache sein könnte. Beim letzten Mal war es so schlimm, dass ich tatsächlich nicht rauskonnte, um einzukaufen. Gleichzeitig wuchs in mir die Angst, dass der Auslöser vom jahrelangen (jahrzehntelangen) Alkoholmissbrauch käme, bzw. von den Histaminen, welche im Wein enthalten sind.. Zusätzlich hatte ich sowieso schon lange Angst vor Organschäden, speziell natürlich Leber. Ich las wieder viel über Alkohol und die körperlichen Folgen und dachte, wenn du jetzt nicht aufhörst, dann säufst du dich zu Tode.
Und so kam es, dass ich seit dem 15.03.keinen Alkohol mehr getrunken habe.
Das war es erstmal zu meiner Vorstellung. Ist eh schon sehr lang geworden.
Wer es bis hierher geschafft hat: Danke fürs Lesen.
Muriel