R/no - "lauf R/no lauf"

  • Ohne festen Willen hätte ich speziell die ersten beiden abstinenten Monate nicht hinbekommen - denn da war die innere Kapitulation noch gar nicht in vollem Umfang "wirksam".

    Darüber habe ich bis jetzt gerade gar nicht bewusst nachgedacht. Kann ohne Willen die Entscheidung zum Entzug überhaupt getroffen werden? Ich muss es doch wollen.

    „Nüchtern zu leben heißt, der Wahrheit standzuhalten – nicht dem Wunschtraum.“

  • Kann ohne Willen die Entscheidung zum Entzug überhaupt getroffen werden? Ich muss es doch wollen.

    Meiner Meinung nach ist es nicht der Wille, der einen wirklich trägt. Vor allem am Anfang nicht. Gegen das Suchtgedächtnis habe ich (im Kampfmodus) einfach keine Chance. Und vor allem nicht auf Dauer. Dieses „Jetzt will ich aber, ich sauf nicht mehr“ ist bei mir meistens nur in einer Trinkpause geendet.

    Für mich war wichtig, wirklich zu verstehen, dass ich keinen anderen Ausweg mehr habe. Dass es sonst einfach nur steil bergab mit mir geht, der Fahrstuhl nach unten rauscht..

    Erst als mir das wirklich klar war, hat sich was verändert. Heute würde ich nicht sagen, der Wille war’s, sondern die Klarheit darüber, dass es einfach nicht mehr anders ging. Und diese Erkenntnis ist auch heute noch wichtiger denn je für mich.

    „Ein klarer Geist ist wie ein stiller See – jeder Tropfen hinterlässt Wellen, aber die Ruhe kehrt immer zurück.“

  • Ich sag, diese Wortklauberei ist völlig irrelevant oder wie es der einzelne benennt. Hauptsache es funktioniert. Im Co-Bereich wird immer wieder gepredigt, dass der Süchtige es selbst WOLLEN muss. Wille, Kapitulation, Verstehen... soll doch jeder für sich entscheiden, solange die Krankheit zum Stillstand gebracht wurde.

  • diese Wortklauberei

    Für mich ist das keine Wortklauberei, sondern ein wichtiger Teil des Austauschs.

    Und es macht für mich einen entscheidenden Unterschied, ob ich willentlich handle – vielleicht noch im Widerstand oder Kampfmodus – oder ob das Handeln aus einem wirklichen Verstehen heraus geschieht, dass es einfach notwendig ist, die Sauferei an den Nagel zu hängen.

    Der erste Weg ist für mich früher oder später zum Scheitern verurteilt.

    Alles, was ich willentlich gestartet habe, ist bei mir in einer Trinkpause geendet.

    „Ein klarer Geist ist wie ein stiller See – jeder Tropfen hinterlässt Wellen, aber die Ruhe kehrt immer zurück.“

    Einmal editiert, zuletzt von Kurswechsel (28. Oktober 2025 um 07:30)

  • Das Thema hatten wir hier erst. Da kann man viel reininterpretieren.Ich seh es wie Hera. Wille, Kapitulation, Verstehen,kann ich von mehreren Seiten betrachten.Deswegen kann man sich daran abarbeiten. Letztendlich ist es für mich nicht wichtig, Die Abstinenz steht im Vordergrund. Ob Wille oder Kapitulation oder beides zusammen. Wichtig ist das Ergebnis. Die Einsicht, nur "lebenslange Abstinenz" kann meine Sucht zum Stillstand bringen, war für mich der Schlüsselmoment.

  • Die Einsicht, nur "lebenslange Abstinenz" kann meine Sucht zum Stillstand bringen, war für mich der Schlüsselmoment.

    Da hast du es doch selbst geschrieben, worauf es ankam. Ich lese da nichts vom Willen.

    Und nichts anderes habe ich geschrieben.

    Für mich ist es ein entscheidender Unterschied, ob ich aus dem Willen heraus handle (weil ich es gerade so will) oder aus einer inneren Einsicht, aus einem wirklichen Verstehen heraus.

    Klar muss das Ergebnis am Ende stimmen, aber auf Dauer wird es sicher nicht passen, wenn ich nicht aus Einsicht handle, sondern mit geballter Faust in der Tasche.

    Mehr habe ich dazu auch nicht zu sagen.

    „Ein klarer Geist ist wie ein stiller See – jeder Tropfen hinterlässt Wellen, aber die Ruhe kehrt immer zurück.“

  • Guten Morgen, natürlich ist es auch eine Wortklauberei aber unwichtig ist es mMn auch nicht, ich finde Carl Friedrich hat es schön umschrieben.

