Hallo,
ich bin jetzt elf Monate trocken und es war die beste Entscheidung meines Lebens. Der Alkohol hat schon früh eine Rolle gespielt. Meinen ersten Rausch hatte ich mit 14 und von da an fraß sich die Sucht immer weiter in mein Leben und breitete sich bis ins letzte Hinterstübchen aus. Bis zum letzten Jahr habe ich, wenn nicht täglich, aber doch sehr regelmäßig getrunken und es hat zuletzt zwei Flaschen Wein gebraucht, um den Punkt zu erreichen, an dem endlich alles zur Unkenntlichkeit verschwimmt und ins Vergessen gerät. Ich wollte nur noch vergessen und mich von mir selbst und der Welt in Scham und Schuld abschneiden.
Heute fühle ich mich stabil. Ich habe im vergangenen Jahr meine Ernährung umgestellt und 20kg verloren. Ich habe unter finanziellen Einbußen einen neuen Job angefangen, der aber sinnstiftend ist. Ich gehe endlich wieder offen und mutig auf meine Umwelt zu, statt fatalistisch, gereizt, zynisch und voller Vorwürfe. Ich bin endlich wieder begeisterungsfähig und habe sogar Momente echter Ruhe und Zufriedenheit. Es war ein harter Ritt, aber ich bleibe zuversichtlich.
Nichtsdestoweniger ist mir klar, dass ein Rückfall immer möglich ist. Gerade vor meinem ersten Jubiläum in einem Monat suche ich einen Ort, an dem ich mich immer wieder mit meiner Krankheit auseinandersetzen kann. Ich will mich immer wieder daran erinnern, dass es nie wieder dazu kommt, dass ich auch nur einen Schluck Alkohol trinke. Denn ich weiß, dass dieser Schluck mit großer Wahrscheinlichkeit zur Folge haben wird, dass ich binnen weniger Wochen wieder ganz unten bin. Heute weiß ich endlich, dass alle andere Probleme, auch wenn es keine Lösung für sie gibt, nur Scheinriesen sind, solange ich trinke. Es beginnt und endet mit dem Alkohol. Erst mit der Einsicht, dass ein trockenes Leben kein Verzicht, sondern die Rückgewinnung des Lebens selbst ist, konnte meine Heilung beginnen. Daran möchte ich weiter arbeiten.
Danke fürs Lesen.