Nüchtern betrachtet

  • Erstmal ein Hallo in die Runde, da bin ich wieder :)

    … der ein oder andere von Euch mag mich noch kennen, für die anderen will ich mich kurz vorstellen:

    Vor 14 Jahren bin ich hier im Forum als Angehörige aufgeschlagen. Durch das Lesen hier wurde mir mit der Zeit klar, dass ich selber ein Alkoholthema habe. Ich war eine Kontrollverlusttrinkerin, was immer schlimmer und nicht besser wurde. Durch das Forum und meine Wegbegleiter hier habe ich mich schließlich für ein trockenes Leben entschieden (das war echt eine Geburt - mit vielen inneren Kämpfen :oops:). Heute bin ich gute 13 abstinent (ich musste tatsächlich nachgucken, wie lange ich trocken bin - ich war mir ziemlich sicher, das es erst sind 10 Jahre… )

    Ich bin also ein Kind des Forums, was meinen Weg aus der Sucht betrifft. Über Jahre habe ich mich hier gerne und intensiv ausgetauscht, besonders im geschützten Bereich. Irgendwann kam ein Punkt, an dem ich mit dem ganzen Thema Sucht so wenig wie möglich zu tun haben wollte. Es müssten jetzt ca 7 Jahre sein, in denen ich weder hier im Forum, noch in einer realen SHG war.

    Heute bin ich zufrieden abstinent. Es wäre allerdings Blödsinn, wenn ich sagen würde, dass Alkohol keine Rolle mehr in meinem Leben spielt - aber ich gebe ihm keine Macht mehr, mein Leben zu regieren. Mein Suchtgedächtnis meldet sich ca. 2-3 Mal im Jahr. Ich habe gelernt, damit umzugehen und auch damit zu leben, dass diese Stimme wohl nie ganz still sein wird.

    Mein Zuhause ist nach wie vor alkoholfrei, auch wenn Gäste kommen. Im Supermarkt gehe ich immer noch nicht durch den Gang, in dem Bier, Wein und Hochprozentiges stehen. Heute weniger aus Risikominimierung, als dass mich diese Massen von Alkohol an eine frühere Zeit erinnern, mit der ich nichts mehr zu tun haben möchte: aus dem Auge aus dem Sinn!

    Zu allen Menschen, mit den ich früher getrunken habe, gibt es kaum noch, oder gar keinen Kontakt mehr - okay, man ist auch nicht mehr unbedingt brother and sister in mind 8) .

    Ich habe Lust, mich wieder mit Gleichgesinnten auszutauschen. Mir wurde hier viel gegeben, um aus der Sucht auszusteigen und ich möchte etwas zurück geben. Gleichzeitig tut es auch mir gut, mein eigenes Suchtthema nicht zu sehr zu vernachlässigen, sondern wachsam zu bleiben.

    Ein Leben ohne Alkohol mag am Anfang des Weges unbequem und unvorstellbar sein. Eine Gesellschaft, in der Alkohol eine anerkannte, salonfähige Droge ist, kann herausfordernd sein- aber was noch viel schlimmer ist: dieser ständige Kampf mit dem Alkohol, da „wir“ ihn immer verlieren werden …

    Das mal so als Erstes und in Kürze. Ich werde mich jetzt hier in Ruhe bei Euch umschauen und versuchen, anzukommen.

    Viele Grüße Martha

    Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten ...

  • Willkommen zurück, Martha!

    Glückwunsch zu 13 Jahren neues Leben!

    Der Austausch mit anderen ist für mich nach all den Jahren noch immer hilfreich und lässt mich aufmerksam bleiben.

    Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Martha,

    wie schön, wieder was von dir zu lesen :)

    Willkommen zurück.

    Liebe Grüße Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Liebe Martha,

    willkommen zurück. Ich bin noch recht frisch hier (2 Jahre) aber habe genau wie du angefangen. Ich kam als Angehörige und bin geblieben als Alkoholikerin.

    Schön zu lesen, wie du vor 14 Jahren hier angekommen bist und noch heute auf deinem Weg geblieben bist. Das sind Erfahrungen an denen ich mich gerne orientiere.

    Viel Spaß beim Einlesen 😊

    LG,

    Kintsugi

    Alles was man über das Leben lernen kann, ist in 3 Worte zu fassen: es geht weiter.