    Man muss das abstinente Leben "wollen" sonst wird das nichts, nur aus einer Notwendigkeit heraus zu handeln überzeugt mich nicht so. Bei mir klappt alles wirklich optimal und das war davor nicht so, da hatte ich vor dem Alkohol kapituliert.

    Jetzt aber hab ich ihn aktiv aus meinem Leben verbannt und deshalb hab ich nicht kapituliert. Es ist ein unentschieden und er wird immer wieder versuchen mich wieder in die Arena zu zerren was ich aber nicht zulassen werde denn ich "will" nicht mehr trinken und so handel ich auch.

    Warum gerade der eigene Wille so stiefmütterlich behandelt wird versteh ich nicht ganz, es liegt aber bestimmt an der auslegung der Dinge. Der letzte Wille, ich hab es willentlich getan...ohne eigenen Willen ist man nur ein NPC und wird auf Dauer nicht weiterkommen.

  • Klar muss das Ergebnis am Ende stimmen, aber auf Dauer wird es sicher nicht passen, wenn ich nicht aus Einsicht handle, sondern mit geballter Faust in der Tasche.

    Aber die Erkenntnis/Einsicht führt doch zu dem Willen...

    Liebe Leute letztendlich ist es wichtig das wir unsere Krankheit annehmen und souverän mit ihr umgehen. Der eine empfindet es anders als der andere, egal, wir müssen auf dem Weg bleiben und dieser sollte schön sein und auch Spaß machen, bei mir würde es sonst nicht funktionieren.

  • Wo liegt denn das Verständnisproblem?

    Der Wille "alleine " reicht nicht aus.

    Damit ist doch alles gesagt.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

    Trocken seit 2007

  • Hi in die Runde,

    bei mir war und ist der Ekel vor mir selbst ein funktionierender Motor. Wenn mal Gedanken an Alk kommen, z.B. wenn ich Menschen sehe die voller Genuss bei bestem Wetter sich das ein oder andere Bier reinkippen, denke ich an die zahlreichen Eskapaden die bei mir zwangsläufig auf sowas folgen würden. Da brauch ich keinen Willen. Da brauch ich genauso wenig Willen wie wenn ich meinen Finger in ein Wespennest stecken sollte. Es kommt einfach nicht mehr in Frage. Leider vergisst man gerne mal was nach dem ersten Schluck mit 100% Wahrscheinlichkeit passiert..

  • Warum gerade der eigene Wille so stiefmütterlich behandelt wird versteh ich nicht ganz, es liegt aber bestimmt an der auslegung der Dinge.

    Für mich ist das Wollen der Anfang von allem. Und sei es letztlich der Wille, nicht zu sterben. Mein Wille ist nicht alles, aber ohne meinen Willen ist für mich alles nichts.

  • Alles, was ich willentlich gestartet habe, ist bei mir in einer Trinkpause geendet.

    Bei mir nicht.

    Ich hab vor meiner Abstinenz nie wirklich aufhören wollen. Deshalb der Titel meines Fadens. Das ist immer noch mein erster Versuch, für immer trocken zu bleiben. Ich mag auch Worte wie Demut oder Kapitulation nicht, da beuge ich mich und betrachte etwas als immer stärker als mich selbst. Aber wir sind mindestens gleichstark die sch.... Sucht und ich. Sonst hätte ich es nicht bis hierher geschafft.

    Wo ein Wille, da ein Weg.

  • Interessante Diskussion. Ich erinnere mich, dass ich sehr oft aufhören wollte. Also ich wollte es wirklich, war verzweifelt, wollte unbedingt da raus. Und die Sucht hat mir immer einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich habe es einfach nicht geschafft.

    Keine Ahnung, was dann den Ausschlag gab, dass ich es letztendlich doch geschafft habe. Dass ich meinen persönlichen Tiefpunkt hatte vielleicht? Das Lesen im Forum, was dazu geführt hat, dass es „Klick“ gemacht hat? Was genau war dieses „Klick“? War das die endgültige Erkenntnis, dass ich suchtkrank bin und keine Chance gegen die Sucht habe? Und dann „kapituliert“ habe?

    Ich kann es gar nicht genau sagen. Heute würde ich sagen, es ist die Mischung aus Wille und Erkenntnis (was Sucht/Abhängigkeit bedeutet). Und daraus folgend die Kapitulation.

    You will bloom if you take the time to water yourself 🌷

  • Und daraus folgend die Kapitulation.