  • Guten Morgen Ihr Lieben,

    Danke für Eure Willkommensgrüße und wie schön, dass noch so viele mir vertraute Personen hier sind <3

    @ Liebe Kintsugi, so haben unsere trinkenden Expartner doch auch was Gutes gehabt: sie haben uns unsere eigene Sucht erkennen lassen und wir sind ausgestiegen ...

    Ich freue mich aus einen Austausch mit Euch und jetzt erstmal einen guten Sonntag für alle :) - VG Martha

    Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten ...

  • Hallo,

    Danke für Deinen Besuch bei mir Petra :)

    Ich will heute mal aufschreiben, in welchen Situationen sich mein Suchtgedächtnis meldet, auch um es für mich zu reflektieren.

    Mein Suchtteufel meldet sich NIE einfach nur so, es gibt immer einen Auslöser.

    Wenn mein Suchtgedächtnis anspringt, dann nur in unmittelbarer Konfrontation mit Alkohol und wenn gleichzeitig eines dieser Bedürfnisse oder Emotioen im Mangel sind :

    Hungry

    Angry

    Lonely

    Tired

    Seit ich nicht mehr trinke, achte ich bewusst darauf, dass ich ausreichend schlafe, täglich mittags ein warmes Essen esse und gerne auch einen kleinen Nap mache :lol:(ich kann mir das durch meinen Beruf meist auch gut einrichten) Das ist mein Fundament, um mit dem normalen Wahnsinn des Lebens gut zurecht zu kommen.

    Es gibt aber auch Tage, da lässt es mein Leben einfach nicht zu, dass ich so super gut für mich sorge und ich dadurch aus dem Gleichgewicht geraten kann, je nach Verfassung. Bin ich nicht gut in meiner Mitte kann (muss nicht) die Konfrontation mit Alkohol dann das Fass zum Überlaufen bringen und mein Suchtgedächtnis meldet sich. Der innere Dialog dauert ca. 2 Minuten. Ich kenne alle Argumente meines Suchtteufels und habe ihn nach 2 Minuten im Griff. Das passiert mir so 2-3x im Jahr.

    Wenn ich weiß, dass ein anstrengendes Wochenende oder auch herausfordernde Wochentage vor mir liegen, gucke ich immer, dass ich zumindest vernünftig esse und mir Pausen einräume :)

    Von alleine, aus dem Nichts heraus, springt mein Suchtgedächtnis nicht mehr an, selbst in stressigsten Situationen.

    Wie ergeht es Euch?

    Viele Grüße Martha

    Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten ...

  • Servus Martha, welcome back.

    Wie ergeht es Euch?

    Nun bin ich ja auch schon ein paar Tage trocken und wie du eventuell noch im Hinterkopf hast, dass ich mit der kompromisslosen Risikominimierung angefangen habe und mich mit der gedanklichen Loslösung der Sucht immer wieder beschäftige.

    Wenn ich mal Suchtdruck habe, was äußerst selten vorkommt, mache ich es nicht abhängig von der HALT Regel oder strukturiere sucht spezifisch meinen Tag. Nicht dahinlebend, schon noch nach der Risikominimierung, aber nicht mehr so extrem wie in den Anfangsjahren.

    Ok, die einzige Struktur, wenn ich es so nennen kann, ist die Selbsthilfe hier im Forum, das schon fast ca. 17 Jahre. Läuft aber, da ich digital arbeite, immer nebenbei mit.

    Zudem ich bis heute auch nicht in den Dialog mit dem "Suchtteufel" gehe und selbst keinen Sinn dahinter sehe. Dieser Teufel ist nass, denkt nass und will mich auch nur nass sehen.

    Ich habe es für mich akzeptiert, dass er ein Teil von mir ist und immer bleibt. Er macht sich für mich "nur" als Nebenwirkung der Sucht bemerkbar. Und da bin ich auch dankbar. Denn er erinnert mich immer daran, dass ich süchtig bleibe.

    Schön, das du wieder hier hergefunden hast.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Moinsen Martha66!

    Schön, dass wir uns auch hier " wiedersehen ".

    Den Punkt mit dem " H.A.L.T. " hatte ich schon total vergessen....krass! :shock: Gut, dass Du den anbringst. Das ist sehr hilfreich.

    Aber ne Frage hätte ich da ja mal: Du schreibst, Du warst " Kontrollverlusttrinkerin ". Das ist doch ein Symptom der Alkoholsucht, der Kontrollverlust. Also, wenn man anfängt, zu saufen, hat man über Menge und Ausmaß keine Kontrolle mehr.

    Daher meine Anmerkung: Jede/r Alkoholiker:in ( oh, wie ich dieses gendern hasse :cursing: ) ist ein Kontrollverlusttrinker.

    Beste Grüße

    drybabe

    never give up

  • Hallo Martha

    Gratulation und Respekt zu 13 Jahren!


    Und echt interessant was du hier so schreibst.

    Auch nach so vielen Jahren muss man anscheinend noch vorsichtig sein!

    Zeigt mir als Anfänger gleich, unbedingt dahinter bleiben!

    Lg

  • Hallo Marta,

    schön, dass du mal wieder vorbeischaust.

    Ich bin ja erst zwei Jahre, sieben Monate und 17 Tage hier und seitdem auch nüchtern.
    Ich lese gern bei euch, die ihr schon so lange nüchtern seid.
    Das schafft in mir ein ganz großes Vertrauen in ein zufriedenes nüchternes Leben.


    Meks Da geb ich Dir recht. Is so'n Ding , will ja alle berücksichtigen. Aber werde darauf verzichten. 😉

    Also mich berücksichtigst du ja nun überhaupt nicht mit:

    Jede/r Alkoholiker:in

    Ich bin doch doch nicht Alkoholker:in …. jede schon mal gar nicht. 🤪

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Moin :)

    Bevor ich auf Eure Beiträge eingehe, mal eben kurz zum Gendern:

    Ich habe mich bewusst gegen das Gendern entschieden. Beim Lesen eines Textes lenken, aus meiner Sicht, die Doppelpunkte oder Sternchen vom Inhalt des Geschriebenen ab, wenn das Auge ständig an den Doppelpunkten hängen bleibt. Wenn nötig, versuche ich die männliche und weibliche Form zu nutzen, ansonsten entscheide ich mich für das Generische Maskulinum. Sollten hier Nonbinäre sein, bitte ich um Nachsehen - es soll nicht diskriminierend sein.


    Lieber Hartmut, wahnsinn, wie lange Du hier nun im Forum bist :lol:. Ich erinnere mich sehr genau, wie untere anderem Du mir damals im Geschützen Bereich geholfen hast zu kapitulieren - Dank Dir dafür :) Ohne die Kapitulation wird es auf Dauer nichts mit dem Trocken werden ...

    Vielleicht habe ich mich in meinem Post etwas schlecht ausgedrückt. In meinem Leben spielt Alkohol kaum noch eine Rolle, aus meinem Kopf ist er so gut wie weg. Außer, wenn mir eben doch mal das Suchtgedächtnis anspringt .... Ich hinterfrage das für mich in dem Moment, warum das passiert und dann erinnere ich mich an das HALT und eines dieser 4 DInge trifft tatsächlich bei mir immer zu.

    Wenn Du schreibst, dass Du ganz selten Suchtdruck bekommst, passiert das einfach so?


    Liebe drybabe, wir beide kennen uns ja auch schon von Anfang an und ich freue mich auch, mich hier wieder mit Dir auszutauschen :) Ja natürlich haben wir alle unterm Strich die Kontrolle über den Alkohol verloren und trotzdem gibts ja unterschiedliche Trinkertypen. Pegeltinker, Quartalstrinker etc. Bei mir war es so, dass ich 1- 2 Wochen nichts trinken musste, aber wenn ich dann angefangen habe zu trinken, konnte ich nicht mehr aufhören - immer bis zum Filmriss getrunken ;( . Ich meine mal gelesen zu haben, dass man diese Form des Alkoholismus Kontrollverlustrinken nennt.


    Liebe Cadda, wenn man mir vor 15 Jahren erzählt hätte, dass ich in einer SHG für Alkoholiker mal ein "alter Hase“ werde, hätte ich die Person für total verrückt erklärt. Als ich aufhörte zu trinken, habe ich mir für mich gewünscht, mal ein "alter Hase" zu werden :S


    Lieber Meks, ja die Vorsicht hört nie ganz auf. Aber mit den Jahren wird das besser und auch selbstverständlicher.


    Liebe Stern,

    Das schafft in mir ein ganz großes Vertrauen in ein zufriedenes nüchternes Leben.

    das hast Du schön formuliert und das ist ja auch der Sinn, warum wir uns in SHGs austauschen, egal wie lange wir nichts mehr trinken. Zufriedenes, nüchternes Leben ist definitiv möglich :mrgreen:. Mehr als 2,5 Jahre ohne Alkohol ist doch super, da brauchst Du doch nicht von "erst" sprechen ;)

    Viele Grüße und eine guten Abend für Euch, Martha

    Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten ...

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