    Auch um zu kapitulieren braucht es einen Willen. Ich kann auch das unmöglich zu Bezwingende vor mir sehen und mich für das Gegenteil entscheiden: Ich will auf verlorenem Posten kämpfen (und damit möglicherweise untergehen, weil ich vielleicht insgeheim eine 'Todessehnsucht' habe). Der Wille ist für mich der Funke, der mich erst auf die Handlungsebene bringt, um Gutes zu erreichen. Auf diesem ersten Level komme ich allerdings mit bloßem Willen nicht sehr weit. Dazu bedarf es dann wesentlich mehr.

  • Das eine schließt das andere ja nicht aus.

    Ich konnte den Tiefpunkt nicht willentlich herbeiführen. Es war die Einsicht in das Notwendige, die schonungslose Erkenntnis und daraus erfolgte der Wille zur Handlung.

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          - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Ob ich damals wollte, kapituliert habe oder einfach nur zu platt war um weiterzusaufen spielt heute keine Rolle. Ich musste trocken werden, weil die Alternative war. Sterben oder weiter verrotten. Kein heroischer Ausstieg, kein spiritueller Neuanfang, sondern ein fast tödlicher Tiefpunkt .

    Da war auch kein Platz für Gedankenspiele über Willen, Kapitulation oder sonstige Selbstdeutungen. Da war nur noch: Mach was – oder geh unter. Alles, was ich später über Willenskraft, Kapitulationen, Motivation oder „den richtigen Moment“ gehört habe, war rückblickend.

    Und wer meint, bei ihm sei es nicht so schlimm gewesen, sollte sich nur den ungebremsten Verlauf mal anschauen. Ich kenne keinen nassen Alkoholiker, bei dem der Tiefpunkt nicht genauso aussah, entwürdigend, zerstörerisch, lebensgefährlich.

    Die Sucht verhandelt nicht. Sie macht keine Kompromisse, keine Ausnahmen, keine Gnade. Sie nimmt, was sie kriegen kann, und wenn du nicht rechtzeitig aussteigst, reißt sie dich ganz mit ob du willst oder nicht.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

    Trocken seit 2007

  • Der Wille "alleine " reicht nicht aus.

    So sehe ich das auch. Wenn dem Willen keine Handlung folgt, welchen Wert hatte dieser Wille denn jemals.

    Hier zeigt sich auch die Krux an der Frage nach dem "Willen", da er sich ja nur in der Retrospektive als Realität manifestiert.

    Klingt verklausuliert aber ich wollte ständig aufhören zu saufen. Habe ich aber nicht also steht die Frage im Raum, gab es den Willen jemals? Oder war er nicht ausreichend?

    Wo liegt der Schwellenwert ab dem der Wille eine Handlung zur Folge hat (meiner Meinung ist das die Kapitulation/Akzeptanz der Sucht bzw. es erhöht zumindest die Chance).

    Ich gebe der Handlung viel mehr Anteil an meiner Abstinez als dem Willen, welchen ich mir ja erst nach Eintreten des gewünschten Ergebnisses herbeiinterpetieren kann. "Ich bin trocken weil ich nichts trinke und gnadenlos Risikominimierung betreibe, also wollte ich es vermutlich auch?"

    Ich mag solche Gedankenspiele auch sehr gerne, vergesse dabei aber auch nie, dass die Abstinenz an sich schlicht und ergreifend eine Notwendigkeit ist. Sollte ich das Gefühl haben, dass mein Hirn an meiner Sucht herum philosophiert/intelektualisiert werde ich hellhörig. Da kann nämlich auch gerne mal das Suchtgedächtnis einen Zugang suchen und meine Abhängigkeit verharmlosen.

  • So sehe ich das auch. Wenn dem Willen keine Handlung folgt, welchen Wert hatte dieser Wille denn jemals.

    Hallo Hobbes, um zu handeln braucht man aber "Willen" besonders wenn man etwas durchziehen "will" was super wichtig ist.

    Ohne Willen ist man doch Seelenlos, eine Hülle die von anderen beherrscht werden kann. Wenn ich vor 10 Monaten nicht hätte wollen wäre ich nicht ins Handeln gekommen, aber ich korrigiere nochmal, zuerst kam die Erkenntnis/Einsicht und dann war der Wille da zu handeln. Der Wille vor der Trockenheit war Nass, Pitschnass und ich weiß ja jetzt das es nicht mein Wille/Ich war sondern die Sucht, die da am Ende mit mir gesprochen hat. Außerdem wird es bei den EKAs und Co's doch auch gesagt, wenn er nicht will klappt das nicht.

    Ich finde die Diskussion äußerst interessant.

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